VON TORSTEN SCHWANKE
AUS MEINEM LUKASKOMMENTAR
MARTHA UND DIE AUFERSTEHUNG
Johannes 11
1 Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Martha. 2 Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren Bruder Lazarus war krank. 3 Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. 4 Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, dass der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde. 5 Jesus aber hatte Martha lieb und ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war. 7 Danach spricht er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen! 8 Die Jünger aber sprachen zu ihm: Rabbi, eben noch wollten die Juden dich steinigen, und du willst wieder dorthin ziehen? 9 Jesus antwortete: Hat nicht der Tag zwölf Stunden? Wer bei Tage umhergeht, der stößt sich nicht; denn er sieht das Licht dieser Welt. 10 Wer aber bei Nacht umhergeht, der stößt sich; denn es ist kein Licht in ihm. 11 Das sagte er, und danach spricht er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft, aber ich gehe hin, dass ich ihn aufwecke. 12 Da sprachen die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, wird’s besser mit ihm. 13 Jesus aber sprach von seinem Tode; sie meinten aber, er rede von der Ruhe des Schlafs. 14 Da sagte ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist gestorben; 15 und ich bin froh um euretwillen, dass ich nicht da gewesen bin, auf dass ihr glaubt. Aber lasst uns zu ihm gehen! 16 Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu den andern Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben! 17 Da kam Jesus und fand Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. 18 Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden aber waren zu Martha und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. 20 Als Martha nun hörte, dass Jesus kommt, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Da sprach Martha zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. 23 Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Martha spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. 25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; 26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? 27 Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt. 28 Und als sie das gesagt hatte, ging sie hin und rief ihre Schwester Maria und sprach heimlich zu ihr: Der Meister ist da und ruft dich. 29 Als Maria das hörte, stand sie eilends auf und kam zu ihm. 30 Jesus aber war noch nicht in das Dorf gekommen, sondern war noch dort, wo ihm Martha begegnet war. 31 Als die Juden, die bei ihr im Hause waren und sie trösteten, sahen, dass Maria eilends aufstand und hinausging, folgten sie ihr, weil sie dachten: Sie geht zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und sah ihn, fiel sie ihm zu Füßen und sprach zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr kamen, ergrimmte er im Geist und erbebte 34 und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprachen zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Und Jesus gingen die Augen über. 36 Da sprachen die Juden: Siehe, wie hat er ihn so lieb gehabt! 37 Einige aber unter ihnen sprachen: Er hat dem Blinden die Augen aufgetan; konnte er nicht auch machen, dass dieser nicht sterben musste? 38 Da ergrimmte Jesus abermals und kommt zum Grab. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor. 39 Jesus spricht: Hebt den Stein weg! Spricht zu ihm Martha, die Schwester des Verstorbenen: Herr, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen. 40 Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umher steht, sagte ich’s, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen! 45 Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.
*
Martha ist berühmt, weil sie in der Küche arbeitete, als ihre Schwester Maria auf Jesu Weisheit lauschte. Und doch gilt Martha als Heilige in der Kirche, eben aufgrund dieses Evangeliums. Den Legenden nach ist Martha nach der Auferstehung Christi mit anderen Marien nach Südfrankreich gesegelt und dort gelandet, was man heute Les-Saintes-Maries-de-la-mer nennt. Sie hat dann im Wald von Tarrascon missioniert. Maria von Bethanien, ihre Schwester, wurde oft mit Maria Magdalena verwechselt. Lazarus war ihr Bruder. Und diese drei Geschwister waren persönliche Freunde Jesu. Jesus hat so die Freundschaft geheiligt, auch die nicht-erotische Freundschaft zwischen Mann und Frau.
Jesus spricht von der Krankheit zur Verherrlichung Gottes. Jede Krankheit und auch die schwerste Krankheit, das Sterben, kann verwandelt werden in eine Verherrlichung Gottes. Der Kranke, selbst wenn die Ärzte mit ihrer menschlichen Weisheit ihm nicht helfen können, kann sein Leiden mit den Leiden Christi vereinigen, dann wird sein Leiden Anteilhabe an den Leiden Christi, dann leidet Christus im Kranken, dann strömt durch das Opfer des Kranken das erlösende Leiden Christi in des Kranken Zeit und Umwelt, und der Leidende wirkt so mit Christus an der Erlösung der Welt mit, an der Bekehrung der verstocktesten Sünder.
Wenn er schläft, wirds besser mit ihm. Ja, der Schlaf ist ein großer Segen. Der Psalmist sagt: Den Seinen gibts der Herr im Schlaf. Oder: Seinen Geliebten gibt der Herr Schlaf. Den Tod nennt man ein Entschlafen. Die Pietisten nannten das Dasein der Seele nach dem Tod und vor dem Weltgericht einen Seelenschlaf. Die Griechen nannten den Schlaf den Bruder des Todes, und hatten einen eigenen Gott des Schlafes, Morpheus. Vor schwierigen Entscheidungen sagt man: Da muss ich erst einmal eine Nacht drüber schlafen. Die Katholiken nennen das ewige Leben auch die ewige Ruhe. Der Dichter Reinhold Schneider in seiner unheilbaren Melancholie sagte: Kein Arzt ist so mitleidlos, einen unheilbar Kranken, wenn er endlich eingeschlafen ist, aufzuwecken. Und so wird der Herr nicht so unbarmherzig sein, mich, wenn ich entschlafen und unterm Kreuz begraben bin, von den Toten aufzuerwecken…
Hatte Lazarus es nicht gut im Todesschlaf im Totenreich? C.S. Lewis schrieb in seinem Buch über den Kummer, nachdem er seine Geliebte durch ihren Tod verloren hatte, dass Lazarus der erste Märtyrer war, denn er hatte endlich im Tod, im Seelenschlaf, ewige Ruhe gefunden, und nun weckte Jesus ihn auf, und Lazarus musste wieder sein irdisches Leben im Tal des Jammers fortsetzen.
