SONETTE AN MADONNA MARIA

VON TORSTEN SCHWANKE



ERSTES BUCH

„Einzig ist meine Taube, die Makellose!“

(Hoheslied)

1

Mein Baby, heute auf die Welt gekommen,

Wie süß, wie himmlisch ist dein roter Mund,

Wie schaun die Augen rein aus Herzensgrund,

In denen deiner Seele Gnaden glommen!

Von Annas mütterlicher Milch umschwommen,

Küsst segnend ihre Brust dein reiner Mund

Und spendet Liebe ihr aus Herzensgrund

Und hat die Liebe von ihr angenommen.

Mag sein, daß andre Kinder böse gieren,

Mit Eigenwillen früh verlangend schreien

Und beißen in die Brust mit bösem Triebe?

Doch bei Maria konnte Anna spüren,

Daß sie voll Güte ist. Sie muß sie weihen

Dem Herzen Gottes, der sie schuf so lieb!

2

Geliebte Königin der Heimat, ferne

Bist du, und ich bin im Exil allein!

Sieh, wie ich in dem kalten Dunkel wein,

Und tropfe Trost, du Königin der Sterne!

Wohl zähl ich deine Granatapfelkerne

Und bin doch traurig im Olivenhain,

Da schwefelgelb versinkt der Sonne Schein

Und ich erneut in Leiden Dulden lerne.-

Wie sehn ich mich so sehr nach Zärtlichkeit

Und wäre eine Taube gern im Nest

Und schliefe gern in deiner Arme Beuge.

Doch du bist fern. Ich will in meinem Leid

Erwarten treu des Himmels Hochzeitsfest -

Bis dahin mich mit Milch des Trostes säuge.

3

Wenn ich einschlafe, sehe ich dein Bild

Und deiner Anmut gütiges Gebahren.

Wie schön dir um das Haar die Schleier waren

Als deiner auserlesnen Keuschheit Schild!

Und wenn ich träume, tret ich ins Gefild,

Dahin die Gläubigen so gern wallfahren,

Darf Weisheit da von deinem Geist erfahren,

Du Königin der Musen, anmutmild.

Wenn ich erwache aus dem süßen Traum

Und tauche aus der süßen Schönheit Schaum,

Ruf ich voll tiefer Liebe deinen Namen,

Der alle Tag in meinem Herzen glüht,

Und sing vom Rosengarten dir ein Lied

Und hoff auf Himmels Granatapfelsamen...

4

Ach! ich vermiß den schönen Wärmestrom,

Der strömt zu mir von deines Herzens Reine,

Wenn Priester protestantisch über meine

Marienliebe reden. Dein Arom

Soll immer duften mir in jedem Dom,

Denn du bist Balsam allem meinem Peine.

Darum sei auch mein Motto: Ganz der Deine!

Das Motto lehrt uns ja der Papst von Rom.

Der Deine - mit der ganzen Seele Minne,

Der Deine - mit der Schönheit meiner Kunst,

Der Deine - mit dem ganzen Christusglauben!

Sei Meine - meiner Herzenskammer inne,

Sei Meine - Herrin meiner Minnebrunst,

Sei Meine - wir zusamm zwei Turteltauben!...

5

O Königin der Schwermutvollen, komm!

Madonna Melancholia, komm du

Und wachse mir wie eine Weide zu,

Wie eine Trauerweide, in der glomm

Der Morgenstern. Ich bin in Trauer fromm,

Madonna Melancholia! komm du

Und führe durch das Trauertal zur Ruh

Mein armes Herz, das mir in Tränen schwomm.

O Königin der schwermutvollen Nacht,

Schwarzaugige Geliebte! hülle mich

In deiner Haare Schleier mütterlich

Und küsse mir mit deinem Munde sacht

Die Tränen von den Wimpern, wenn ich wein,

Laß mich in deinem Arm geborgen sein!

6

Als ich ertrunken war in Traurigkeit

Und meinen Schädel an die Mauer schlug,

Da liebt ich dich mit meiner Seele Flug

Und sehnte sehr mich nach Glückseligkeit.

Dann kamen Zeiten der Vernünftigkeit,

Ich war sehr trocken, hielt mich auch für klug,

Da du nicht mehr an meines Schiffes Bug.

Und Freunde lachten viele in der Zeit.

Nun kehr ich in die Einsamkeit zurück,

Dein Bild ziert wieder herrlich meine Mauer.

