ROSARIUM VIRGINIS MARIAE

VON TORSTEN SCHWANKE


Du hohe Fraue kannst so vieles bringen,

Daß, wer nach Gnade dürstend dich nicht riefe,

Umsonst zu fliegen suchte, ohne Schwingen.“

(Dante)

...wenn wir dieses Gebet

als Ausdruck einer Liebe betrachten,

die nicht müde wird,

sich der geliebten Person zuzwenden.“

(Johannes Paul II)

CANTUS I

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Die schön wie unsre Mutter Eva war,

Als Eva an des Wissensbaumes Stamm

In Feigenblatt sich hüllte und ihr Haar

Und betete: Gott sende meinen Samen,

Daß frei vom Tod werd meiner Kinder Schar!

Drei Engel in den Hain von Mamre kamen,

Da Sara lachte mit den neunzig Jahren

Und Abraham mit seinem neuen Namen

So betet: Die wir in Chaldäa waren,

Wir wollen in das Reich, das Gott verheißen

In meinem Segenserben, wunderbaren.

Und Isaak, als Opfermahl zu speisen

Jehowah, sah in einem Dornenstrauch

Des Opfers Stellvertretung, hoch zu preisen.

Und Jakob opferte der Weihe Rauch

Und sah die Himmelstreppe in dem Traum

Und hörte des Erhabnen Segenshauch.

Und Mose sah im wüstenöden Raum

In Donner und in Feuer Gottes Berg,

Gott reden im entflammten Dornenbaum.

Im Schatten deiner Schwingen, Jahwe, berg

Den Enkel Ruths, den heiligen Psalmisten,

Der den Messias pries mit seinem Werk.

Und Sulamith mit ihren Taubenbrüsten

Sah nach dem gottgesalbten Salomon

Und weihte ihm die Liebe mit den Lüsten.

Jesaja sah vorher der Jungfrau Sohn,

Um den Erlöser Schmerzensmann zu preisen,

Der Israel erlöst auf Davids Thron.

Und Jesus Sirach, um den Weg zu weisen,

Sang er der Weisheit schönes Hoheslied

Und pries wie Salomon die Braut des Weisen.

Empfangen ward die Neue Sulamith

Des, der da größer ist als Salomon.

Sankt Anna im judäischen Gebiet

Empfangen hatte von dem Davidssohn

Joachim Gottes Tochter in dem Schoß,

Die ward im Schoße schon des Geistes Thron

Und von dem Geist gebildet, sündenlos,

Von aller Erbschuld der Ureltern frei.

Der Dornbusch Anna brachte vor die Ros’.

Und als sie zählte ihrer Jahre drei,

Ging sie zum Tempel nach Jerusalem,

Daß sie dem Heiligen geheiligt sei.

Der Brunnen ihres Bluts ward aufgetan; du schäm

Dich dessen nicht, du Inbild der Natur;

Da kam der Zimmermann aus Bethlehem,

Vom Stamme Juda, auf Jehowahs Spur

Ging er, und aus den andern Stämmen Freier

Begegneten der schönsten Kreatur.

Geist Gottes wollte ihres Leibes Leier

Dem Davidssohne in die Hände legen

Und führen Josef zu der Hochzeitsfeier,

Daß er empfange dort Jehowahs Segen

Für sich und die Geliebteste von oben

Und ging im Segen Gottes allerwegen.

So durfte Josef sich der Maid verloben,

Die schöner als die Tochter war von On

Und wußte wie Suleika nicht zu toben,

Und war versprochen nur dem Davidssohn

Und nicht dem Sohn vom Stamme Benjamin.

Schamröte auf den Wangen, rot wie Mohn,

Der Mann vom Stamme Benjamin ging hin

Zum Karmel, wo Wacholder wuchs und blühte,

Und Sterben achtete er für Gewinn...

Maria aber, betend im Gemüte,

Weissagungen betrachtend aus dem Psalter,

Des Abends, sah bei blauer Blumenblüte

Leis schweben einen schneeigweißen Falter,

Den Schmetterling um jene Blume minnen,

Wie Sion minnt der Herr in seinem Alter.

Da trat ein Mann zu ihr in weißem Linnen,

Mit einem Gürtel um von Uphas-Golde,

Mit chrysolithnem Leib im Leinen drinnen,

Im Antlitz wie ein Blitz sein Auge rollte,

Die menschliche Gestalt wie reine Jade,

Der sprach wie Meeresrauschen: Freu dich, Holde!

Denn mit dir ist des Allerhöchsten Gnade!

Du sollst empfangen, einen Sohn gebären,

Das Wort empfangen als die Bundeslade,

Du Stern des Meeres über Völkermeeren

Die Welt beschenken mit dem Hoffnungsstrahl

Der Weisheit, die wird alle Welt belehren,

Drum haucht in dich der göttliche Gemahl

Den schöpferischen Odem in dich ein

Als wie in Brautgemach und Hochzeitssaal!

Gott wählt aus allen Töchtern dich allein,

Der Geist ist keiner anderen so nah,

Der Sohn will Kindlein deines Leibes sein,

Gott wirbt um dich.- Maria sagte: Ja!

Ich will, wie Gott es will! Ja, mir geschehe

Nach deinem Wort, du Bote Gottes!- Da

Vollzog sich das Mysterium der Ehe

Von Fleisch und Geist in gottgemäßer Zucht,

Von Gott und Menschheit, ohne Evas Wehe,

Das Licht sank in des Todesschattens Schlucht,

Die Ewigkeit war mit der Zeit zusamm

Und Gott im Fleisch, in ihres Schoßes Frucht!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS II

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Vom Geist Gebildete, Immaculata!

Den Liebesapfel vom Alraunenstamm

Gab Lea Rahel, welche in Efrata

Benoni, weher Schmerzen Sohn, gebar

Und säte ihrer Muttertränen Saat, ah!

Rosinenkuchen brachte wunderbar

Dir Hirtin von dem Karmel, Abigail,

Die David sah in ihrem braunen Haar

Und sah dann Ahinoam, aber weil

Die Frauen beide den Gesalbten ehren,

Trieb niemand in sie der Entzweiung Keil.

Und auch die Griechen von den Frauen lehrten

Und lehrten die Verzagtheit der Ismene,

Die sie den Mut Antigones verehrten,

Da diese Sklavin blieb, erhob sich jene

Und bracht ein Opfer für die Freiheit dar.

Schön wie der Griechen Charis Magdalene

Wob sich so gerne in ihr Lockenhaar

Und war so schön wie Helena von Sparta,

Auch kannte Magdalene die Gefahr,

Die doch zur Minnerin der Weisheit ward, ah,

Und hat dem Meister gern ihr Ohr geliehn,

Dieweil beschäftigt in dem Haus war Martha.

Die Kirche ehrt auch Lüttichs Evelin,

Kommunizierende der Kommunion,

Sah oft zur Freundin Juliana hin,

Die beide innig liebten Gottes Sohn,

Der wollt in der Eucharistie sie freien,

Von Bundeslade und von Gnadenthron.

Die Freundinnen, die lieben wollen, weihen

Wir, der Poet und Sions Muse, nun,

Gott möge ihnen jedes Nein verzeihen...

Vor Zacharias Angesicht zu ruhn,

Wem darf es werden? Jener Sohn des Levi

Aufopferte dem Höchsten all sein Tun,

Wie Abjatar zu jener Zeit, als Mefi-

Boscheth an Davids Tisch zuhause war,

War Priester, wie zu jener Zeit, da Ewi

Von Midian der Israeliten Schar

Bekämpft, zu senden sie zum Kahn des Charon,

War Priester, wie zu Mose wunderbar

Geweihten Zeiten war der Priester Aaron,

Der Weihegaben brachte vor dem Zelt

Und durfte doch die Lilie von Scharon

In dem verheißnen Land, die neue Welt,

Noch nicht erblicken, weihte dennoch alle,

Weil solcherlei dem Ewigen gefällt.

Und Zacharis ging in Gottes Halle

Und einen Engel schaute Zacharias.

O Seele, lieblicher Gefühle walle,

Vorläufer werden künden den Messias

Und werden Gott vernehmen in der Wüste,

Wie Gott im Schweigen hörte einst Elias,

Als Isebel Astartes Marmorbüste

Mehr liebte als den Herrn, die Göttin freue

Das Volk von Israel, vom Strom zur Küste,

Elias aber hielt dem Herrn die Treue

Und achtete sein Leben für ein Nichts.

Gott, nicht in Sturm und nicht in Donner dräue,

Komm wie auf Schwingen, säuselnd wie des Lichts

Seimsüßes Sommerlüftchen linder Leisheit

Und schirm uns vor den Feuern des Gerichts

Und schimmre auf dem Horeb reiner Weißheit!

Zu preisen deine Glorie, wer kann es?

Wer würdig singen Schönheit deiner Weisheit?

Laß schauen mich zur Mutter des Johannes,

Des Priesters heiliger Elisabeth,

Vermählten gottgeweihten Gottesmannes,

Wie sie zum Allerhöchsten im Gebet

Gesprochen, und die sprache war wie Wind,

Der Gottes Segenshauch herniederfleht

Auf ihres Schoßes eingewobnes Kind;

Als zu der Ehefrau des Zacharias

Gekommen Gottes Segensodem lind

In allerlieblichster Gestalt Marias:

Allschöne, aller Erdenwelt Entzücken!

Preist sie das Klagelied des Jeremias.

Da brauchte sie nur voller Huld zu blicken

Zur heiligen Elisabeth, zu grüßen

Die liebe Freundin mit des Hauptes Nicken,

Daß in der Freundin alle Wasser fließen

Zusammen wonniger um den Propheten,

Der hüpfte auf vor Wonne! und mit süßen

Preisworten höre ich die Freundin beten:

Du mehr als alle Frauen Benedeite!

Das wissen Lehrer nicht un Exegeten,

Daß Judith, die das Gottesvolk befreite,

Und Jael, unter Frauen auch gepriesen,

Weil sie ein Ende machte mit dem Leide,

Nicht so gesegnet sind wie du! und diesen

Wird lautes Lob in aller Welt zuteil,

Doch du bist Pforte zu den Paradiesen,

In denen wieder Adam lebt im Heil,

Weil du den Neuen Adam wirst gebären!

Ich preis mich eine Gottbeglückte, weil

Die Mutter meines Gottes, hoch zu ehren,

In meine Hütte kommt! Da seht das Lamm,

Das dulden wird, wenn es die Sünder scheren!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS III

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Wird Schönheit auch verzehrt wie eine Motte,

Weih Unsre Liebe Frau mein Liebeslied,

Wird ihr gesungen der Erscheinung Grotte

Nun nicht in dem Gefilde Israels,

Da ja die Herrlichkeit von unserm Gotte

Auch zu den Heiden reicht. Da ist ein Fels,

Im Süden die Iberer und die Franken

Im Norden, Gipfel hoch und Schmelz

Von Sonnenschimmer niedersanken

Zum provencalisch-minnevollen Tal,

Da sammeln sich am Quell die Seelenkranken,

Die Lahmen und die Krüppel ohne Zahl,

Daß jeder sich in Wunderwasser bade,

Das da gewirkt Marien Gnadenwahl

Durch Anteilhabe an Messias’ Gnade,

Der wollt die körperlich und seelisch Matten

Aufrichten gnädiglich aus allem Schade.

Da lagen Minnesänger in dem Schatten

Und sangen hoher Schönheit Königin,

Da lieben mystische Mariengatten

Des Hauses Herrin, ihre Zimmerin.

Demütig ist ihr Stolz, die Demut stolz,

Sie alle lieben Gottes Minnerin

Und bauen Hütten ihr von Zedernholz,

Daß jeder sich Sankt Josef beigeselle.

Vor Sankt Marien Minnemund hinschmolz

Der Musensohn, trank von der Musenquelle

In Einsamkeit, sehr fern von allem Spotte.

Von Geist floß über Ihrer Gnaden Welle

Und eignete ihn ganz dem lieben Gotte,

Indem sie sich vermählte seiner Seele,

Beim Fels, allein, in der Erscheinung Grotte!

Im Innern ist die Grotte, ist die Höhle,

Im Inneren der schäferliche Stall.

Dort ist der Odem aus des Esels Kehle,

Des Stieres leidenschaftliches Gewall

Bei Bruder Esels blöden dumpfen Augen.

Doch ist dort auch die Königin des All,

Kann jede Kreatur zum Sklaven taugen

Der Königin, und Bruder Esel auch.

Seht ihr den Säugling an dem Busen saugen

Und sehet ihr die langen Haare auch

Den Säugling warum und liebevoll verschleiern?

Ist draußen frostig auch des Winters Hauch,

Ist in den Augen doch von Seelenfeuern

So eine überwältigende Wärme!