Alle weinten, Jesus gingen die Augen über. Jesus ist nicht gleichgültig über den Tod des Freundes. Er himmelt seine Trauer nicht weg mit der Gewissheit der Auferstehung. Jesus weint. Es wird in der Bibel nie gesagt, dass Jesus gelacht hat, aber dass er geweint hat. Jesus weint auch über unser Elend, unsere Leiden, unseren Tod. Jesus hat nicht nur Mitleid mit uns, sondern er leidet mit uns. Er leidet in uns und er leidet für uns. Wenn man das Leiden verdrängt, wenn man nur den Spaß und das Glück der Welt sucht, kann man Jesus nicht erkennen. Wie es in dem Lied Susanne heißt: Jesus ist ein Seemann, und nur Ertrinkende können ihn sehen.
Marthas Bekenntnis ist wie das des Petrus: Du, Jesus, bist der Messias. In Petrus ist es das Bekenntnis der Hierarchie, des sakramentalen Weihepriestertums. In Martha ist es das Bekenntnis des Volkes, das Bekenntnis des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen. Das Bekenntnis Marthas ist nicht weniger Wert als das Bekenntnis Petri.
ICH BIN die Auferstehung (anastasis) und das Leben (zoe). Eins der Ich-bin-Worte Jesu, in denen das Ich-Bin des Gottesnamens Jahwe aufscheint und Jesu Gottheit offenbar wird. Jesus ist der Erstgeborene von den Toten. Er ist leibhaftig auferstanden und ist zur Rechten des Vaters in seiner verklärten Menschheit. Auch die ganz reine Maria ist in ihrem verklärten Leib zur Rechten Jesu. Alle anderen Toten sind nur als Seele (oder Ich-Bewusstsein) im Jenseits, und erst in der allgemeinen Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tag werden die Toten ihren Pneuma-Leib (Geistleib) bekommen. Das Leben, das Jesus ist, ist nicht das Bios-Leben, die Biologie, sondern das Zoe-Leben, das ist das innere, das seelische, das religiöse, das ewige Leben. Das biologische Leben kann uns unsere Mutter geben, aber das mystische, ewige Leben gibt uns Jesus Christus.
MARIA DIE DEN GESALBTEN SALBT
Johannes 12
1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. 2 Dort machten sie ihm ein Mahl, und Martha diente bei Tisch; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. 3 Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. 4 Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: 5 Warum wurde dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft und das Geld den Armen gegeben? 6 Das sagte er aber nicht, weil ihm an den Armen lag, sondern er war ein Dieb; er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben wurde. 7 Da sprach Jesus: Lass sie. Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. 8 Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.
*
Jesus ist der Gesalbte, der Christus, der Messias, durch die Salbung des Heiligen Geistes. Die Salbung des Heiligen Geistes ist die Einsetzung als Priester, Prophet und König. Auch wir Christen sind in der Ttaufe und der Firmung gesalbt worden und eingesetzt zum allgemeinen Priestertum, zum Prophetentum und zum Königtum. Die evangelisch-feministische Theologie nennt Jesus den „Gesalbten der Frauen“, weil die Sünderin ihn mit ihren Tränen und Maria von Bethanien ihn mit Narde gesalbt hat.
Es werden oft drei Frauen verwechselt: Magdalena, die Sünderin und Maria von Bethanien. Das haben wir Gregor dem Großen zu verdanken (6. Jahrhundert). Maria Magdalena ist aber nicht die namenlose Sünderin (Hure), die Jesu Füße mit ihren Tränen „gesalbt“ hat, und beide sind verschieden von Maria von Bethanien, der Schwester von Martha und Lazarus.
Der Wert der Salbe, des Parfüms, entsprach dem Jahreseinkommen eines Arbeiters. Maria war nicht geizig oder sparsam, nicht berechnend und nicht engherzig. Für Gott nur das Beste! So baute Salomo den goldenen Tempel für Jahwe. So baute die Kirche den prächtigen Petersdom für Christus. Es ist Marxismus, das zu kritisieren. Als ob Christus nicht der wertvollsten Steine und der höchsten Kunst würdig wäre! Soll denn nicht Christus von uns nur das Beste erhalten? Soll nicht Christus unsere Liebe, unsere Zeit erhalten? Oder sind Ehefrau und Kinder uns lieber als Gott und so zu unseren Götzen geworden?
Wir wollen alles geben, das ist das Wesen der Liebe, wie Jesus alles gegeben, bis zum letzten Blutstropfen. Wenn wir nicht erfassen, dass Jesus sich für uns ganz dahin gegeben hat, für uns den Liebestod gestorben ist, er bis zum letzten Blutstropfen sich uns ganz hingibt, dann können wir die Bibel auswendig kennen, wir sind dennoch keine Christen, wir können christliche Theologie studieren oder Christus als Philosophen betrachten, wir können den Armen Suppe kochen, wenn wir nicht die Liebe Christi am Kreuz erkennen, sind wir keine Christen.
Wie erweisen wir Jesus unsere Liebe? Indem wir Zeit mit ihm im Gebet verbringen, indem wir den Nächsten lieben mit Worten und Werken, indem wir unsere Sünden beichten, indem wir uns mit seinem Leib in der Eucharistie vereinigen, indem wir unsere Kinder taufen lassen, indem wir Zeugnis für Jesus ablegen, indem wir die Heilige Schrift lesen und meditieren, indem wir im Rosenkranz über Jesu Leben meditieren.
Es gibt die Liebe zu Gott wie bei Maria oder die Liebe zum Geld wie bei Judas. Die Liebe ist die himmlische Gottheit, das Geld ist der irdische Abgott. Die Liebe zu Gott führt in die ewige Ruhe des Himmels, die Liebe zum Geldgötzen in die ewige Qual der Hölle.