Da denk ich an das trauervolle Glück,

Da du mir Freude warst in meiner Trauer,

Da Liebe blühte unterm Tränenschauer

Und meine Schwermut tröstete dein Blick.

7

Ich will, daß alle wahren Christen wallen

In Liebe hinter deinem Bilde her!

Du Marmorbildnis von La Palmas Meer,

Der unterm Schleier braune Locken fallen,

Ich preise heute Nacht mit allen, allen

Christgläubigen als Mutter dich! so sehr

Verehr ich dich! und liebe dich noch mehr!

Weil du an der Geliebten hast Gefallen:

Du liebest sie, ich bin mir sicher des,

Nimm mütterlich sie auf in deine Hut,

Sei ihr ein Ideal des Sokrates,

Stern über ihrer Leidenschaften Blut,

Und führe ihre Seele in der Nacht

Zu Gottes Sohn in Edens Blumenpracht!

8

Was ist ein Märchen ohne dich, o Mutter?

Im blauen Meeresmantel dein Erbarmen

Soll aller Kinder armes Herz erwarmen,

Du Gallionsfigur am Fischerkutter,

Gib du den Kindern Honigseim und Butter

Und jungen Mädchen mit den schönen Charmen

Schenk ein ein wenig Wein, und meinen Harmen

Gib du im Traum vom Himmelsbrote Futter.

O Mutter der Lebendigen, mein Leben

Und meine wahre Wonne und mein Hoffen,

Ich will dich lieben und dich benedeien!

O Jungfrau, Minnekönigin im Maien,

Geheimnis mir in aller tiefen Minne!

Laß deiner Liebe immer sein mich inne!

9

Maria, meine Seele ist betrübt!

So war ich hingegeben an die Glut

Der Liebe, in der Leidenschaften Flut

Geworfen, ja, mit allem Sinn verliebt!

Ich habe mich im Frauenlob geübt

Und dichtete in Rausch und Liebeswut,

Mit holder Hoffnung, mit der Hoffnung Mut.

Und ihr, o meine Edenlieder, bliebt.

Nun hat mich Qual und Gift der Eifersucht

Gepeinigt und der Rose sanfter Dorn.

Ich fühlte mich verlassen und verlorn,

Da mir verwehrt des Paradieses Frucht.

Da hab ich, von der Kümmernis durchdrungen,

Maria, fünfzehn Ave dir gesungen.

10

„Du hast so oft zu mir gesagt in frommen,

In leidenschaftlich heißen Sommertagen,

Du seiest mein - und hast mir angetragen

Dein Herz - Ich habs mit Liebe aufgenommen!

In Tränen ist dein trunkner Blick geschwommen,

Da hört ich deines Herzens wehe Klagen -

Verliebte Hirsche die Gazellen jagen -

Und Geist, Gemüt und Herz ist mir entglommen!

Du wolltest mich in deinem Herzen innen

Mit allen frommen Leidenschaften minnen

Und sein mit mir im ewigen Vereine!

Denk an des Todes dunkle Jordanfurt,

An meinen Kuß, an meinen Kuß von Lourdes...

Von heut an bin ich ganz und gar die Deine!“

11

Maria, in der Zeit der schwarzen Klagen

Und Lust aufs Ende meiner Sterblichkeit,

Da mir zu schwer geworden war mein Leid,

Da ich gelitten an den leeren Tagen,

Was auch die Freundinnen von Freundschaft sagen,

Die hübschen Mädchen voller Lieblichkeit,

Sie hatten doch zum Beistand keine Zeit,

Da sie nach lauter eitlen Dingen jagen.

Doch Gott, Gott stärkte mir das schwache Herz,

Männlicher Schicksalsmut die Seele stählte,

Dein Muttername mir mein Herz beseelte.

Als Balsamperlen meinem Seelenschmerz

Trag ich am Arme deinen Rosenkranz,

Verlassen von der Welt, der Deine ganz!

12

Gruß dir, o Königin der Einsamkeit,

Gruß dir, o Braut in meinem tiefsten Herzen,

Gruß dir, o Mutter aller meiner Schmerzen,

Gruß dir, ich weih dir meiner Seele Leid,

Gruß dir, du Führerin zur Ewigkeit,

Gruß dir, du Herrin über fromme Kerzen,

Gruß dir, o Frau mit Füßen goldenerzen,

Gruß dir, o meiner Minne holde Maid,

Gruß dir, du meiner Seele ganzes Sehnen,

Gruß dir, du Traumgestalt im Land des Mohnes,

Gruß dir, du Trösterin der Trauertränen,

Gruß dir, Madonna auf dem Blut der Venen,

Gruß dir, du Mittlerin zum Reich des Sohnes,

Gruß dir! Mein Herz, o Liebe Frau, verschon es!