Die Schönheit Unsrer Lieben Frau zu feiern,

O Muse, mit den Himmelsleiern schwärme!

Zeig uns die Augen Unsrer Lieben Frau,

Die schaut so still und abseits dem Gelärme

Der reichen Welt. Mit ihren Augen schau

Und lern von ihrem Herzen süßes Minnen

Und hüll dich in der Mutter Mantel blau

Und schau mit deiner Seele: Siehst du innen

Das Kindlein in der Krippe, in dem Stroh,

Fast nackt, bedeckt nur mit den Windellinnen,

So singe da: In dulce jubilo!

Siehst du die Augen dieses Kindes lächeln,

Wird deine Seele dir im Grunde froh!

Marias lange braune Wimpern fächeln

Menschliche Minne zu dem Gotteskind,

Auch Bruder Esels Atemhauche hecheln,

Sankt Josef schließt die Tür dem Winterwind,

Vergebens draußen die Dämonen sausen,

Sind in dir Unsre Frau und Jesus lind!

Doch wir, die in den Nächten wachen draußen,

In dem judäischen Gebirg im Tal

Und bei der Schafe offnen Hürden hausen,

Wir sehen auch vom Sohne einen Strahl:

Wir sehen Himmlische des nachts erschimmern,

In Gottesschönheit Engel ohne Zahl,

Wir sollen freuen uns und nicht bekümmern,

Denn zu uns kam der göttliche Messias!

Ihr werdet finden ihn in Windeln wimmern

Und kuscheln sich im keuschen Schoß Marias!

Gekommen ist der Trost den Hiobsworten

Und Trost den Klageliedern Jeremias,

Er öffnet neu des Paradieses Pforten,

Da werden Lämmer mit den Löwen weiden

Und Säuglinge mit Schlangen aller Sorten

Vereinigt leben, alle Menschenleiden

Wird leiden er, den Aussatz und die Räude,

Und durch das Totenreich zum Himmel schreiten!

So wird zur Quelle er der wahren Freude,

Der Gott der Freude heißt er nah und fern!

Wir sehen in dem kosmischen Gebäude

In dieser Stunde einen bunten Stern

Gleich einem nachterleuchtenden Karfunkel,

Der wird zum Lobgesang für Gott den Herrn,

Der weiß dem Allhern schön und bunt Gefunkel

Zu weihen von den hohen Himmelswarten,

Erleuchtend aller Glaubensarmen Dunkel,

Der nicht verzeichnet in den Sternenkarten

Und läßt sich auf dem Haar Mariens nieder

Und weist das Ziel des Glaubens unsern Fahrten:

Ein königliches Kind! Wir singen Lieder

Und schenken Weihrauch, Myrrhe, Gold zusamm!

Vor Seligkeit erbeben unsre Glieder!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS IV

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Jehowah wollte Israel beschneiden

Zum Bundeszeichen, sprach zu Abraham

Der Ewige, und Mose mußte leiden

Und mußte Krankheit leiden und im Kranken

Schien Mose fast zu sterben, zu verscheiden.

Zippora nahm sich einen spitzen, langen,

Geschliffnen Stein, die sie die Vorhaut schnitt

Dem Sohne ab, dem Ewigen zu danken.

Manoahs Frau voll Gottesfurcht sprach mit

Dem Engel Gottes, der jedoch trat näher,

Der Glanz der Herrlichkeit ihn licht umglitt,

Da sah Manoahs Gattin wie ein Seher

Und sah den Engel Gottes gndäig winken:

Dein Sohn soll gottgeweihter Nasiräer

Für Gott sein und soll keinen Süßwein trinken

Und seine Haare soll man ihm nicht schneiden,

Dann werden der Philister Tempel sinken.

Und David wollte seinem Herrn bereiten

Ein festes Haus, daß Gott nicht mehr im Zelt

Wie früher müsse durch die Wüste schreiten.

Und Davids Sohn, wie es dem Herrn gefällt,

Erbaute Gott den Tempel Salomon,

Den schönsten Tempel in der ganzen Welt,

Mit Bundeslade und mit Gnadenthron

Und dunkler Nacht für Gottes Heiligkeit

Im Allerheiligsten. Und Davids Sohn

Hat Elohim den Tempelbau geweiht:

Laß deinen Namen in dem Tempel wohnen,

Sind auch der Himmel Himmel hoch und weit

Nicht groß genug für deiner Allmacht Thronen,

So sei doch unter uns der Ich-bin-da!

Dir weih ich Tempelgrund und Tempelkronen.

Und auch das klassische Achaja sah

Ein Herz, das seiner Gottheit sich geweiht,

Da war die Jungfrau Iphigenia

Im Tempel ihrer Göttin, da die Maid

Behütete das Bild der Artemis,

Der ganze Weltkreis ehrte es und weit

War ihres schwarzen Steines Finsternis

Berühmt und ihrer Brüste Fruchtbarkeit,

Kein Frevler vor dem Bild das Tuch zerriß,

Das Iphigenia, die fromme Maid,

Zu Zeiten teilte in der Göttin Kult,

Da Artemis ward Griechenland geweiht.

Die Göttin aller Jungfraun, voller Huld,

Sie wollte ihren schwarzen Stein verpflanzen,

Und Hellas sollte heiliger Geduld

Und heiliger Erregung Lobpreis tanzen,

Kleinasien das Mittelmeer umfloß

Und droben glänzten Phöbus’ Sonnenlanzen,

Als Artemis ging ein in Ephesos,

Weltwunder nannte man den Tempel da,

Der diente auch der Schmied Demetrios,

Der stets das Bildnis seiner Göttin sah

Und hat als Kunsthandwerker ihr gehuldet,

Als Paulus zur Provinz von Asia

Gelangt war, der die Göttin nicht geduldet,

Der auch gehuldet einige der Schwestern

Und haben sich am Götzendienst verschuldet

Und sprachen auch von Eros in den Nestern,

Diana aber war von Eros frei.

Wer hörte Paulus die Diana lästern?

Hat keiner je vernommen. Ja, es sei,

Wie Paulus vor den Weisen der Athene

Den Unbekannten pries, im Geiste frei.

Die Herrin aber, die wir meinen, jene

Trug in den Armen Gott, den Unbekannten

Und trug ihn zu des Tempels Weiheszene,

Da Priester und Prophetin betend standen,

Da Hanna nahm mit ihren neunzig Jahren

Den Sohn, den ihres Herzens Augen fanden

Den Allerschönsten in den holden Haaren,

Ihn segnete die Tochter Phanuels,

Weil seine Augen ihre Wonne waren.

Da trat auch der Gerechte Israels

Zu Unsrer Lieben Fraue mit dem Sohn:

Der werden wird der Ärgernisse Fels,

Wird manche stürzen, sagte Simeon,

Und wird die Auserkorenen erretten.

Ihn anzuschaun, ist meines Lebens Lohn,

Nun in der Väter Sammlung mich zu betten

Bin ich bereit, so war es Henoch weiland,

Ich bind mich an den Sohn mit Liebesketten

Und halt am Herzen meiner Seele Heiland,

Glückselig macht das Jesuskind mein Herz,

Aufjubeln sehe ich auch Meer und Eiland

Und alle Welt aufjubeln Jesus-wärts,

Weil Er die Menschheit sich zur Braut erkoren.

Maria, mit der Schärfe eines Schwerts

Wird seine Qual der Liebe dich durchbohren,

Wenn sie der Menschheit Opferlamm bereiten

Und stumm das Lämmlein duldet, wirds geschoren,

Mitleiden wirst du seine Minneleiden,

Du junge schöne Mutter aller Schmerzen

Und großes Zeichen in den letzten Zeiten!

O Frau, dir zünden wir zu Lichtmeß Kerzen,

Dir weihen wir des Lebens Gottesflamm,

Das glüht in Liebe tief in unsern Herzen.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS V

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Du Mutter Gottes, der die Kinder liebt!

Als ich geboren, war der Nebel klamm

Und meine arme Mutter war betrübt.

Doch in der Weihnachtsnachts warst du, o Magd,

Der ich zu singen unterm Baum geübt,

Da ward dem jungen Sänger es gesagt,

Daß Engel backen in dem Abendrot,

Sankt Petrus an der Himmelspforte ragt.

Dem Knaben gab man schon des Wortes Brot

Und David war und Benjamin und Mose

Bei mir und Gottes heiliges Gebot.

Da sah ich Jesus, wie der Sündenlose

Gelitten, Petrus sprach unedel Nein.

Da kam der Atheismus mit der Prose,

Ich ging zum kommunistischen Verein,

Erging in Leugnung mich und Lästerungen.

Mein Herz war Baal geweiht und hart wie Stein.

Da sah ich zu den Frauen, zu den jungen,

Die waren wie Verkörperung der Mythe.

Da ward ich in das Heidentum verschlungen

Und sang den Lobgesang an Aphrodite.

Ich lauschte Sehern, gnostisch und okkult,

Der ich in heißen Sinnlichkieten glühte.

Doch offenbarte Gott mir seine Huld

Und meine Oma lehrte mich das Beten

Durch ihres Heimgangs heilige Geduld.

Und ich sah den Messias als Propheten

Und sah den Engel meines Herrn als Geist,

Daß meine Zungen voller Lobpreis wehten

Und mein Gemüt den Gott der Liebe preist

Und mich der Geist der inspirierten Schrift

Durch die Prophetin Mirjam unterweist.

O führe, Muse Sions, meinen Stift

Und lehr gedenken mich der Gottesmutter.

Ihr Bild in einer reinen Maid mich trifft.

Ich segelte zu ihr im Fischerkutter

Und meine Meeresfluten seufzten ihr

Und meine Tränen salzten meine Butter.

Maria Magdalena war bei mir

Und mein Patron wacht über mich, Sankt Peter,

Ich war verwundet wie Teresa schier

Von Gottes Minnepfeil aus glühem Äther,

Der ich Gott hörte in der heiligen Messe

Und wollt versammeln mich im Reich der Väter.

Weh mir, wenn ich die Heiligen vergesse,

Alleine um die Worte zu erkennen

Und mich allein mit Schriftgelehrten messe

Und muß nach Lobpreissängerinnen rennen

Und bin, Maria fern, ich selber nicht.

Da gab mir Gottes Geist das Minnebrennen,

Das stillt kein protestantisches Gedicht

Und können nicht verstehen Pharisäer,

Weil in mir lodert Evas Angesicht.

Da ward mir minneweh und immer weher,

Vergebens schmachtend vor dem schönsten Reiz,

Bis Gott mir sandte einen weisen Seher,

Zum Troste mir für Evas Liebesgeiz,

Der sagte mir in seiner Schwermut Nacht,

Daß Segen liegt alleine in dem Kreuz.

Da hab ich in der Winternacht gewacht

Und flehte zur platonischen Idee,

Der Weisheit in der Frauenschönheit Pracht,

Bis ich am Morgen Sankt Maria seh,

Die Christus mir erlaubte zu verehren,

Die Liebe Frau in Wonne und in Weh.

Maria, Tropfen aus den Gottesmeeren,

War Mutter Jesu, er ihr untertan,

Er ließ von ihr sich in der Schrift belehren,

Wo ihres Geistes Augen Weisheit sahn,

Weil schöpferischer Geist sie unterrichtet

Von Gott des Ewigen Erlösungsplan.

Maria hat den Lobgesang gedichtet

Und lehrte Davids Sündenschuld vor Rabba,

Da er Batshevas Ehemann vernichtet.

Auch Josef fühlte wie ein lieber Papa

Und gab dem kleinen Jesus Unterweisung

Und lehrte ihn Jehowah nennen Abba.

So zogen sie zu Opferung und Preisung

Zum Tempel, da sie ihren Sohn verloren.

Durch Drangsal zu der heiligen Verheißung

Sind auch Marie und Josef auserkoren

Und suchen ihren Jesus unter Schmerzen.

In Wehen wird das Kind der Frau geboren,

Im Dunkel sollen brennen unsre Kerzen

Des nächtlichen Gebets. Die Seele wandel

Im Tränentale mit Gebet im Herzen,

Denn bitter schmeckt sie oft, der Weisheit Mandel,

Wird so nur zu dem süßen Mandelstabe

Der Auserwählung. In dem Pilgermantel

Mariens kommen wir zur Seelenlabe

Und sehn die Weisheit als ein Kindlein lehren

Und reden süßer als die Honigwabe

Und schriftgelehrten Pharisäern wehren,

Spitzfindigkeit und Spiegelfechterei

Vermögen nicht, der Weisheit Huld zu ehren,

Denn nur, wenn Jesu Mutter auch dabei,

Erkennen wir die Weisheit als ein Kind,

Unmündigen enthüllt die Weisheit frei

Die Ruach, frei wie meiner Kindheit Wind,

Die heiligt uns mit unserm Opferlamm:

Gott Mutter, uns in deinen Beutel bind!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS VI

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Gepriesen sei die Stimme in der Wüste,

Der Rufer, der die Einsamkeit annahm!