Kirche und Geld. Oder: Kirchensteuer oder Jüngerschaft, das ist hier die Frage. Allezeit die Armen versorgen, eine marxistische Kirche? Vor dem Mammon sind auch die Christen nicht automatisch geschützt. Die Kirche in Deutschland hat Billionen an Geld, aber hat den katholischen Glauben aufgegeben. Menschen treten aus der Kirche aus wegen der Kirchensteuer. Katholische Bewegungen zeichnen sich vor allem durch Versendung von Überweisungsformularen aus. Die Kirche ist im Besitz von Buchverlagen, die okkulte Bücher vertreiben. Fragt ein Elender um seelischen Beistand, wird er abgewimmelt, weil man denkt, er will Geld. Es scheint, dass die Kirche in Deutschland von Herrn Mammon und Frau Torheit regiert wird.
Martha und Maria
38 Auf ihrer Weiterreise kam Jesus in ein Dorf, wo ihn eine Frau mit Namen Martha in ihr Haus einlud. 39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte ihm zu. 40 Martha dagegen war sehr mit der Vorbereitung des Essens beschäftigt. Schließlich stellte sie sich vor Jesus hin. „Herr“, sagte sie, „findest du es richtig, dass meine Schwester mich die ganze Arbeit allein tun lässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ 41 „Aber Martha“, entgegnete ihr Jesus, „Martha, du bist beunruhigt und machst dir Sorgen um so viele Dinge! 42 Notwendig ist aber vor allem eins. Maria hat das bessere Teil davon gewählt, und das soll ihr nicht genommen werden.“
Wir sehen Jesus hierbei einer befreundeten Familie: Lazarus und Maria und Martha waren Geschwister und waren persönliche Freunde Jesu. Sie wohnten in Bethanien, nahe Jerusalem, also im Süden israels. Diese Maria von Bethanien ist nicht zu verwecheln mit Maria von Magdala, die Jesus von sieben Dämonen befreite. Sie stammte aus Magdala, das lag in Galiläa am See Genezareth, im Norden Israels. Der Name Maria ist ein Allerweltsname damals gewesen, und es gibt im Neuen Testament so viele Marien, dass sie leicht zu verwechseln sind. So haben die Katholiken jahrhundertelang Maria von Magdala mit Maria von Bethanien verwechselt. So verwechseln moderne Protestanten Maria, die Mutter Jesu, mit Maria, der Mutter von Jakobus und Joses, den Herrnbrüdern. Was Lazarus betrifft, ist er der, im Johannes-Evangelium, den Jesus von den Toten auferweckt. Aber er ist nicht der „arme Lazarus“ aus einem Gleichnis Jesu, der von einem Reichen verachtet wurde, aber von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde, das heißt, in den Himmel.
Wenn dieses Evangelium in der Kirche gelesen wird und der Prediger seine Predigt beginnt, stelle ich immer wieder fest, welchen Eiertanz der Prediger vor der Gemeinde aufführt. Das Problem ist dies: Jesus rügt Martha, weil sie nur in der Küche mit den Tellern klappert, und lobt Maria, weil sie im hörenden Gebet seiner Weisheit lauscht. Nun weiß aber der Prediger, dass die Kirche randvoll ist mit lauter Marthas. Und damit die sich von Jesus nicht beleidigt fühlen, muss der Prediger so lang am Evangelium herum doktoren, bis er bei der Heiligsprechung Marthas landet. (Das muss ich nun also auch versuchen.)
Papst Franziskus warnte einmal vor „Marthismus“. Das klingt wie eine Warnung vor Marxismus. Denn auch im Marxismus ist die Arbeit alles, das Gebet nichts. Also hütet euch vor dem Marthismus!
Wir sehen in Martha das Prinzip der Arbeit verkörpert und in Maria das Prinzip des Gebets. Im fünften Jahrhundert begründete Benedikt von Nursia in Italien den Benediktinerorden, dessen Wahlspruch lautet: „Ora et labora (bete und arbeite)“. Der protestantische China-Missionar Hudson Taylor sagte einmal: „Bete, als ob alles von deinem Gebet abhinge, und dann arbeite, als ob alles von der Arbeit abhinge.“
Wie der Marxismus zu dem Bete-und-arbeite steht, zeigt diese marxistische Hymne aus den Gründungstagen der SPD:
BET UND ARBEIT RUFT DIE WELT
Bet und arbeit ruft die Welt
bete kurz! denn Zeit ist Geld
An die Türe pocht die Not
bete kurz! denn Zeit ist Brot
Mann der Arbeit, aufgewacht
Und erkenne deine Macht
Alle Räder stehen still
wenn dein starker Arm es will
Mutter Teresa von Kalkutta ist ja weltberühmt geworden für ihre praktische Tätigkeit der Nächstenliebe. Sie war wirklich rastlos und unermüdlich tätig, sich um die Ärmsten der Armen zu kümmern. Aber bevor sie morgens mit ihren Schwestern aus dem Haus gingen, haben sie vorher eine Stunde lang in der Kapelle Jesus angebetet. Da trat eine junge Schwester zu Mutter Teresa und sagte: Es gibt so viel zu tun! Wir sollten noch einmal über die eine Stunde Anbetung nachdenken. Mutter Teresa sagte: Ich werde darüber nachdenken. Am nächsten Tag sagte sie: Ich habe darüber nachgedacht. Es ist wahr, es gibt unglaublich viel zu tun, darum werden wir in Zukunft in der Morgenstunde Jesus ZWEI Stunden lang anbeten!