13

Ich sang dich, Herrin, in der Heilgen Messe,

Da innen du als Bild in mir erschienen,

In höchster Schönheit und mit goldnen Mienen,

Die Spange an des Armes brauner Blässe.

Die Gnadenhandlung nimmer ich vergesse,

Mit der du wolltest meinem Herzen dienen,

Mit goldner Süßigkeit der Honigbienen

Und mit dem heilgen Blut in Weines Nässe:

Die Jesushostia von meiner Lippe

Ins Herz mir sank, das Fleisch vom lieben Gotte,

Daß ich den lichten Säugling in mir schau,

Den Gottessohn in meines Herzens Krippe,

Den Ewigen in meines Herzens Grotte,

Gespendet mir von Unsrer Lieben Frau!

14

Die Herrenworte schienen von den harten

Und ließen friedlos meine arme Seele,

Der weinend ich im Fegefeuer schwele

Und muß allnächtlich auf die Gnade warten.

Da kamest du in meinen innern Garten

Und tratest in des innern Herzens Höhle

Des mystischen Verlöbnisses... Ich wähle

Zur Königin der Minne dich, zur zarten

Geliebten, die besucht mich in dem Heim

Der Seele, tanzt den Tanz von Mahanaim,

Am Mädchenarme schöne Spangen tragend.

Ein Hoheslied der Liebe will ich singen,

Marienleben Gott zum Opfer bringen,

Der Trösterin der Heimgesuchten klagend.

15

Wo warst du in der Nacht, da ich gelitten,

Weil meiner Seele Liebster sich verborgen?

Ich krankte an der Liebe siechen Sorgen

Und lag der dunklen Mitternacht inmitten

Und wußte nur die Flasche zu entkorken,

Da rote Tränen mir vom Auge glitten.

Wortlos mir meine wehen Schmerzen bitten

Und Heil kommt in der Nacht nicht. Erst am Morgen,

Denn reich an Tränen träumte dem Betrübten

Am Morgen nach der bittren Nacht der Pein

Die Schönheit von dem göttlichen Geliebten!

Zu meiner Seligkeit war ich verflucht,

O Sohn, mit Schmerzen hab ich dich gesucht,

Zum Glück, Maria, ließt du mich allein.

16

O Mutter du der schönen Liebe, schau,

Ich wag zu dir ein schüchternes Gebet.

In der poetischen Virginität

Leb einsam ich allein der innern Schau.

Wie einsam ists in meiner Höhle Bau,

Wie oft mir meine Seele traurig fleht

Und Aug und Auge mir in Tränen steht

Und bitt ich Gott den Herrn um eine Frau.

Die unerfüllte Hoffnung macht dem Ritter

Unserer Lieben Frau das Herz so bitter.

Was soll ich bitten? Ach mein Herz ist krank!

Die andre Hälfte sucht der Zweigeteilte.

O Neue Eva, wenn dein Handeln heilte,

Wenn Gottes Huld mir wird, sei’s dir zu Dank!

17

Die Frauen schlagen mir auf meine Wangen

Und höhne meine Armut, höhnen, höhnen.

Sie wenden sich zu Reichen und zu Schönen,

Sie gleichen Sandelbäumen voller Schlangen.

Die Frauen nehmen nur mein Hirn in Zangen

Und pflücken Dorngestrüppe, mich zu krönen.

Sie reden viel, da muß ich immer stöhnen,

Weil ihre Reden so verquert erklangen.

O Sandelholzbaum ohne Schlangen du,

O wahre Weisheit, meiner Seele Ruh,

Nur dir allein will ich mein Lieben weihen!

Führ mich zum Herzen Jesu, dorngekrönt,

Zum Herzen Jesu, welches mich versöhnt.

Herr Jesus möge meine Seele freien!

18

O Meeresstern, sieh du mein Mittelmeer,

Der Leidenschaften aufgewühlte Flut,

Das schaumgekränzte, aufgehitzte Blut,

Die Sinnenlüste - ich begehre sehr!