Viel Volk versammelt an des Jordan Küste,

Die alle hörten auf Elias Geist,

Der wollte, daß das Volk die Sünden büßte,

Umkehren soll das Volk zu Gott, es heißt,

Gott selber senden würde den Messias,

Der sie vom Himmelreiche unterweist,

Doch müsse kommen erst der Geist Elias,

Der wendet da die Väter zu den Söhnen.

Und das war er, der Sohn des Zacharias.

Im Bilde italienischer Kamönen

Wir sehn Johannes schon als kleinen Knaben

Mit Jesus sitzen bei der Wunderschönen.

Gott wollte ihn mit Heiligem Geist begaben

Im Mutterschoße, daß dem keiner spotte,

Er sollte sich an Jesus schon erlaben,

Da er noch in dem Schoß, daß voll vom Gotte

Und von dem Geiste er die Weisheit preist.

So sehen wir ihn in der dunklen Grotte

Mystischer Weisheit, wie des Malers Geist

Johannes zum Messias schauen läßt.

Ob du da schon, Prophet des Höchsten, weißt,

Der Honig speiste aus dem Bienennest,

Heuschrecken in dem heißen Öl gesotten,

Daß Salome dir auf Herodes Fest

Mit ihrem Bauchtanz wird dein Haupt verspotten

Und deine Weisheit wird auf einer Schale

Gereicht dem Tempelbauer, dem bigotten?

O ladet alle Heiligen zum Mahle,

Des Freundes nicht, zum Mahl des Bräutigams,

Den preist Johannes unterm Sonnenstrahle:

Verheißung wurde uns des Opferlamms,

Das alle Welt erlöst von ihren Sünden;

Der Sproß des königlichen Davidstamms

Ist heute an dem Tag des Heils zu finden,

Und Jesus heißet Gottes Lamm mit Namen,

Erlösung wird in seinem Namen gründen.

Mit Pracht und Herrlichkeit von Bräutigamen

Als einziger Vermählter seiner Welt

Will Gott ihn in der Weltgeschichte Dramen

Hervorgehn lassen aus dem Himmelszelt

Und offenbaren wie die lichte Sonne,

Von der ein Segenslicht in unser Dunkel fällt.

Und strömt von Hermons dreigespeister Bronne

Der Jordan vor bis an des Täufers Wade,

In Schlamm und Flut tauchte Gottes wahre Wonne,

In menschliche Begierden taucht die Gnade

Und läutert mit dem Lichte dunkle Flut,

Das Leben badete im Todesbade,

In Niedrigkeit stieg ein das Höchste Gut

Und in die Sünde stieg hinab der Glaube,

In nassen Haß der heißen Liebe Glut,

Und tauchte auf! Und in Gestalt der Taube

Kam über Jesus da der Heilige Geist

Und Gottes Weizenkorn und Gottes Traube

Mit einem Wort vom Himmel Liebling heißt,

An dem Jehowah hat sein Wohlgefallen,

Der Vater uns den Sohn im Geiste weist!

Der Herr war solidarisch mit uns allen

Und will uns alle mit dem Geiste taufen

Und läßt uns Gottes Wort der Liebe schallen,

Uns von der Erbschuld Adams loszukaufen,

Gab Jesus uns der Taufe Sakrament,

Läßt Wasser über Kinderköpfe laufen.

Ihr Jünger des Johannes, sagt mir, kennt

Ihr den, der Simon Petrus auserwählt?

Der ihn den Ersten seiner Jünger nennt

Und ihn zum Helden seiner Rechten stählt

Und ihn beruft, die Menschen einzufangen

Und Gottes Wort, vom Geiste glutbeseelt,

Zu künden und den Untergang der Schlangen

Und der verließ sein holdes Eheweib

Und ist mit Jesus seinen Gang gegangen

Und weihte Gottes Liebe seinen Leib

Und Jesu Sanftmut seinen heiligen Zorn

Und bat den Geist: In meine Seele schreib

Die Hoffnung aus der Gottesgnaden Born,

Daß ich der ewiglichen Hoffnung Preiser

Und Künder werden allen, die verlorn:

Denn meine Hoffnung ist nur einer: Weiser

Ist keiner als die Weisheit Gottes ist!

Mein Jesus ist Glückseligkeits-Verheißer,

Wenn Gott hinwegfegt Hiobs Schweinemist

Und Jesus kommt in seiner Parusie

Und selig wandeln Christin wird und Christ

Im neuen Eden! - Vater Petrus, sieh,

Was eben mir für eine Hoffnung blüht:

Der Kirche Inbegriff, ich mein Marie,

Mög mit mir, wenn die Auferstehung früht,

Zusammen wandeln in der Minne Tal,

Wo sonnentrunken Jesu Weinstock glüht,

Wo die Zikaden zirpen ohne Zahl

Und von den Pinien tropft der süße Seim

Und wo wir wandeln von dem Abendmahl

Zur Seligkeit des Kusses, Reim an Reim

Und Mund an Mund, o Gott, und Flamm in Flamm,

Und wir sind alle Ewigkeit daheim!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS VII

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Fürsprache leg, Maria, für mich ein,

Du bist mit Jesus bei dem Fest zusamm,

Ich wende mich an dich, an dich allein,

Und doch, Geliebte, muß ich dir nichts sagen,

Du kennst ja meines Herzens tiefstes Schrein,

Bevor ich meine Stimme heb zu klagen,

Weißt du es schon, o Herzenskönigin,

Weißt von der Sehnsucht an den dunklen Tagen

Und in den lichten Nächten, weißt, ich bin

So durstig nach der rauschgewordnen Gnade,

Nach Wollust dürstet schmachtend jeder Sinn,

Daß ich mich in dem vollen Schwalle bade

Und alle Triebe zu der Liebe treib.

Ich reich der Weisheit doch nicht an die Wade.

Ich bin kein Engel, bin ein Geist im Leib,

Ich bin ein Wort im Fleisch, o Frau Maria!

Soll ich dich bitten um ein schönes Weib?

Wie Königin Batsheva Adonia

Dereinst um Abischag von Schunem bat?

All-liebliches Ergötzen Jeremia,

Sieh Königin Batsheva in dem Staat

Des weisen Friedensfürsten Salomon

Fürsprache in dem königlichen Rat

Einlegen für den jungen Davidssohn

Und sieh der Königin Thronsessel stehn

Zur Rechten ihres Friedensfürsten Thron;

Sie bat doch nur um Abischag, die schön

Und edel war und Davids ganze Wonne,

Des Lebenssatten seufzendes Gestöhn,

Die Adonija wäre Freudensonne;

Sie bat ihn, doch der König sagte Nein!

Fürsprecherin, o heilige Madonne,

Auf deine Bitte hört, der ewig ein

Und ewig ist derselbe, allezeit

Der deine: Sohn, sie haben keinen Wein!

Was kümmert dich der Herzen Lustigkeit

Und Fröhlichkeit von Braut und Bräutigam

Und alle Freude vor der Ewigkeit?

Erbarm dich über allen unsern Gram,

Die Tränenwasser in den Augenbronnen,

Unlust und Mißmut und verschämte Scham

Und Lethewasser in der Schwermut Tonnen

Und aller unsrer Wetter dunkle Launen,

Und lasse Reben reifen in den Sonnen

Durch deines heiligen Gebetes Raunen

Und Zaubersprüche göttlicher Magie

Und laß die Salomone und die Braunen

Vom Wein der Wonne trunken werden, wie

Die Morgenröte Glut auf ihren Wangen,

Und laß die Sulamithin, laß du sie

Mit all der Glut der Wangenröte prangen

Und ihre Wimpern strahlen laß wie Lanzen

Und ihre Haare laß wie Ranken hangen

Und mit der Nabelperle laß sie tanzen

Und laß sie beim Agapemahle trinken

Und mach die Nacht zu einer großen ganzen

Weintraube Gottes, laß die Becher blinken

Und laß die Liebenden die Becher leeren

Und wie in fliegendem Gewölk versinken

Und treiben trunken wie in wilden Meeren

Und in den heißen Wollustfluten baden

Und ledig allem lastenden Beschweren

Aus nacktem Glauben und aus bloßen Gnaden

Erneut erzeugen Gottes großen Sphairos! -

Und ruhn an paradiesischen Gestaden.

So kennen wir die Hymnen des Homeros,

Die er gesungen seiner Göttin Charis,

Die da gebar den Gott der Liebe, Eros,

Die schimmerte so schön, o stella maris,

O Stern der Venus über stiller Bucht,

Daß sehr betört von ihr der Hirte Paris

Ihr zusprach aller Schönheit Ruhmesfrucht

Und ihm die göttliche Urania

Ich echt homerischer antiker Zucht

Zum Danke gab die schöne Helena,

Die da gewesen Königin von Sparta,

Die Paris mit dem Charme der Charis sah.

Sie war so schön wie arbeitsamer Martha

Schönere Schwester in den Lockenfluten.

Und auf den Fluten ihrer Meeresfahrt, ah,

Dem Schoß der Morgenröte strömten Gluten

Und sanken golden auf die Meeresküste,

Da Helena und Paris lieberuhten.

Er ruhte unterm Sternbild ihrer Brüste,

Die schöner als ein marmornes Idol,

Da er die Spitzen ihrer Brüste küsste

Und trank der Lippen Tau zu beider Wohl,

Die küssend nie zu Ende kommen wollten,

Auch nachts, Callisto schimmerte am Pol,

Die Tümmler in dem Mittelmeere tollten,

Da liebten sich die Liebenden im Fleische

Und einten die Gemüter sich, die holden,

Und nicht zu Biederer und nicht zu Keusche

Mit Charis’ Segen schlossen einen Pakt,

Und Möwen jubelten mit Lustgekreische,

Vollzogen ward der schöpferische Akt

Und waren Mann und Weib vereint zusamm

Und nackend Adam da und Eva nackt! -

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS VIII

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Du bitt für uns, des neuen Bundes Esther

Und für uns Sünder bitt zu Gottes Lamm!

Wie reizgeschmückt war deine Namensschwester,

Die schöne Mariam von Magdale!

Die Amoretti bauten ihre Nester

Im Tale ihrer Taubenbrüste Schnee,

Die hatten Aloe- und Myrhheduft.

Sie wohnte bei dem See von Galilee,

Doch war die Hütte ihr wie eine Gruft

Und Buhldämonen waren ihre Freier

Und schwüle Süße lag in dicker Luft.

Dämonen spielten ihres Leibes Leier

Und tatschten ihre makellosen Brüste.

Wer raubte, Schullammyth, dir deinen Schleier?

Der Fürst von Tyrus nahte von der Küste

Und gab den Lohn der Buhlerei der Dirne

Und übte götzendienerische Lüste:

O Göttin! ging es ihm durch seine Stirne,

Als er die makellose Brust anstarrte,

Der Baschanberge schneeigweiße Firne,

Dein Dirnenschoß ist Tempel der Astarte,

Buhldirne eines Fürsten will ich nennen

Die schöne Magdale, die hochgelahrte

Hetäre, Heiden sieh entzündet brennen

Für deines Leibes jadeweißen Tempel

Und Hirsche sieh in deinem Walde rennen!

Die du der Göttin Aschera Exempel,

Bist Herrin über alle Buhldämonen,

Bist Blume, öffne deinen Blütenstempel,

Ich will als Wurm in deinem Grabe wohnen

Und tief in deiner lodernden Gehenna

Im Perlenthrone deines Schoßes thronen!

Da wandt er sich aus ihrer Haare Henna,

Weil Satan den Messias nahen sah,

Der sprach: O Zyperblume, Traube Henna,

Nun ist dir ja das Reich der Himmel nah

Und Gottes Finger treibt die Teufel aus

Und im Scheol verschwindet Aschera

Und Gottes Geist bereitet sich sein Haus

Und fegt mit Feuer sich die Hütte rein

Und wohnt darin mit sanften Säuselns Saus

Und meine Wahrheit zieht und Huld zieht ein

Und macht dein Herz dem Jesusherzen gleich

Und wandelt dir den Jordan um in Wein

Und macht dein Herz von Fleisch, lebendig weich,

Und wandelt deines Herzens Fleisch zu Brot

Und läßt dich leben schon im Himmelreich.

Da ließ sie ihrer Hennalocken Rot

Wie Morgenglut umwallen seine Füße:

O fahre nicht davon im Fischerboot,

Gewähre, daß ich dich in Minne grüße,

Die Füße küsse meinem ewigen Schatze!