Martha und Maria deutete man im Mittelalter als zwei verschiedene Lebensweisen. Auf Latein sagt man: vita activa (tätiges Leben) und vita contemplative (meditatives Gebetsleben). Und man diskutierte hin und her, welcher Lebensweise der Vorzug zu geben sei. Jesus sagt ja: Maria hat das BESSERE Teil erwählt… Aber die meisten Lehrer sagen: Es muss aussgewogen sein. Ein evangelikaler Text sagte: Gebet ohne Taten ist Scheinheiligkeit, Taten ohne Gebet sind nutzlos. Es hat allerdings in der Geschichte des Christentums immer solche und solche gegeben, also die, die ungeher viel TUN wollten für Jesus und die, die ungeheuer gerne mit Jesus IM GEBET vereinigt sein wollten. Man sagte dann: Es ist eine Frage der Berufung. Das eine oder andere ist eine Frage der Berufung. Ich z.B. sehe mich zum Gebetsleben berufen. Meine spirituelle Meisterin sagte mir: Bete vier Stunden am Tag.Ich fragte: Wie kann man so vielbeten? Sie sagte: Viel? Es ist doch gerade nur ein Sechstel deines Tages.
Man hat die tätige und die besinnliche Lebensweise auch verkörpert gesehen in den beiden Ehefrauen des Patriarchen Jakob: Lea war sehr fruchtbar und gebar ihm viele Söhne, sie steht für das tätige Leben. Rahel war nicht fruchtbar, aber sie hatte schöne „Augen“, sie steht für das „beschauliche“ Leben. Und wieder: Rahel war Jakobs Lieblingsfrau.
Auch bei Mose fand man die beiden Arten: Zuerst ging er in die „Stiftshütte“ („das Offenbarungszelt“) und war vertrautmit der Herrlichkeit des Herrn IM GEBET. Und dann trat er aus demZelt und sorgte für das Volk IN DER ARBEIT.
Der deutsche Mystiker Meister Eckart aber drehte den Spieß einmal um.In einer Predigt über unser heutiges Evangelium sagte er: Maria hört nur zu, sie ist eine Jungfrau, dienichts hervorbringt. Aber Martha ist eine fruchtbare Frau, die gute Früchte hervorbringt, nämlich gute Werke der Gastfreundschaft und der Barmherzigkeit. (So habe ich den Bogen hinbekommen und bin bei der Heiligsprechung Marthas angekommen…
Übrigens wird Martha im Johannes-Evangelium äußert gelobt. Denn als ihr Bruder Lazarus gestorben war, da kam Jesus und sagte zu Martha: Er wird auferstehen. Und Martha sagte: Ja, bei der Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag. Und Jesus sagte: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Und Martha sagte: Ich glaube, du bist der Messias Gottes!
Ich muss euch aber ganz persönlich sagen: Ihr alle (außer Sabine) betet zu wenig…
Vielleicht interessiert die eine oder andere, was Martha wohl in der Küche für Jesus zubereitet hat? Nun, sicher kein Wiener Schnitzel. Aber sehr wohl auch Fleisch, Lamm, Zicken, Rinder, Hühner. Viele Salate. Käse und Milchspeisen. Viele Fische. Feigen, Datteln, Weintrauben, Nüsse, Eier. Feigenkuchen und Rosinenkuchen. Honig, Butter, Gerstenbrot, Weizenbrot, Fladenbrot. Usw. – Heute ist es unter Esoterikern und manchen Christen chic geworden zu sagen: Jesus war Vegetarier, oder: Jesus war Veganer. Im ersten Schöpfungsbericht Genesis 1 werden den Menschen in der Tat nur Pflanzen als Nahrung zugewiesen. Nachdem Noah mit der Arche gelandet ist, wird dem Menschen fleischliche Nahrung erlaubt. Zum Pessach der Juden, das auch Jesus gefeiert hatte, gehörte Lammbraten. Jesus vergleicht das Reich Gottes mit einem Hochzeitsmahl und sagt: Der Mastochse ist bereits geschlachtet. Der Auferstandene isst am See Genezareth mit seinen Jüngern von ihm selbst gegrillten Fisch. Petrus sieht in der Apostelgeschichte ein Tuch mit unreinen Tieren vom Himmel kommen und hört: Schlachte und iss! Im Gegensatz zum Judentum und Islam gibt es im Christentum keine Speisevorschriften. Allerdings gibt es natürlich auch kein Gebot, Fleisch zu essen. Wer sich vegetarisch oder vegan ernähren möchte, kann das natürlich tun. Er sollte sich nur damit nicht für einen besseren Menschen halten. In der Tat glaube ich, dass dem Schöpfer die industrielle Massentierhaltung nicht gefällt. Wer allerdings aus seinem Veganismus eine neue Religion macht, der macht eine Ideologie, dem würde ich mit Paulus sagen: Ihr Gott ist ihr Bauch!