Da sagte Jesus: Du in Minnen Süße,

Zerreißen wird die Sünde mich, die Katze,

Sie wird mit mir als wie mit Vögeln spielen

Und meine Brust durchkrallen mit der Tatze,

Ich aber weiß nur Liebesglut zu fühlen

Für die in Sebulon und Naphtali,

Und nie wird meine Liebesglut erkühlen,

Auch nicht im Garten von Gethsemani!

Ich muß an meiner heiligen Passion

Verbluten und versterben! aber nie

Hört auf zu lieben Gottes Menschensohn,

Dem Leib und Seele du und Geist geweiht! -

Marias Wange glühte wie der Mohn.

O kommt ihr auch, im schlichtgewobnen Kleid,

Ihr Mädchen, will ich speisen euch mit Manna,

Seh ich zwei schöne Schwestern schon bereit,

Sehr schlank und braunen Haares die Susanna,

Die fast so schön und hold wie Magdale,

Und dann das runde Prachtweib auch, Johanna,

Mit Schamesrot auf ihrer Wangen Schnee

Und einem treuen Herz im vollen Busen,

Die lammesgleiche Jungfrau Salome

Mit ihrer Harfe sionitischer Musen,

Die sie verliebt in Sankt Andreas ist,

Und so wie goldne Glocken und Jampusen

Maria Kleophas die Röcke mißt,

Die Hohepriesterin der Jüngerinnen,

Daß niemand Joses’ Mutter uns vergißt

Und jene Frau im schlichten reinen Linnen,

Die Gattin Petri, die wir taufen Timna,

Die sich wie Fischerin und Fischer minnen

Und haben Kinder auch, den kleinen Simna,

Der ist ein Wildfang wahrlich und Rabauke,

Dagegen engelhaft der kleine Jimna,

Schaut also himmelgleich aus seinem Auge,

Steht Vater Petrus an dem Fischerkutter

Und tanzet Timna zu dem Schlag der Pauke,

Und preisen wollen wir die Schwiegermutter

Des Petrus, welche Fieber hatte, Hanna,

Die Jesus heilte, daß sie Brot und Butter

Dem Heiland reichte, der war ihr das Manna

Und Brot der Engel menschlicher Gestalt,

Sie war wie Sankt Marien Mutter Anna

Dahingegangen lebenssatt und alt,

In Jesu Gegenwart der Seele Flamm

Gegangen zu des Himmels Aufenthalt.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS IX

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Du hilf mir singen heiliger Verehrung

Den Jessesproß, den Herrn von Davids Stamm,

Und unterrichte heiliger Belehrung

Und laß mich auf dem Tabor-Berge stehn

Und laß mich meines lieben Herrn Verklärung

Wie Petrus, Jakob und Johannes sehn

Und laß mich hören Gottes liebes Wort

Und hüll mich in die goldne Wolke schön.

Da führte Jesus Petrus mit sich fort

Und mit ihm Zebedäus’ Donnersöhne.

Fels der Ecclesia und Glaubenshort,

Mit dir Johannes’ jugendliche Schöne

Und auch der andere Apostel war,

Als Jesus an des Tabor-Berges Lehne

Gewandelt war so sanft und wunderbar

Und herrlich, nach dem Herzen Gottes Mann

Und seine Augen mütterlich und klar,

Wenn er im Geiste kontemplierte, sann

Und mit dem ewigen Jehowah sprach

Und nun zu offenbaren sich begann

Und die Begrenzung seines Leibs zerbrach,

Versetzend seine Jünger in den Traum,

War er als Einziger in Wahrheit wach,

Der oben stand bei einem Zedernbaum,

Wo Hirten weiden sonst mit ihren Schafen,

Wo Mandelbäume stehn im Blütenschaum

Und Petrus angefangen einzuschlafen,

Als seine Seele wie verzaubert war,

Da Seher auf dem Berge Tabor trafen

Den Inhalt aller Prophezeiung, gar

Den Ewigen in menschlicher Person,

Der Wind bewegte ihm sein braunes Haar.

Da nahte ihm von links des Amran Sohn,

Der da als Kind so wunderbar gerettet,

Prinzessins Zögling auf dem Lotosthron

Und in Ägyptens Lotterbett gebettet

Und doch vom Allerhöchsten auserwählt

Und an Jehowahs Gnadenwahl gekettet,

Dem Gott die zehn Gebote hererzählt

Und wies ihm auch das Offenbarungszelt,

Da er sich Gottes Schechinah vermählt

Und ward zur Amme Israels bestellt,

Durft das Gelobte Land doch nicht betreten,

Nur schauen durft vom Nebo aus der Held,

Da um ihn Gottes sieben Geister wehten

Und Gott des Mose Körper selbst begraben,

Empfing den Geist des heiligen Propheten.

Dich werden schwerste Liebesleiden laben,

In Minnequal vergehst du, o Messias,

Ich sehe schon die Geier und die Raben!

Da trat von rechts zum Menschensohn Marias

In einer Aureole reiner Flammen

Die Seele des prophetischen Elias.

Gott gab zwar seinem Volke viele Ammen,

Doch Einer ist die Mutter von Natur!

Wer will ihr Dornen in die Brüste rammen?

O Schöpferin zugleich und Kreatur,

O Weisheit Gottes, du wirst auferstehn,

Ich sehe Jünger gehn auf deiner Spur

Und Jüngerinnen von den Flammen schön

Und in dem Kreis die Gottesmutter keusch

Und kann der Kirche Väter alle sehn

Und Nonnen abseits weltlichem Geräusch

Und sehe Weise, sehe auch Poeten

Und Brüder einen sich der Weisheit Fleisch.

Da schwand die Wolke dieser zwei Propheten

Und Jesus glänzte auf dem Berg allein

Und weckte auf in Petrus solches Beten:

Hier oben soll das Haus des Höchsten sein,

Drei Räume soll das Haus des Höchsten haben,

Von Jaspis, Jade und von Schohamstein,

Uns an Gesetz und Prophetie zu laben

Und an dem neuen Bunde des Messias.

Gott aber wollte neues Wort eingraben

In diesen neuen Sinai. Marias

Jungfräuliche Geburt, der Friedensbote,

Stand einsam, ohne Moses und Elias,

In dem Bewußtsein von dem Kreuzestode

Und der Gewißheit seiner Auferstehung.

Sein Antlitz wie die lichte Sonne lohte,

Schneeweißes Haar in loher Lüfte Wehung

Und strahlend weiß ein leinernes Gewand,

Im Glorienleib zur Gottheit jede Drehung,

Erhaben überm Tabor Jesus stand,

Als Friedenskönig allen zu gebieten,

Den Fuß im Meer, den andern auf dem Land,

Sprach er vom Mittelpunkt der Erde Frieden

Des Himmelreiches allen Menschen zu

Und wollte hören aller Ja hienieden

Und in den Herzen leben voller Ruh

Als wie in einem reinen Brautgemach,

Als von dem Himmel eine Stimme: Du

Bist meine fleischgewordne Liebe! sprach,

Und Simon Petrus voller Gottesschauer

Der Weisheit Gottes all sein Herzbrot brach

Und ihr vereinigte der Leugnung Trauer

Und dreimal Liebe ihr versprach. Das Lamm

In Jubel übersprang des Todes Mauer!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS X

Gegrüßet sieest du, o Miriam!

Den Morgenstern gebar das Morgenrot,

Das Mutterschaf gebar des Hirten Lamm,

Fruchtbarer Acker brachte vor das Brot,

Der Weizenhalm trug eine goldne Ähre,

Das Himmelsbrot für alle unsre Not

Gebar die Mutter in der Sonne Sphäre,

Die Frau in dem Gewand aus Sonnenschein,

Auf deine Fürsprach hin, o Stern der Meere,

Der Nil ward Blut, das Wasser ward zu Wein,

Er ist der Weinstock, wir sind seine Reben,

Wir sind in ihm, der Herr will in uns sein,

In dem wir leben, großer Gott, und weben,

In dem wir wandeln, in dem Höchsten Gut,

Wir sehn der Himmelsleiter beide Streben:

Das Fleisch des Allerhöchsten und sein Blut,

Die wir mit Leib und Seele aufwärts wollen,

Mit dem Verlangen und des Geistes Glut.

Wir wollen wenden uns zur gnadenvollen

Maria, zu verstehn das Abendmahl.

Lies du uns vor aus Qumrans alten Rollen,

O goldnes Haus, der Weisheit goldner Saal,

Da wir der Weisheit lauschen in den Kissen.

Jehowah preisen wir und nimmer Baal,

Wenn wir die Mutter und Eucharis küssen,

Die liebe Herrin von der Kommunion,

O Herr, dein Fleisch uns läutre das Gewissen,

Dein Sankt-Marien-Fleisch, o Menschensohn,

Das wir begrüßen mit dem Rosenkranz,

Ihr Schoß, o Gott, ist ja dein Gnadenthron,

Ihr Herz ist Jesu heilige Monstranz,

Ihr Herz ist Gottes neue Bundeslade,

Vor ihrem Herzen tanzt der Geist den Tanz!

Und du, o Herr und Heiland aller Gnade,

Mein Lehrer Jesus Christus, du mein Meister,

Bewahre meinen Geist vor allem Schade

Und lehre mich durch deine sieben Geister,

Wie Gottheit sich verbergen kann im Brot.

Den Seligen du sandtest, Seuse heißt er,

Den lehrtest du mit deinem Munde rot,

O Herrin Weisheit, wie der Himmel ganz

Im kleinen Aug zu sehn, der Funke loht,

Daß Gott in marianischer Monstranz

Als wie ein Antlitz in dem kleinen Spiegel.

Ja, tanzen will wie David ich den Tanz,

Daß ich da unterm Schatten deiner Flügel

Geborgen ruhen darf vorm Tabernakel,

Da du besiegelst mit des Geistes Siegel

Und vorm Marienherzen ohne Makel

Du selber sprichst, die Weisheit flüstert leise.

Sei dir mein Leben nicht ein Marternagel,

Sei dir mein Leben, meines Minnens Weise

Sei deinem Jesusherzen eine Wonne!

Im tiefsten Seelengrunde mach mich weise

Und laß mich aus den Händen der Madonne

Der Weisheit Fleisch empfangen, Himmelsspeise,

Strahl in mein Blumenherz als milde Sonne,

Bräutliche Gottheit, daß ich dich lobpreise,

Den Vater, Sohn und Geist in Mutter Tempel,

Du Gattin, die beruft sich bräutlich Weise,

Ich öffne meines Herzens Blütenstempel

Dem Odem meiner Gottheit, mach mich keusch,

Laß folgen mich dem heiligen Exempel

Der schönen Weisheit, die erschien im Fleisch,

Der fleischgewordnen Gottheit, die mit Brunst

Ich in der Hostia verlang und heisch!

Und du, o Felsenmann, hilf meiner Kunst,

Der du der Felsen der Ecclesia,

Daß ich, ein Wind, ein Eitelkeit und Dunst,

Das Lob vermehre, der ich Christus sah

In seiner Theophanie in meiner Kammer

Am Tage Sankta Apollonia,

Da du gewärtig warst, o Gottes Hammer,

Der du da öffnen kannst die Himmelspforte!

Ach weh, ich war in mancher Pein und Jammer

Und rief zu meinem Heiland, Heil und Horte

Und Fels und Burg, Erlöser und Erretter!

Gib Treue mir zum fleischgewordnen Worte!

O Petrus, spricht Jehowah in dem Wetter,

So spricht er: Dies ist mein geliebter Sohn,

Ihn lieb ich herzlich, ich, der Gott der Götter,

Sein Fleisch verspeiset in der Kommunion,

So werdet ihr das Leben in euch haben!

O Petrus du auf dem Apostelthron,

Dich wollt als Sklave Gott der Herr erlaben

Und dir in Demut waschen deine Füße.

Wasch auch das Haupt mir, Heiland, schwarz wie Raben,

Der ich in Treue bis zum Tod dich grüße!

O Kefa, Kefa! wirst du mich verlassen,

Dann kehre wieder, o mein Jünger, büße,

Denn du sollst keine Menschenseele hassen

Und alle Menschen in der Gottheit lieben,

Dann will ich dich als meinen Hirten fassen

Und will dir nach dem reuigen Betrüben

Dir schenken heiligen Geistes wahre Wonne!

O Petrus, so hat mir der Knecht geschrieben,

Der ganz sich hingibt heiliger Madonne

Und ist demütig-sanft als wie ein Lamm,

Der trunken vond er schönen Weisheit Bronne.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XI

Ich weihe dir das Jahr der Bitternis,

Da ich im Trübsals-Feuerherd gebrannt,

Da ich gewallt im Tal der Finsternis,

Als Seufzerschatten in der Tränen Land,

Da all mein Fleisch in brennendem Verlangen

Als wie in Gottes Fegefeuer stand!