AUS MEINEM JOHANNES-KOMMENTAR
MARTHA UND DIE AUFERSTEHUNG
Johannes 11
1 Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Martha. 2 Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren Bruder Lazarus war krank. 3 Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. 4 Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, dass der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde. 5 Jesus aber hatte Martha lieb und ihre Schwester und Lazarus. 6 Als er nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war. 7 Danach spricht er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen! 8 Die Jünger aber sprachen zu ihm: Rabbi, eben noch wollten die Juden dich steinigen, und du willst wieder dorthin ziehen? 9 Jesus antwortete: Hat nicht der Tag zwölf Stunden? Wer bei Tage umhergeht, der stößt sich nicht; denn er sieht das Licht dieser Welt. 10 Wer aber bei Nacht umhergeht, der stößt sich; denn es ist kein Licht in ihm. 11 Das sagte er, und danach spricht er zu ihnen: Lazarus, unser Freund, schläft, aber ich gehe hin, dass ich ihn aufwecke. 12 Da sprachen die Jünger zu ihm: Herr, wenn er schläft, wird’s besser mit ihm. 13 Jesus aber sprach von seinem Tode; sie meinten aber, er rede von der Ruhe des Schlafs. 14 Da sagte ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist gestorben; 15 und ich bin froh um euretwillen, dass ich nicht da gewesen bin, auf dass ihr glaubt. Aber lasst uns zu ihm gehen! 16 Da sprach Thomas, der Zwilling genannt wird, zu den andern Jüngern: Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben! 17 Da kam Jesus und fand Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. 18 Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt. 19 Viele Juden aber waren zu Martha und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. 20 Als Martha nun hörte, dass Jesus kommt, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Haus sitzen. 21 Da sprach Martha zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. 22 Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. 23 Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. 24 Martha spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. 25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; 26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? 27 Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt. 28 Und als sie das gesagt hatte, ging sie hin und rief ihre Schwester Maria und sprach heimlich zu ihr: Der Meister ist da und ruft dich. 29 Als Maria das hörte, stand sie eilends auf und kam zu ihm. 30 Jesus aber war noch nicht in das Dorf gekommen, sondern war noch dort, wo ihm Martha begegnet war. 31 Als die Juden, die bei ihr im Hause waren und sie trösteten, sahen, dass Maria eilends aufstand und hinausging, folgten sie ihr, weil sie dachten: Sie geht zum Grab, um dort zu weinen. 32 Als nun Maria dahin kam, wo Jesus war, und sah ihn, fiel sie ihm zu Füßen und sprach zu ihm: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. 33 Als Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr kamen, ergrimmte er im Geist und erbebte 34 und sprach: Wo habt ihr ihn hingelegt? Sie sprachen zu ihm: Herr, komm und sieh! 35 Und Jesus gingen die Augen über. 36 Da sprachen die Juden: Siehe, wie hat er ihn so lieb gehabt! 37 Einige aber unter ihnen sprachen: Er hat dem Blinden die Augen aufgetan; konnte er nicht auch machen, dass dieser nicht sterben musste? 38 Da ergrimmte Jesus abermals und kommt zum Grab. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor. 39 Jesus spricht: Hebt den Stein weg! Spricht zu ihm Martha, die Schwester des Verstorbenen: Herr, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen. 40 Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? 41 Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. 42 Ich wusste, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umher steht, sagte ich’s, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. 43 Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus! 44 Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen! 45 Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.
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Martha ist berühmt, weil sie in der Küche arbeitete, als ihre Schwester Maria auf Jesu Weisheit lauschte. Und doch gilt Martha als Heilige in der Kirche, eben aufgrund dieses Evangeliums. Den Legenden nach ist Martha nach der Auferstehung Christi mit anderen Marien nach Südfrankreich gesegelt und dort gelandet, was man heute Les-Saintes-Maries-de-la-mer nennt. Sie hat dann im Wald von Tarrascon missioniert. Maria von Bethanien, ihre Schwester, wurde oft mit Maria Magdalena verwechselt. Lazarus war ihr Bruder. Und diese drei Geschwister waren persönliche Freunde Jesu. Jesus hat so die Freundschaft geheiligt, auch die nicht-erotische Freundschaft zwischen Mann und Frau.
Jesus spricht von der Krankheit zur Verherrlichung Gottes. Jede Krankheit und auch die schwerste Krankheit, das Sterben, kann verwandelt werden in eine Verherrlichung Gottes. Der Kranke, selbst wenn die Ärzte mit ihrer menschlichen Weisheit ihm nicht helfen können, kann sein Leiden mit den Leiden Christi vereinigen, dann wird sein Leiden Anteilhabe an den Leiden Christi, dann leidet Christus im Kranken, dann strömt durch das Opfer des Kranken das erlösende Leiden Christi in des Kranken Zeit und Umwelt, und der Leidende wirkt so mit Christus an der Erlösung der Welt mit, an der Bekehrung der verstocktesten Sünder.
Wenn er schläft, wirds besser mit ihm. Ja, der Schlaf ist ein großer Segen. Der Psalmist sagt: Den Seinen gibts der Herr im Schlaf. Oder: Seinen Geliebten gibt der Herr Schlaf. Den Tod nennt man ein Entschlafen. Die Pietisten nannten das Dasein der Seele nach dem Tod und vor dem Weltgericht einen Seelenschlaf. Die Griechen nannten den Schlaf den Bruder des Todes, und hatten einen eigenen Gott des Schlafes, Morpheus. Vor schwierigen Entscheidungen sagt man: Da muss ich erst einmal eine Nacht drüber schlafen. Die Katholiken nennen das ewige Leben auch die ewige Ruhe. Der Dichter Reinhold Schneider in seiner unheilbaren Melancholie sagte: Kein Arzt ist so mitleidlos, einen unheilbar Kranken, wenn er endlich eingeschlafen ist, aufzuwecken. Und so wird der Herr nicht so unbarmherzig sein, mich, wenn ich entschlafen und unterm Kreuz begraben bin, von den Toten aufzuerwecken…
Hatte Lazarus es nicht gut im Todesschlaf im Totenreich? C.S. Lewis schrieb in seinem Buch über den Kummer, nachdem er seine Geliebte durch ihren Tod verloren hatte, dass Lazarus der erste Märtyrer war, denn er hatte endlich im Tod, im Seelenschlaf, ewige Ruhe gefunden, und nun weckte Jesus ihn auf, und Lazarus musste wieder sein irdisches Leben im Tal des Jammers fortsetzen.