Um meine Füße ringelten sich Schlangen

Und Nattern, taub dem magischen Beschwören,

Da Frauen in der Anmutreize Prangen

All mein Begehr und törichtes Betören

Und ich geleert die vollen bittern Becher

Und mußte herzensharte Worte hören

Und Pharisäer waren Hohnwortsprecher

Und Spottwortsprecher waren die Philister

Und keine Engel da als Mannabäcker

Und fremd mir alle Freunde und Geschwister

Und ich allein war in Gethsemane!

Kein seidenes Geraschel und Geknister

Mir trocknete die Tränen, all mein Weh

Mit Schau der Schönheit Gottes mir zu stillen;

Als nur die Schwester, rein und weiß wie Schnee

Wollt mich in ihre Engelsflügel hüllen

Und sang als Seelenvogel Rosenkränze.

Da ging ein, einsam, nach des Vaters Willen,

Und ließ der jungen Mädchen Lobpreistänze,

Allein zum Allerheiligsten gwandt.

Der Heilige Vater sprach zu mir im Lenze,

Hat mich in die Ecclesia gesandt,

Da mir mein Mund gebetlos war verschlossen,

Ich Segen im Gebet der Kirche fand.

Und Tränen vor Maria sind geflossen,

In ihrer Muschel barg sie mich als Perle,

Da sind mir ihre Rosen aufgesprossen,

Da ich bei Heckenrose und Schwarzerle

Marie verehrt auf meiner Kindheit Eiland,

Doch eine Frau nur suchte nach dem Kerle

Und nicht der Taufe Gott, den holden Heiland,

Und die ich doch geliebt hab und begehrt,

Und denke heut von dir, o Herr, wie weiland

Ich sie als Stellvertreterin verehrt

Mariens, meiner schönen Lieben Frau,

Die ich als wie dein Gabriel gelehrt

Und sie war Augenweide meiner Schau

Und lebte schön sehr tief in meinem Herzen,

Daß ich sie dort dir, Jesus, anvertrau

Und zünd ihr vor der Gottesmutter Kerzen,

Sie dem Marienherzen ganz zu weihen,

Die mir verursacht Liebesleid und Schmerzen

Und kam doch zu mir wie ein schönes Schneien

Und wie die schöne Weisheit voller Weh:

Da wollte ich das schöne Mädchen freien

Und mußte aber nach Gethsemane,

In trauriger Gestalt ein Minneritter,

Der ich im Dunkel Heimgegangne seh,

Und mußte leeren ganz den Becher bitter

Und mußte des Gerichtes Gottes Grimmen

Und Gottes schicksalsträchtigen Gewitter

Allein in meiner Einsamkeit zustimmen,

Da Gott mich wollt als Myrrhebund zerreiben.

So sollte ich im süßen Weihrauch schwimmen

Und durfte (heute will ichs niederschreiben)

Auch eine Himmlische zur Tröstung schauen.

Gott mög mir seine Weisheit einverleiben,

Daß ich im Angesicht der holden Frauen

Die Liebe Frau Maria einzig schau,

Um mich allein der Weisheit zu vertrauen.

Du, Gottes Tochter, Mutter, Ehefrau,

Dir sei nun die totale Einsamkeit

Geweiht und aller meiner Trauer Tau

Und alle stille Freude dir geweiht,

Für dich, Gott, will ich in der Wüste sein,

Zu dir mein Fleisch mit Hirsches Inbrunst schreit,

Für dich, Gott, schließen sich die Dichter ein

Und denken immer an die Liebe Frau

Und sind ihr ganzes Leben so allein.

O Lebensquelle, gieße deinen Tau

Auf deine kleine Blume in Gebeten,

Sie sehnt sich nach der süßen Sonne, schau,

Mach meine Wüste mir zum Garten Eden

Und auf dem Ölberg laß Gebet mich sein

Und tief vertraut mit meiner Gottheit reden,

O Gott, o Gott, bräutliche Gottheit mein,

Ist in der Weisheit keine Bitterkeit

Und wird zum Segen alle Kreuzespein

Und wird Gespräch totale Einsamkeit,

Den Menschen fern, erscheint der Menschensohn,

Ist mein Alleinsein Sankt Marie geweiht,

Versunken in die heilige Passion,

Im Tale Josaphat Maria seh

Mitleiden ich mit ihrem lieben Sohn

Und ihr zur linken beten Salome

Und traurig sich an die Madonna lehnen

Und sehe rechts Maria Magdalee

In Tränenflut, voll inbrünstigem Sehnen,

Messias Jesus wiederum zu küssen

Und sei’s auch nur mit einer ihrer Tränen,

Die wollte nichts als Jesu Liebe wissen

Und loderte als loher Minne Flamm

Und sah ihn, seufzte, sank zu seinen Füßen!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XII

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Du hilf mir singen Jesu Geißelung

Am götzendienerischen Marmorstamm.

Verzeih mir Gott, ich war ein Narr und jung

Und hingegeben ganz der Sinnlichkeit

Und huldigte der Venus Hüftenschwung,

Doch heut bin ich der Lieben Frau geweiht,

Der Minnedame meiner Falkenbeize,

Die lehrt mich anzuschaun des Retters Leid,

Wie er gelitten auf dem Weg zum Kreuze,

Wie Schwester Emmerich es offenbart.

Ägyptens Sklaven, dienend nur dem Reize

Der Ader, um die Säule all geschart,

Fern blökend junge Osterlämmer hoppeln,

Ein Mann mit einem schlechtrasierten Bart,

Mit schweren Stiefeln und mit Eisenkoppeln

Sah aus den blöden Augen wie ein Stier

Und kratzte sich des Bartes schwarze Stoppeln

Und hob die Peitsche dann als wie ein Tier

Und riß dem Herrn den Schurz von seinen Lenden,

Betrunken lachte er vom vielen Bier

Und hob die Peitsche dann mit seinen Händen

Und schlug der Menschheit Gottesbräutigam,

Der leise bat, die Augen abzuwenden,

Maria, fein empfindsam voller Scham,

Daß nicht die Jungfrau seine Blöße sehe.

Und unter Schmerzen seine Stimme kam

Süßklagender Gebete voller Wehe,

Beharrlich bat er alle um Erbarmen,

Da tönte nur der Spott in seiner Nähe,

Da böse Buben pinkelten vorm armen

Erlöser, der zum Vater für sie bat

Und mußte sich um ihretwillen harmen.

Im himmelblauen Kleide ohne Naht

Und wolkenweißen Mantel stand Maria,

Die Mutter Jesu, leidend, doch gerad,

Da Jesus man entblößte, sank Maria

Mit einer Flut von bitterlichen Tränen

Aufstöhnend in die Arme der Maria

Von Magdala, die Augen voller Tränen,

Sie weinten Arm in Arm, ein schönes Paar,

Aus ihrem Schleier quoll Sankt Magdalenen

Die Lockenflut von rötlichbraunem Haar,

Die Haare ihr auf ihren Busen fallen,

Erschüttert bebt der Apfelbrüste Paar,

Erschüttert läßt sie ihre Locken wallen

Und schlägt sich leise weinend an die Brust:

Auch ich war in die Nacktheit ganz gefallen,

Und Jesu Leid versühnt nun meine Lust,

Die doch nur schal und leer und nichtig war.

O weh, wie sehr mein Jesus leiden mußt,

Weil ich Hetäre und Versklavte war,

Ja, ich, die Königin der Sünderinnen!

Und doch verschmähte er ja nicht mein Haar

Und ließ sich auch von meiner Wehmut minnen

Und von den Reuetränen meiner Trauer.

Doch nun zerreißen sie ihm alle Linnen

Und jeder Ehebrecher wird Beschauer

Gottmenschlichen Erlösers nackt und bloß,

Herr, hülle dich in meiner Tränen Schauer

Und in die braunen Haare fessellos!

Ja, Gott verberge Jesus bloß und nackt

In Sankt Marien mütterlichem Schoß!

Der neuen Eva reiner Glaubensakt

War miterlösendes Mitleiden da,

Die betend still um Jesu Jünger klagt.

Und meine Muse lächelnd zu mir sah,

Da wandte ich den Blick von losen Dirnen,

Den Sklavinen der Venus Cypria,

Und von den Männern mit den frechen Stirnen

Sah auch ich weg, die da gedient dem Satan,

Und sah zu einem Kind mit ein zwei Birnen,

Die Rotte Korach sank und Rotte Dathan

Vor diesem Mosebaby in den Binsen,

So freute sich der greise Seher Nathan

An Salomo mit seinem süßen Grinsen

Und goldnem Lachen in den Äugelein,

So lachte Jakob vor dem Teller Linsen,

Doch Esau hört ich wie den Wildstier schrein,

Doch Jakob war Rebekkas Liebling wahrlich,

So spielte David Schleuder schon und Stein

Und war so wie ein kleiner Held gebahrlich

Und schaute sanft wie Lämmer bei den Schafen

Und sah zu Jesses Weib aus Augen klarlich

Und wollte an der Mutter Busen schlafen.

Und diesen Liebling Gottes, Muse, nenn

Ich Freund des Menschensohnes und nicht Skaven,

Denn dieser kleine Gottesliebling Ben

Sah Jesus an mit einem lieben Lachen:

Ich lache, weil ich doch das Leid nicht kenn,

Dir soll mein Lachen eine Freude machen,

Du lieber Gott, ich will dir Glück bereiten!

Mit eines Blickes Pfeil durchbohr die Drachen,

Die solche schwere Leiden dir bereiten,

Und dann sieh wieder zärtlich zu mir, du,

Den ich erfreuen will in seinem Leiden,

Der sieht auch meinen Kinderspielen zu

Als wie ein Hirte und ein liebes Lamm!

In deiner Liebe schaff mir eine Ruh!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XIII

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Du meine Freundin, o du Makellose,

Du Lilienaue du mit Lamm bei Lamm!

Du bist der Dornbusch und die dornenlose

Mystische Rose, dir sei Lob und Preis,

Du meines Herzens feuerrote Rose,

Dein Rot ist so sehr Rot, es ist schon Weiß!

So rein ist alle deine rote Glut,

So rein wie Schnee und wie der Sommer heiß!

O Mariam, du Frau in meinem Blut,

O stella maris, dulce, clemens, pia,

Venusta, tauch aus meines Lebens Flut

In deiner Schönheit, himmlische Maria,

Ich will dir lauter schöne Blumen pflücken

Wie für die Bundeslade Mattania

Und will den Zyperstrauß nach Zion schicken

Und weihen dir die schönsten Rosenkränze,

Du mögest, Lilie, liebkosend blicken

Und nach der Winerzeit im Maienlenze

Das Lied der Nachtigall von ihrer Rose

Verherrlichen durch deine Lorbeerkränze,

Doch, Herrin, singe ich die Dornenlose,

Verwunden dennoch mich der Rosen Dornen,

Ja, ohne Dornen kenn ich keine Rose,

Ich sing wie jene im Exil Verlornen

Und hänge in den Ginster meine Leier,

Ich weiß der Tochter Sion, gotterkornen


Jerusalem nicht anders Minnefeier

Zu singen als durch Minnequal der Erde.

In lauter Dornen schimmert mir dein Schleier!

Und wenn ich gar zum Dornenvogel werde?

Da flieg ich durch die große weite Welt

Und flattere inbrünstiger Gebärde

Und jede Sehne meiner Schwingen schnellt,

Bis ich den Baum der schärfsten Dornen finde,

Der sehr mir als mein eignes Kreuz gefällt,

Blutbuche eher noch als Maienlinde,

Mehr als die Birke eine Trauerweide,

Wacholder mehr als Pappeln weicher Rinde,

Doch alle Bäume viel zu schön dem Leide,

So flieg ich durch die Wälder und die Haine

Und über Auen, Felder weit und Heide,

Da wartet schon der Baum, der ganz der meine,

Entgegen starrt mir ein Skorpionenstachel,

Das Herz des Baumes ist von hartem Steine,

An seiner Wurzel seh ich eine Kachel,

Im Bild drauf Jakob sieben Jahre dienen,

Doch fand er Lea nur und ach nicht Rachel,

In seinem Wipfel schwirren süße Bienen,

Die summen sommerlich von den Begierden,

Die Königin mit hoheitvollen Mienen

Schickt ihre Drohne in den Tod, und irden

Ist all des Dornenvogels Minnebrunst

Und singt er auch der Minne Gotteszierden,

Wird ihm doch nicht der Minne Minnegunst,

Bis er, der stets vergeblich wirbt, erstirbt.

Die Gottheit lächelt seiner Sangeskunst!

O Ros, um die der Dornenvogel wirbt,

In deinem Kelche ist der Liebe Same,

Der Kuckuck ruft und die Zikade zirpt,

Doch niemand singt so schön die Minnedame,

Als dieser Dornenvogel, liebeskranke

Gekreuzigte Verehrer, lobesame.

Ich bin der Dornenvogel, Dichter Schwanke,

Die Neue Eva ist mein Dornbusch rot,

Der ich mit meinem Minnesange danke.

Ich aber lag in einem Herbste tot,

Gefallen wie in einer Schlacht ein Held,

Da sprach zu mir Jehowah Zevaoth:

Du werde eine Lilie auf dem Feld!

Herr, ich bin eine dornenreiche Rose,

Weil mir die Glut der Liebe so gefällt.

Balsamentau laß mich in meinem Schoße

Dir sammeln, deine scharlachrote Braut,

Bin, weh mir, ich auch keine dornenlose.

Ich habe in die Heilige Schrift geschaut:

Der Dornbusch aus dem Wald vom Libanon

Sprach einst zur Zeder auf dem Berge laut:

Gib deine schöne Tochter meinem Sohn!

Die Zeder aber gab die Tochter nicht.

O Ewiger auf deinem Gnadenthron,

Um dich zu freien, Jahwe, wag ich nicht,

Weil ich voll Dornen und so scharlachrot.

Zum Busch des Mose aber tret ich dicht,

Da Liebe im Marienherzen loht,

Die wird mich läutern, aber nicht verzehren.

Ich weihe ihr mein Leben, meinen Tod,

In ihr darf ich auch König Christus ehren,

Denn Jesus thront in seiner Weisheit Throne,

Sein Geist will mich den Weg zur Weisheit lehren.

Du willst den Ruhmeskranz? Die Dornenkrone

Mußt du wie ich auf deinem Herzen tragen!

Erbarm dich, Lamm, erbarm dich und verschone,

Dir will ich alle meine Leiden klagen

Und lernen, gern zu leiden, so wie du!

O Martyrer der Minne, laß mich fragen,

Wie freu ich mich im Leiden immerzu,

Wie sterbe ich in Liebe, Gottes Lamm,

Und ist Maria meine ganze Ruh?

Gegrüeßt seiest du, o Miriam!

CANTUS XIV

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Ich will dir deines Sohnes Lobpreis geben!

Geopfert ist für meine Schuld das Lamm,

Ich will mit Zittern kommen und mit Beben

Und mich mit seinem Kreuzeszeichen zeichnen,

Ja, hassen will ich dies mein eignes Leben

Und alle meine Eigensucht verleugnen

Und nicht nach meinen eignen Wünschen beten,

Der Wunsch des Ewigen soll sich ereignen,

Mein Leben soll, wie Staubeswolken wehten,

Hinüberwehen in des Geistes Hauch,

Denn alle, die des Nachts mit Tränen säten,

Erstehn am Morgen voller Jubel, auch

Werd ich mein Leben, das ich lasse, finden,

Verweh ich auch wie eitel Dunst und Rauch,

Wird Jesus mich in seinen Beutel binden

Und wahre Fülle schenken dem Entsagen.

Erlöse mich, o Herr, von allen Sünden!

Im Traume noch muß ich das Kreuz ja tragen,

Da ist der Feind, die Feindin wie ein Wurm,

Muß über meine Freundinnen ich klagen

Und heule morgens meiner Tränen Sturm

Und bin so zag und bange und weichherzig,

Maria aber ist mir Davids Turm,

Die Mutter meines Herzens so barmherzig,

Maria, Mascha, Maja, Miriam,

O Braut, ist keine Frau wie du warmherzig,

Du Hirtin Rahel, ich dein liebes Lamm,

Ich küss dich, Hirtin mein, am Brunnenloch,

Schön ist dein Leib und deines Blickes Flamm

Und schön dein Mund, ich küss dich noch und noch,

Du weißt zu helfen, dieses Kreuz zu tragen,

Mit dir, Maria, leicht ist Jesu Joch.

Und du, o alte Frau in Wintertagen,

Die vor mir ging in einer dunklen Nacht,

Ich muß vor dir im Tal der Tränen klagen.

O Geist, der über meinem Leben wacht,

Gespenstische Erscheinung auf dem See

Von Galilee, vom Sturme aufgebracht,

Vergib mir meine Sünde, weh mir, weh

Mir Armen, meine Sünden mich erschüttern,

Du aber keusch, ein scheues sanftes Reh

Und mit der Heiligkeit von lieben Müttern,

Gehst meinem Wege du voran als Stern.

Und ist mein Antlitz feucht auch von den bittern

Wehmütig-heißen Tränen vor dem Herrn,

So weiß ich dich für meinen Geist eintreten,

Die du im Jenseits wandelst, sei nicht fern,

Du mögest gerne an mein Lager treten

Und mich, o liebe Amme mein, versorgen,

Für mich um Seelenheil und Heilung beten

Zu meiner Herzensmutter, schau, am frühen Morgen

Bin in der Gottesmutter Hochzeitsschleier

Als meiner Retterin in Gott geborgen.

Hängt in der Trauerweide meine Leier

Und schleich verzagt ich auf dem Pilgerpfade,

So doch dereinst, bei Jesu Hochzeitsfeier,

Da danke ich Maria für die Gnade

Und meiner Oma Engel für die Güte,

Wenn ich im göttlichen Erbarmen bade,

Weil mir ein blaues Alpenveilchen blühte,

Weil in der Nacht des heiligen Silvester

Die große Gottesliebe Sterne sprühte,

Weil meiner Mutter Mutter meine Schwester

In Gott gewesen, unserm Herrn und Hirten,

Ich weih sie dir, du neuen Bundes Esther!

Wir bitten dich für alle, die die Myrthen

Nicht tragen, sondern Dornen spitz und scharfe,

Die Engel mit dem bittern Kelch bewirten,

Die da entsagen seelischem Bedarfe

Und flehn zum Gott von Benjamin und Asser

Und hängen in den Hinster ihre Harfe,

Für alle, die von Antlitz leidensblasser

Und nicht wie frische Mädchen wangenrot,

Für jeden, dem Papyrus wächst am Wasser,

Den eine Mutter ausgesetzt im Boot,

Die Gott gesegnet mit dem schweren Segen

Der Auserwählung durch die Kreuzesnot,

Du mögest Jesu Antlitz in sie prägen,

Wir sehn die Schmerzen all in deinem Sohne

Versammelt gehn auf seinen Leidenswegen,

Mach uns zur messianischen Ikone

Und mache all uns zu Veronika

Und zeige uns das Antlitz zweifelsohne,

Das deine Seele auf dem Kreuzweg sah,

Da Jesus weinte über Sions Frauen,

War ihrem mehr als seinem Leide nah,

Und laß ins unsern trocknen Augen tauen,

O Mutter Mirjam, deine Mitleidtränen,

Und laß uns all in deine Seele schauen

Und laß uns weinen all wie Magdalenen

Und wenn wir auch als Sünder weinen müssen,

Zum Heile strebt doch unser ganzes Sehnen,

Und wenn wir heulen auch an Babels Flüssen,

Wir singen doch von Sion den Gesang,

Die wir die Hirtin und den Hirten küssen

Und küssen unser heiliges Kreuzholz bang!

Dies sang, der allezeit in Tränen schwamm

Und der Madonna an dem Busen hang.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XV

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Ich sehe eine Taube Elohim,

Sie kämmt ihr goldnes Haar mit Permuttkamm,

Sie spricht mit Gottes Heiligem Geist intim

Und redet jede Nacht mit Jesus zarter

Und ist wie eine Jesusbraut sublim

Und ist wie Esther in dem Reich der Parther

Und Königin von Medien und küsst

Messias in des eignen Heimgangs Marter.

Ich weih sie Gott.- Gelehrte, wie ihr wisst,

Geopfert ward auch Iphigenia

Für einer Göttin göttliches Gelüst,

Als Griechenland gesehn nach Asia,

Und Iphigenia ward auch gerettet,

Die Artemis in ihrem Tempel sah

Und ward an einer Jungfrau Bild gekettet,

Bis heimgeholt das Bildnis hat Orest.

Ihr tut, als ob ihr alle Weisheit hättet,

Ihr wisst, daß Jesus sprach beim Hochzeitsfest:

Was denn hab ich mit dir zu schaffen, Weib?“

Weh jedem, der die Reinheit schmähen läßt!

Gesegnet aber Busen sei und Leib

Und Seele sei gesegnet meiner Taube!

Muse, von Mater Dolorosa schreib,

Die Liebe war, die Hoffnung war und Glaube

Und Schmerz, wie keine andern Schmerzen sind!

Erhabnen Hauptes in des Schleiers Haube

Sprach sie: Laß sterben mich für dich, mein Kind,

Mein Jesus, der du Vater mir und Mutter!

Mich schmerzt dein Schmerz, dich schmerzt der Menschheit Sünd!

Erbarmt sich nicht des Sohnes eine Mutter,

Stirbt ihr der Sohn, ruft sie: Mein Sohn, mein Sohn!

Für dich laß sterben, Gottheit, deine Mutter!

Und du in deiner heiligen Passion,

O menschgewordner Gott in deiner Pein,

Das Kreuz geworden ist dein Herrschaftsthron,

Du wolltest der Gekreuzigte uns sein,

Um Gottes Liebe uns zu offenbaren,

Die Heiligste Dreifaltigkeit allein

Wird einer auf dem Kreuzesweg gewahren,

Du machtest uns das Kreuz zur Himmelsleiter,

Wir wollen jeden Splitter uns bewahren

Und wollen nicht in eitlem Spaße heiter

Auch heute noch dein Kreuz, o Gott, verspotten,

Geht deine Opferung auch heute weiter

Und will dein Opfer heut uns noch vergotten,

Weil dein geopfert Fleisch uns ward zum Brot.

Verzehren unsre Schönheit doch die Motten

Und müssen sterben wir, der du den Tod

In deinem Tod zur Himmelspforte machtest,

Da du gelitten hast so blutigrot

Und noch barmherzig an die Quäler dachtest,

Anbetungswürdiger Messias! Schauer

Befällt mich, der du damals für mich wachtest,

Und zogest an dich alle meine Trauer

Und ließest dich von allen meinen Schmerzen

In gottverlassner Einsamkeit und Trauer

Verwunden, Gott, an deinem Menschenherzen,

Da du da hingst mit weitgestreckten Armen,

Verwundet von der Sünde Lanzenerzen,

Und dir dein Herz gebrochen vor Erbarmen

Und sich vor Mitleid drehte dir im Leibe

Und starbest dann an aller Menschen Harmen!

Gestorben bist du, Gott! Von einem Weibe

Geboren, bist gestorben zur Versöhnung!

Auf meiner Hand du Schatten, zitternd schreibe,

Wie Gottes Sohn in seines Todes Krönung

Dem Lieblingsjünger übergab die Frau!

O Religion in mystischer Verschönung,

O wein der Mitleidstränen Lebenstau,

Denn Jesu Liebling ward dein Liebling nun!

Den Corpus Christi in der dunklen Schau

Ich sehe im Marienschoße ruhn

Und seh den Finger seiner rechten Hand,

Will einen Ring an seinen Finger tun,

Ein mystisches, geheimes Liebesband,

Versprochen bin ich selber vor dem Fleisch

Und habe einen andern Ehestand,

Denn Jesus seh ich in der Mutter keusch

Und seh die Mutter in der Jungfrau Schöne

Und abseits von dem weltlichen Geräusch

Ich vor dem Mund der Pieta aufstöhne

Und sinke überwältigt in die Knie

Und sing mit provencalischer Kamöne

Den Troubadourgesang der Hyperdulie

Und ward der seligen Jungfrau anvertraut,

Gebären wird sie Gottes Sohn, ja, sie,

Des Heiligen Geistes Braut und meine Braut,

Sei meine Hoffnung, Jungfrau, sei mein Glaube,

Sei meine Liebe, ewig angeschaut,

Du Führerin zur Paradieseslaube,

Du Retterin mit deinem Hochzeitsschleier,

Du Vielgeliebte, Schwester, Freundin, Taube,

Du Wegbereiterin zur Hochzeitsfeier,

Gekränzte mit dem ganzen Sternenrund,

In dir geweiht der Weisheit meine Leier,

Schatzkammer Gottes, Perle, die ich fund,

Ich liebe dich mit meines Lebens Flamm,

Und Pieta, und küsse deinen Mund!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XVI

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Du Mutter des Lebendigen, du neue

Und letzte Eva, Frau von Davids Stamm,

Ich singe heute, daß es dich erfreue,

Die Auferstehung, die geheimnisvolle,

Obwohl ich vor der hohen Schönheit scheue.