Alle weinten, Jesus gingen die Augen über. Jesus ist nicht gleichgültig über den Tod des Freundes. Er himmelt seine Trauer nicht weg mit der Gewissheit der Auferstehung. Jesus weint. Es wird in der Bibel nie gesagt, dass Jesus gelacht hat, aber dass er geweint hat. Jesus weint auch über unser Elend, unsere Leiden, unseren Tod. Jesus hat nicht nur Mitleid mit uns, sondern er leidet mit uns. Er leidet in uns und er leidet für uns. Wenn man das Leiden verdrängt, wenn man nur den Spaß und das Glück der Welt sucht, kann man Jesus nicht erkennen. Wie es in dem Lied Susanne heißt: Jesus ist ein Seemann, und nur Ertrinkende können ihn sehen.
Marthas Bekenntnis ist wie das des Petrus: Du, Jesus, bist der Messias. In Petrus ist es das Bekenntnis der Hierarchie, des sakramentalen Weihepriestertums. In Martha ist es das Bekenntnis des Volkes, das Bekenntnis des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen. Das Bekenntnis Marthas ist nicht weniger Wert als das Bekenntnis Petri.
ICH BIN die Auferstehung (anastasis) und das Leben (zoe). Eins der Ich-bin-Worte Jesu, in denen das Ich-Bin des Gottesnamens Jahwe aufscheint und Jesu Gottheit offenbar wird. Jesus ist der Erstgeborene von den Toten. Er ist leibhaftig auferstanden und ist zur Rechten des Vaters in seiner verklärten Menschheit. Auch die ganz reine Maria ist in ihrem verklärten Leib zur Rechten Jesu. Alle anderen Toten sind nur als Seele (oder Ich-Bewusstsein) im Jenseits, und erst in der allgemeinen Auferstehung des Fleisches am Jüngsten Tag werden die Toten ihren Pneuma-Leib (Geistleib) bekommen. Das Leben, das Jesus ist, ist nicht das Bios-Leben, die Biologie, sondern das Zoe-Leben, das ist das innere, das seelische, das religiöse, das ewige Leben. Das biologische Leben kann uns unsere Mutter geben, aber das mystische, ewige Leben gibt uns Jesus Christus.
MARIA DIE DEN GESALBTEN SALBT
Johannes 12
1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den Jesus auferweckt hatte von den Toten. 2 Dort machten sie ihm ein Mahl, und Martha diente bei Tisch; Lazarus aber war einer von denen, die mit ihm zu Tisch saßen. 3 Da nahm Maria ein Pfund Salböl von unverfälschter, kostbarer Narde und salbte die Füße Jesu und trocknete mit ihrem Haar seine Füße; das Haus aber wurde erfüllt vom Duft des Öls. 4 Da sprach einer seiner Jünger, Judas Iskariot, der ihn hernach verriet: 5 Warum wurde dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft und das Geld den Armen gegeben? 6 Das sagte er aber nicht, weil ihm an den Armen lag, sondern er war ein Dieb; er hatte den Geldbeutel und nahm an sich, was gegeben wurde. 7 Da sprach Jesus: Lass sie. Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses. 8 Denn Arme habt ihr allezeit bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.
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Jesus ist der Gesalbte, der Christus, der Messias, durch die Salbung des Heiligen Geistes. Die Salbung des Heiligen Geistes ist die Einsetzung als Priester, Prophet und König. Auch wir Christen sind in der Ttaufe und der Firmung gesalbt worden und eingesetzt zum allgemeinen Priestertum, zum Prophetentum und zum Königtum. Die evangelisch-feministische Theologie nennt Jesus den „Gesalbten der Frauen“, weil die Sünderin ihn mit ihren Tränen und Maria von Bethanien ihn mit Narde gesalbt hat.
Es werden oft drei Frauen verwechselt: Magdalena, die Sünderin und Maria von Bethanien. Das haben wir Gregor dem Großen zu verdanken (6. Jahrhundert). Maria Magdalena ist aber nicht die namenlose Sünderin (Hure), die Jesu Füße mit ihren Tränen „gesalbt“ hat, und beide sind verschieden von Maria von Bethanien, der Schwester von Martha und Lazarus.
Der Wert der Salbe, des Parfüms, entsprach dem Jahreseinkommen eines Arbeiters. Maria war nicht geizig oder sparsam, nicht berechnend und nicht engherzig. Für Gott nur das Beste! So baute Salomo den goldenen Tempel für Jahwe. So baute die Kirche den prächtigen Petersdom für Christus. Es ist Marxismus, das zu kritisieren. Als ob Christus nicht der wertvollsten Steine und der höchsten Kunst würdig wäre! Soll denn nicht Christus von uns nur das Beste erhalten? Soll nicht Christus unsere Liebe, unsere Zeit erhalten? Oder sind Ehefrau und Kinder uns lieber als Gott und so zu unseren Götzen geworden?
Wir wollen alles geben, das ist das Wesen der Liebe, wie Jesus alles gegeben, bis zum letzten Blutstropfen. Wenn wir nicht erfassen, dass Jesus sich für uns ganz dahin gegeben hat, für uns den Liebestod gestorben ist, er bis zum letzten Blutstropfen sich uns ganz hingibt, dann können wir die Bibel auswendig kennen, wir sind dennoch keine Christen, wir können christliche Theologie studieren oder Christus als Philosophen betrachten, wir können den Armen Suppe kochen, wenn wir nicht die Liebe Christi am Kreuz erkennen, sind wir keine Christen.
Wie erweisen wir Jesus unsere Liebe? Indem wir Zeit mit ihm im Gebet verbringen, indem wir den Nächsten lieben mit Worten und Werken, indem wir unsere Sünden beichten, indem wir uns mit seinem Leib in der Eucharistie vereinigen, indem wir unsere Kinder taufen lassen, indem wir Zeugnis für Jesus ablegen, indem wir die Heilige Schrift lesen und meditieren, indem wir im Rosenkranz über Jesu Leben meditieren.