Ich sehe Jakob, daß den Stein er rolle

Vom Brunnenloch, zu jenem Brunnen treten

Und Rahel nahen in der weichen Wolle,

Wie Rahel ihre dunklen Haare wehten

Und wie sie lieblich war von Angesicht

Und in dem Kleid, dem wunderbar genähten,

In Jakobs Armen lag, sich schmiegte dicht,

Wie er sie küsste an der Quelle Mund

Und freite sie und wollte Lea nicht.

Auch sehe ich, ein schöner Engel stund

Am Grabe Jesu, der des Grabes Stein

Hinfortgerollt, und wie im Gartenrund

Maria Magdalee im Morgenschein

Erschrocken vor der Herrlichkeit des Herrn

Aufstöhnte: Vielgeliebter, ich bin dein!

Und warf sich nieder vor dem Morgenstern

Messias, zu umschlingen seine Füße,

Die küsste einst sie unter Tränen gern,

Daß sie den Ewigen des Lebens küsse

Und ihn für allezeit bei sich behalte

Und koste immer himmlische Genüsse,

Der Herr jedoch, er der an Tagen Alte,

Sprach sanft: Laß mich zu meinem Vater gehen,

Daß ich zu seines Thrones Rechten walte,

Du aber sollst den Vielgeliebten sehen

Im Brautgemache deiner Kontemplation,

Mir Perlenschnüre mit den Fingern drehen.

Und weiter wanderte des Höchsten Sohn,

Der ausgesandt Maria Magdalee

Zu seinen heiligen Aposteln schon.

Da wartete Maria Kleophä

In Emmaus auf ihren Kleophas

Und schwatzte mit Maria Salome.

Und Kleophas des Weges ging fürbaß

Mit seinem Glaubensbruder an der Seite,

Sandalen von dem Tau des Abends naß.

Sie sahen von Jerusalem ins Weite

Und kauten in dem Mund ein paar Pistazien

Und hatten Wehmut in der Seele heute

Und dachten wehmutsvoll an Sions Grazien,

Marien Kleophä und Salome,

Und ferne ruhten Täler der Akazien.

Wie hatte doch Maria Magdalee

Die Glut in ihren Herzen angefacht,

Daß Jesus gehen werd nach Galilee,

Die beiden aber in des Glaubens Nacht

Erkannten nicht, wie Christus nahe war,

Als jener Wanderer so leise lacht

Und spricht vollmächtig von der Weisheit klar

Und daß es schon die heiligen Propheten

Gemacht den Völkern allen offenbar,

Daß der Messias leiden muß! Sie beten,

Und Jesus sagt dem Vater Lob und Dank,

Da sie zu einem Stein mit Broten treten,

Hebt er die Hände mit den Broten schlank

Zum Himmel von dem steinernen Altar

Und singt der Gottheit einen Lobgesang

Und bricht das Brot und teilt es wunderbar

Und gibt das Manna seinen Brüdern hin,

Die da erkannten, daß es Jesus war.

Und Jesus ging im auferstandnen Sinn

Zu seinen Brüdern an den breiten See,

Da Kefa sah den Herrn, da sprang er in

Die Flut vom breiten Meer von Galilee

Und schwamm mit nacktem Oberkörper zum

Messias: Lieber Herr, daß ich dich seh

Lebendig nach dem Tod! Mysterium

Bist du, o Jesus Christus, ich bin dein,

Ich bin dein Sklave und dein Eigentum,

Verzeihst du mir, o Herr, die Leugnung mein?

Wie nahe ist die Angst dem Heldenmut!

Nun will ich dir ein Held wie David sein,

Ein Held wie Simson, widerstehn aufs Blut,

Ein Hgeld wie Josua. O Herr, gebiete,

Ich schwimm zu dir durch dieses Meeres Flut,

Ich weih dir Hermons Nord und Sions Süde,

Die Zeder Libanons und Judas Myrte

Und blaue Blumen!... Jesus lachte: Friede!

Den nackten Oberleib mit Linnen gürte

Und tritt zu mir, ich geb dir einen Fisch,

Du Menschenfischer. Ja, der gute Hirte

Bin ich, die Liebe jeden Morgen frisch,

Sei du Apostel dieser Huld und Liebe,

In Gottes Wein der Menschen Wasser misch

Und sag mir, Kefa: Wo ist deine Liebe?

Und Kefa sagte: Du, mein Gott, allein,

Bist, meine Gottheit, meine ganze Liebe!

Und ich bin Peter, bin dein Tor und Stein,

Ich weide Widder, Schafe, Fische, Schwäne,

Ich will dir Vater deiner Kinder sein

Und Haupt der Kirche, welche ist die schöne

Vertraute Jesu, Braut dir Gottes Lamm.

(Nach Frankreich werd ich senden Magdalene.)

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XVII

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Wo ist der Himmel, gute Mutter, wo?

In unserm Herzen brennt die Lebensflamm,

In unserm Herzen redet Salomo

Mit seiner Schwester Mirjam Salome:

Soll ich das Fleisch des Panthers fressen roh

Und durch die Wälder wallen, durch den Schnee,

Und Hirsche reißen auf dem Libanon

Und selbst verbluten, wund und voller Weh?

Mitten im Wald der Wölfe steht der Thron,

Auf dem der Davidssohn in Frieden thront.

Nicht stolzer Zier wie rotgeschminkter Mohn,

Vielmehr voll Wehmut wie der Mainacht Mond

Wir schwimmen hin in triefenden Balsamen.

Wo ist die Liebe, die der Liebe lohnt?

Wo ist der Schoß und wo des Wortes Samen,

Wenn Liebe uns zerreißt wie Leoparden?

O Mirjam Salome, in deinem Namen

Seh ich der Dschungelorchideen Arten

Und sehe unter Lilien lagern Schlangen

Und Schmetterlinge auch mit staubig-zarten

Und hingehauchten Schwingen flattern prangen,

In deinem Namen, Mirjam Salome.

O Braut, an deinem Busen will ich hangen,

Ich will die Wehmut sein in deinem Weh

Und deiner Wunden schmerzlicher Verwandter

Und Trauerschwan auf deinem Tränensee

Und deiner Harfensaiten überspannter

Gesang voll wilden Wehs und wilder Wonne!

Komm, meine Schwester, vom Gebirg der Panther,

Komm, meine Taube, Lilie und Sonne,

Denn ich will ruhn an deinem vollen Herzen,

Sei du mir die vergöttlichte Madonne!

O Jesus, siehe unsre Abschiedsschmerzen,

Denn gehst du fort, wie sollen wir dich preisen,

Wem brennen dann im Tempel unsre Kerzen?

Der mütterlichen Weisheit arme Waisen

Sind ausgesetzt auf diesen Herzgebirgen

Und singen melancholisch ihre Weisen.

Laß Frieden den judäischen Bezirken,

Vom Strome Frieden bis ans äußerste Meer!

Sind wir allein, dann können wir nicht wirken.

Schau doch auf Kefa und auf Timna her

Und auf Andreas und auf Salome,

Wir sind allein, uns ist das Herz so schwer,

O laß uns nicht allein, uns ist so weh,

Wir leben ja von deinen lieben leisen

Messiasworten.- Schöner als der Schnee

War, der gebot den Jüngern, Gott zu preisen:

Ich gehe jetzt zum Ewigen zurück,

Doch lasse ich euch nicht als arme Waisen,

Von Gottes Thron ruht auf euch stets mein Blick,

Und senden werde ich die Hilfe auch,

In Gott wird Jubel euch und wahres Glück,

Ihr trinkt den süßen Wein aus neuem Schlauch

Und werdet singen wie mit Flammenzungen,

Wenn euch die Hilfe küsst mit Gottes Hauch!

Ihr meine lieben Mädchen, meine Jungen,

Jetzt ist der Einsamkeit die rechte Stunde,

Die Liebe hat sich gleich hinfort geschwungen,

Doch in der Waisenkinder Herzenswunde

Wird Gott der Geist mit seinem Jubel fließen

Und Gott euch küssen mit dem glühen Munde!

Dann werdet ihr der Weisheit Seim genießen

Und werdet eure Herzen mir vertrauen,

Ich laß euch schauen zu den Paradiesen! -

Uns ist, als ob wir wieder Henoch schauen,

Der da in Glauben und Gerechtigkeit

Gewandelt und in heiligem Vertrauen,

Der allezeit zum Heimgang war bereit

Und den der Ewige zu sich entrückt

Und holte ihn in Gottes Herrlichkeit.

Uns ist, als ob Elias zu uns blickt

Und seinen roten Mantel sinken läßt

Und uns Verzückung seligschön verzückt,

Wie Nachtigallen jubeln in dem Nest,

Wenn nachts die Rose blüht so duftig rot,

Weil nun Elias eilt zum Hochzeitsfest

Zu seiner Liebe, Allhern Zevaoth,

Und eilt hinauf in einem Feuerwagen

Und jedes Roß wie eine Flamme loht,

Wie vor des Pharao Triumpheswagen

Die Stute zieht herauf die goldne Sonne.

Wer weiß die Sonne als Gewand zu tragen?

Wer tritt hervor in prachtgewohnter Wonne

Als Bräutigam aus seinem Himmelszelt?

Die Augen hebt die selige Madonne,

Als Jesus, Friedefürst und Gottesheld,

Verkündet: Ich bin bei euch alle Zeit,

Bis an das Ende dieser Zeit und Welt!

Die Wolken winden sich zum Leinenkleid

Und auf den Flügeln trägt den Herrn der Äther,

Schon ist er hoch und fern und himmelweit

Und schwindet zur Versammelung der Väter,

Zu Gottes Thron, zu Adam und zu Eva,

Im sehn Johannes nach und Simon Peter,

Ihm sehn Maria nach und Petrus Kefa,

Und gehen heim zum Abendmahl zusamm,

Von Blut ein Hin und von dem Leib ein Epha.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XVIII

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

O Heiliger Geist, o Gottes Geist, gedenke,

Du Öl, du lebensvolle Liebesflamm,

Mit deiner Braut, Akazientales Senke,

Mit deiner anverlobten schönen Braut

In ihrem Diadem und Ohrgehänge

Zu zeugen Kinder, die dem Herrn vertraut,

Die in der Taufe schönem Wasserbecken

Und in dem Geist geboren. Kinder, schaut,

Der Geist will heute seine Braut erwecken,

In ihrem Schoß die Kinder Gottes formen.

Du, Geist, du wolltest deinen Schatten strecken

Auf die Geliebte, die den Gottesnormen

Gemäß von dir gebildet und gestaltet,

Den Helden zu erschaffen, den enormen

Erlöser, in dem Gottheit sich entfaltet,

Erschaffe so auch alle die Erlösten,

Du Geist der Ewigkeit, der nie veraltet,

Sie in der Braut und in dir selbst zu trösten,

Daß sie den Anker senken in den Grund,

Der Hoffnung Grund, die Kleinsten und die Größten.

Du Segen, küssend an der Quelle Mund,

Eröffne du die Quelle, Überwinder,

Daß die Versiegelte uns gebe kund:

Von mir geliebte, gottgeliebte Kinder,

Eröffnet eure Herzen heut dem Geist,

Rechtfertigung ist er für alle Sünder,

Für jeden Sünder, der den Retter preist

Und streckt die Arme aus nach Jesus Christ!

Die Heiligen der Beistand unterweist,

Der heute euch ein volles Maß zumißt,

Wenn euer Leben ihr dem Christus schenkt!

O Lob dem Geist, der die Madonna küsst!

Die Augen alle zur Madonna lenkt,

In ihrer Gußform sind wir all gegossen,

Die ihre Wimpern auf die Augen senkt,

In ihr sind wir die geistlichen Genossen

Des Geistes Gottes, Himmelsbürger alle,

Durch sie ist uns das Salböl zugeflossen,

Sie ist der Weisheit goldne Tempelhalle,

Da Gott und Menschheit sich vereinigen.

Zu ihrem schönen Mutterherzen walle,

O Christenheit, und laß dich reinigen,

O Menschheit, daß du wirst in ihr vergottet,

In ihr wird nie dich Satan peinigen,

Die Lästerzunge, die der Reinheit spottet

Und doch zusammenzuckt vor ihrem Fuß!

Ihr Christen, die ihr Gruß Marien botet

Und Jesus segnet im Mariengruß,

In ihr gewinnt ihr Jesu Angesicht,

Sie ist die Form, ihr aber seid der Guß.