Es gibt die Liebe zu Gott wie bei Maria oder die Liebe zum Geld wie bei Judas. Die Liebe ist die himmlische Gottheit, das Geld ist der irdische Abgott. Die Liebe zu Gott führt in die ewige Ruhe des Himmels, die Liebe zum Geldgötzen in die ewige Qual der Hölle.
Kirche und Geld. Oder: Kirchensteuer oder Jüngerschaft, das ist hier die Frage. Allezeit die Armen versorgen, eine marxistische Kirche? Vor dem Mammon sind auch die Christen nicht automatisch geschützt. Die Kirche in Deutschland hat Billionen an Geld, aber hat den katholischen Glauben aufgegeben. Menschen treten aus der Kirche aus wegen der Kirchensteuer. Katholische Bewegungen zeichnen sich vor allem durch Versendung von Überweisungsformularen aus. Die Kirche ist im Besitz von Buchverlagen, die okkulte Bücher vertreiben. Fragt ein Elender um seelischen Beistand, wird er abgewimmelt, weil man denkt, er will Geld. Es scheint, dass die Kirche in Deutschland von Herrn Mammon und Frau Torheit regiert wird.
KIRCHENVATER AUGUSTINUS
Noch einmal zu den Worten des Evangeliums, Lukas 10,38 usw., über Martha und Maria.
Als das heilige Evangelium gelesen wurde, hörten wir, dass der Herr von einer religiösen Frau in ihrem Haus empfangen wurde, und ihr Name war Martha. Und während sie damit beschäftigt war, zu dienen, saß ihre Schwester Maria zu den Füßen des Herrn und hörte Seinem Wort zu. Die eine war beschäftigt, die andere war still; die eine gab auf, die andere wurde gefüllt. Doch Martha, die mit dieser Beschäftigung und Mühe des Dienens beschäftigt war, appellierte an den Herrn und beklagte sich über ihre Schwester, dass sie ihr bei ihrer Arbeit nicht half. Aber der Herr antwortete Martha für Maria; und Er wurde ihr Anwalt, der als Richter angerufen worden war. Martha, sagt Er, du bist mit vielen Dingen beschäftigt, wenn eine Sache notwendig ist. Maria hat das bessere Teil gewählt, das ihr nicht genommen werden soll. Denn wir haben sowohl die Berufung des Berufungsklägers als auch das Urteil des Richters gehört. Dieses Urteil antwortete dem Berufungskläger und verteidigte die Sache des anderen. Denn Maria war auf die Süße des Wortes des Herrn bedacht. Martha war darauf bedacht, wie sie den Herrn speisen könnte; Maria war darauf bedacht, wie sie vom Herrn speisen könnte. Martha bereitete ein Festmahl für den Herrn vor, an dessen Festmahl Maria sich gerade erfreute. Als Maria also mit süßem Vergnügen Seinem süßesten Wort lauschte und mit innigster Zuneigung trank, als ihre Schwester den Herrn anflehte, wie, glauben wir, fürchtete sie sich, der Herr könnte zu ihr sagen: Steh auf und hilf deiner Schwester? Denn sie wurde von einer wunderbaren Süße gehalten; einer Süße des Geistes, die zweifellos größer ist als die der Sinne. Sie war entschuldigt, sie saß mit größerem Vertrauen da. Und wie entschuldigt? Lasst es uns so gründlich erwägen, untersuchen und erforschen, wie wir können, damit auch wir speisen können.
Wofür, glauben wir, wurde Martha getadelt, die sich um die Gastfreundschaft bemüht hatte und den Herrn selbst in ihr Haus aufgenommen hatte? Wie konnte sie mit Recht getadelt werden, die sich über so viel freute? Wenn dies wahr ist, sollen die Menschen ihre Dienste den Bedürftigen widmen; sie sollen sich selbst den besseren Teil aussuchen, der ihnen nicht genommen werden soll; sie sollen sich ganz dem Wort hingeben, sie sollen sich nach der Süße der Lehre sehnen; sie sollen sich mit der rettenden Erkenntnis beschäftigen; es soll ihnen egal sein, welcher Fremde auf der Straße ist, wer Brot oder Kleidung braucht oder besucht, erlöst oder begraben werden möchte; die Werke der Barmherzigkeit sollen aufhören und nur der Erkenntnis ernsthafte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Wenn dies der bessere Teil ist, warum tun das dann nicht alle, wenn wir den Herrn selbst als unseren Verteidiger in dieser Angelegenheit haben? Denn wir fürchten in dieser Angelegenheit nicht, dass wir seine Gerechtigkeit beleidigen könnten, wenn wir die Unterstützung seines Urteils haben.
Und doch ist es nicht so; sondern es ist, wie der Herr gesprochen hat. Es ist nicht so, wie ihr es versteht, sondern so, wie ihr es verstehen sollt. Also merkt euch: Ihr seid mit vielen Dingen beschäftigt, obwohl eines notwendig ist. Maria hat das bessere Teil gewählt. Ihr habt nicht das schlechte Teil gewählt; aber sie ist besser. Und wieso ist es besser? Weil ihr mit vielen Dingen beschäftigt seid, sie mit Einer Sache. Eines ist vielen vorzuziehen. Denn nicht eines kommt von vielen, sondern viele von einem.
Viel ist geschaffen, und Er ist Einer, der es gemacht hat. Himmel, Erde, Meer und alles, was darin ist, wie viel sind sie! Wer könnte sie aufzählen? Wer begreift ihre große Zahl? Wer hat sie alle gemacht? Gott hat sie alle gemacht. Siehe, sie sind sehr gut. Sehr gut sind die Dinge, die Er gemacht hat; wie viel besser ist Er, der sie gemacht hat! Lasst uns also unsere Beschäftigungen mit vielen Dingen bedenken. Viel Dienen ist notwendig zur Erfrischung unseres Körpers. Warum ist dies so? Weil wir hungern und dürsten. Barmherzigkeit ist notwendig für die Elenden. Du brichst den Hungrigen das Brot; denn du hast einen Hungrigen gefunden; nimm den Hunger weg; wem brichst du das Brot? Nimm die Obdachlosen weg, die umherirren; wem erweisest du Gastfreundschaft? Nimm die Nacktheit weg; wem gibst du Kleidung? Lass keine Krankheit sein; wen besuchst du? Keine Gefangenschaft; wen erlöst du? Kein Zank; wen versöhnst du? Kein Tod; wen begräbst du? In der kommenden Welt wird es diese Übel nicht geben; deshalb wird es auch diese Dienste nicht geben. Nun gut, Martha diente seinem sterblichen Fleisch, was den Körper – wie soll ich es nennen, Mangel oder Willen des Herrn? – betraf. Aber wer war er in diesem sterblichen Fleisch? Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott , und Gott war das Wort. Seht, was Maria hörte! Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Seht, wem Martha diente! Deshalb hat Maria das bessere Teil erwählt, das ihr nicht genommen werden soll. Denn sie hat erwählt, was ewig bleiben soll; es soll ihr nicht genommen werden. Sie wollte sich mit Einer Sache beschäftigen. Sie verstand bereits: „ Aber es ist gut für mich, dem Herrn anzuhangen.“ Sie saß zu Füßen unseres Hauptes. Je demütiger sie saß, desto reichlicher empfing sie. Denn das Wasser fließt zusammen in die tiefen Täler des Tals und läuft von den Anhöhen des Hügels herab. Der Herr tadelte Marthas Arbeit also nicht, sondern unterschied zwischen ihren Diensten. Du bist mit vielen Dingen beschäftigt; doch Eines ist notwendig. Dies hat Maria bereits für sich selbst gewählt. Die Arbeit der Vielfalt vergeht, und die Liebe zur Einheit bleibt. Deshalb wird ihr nicht genommen werden, was sie gewählt hat. Aber von dir, was du gewählt hast (natürlich folgt dies, natürlich wird dies verstanden), von dir, was du gewählt hast, wird es genommen werden. Aber zu deiner Seligkeit wird es genommen werden, damit das Bessere gegeben werden kann. Denn die Arbeit wird von dir genommen werden, damit Ruhe gegeben werden kann. Du bist noch auf dem Meer, sie liegt bereits im Hafen.
Ihr seht also, Geliebte, und ich vermute, ihr versteht bereits, dass in diesen beiden Frauen, die beide dem Herrn wohl gefielen, beide Objekte seiner Liebe, beide Jüngerinnen; ihr seht, sage ich (und es ist eine wichtige Sache, die, wer auch immer versteht, hiermit versteht, eine Sache, der selbst diejenigen unter euch, die es nicht verstehen, Gehör schenken und sie wissen sollten), dass in diesen beiden Frauen die beiden Leben dargestellt werden, das gegenwärtige Leben und das zukünftige Leben, das Leben der Arbeit und das Leben der Ruhe, das Leben der Sorgen und das Leben der Glückseligkeit, das zeitliche Leben und das ewige Leben. Dies sind die beiden Leben: denkt genauer darüber nach. Was dieses Leben enthält – ich spreche nicht von einem Leben des Bösen oder der Ungerechtigkeit oder Schlechtigkeit oder Luxus oder Gottlosigkeit; sondern voller Arbeit und Sorgen, von Ängsten unterdrückt, von Versuchungen beunruhigt; ich meine sogar dieses harmlose Leben, wie es sich für Martha eignete; ich sage, dieses Leben prüft, so gut ihr könnt, und wie ich gesagt habe, denkt gründlicher darüber nach, als ich spreche. Doch ein sündiges Leben war weit entfernt von jenem Haus, und weder bei Martha noch bei Maria, und wenn es je eines gegeben hatte, so floh es beim Eintritt des Herrn. Es blieben also in jenem Haus, das den Herrn aufgenommen hatte, in den zwei Frauen die zwei Leben zurück, beide harmlos, beide lobenswert; das eine voller Arbeit, das andere voller Bequemlichkeit; weder lasterhaft noch träge. Beide harmlos, beide, sage ich, lobenswert; aber das eine voller Arbeit, das andere voller Bequemlichkeit: keines von beiden lasterhaft, wovor sich das Leben der Arbeit hüten muss, weder träge, wovor sich das Leben der Bequemlichkeit hüten muss. Es gab also in jenem Haus diese beiden Leben und Ihn selbst, die Quelle des Lebens. In Martha war das Bild der gegenwärtigen Dinge, in Maria das Bild der zukünftigen Dinge. Was Martha tat, das tun wir jetzt; was Maria tat, das hoffen wir. Lasst uns das Erste gut machen, damit wir das Zweite in Fülle haben. Denn was haben wir jetzt davon? Wie weit haben wir es? Wie viel davon haben wir, solange wir hier sind? Denn in gewissem Maße sind wir jetzt damit beschäftigt, und auch ihr, wenn ihr von der Arbeit abkommt und die häuslichen Sorgen beiseite lasst, kommt zusammen, steht, hört zu. Insofern ihr dies tut, seid ihr wie Maria. Und mit größerer Leichtigkeit tut ihr das, was Maria tut, als ich, der ich austeilen muss. Doch wenn ich sage, was ich soll, ist es Christi; deshalb nährt es euch, weil es Christi ist. Denn das Brot ist uns allen gemeinsam, von dem auch ich lebe, ebenso wie ihr. Aber jetzt leben wir, wenn ihr, Brüder, fest im Herrn steht. Ich möchte nicht, dass ihr fest in uns steht, sondern im Herrn. Denn weder derjenige ist verantwortlich, der pflanzt, noch derjenige, der begießt, sondern Gott, der das Gedeihen gibt.