Maria sah des Geistes Feuerlicht,

Vernahm des Geistes leises Zungenreden,

Verstockte Gott das Herz und Ohren nicht,

Sprach Ja zum Geist und war erneut in Eden

Und kannte die Geheimnisse von innen

Und sprach mit Gott in heiligen Gebeten

Und wollte Jesus mit dem Herzen minnen

Und war des Geistes Flammensprache offen

Und weihte sich mit Seele und mit Sinnen

Und gründete mit allem ihrem Hoffen

Im Paradies! Der Geist Verheißung war,

Da Segnungen wie Salböl niedertroffen,

War ihr mit einemmal die Weisheit klar,

In welcher Mensch und Gottheit sich versöhne

Und lebe lauter Liebe wunderbar!

Maria, liebe Frau, vollkommen Schöne,

Die schöner du noch selbst als Evi bist,

Dich preise in Terzinen die Kamöne,

Obwohl dich weder Reim noch Metrum mißt,

Wie Gott gebildet dich im Schoß von Anna,

Du Mutter Christi, Mutter jedem Christ,

Dein Fleisch, Maria, löste ab das Manna,

Das Jesus nahm, der wohnt im Tabernakel.

Das Schwert im Herzen prophezeite Hanna,

Bin ich dies Schwert, o Mutter ohne Makel?

Wie aber? Du Marienliebling, du,

Du Troubadour, du nennst dich einen Nagel?

Du Friedenskönigin, du Seelenruh,

O laß mich ruhn in deines Herzens Laube,

In deinem keuschen Schoße immerzu,

Du meine Vielgeliebte, meine Taube,

Du meine Mondin, meine rote Rose,

Verbindung mir zur Weisheit, der ich glaube,

Der Weisheit gleichgestaltet, Makellose,

Die schöne Weisheit thront in deinem Sessel,

Der Logos lagerte in deinem Schoße,

Band Jesus sich mit deiner Haare Fessel,

Mich zu betören mit den Rosenketten.

Und bin ich auch ein Stier nur oder Esel,

Ich will mich nur vor Jesu Krippe betten

In deiner mystischen gheimen Grotte.

In dir wird mich die Weisheit Gottes retten,

Du meine Kerze, ich bin deine Motte,

Du Mutter Grab, ich bin so lebensmüde,

Gebär mich neu, Maria, und vergotte

In Jesus mich, Vergottete! und süde

Sei du im Himmelreich mit mir zusamm,

O Paradiesmadonna! Friede, Friede!

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XIX

Gegrüßet seiest du, o Miriam,

Die du Erkenntnis Heiligen gegeben

Und mir, als mein Gemüt in Tränen schwamm,

Da sahest du mich vor dem Becher beben

Und gabest mir durch Gertrud von LeFort

Erkenntnis über das Marienleben

Als Frauenleben, das sich ganz verlor

In Gott, dem sie die ewige Frau geworden,

Da Edith Stein trat leise aus dem Chor

Ans Gästegitter in dem Karmelorden

Und gab der Dichterin die Unterweisung.

Und da der Mai kam auch im hohen Norden,

Da kam zu mir des Heiligen Geistes Preisung

Durch einen charismatischen Propheten,

Dem du zur Braut geworden voll Verheißung,

Drum hörst du auch wie Ephraim mich reden

Und bist mir meine Freundin, meine Taube

Und schöne Pforte in das neue Eden.

Wie Bruder Ephraims ist auch mein Glaube,

Soll jeder Christ dir werden ein Gemahl,

Madonna in der Karmeliten-Haube.

Und da ich kam allein vom Abendmahl,

Fand ich in meinem Heim das Goldne Buch,

Das preist dich als der Weisheit goldnen Saal,

Du Pieta, mit Jesu Leichentuch,

Mit deinem paradiesisch-schönen Mund,

Dir will ich allzeit sein ein Wohlgeruch,

Ich schließ in dir mit Jesus einen Bund,

Wie’s bei dem Weisen von Montfort gewesen,

Bin ganz der Deine, Gottesmutter, und

In deinem Herzen habe ich gelesen

Von Gottes Weisheit und von Jesu Frieden!

An deines Heimgangs Schau laß mich genesen.

Wie bist denn du, Glorwürdige, geschieden?

So hast du, Jungfrau, mich dereinst entzückt,

Als ich von deinem Heimgang las hienieden.

So sagen es die Griechen, daß entrückt

Vom Geiste alle die Apostel kamen.

Johannes schaute als dein Sohn verzückt

Und Paulus predigte vom Wort, dem Namen,

Der ihn den dritten Himmel ließ erschauen

Als deine Heimat, Dame aller Damen,

Unaussprechlicher Schönheit, Frau der Frauen;

Und Petrus kniete hin zu deinen Füßen,

Da ihm, Vielweinenden, die Tränen tauen.

Da die Apostel ihre Herrin grüßen

Als Königin dem gotterwählten Volke,

Erschien in einem Schimmer, einem süßen

Weihrauch als wie in Heiligen Geistes Wolke

Der ganz anbetungswürdige Messias:

O Frau, mein Land von Honigseim und Molke,

Heimfahre im Triumphgefährt Elias,

Komm, meine Braut, o komm vom Libanon,

Vom Sion und vom Karmel, Geist Marias,

Empfangen will dein Vater und dein Sohn

Dich heute und der Geist, dein Bräutigam,

Im Herzen Gottes wartet dein der Thron!

Da gab den Geist die Jungfrau Miriam

Und ihre Seele auch und ihre Sinne

Dem Herrn und Heiland, Gottes Opferlamm.

Verklärung ward Maria durch die Minne,

Durch die Teilnahme an dem Auferstehn

Messias’, aller Glorien schon inne,

Die Christen an dem Jüngsten Tage sehn,

Aufschwebte da die Rose leuchtend rot

Und so betörend und so wunderschön

Und fand die Ewigkeit vor ihrem Tod,

Weil allzeit sie am Jesusherzen weilte

Und war geborgen ganz in Zevaoth.

Und Thomas von dem fernen Indus eilte

Und wollte schauen ins Madonnengrab,

Daß ihn der Anblick der Verschiednen heilte.

O Sion, Ölberg, Joschaphat! Am Stab

Stand Petrus, Himmelsschlüssel in der Hand,

Und sprach: Wie ich noch in Erinnrung hab,

Warst du es, welcher voller Zweifel stand

Vorm Auferstandenen, ob er es sei,

Und legtest an das Glorienfleisch die Hand.

Und stehst nun wieder voller Zweifel bei

Dem Grab und suchst den toten Leib Marias?

In diesem Grab erblüht der Wonnemai,

Wacholder nicht und Ginster von Elias,

Hier Lilien weiß und Blumen blau und Rosen

Sehr rot gemäß der Liebe zum Messias.

Und Thomas sah in einer gloriosen

Vision Maria in dem Rocke rot

Und Mantel blau und sah der Makellosen

Astralen Keuschheitsgürtel, welcher loht

Und bindet aller Weltenräume Toben,

Versiegelt allezeit für Zevaoth!

Da hörte er das Rauschen weißer Roben

Als wie das Rauschen grenzenloser Meere,

Da sank der Jungfrau Gürtel ihm von oben

Ins Tal von Joschaphat, aus Gottes Sphäre,

Da ward er als Reliquie getragen

Nach Cypros, wo man heiligte die Hehre

Als Sankt Maria Aphroditissa, wagen

Die Griechen sie zu nennen, Pauli Kinder.

Und Thomas kündete in jenen Tagen

Die Mutter dem geliebten Volk der Inder.

Und Petrus sprach: Mit Leib und Seele nahm

Der Herr sie auf, der erste Überwinder.

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

CANTUS XX

Gegrüßet seiest du, o Miriam!

Zehn Jahre bin ich heute Gottes Kind

Des Glaubens an des Höchsten Opferlamm,

Gott selber kam zu mir im Mittnachtswind

Und hat sich durch den Engel offenbart

Und achtete der Schwäche nicht und Sünd

Und überwältigte mich heilig, zart,

Der Gott der Liebe hat mich auserkoren

Und mich dem Christusvolke eingeschart.

An Omas Todestag ward neugeboren

Ich durch die Offenbarung und den Glauben,

Da trat ich zu der Tochter Zion Toren,

Da reichte mir die Mutter Brot und Trauben

Und hieß mich nach dem heiligen Patron,

Ja, Kefa, Kefa! klang es in den Lauben,

Da ging ich als der Gottesmutter Sohn.

Dann ward ich durch des Satans Wirken wirr,

Sprach lügnerisch der Mutter Kirche Hohn

Und sprach auch von Maria falsch und irr,

Bis mich bekehrt der Liebe Kreuz, das harte

Und schwere. Da trat in der Nacht zu mir

Der König Christus, der sich offenbarte,

Der zu mir kam mit ihr, der Lieben Frau,

Und Petrus, dem Patron im weißen Barte.

Anbetend, weinend lag ich vor der Schau

Der Tapfen König Christus’, ganz aus Licht,

Der da wie Äther war und Abendtau,

Vom Sakramente des Altares spricht

Und von der Weisheit Haus Ecclesia,

Daß mir der Weisheit Schule Unterricht

Erteile über Christus, den ich sah,

Da ward ich Teil der mystischen Verlobten,

In welcher Gott gewärtig, odmend nah.

O Liebe Fraue! alle Meere tobten

Zu dir, o diamantner Stern der Meere,

Du Minneherrin deiner Angelobten,

Du trägst in deiner Krone jede Sphäre

Und wandelst auf den Mondenmeeren rein

Und alle Himmel Gottes rufen: Ehre!

Trittst du ins Heiligtum des Höchsten ein

Und kleidet Jesus dich mit weißem Linnen

Als einem Mantel ganz aus Sonnenschein,

Du Minnekönigin der Königinnen,

Dir Jauchzen, Jubel, Gloria und Glück!

Den Heiligen wohnst du im Herzen innen,

Barmherzig schaut, so süß und glüh dein Blick,

Du Hochverehrte im Gesang der Minne,

Mit einem Neigen deines Hauptes nick

Die Huld uns zu, o Friedensköniginne,

Du Mond des Trostes und du Freudensonne

Und Morgenstern im gottverklärten Sinne,

Uns Leben, Hoffnung uns und wahre Wonne,

Herzliche Mutter der Barmherzigkeit,

Strahlendce Jungfrau, lieblichste Madonne!

Wir schauen dich im strahlend weißen Kleid

Und auf dem Haupte deinen Hochzeitskranz

Und Rosenkränze wallen lang und weit

Um dich und um dich ist ein süßer Glanz

Und könntest eine Göttin sein, aus Gnade,

Da tanzest du wie Schullammyth den Tanz!

Maria, Gnadenthron und Bundeslade,

Dem Allerheiligsten zutiefst vertraut,

Bist du die Jaspisstadt, das Tor von Jade,

Wie in prophetischer Vision geschaut

Johannes dich, o Hügel Sion dich,

O Tochter Sion, Lammes Jesu Braut!

O komm, o süßes Kreuz, erlöse mich,

Erlöse mich, o Christus an dem Kreuze,

Das Kreuz, dem Herrn nachfolgend, trage ich,

Entsag der Eitelkeit mit ihrem Reize

Und will in unaufhörlichem Gebet

Die Becher leeren voll von Liebesgeize,

Darüber doch der Geist der Liebe weht

Und führt mich auf dem Weg des Kreuzes weiter,

Das Kreuz, das vor mir aufgerichtet steht,

Das Kreuz erscheint mir als die Himmelsleiter,

Da oben ich die schöne Gottheit seh,

Da Seraphim lobsingen himmlisch-heiter

Der schönen Weisheit, wandelnd auf dem See

Fürwahr der ewigen Glückseligkeit,

So strahlend schön und weißer als der Schnee

Ist meiner Gottheit ewigmenschliches Kleid

Und purpurrot sind die verklärten Wunden!

Und eine Aue breitet sich sehr weit,

Da habe ich die Seligen gefunden,

Die klugen Jungfraun alle selig-froh,

Da allen Himmelsbrot und Süßwein munden

Und jede ruht auf ihrem Sopha so

In lauter Glorie und Glanzes Haar...

O Weisheit! Braut des weisen Salomo,

Dein Herz der Liebe ward dort offenbar,

Die ganze Süßigkeit der vollen Brust,

Nach der dein Mensch stets gnadendurstig war,

Nun aber, aller Seligkeit bewußt,

Sind ich der Gottheit meines Lebens: Ave

Sophia! die du hattest an mir Lust,

Und schenkst mir ewige Liebe! Gott, dein Sklave

Anbetet Jesus Christus, Gottes Lamm!

- Durch Jeschuah in Ruach Ruhm sei JHWH!

(Gegrüßet seiest du, o Miriam!)