O Meeresstern, wo kommt mir Keuschheit her,

Wer bändigt mir der Leidenschaften Wut,

Wer kreuzigt mir mein heißes Fleisch und tut

Mir Liebes und wer schenkt mir Freude, wer?

O Meeresstern, ich muß so oft verzichten

Auf mein Verlangen, der Begier entsagen.

Doch quälen mich noch oft der Schlange Bisse!

O Inbegriff der Keuschheit, darf ich dichten

Von dir als die Marie Aphroditisse?

Sieh mich zu deinen bloßen Füßen klagen!

19

Im Katechismus schaute ich ein Bild,

Wie Uranos zu Füßen Christi lag.

Was bin ich denn so ängstlich noch und zag,

Wenn ich dir weih das zyprische Gefild?

Auf einer Muschel nahte Venus wild

Und kündete den goldnen Sonnentag -

Der ich dir dieses alles widmen mag,

Der betet gern vor deinem Gnadenbild:

Madonna du mit Paradiesgranate,

Die ich im blühenden Gefilde fand,

Du lächelst mir in meines Herzens Grotte.

Wallfahren laß mich, Jungfrau voller Gnade,

Auf den Olymp, zu deinem Gürtelband,

Aphroditissa! - nimmer du bigotte.

20

Madonna, viel hab ich um Jesu willen

Gelitten, innerste Zerrissenheit,

Die Seele des Exiles Winterleid

Und Sehnsucht, welche nimmerdar zu stillen.

Ich trug die Mädchenlaunen, Frauengrillen,

O du, die unter Frauen benedeit,

Ich litt die Fremde, Mutter du und Maid,

Und schrie, die Liebe möge mich erfüllen.

Gelitten hab ich unter Gottes Zorn,

Begegnete dem Herrn in Mißverständnis

Und stand, ein Ochse, vor der Heilgen Schrift.

Du aber warst des Trostes Balsamborn,

Beweis der Liebe Gottes! Mein Geständnis

An deinem Herzen Gottes Gnade trifft.

21

Lieblose, fremdeste Gleichgültigkeit

Hat mich gepeinigt in dem Tränental,

Ich war wie Sankt Sebastian am Pfahl

Und Hasses Pfeile waren all mein Leid.

Du hörst es, Mutter, wie dein Armer schreit,

Wie er beklagt die Feinde ohne Zahl,

Und keine Freundin ist im innern Saal

Das Herz zu heilen liebevoll bereit.

Madonna, in die Beuge deiner Arme

Leg mich und hülle mich in deinen Mantel

Und heile meines Herzens wehes Leid.

Du bist so reich an Liebe, Herzenswarme,

An deinem Herzen ruht mir all mein Wandel,

In deiner schön verwirrenden Zärtlichkeit...

22

Senkt eine Rose rot sich in mein Grab,

Wird eine um mich weinen sanfter Trauer?

Zu dir, Maria, strömt mein Tränenschauer,

Für die ich heute nichts als Wehmut hab.

Mit femininen Zärtlichkeiten lab

Du meine Seele: eingefallne Mauer,

Es pfeift ein Wind hindurch, ein kalter rauher,

Ich schleich gekrümmt am krummen Pilgerstab.

So matt ich bin, so selig bin ich auch,

Weil du mich liebst! weil ich dich liebe! und

Verborgen bin in deinem Mutterbauch:

Aus dem du mich gebären wirst ins Leben!

Maria mein, ich bin so weh und wund,

Mögst Heimat mir in deinem Herzen geben.

23

Du Ruhestätte der Dreifaltigkeit,

Laß mich an deinem Herzen Ruhe finden!

Ich seufze dir zu aus dem Tal der Sünden,

Dein unbehauster Freund in kalter Zeit.

Wie bist du hoch, wie tief, wie groß, wie weit

Erstreckt sich deine Huld! Ich will mich binden

An dich und betten mich in deinem linden

Heiligen Schoße der Glückseligkeit.

Wohl wird mir schwer die Einsamkeit, der Jammer,

Doch ist die Traurigkeit ja nur der Hammer,

Der bildet mich zu einem Schmerzensmann!

Du Paradies der Liebe Gottes! Laß

Mich ein in deiner Liebe Garten! Faß

Mein Sein mit deinen heilgen Händen an!

24

Lob Unserer Senhora Portugals,

Wie sie erscheint mit Schönheit und mit Charme,

Die Aura von des Südens Sonne warm,

Gehüllt in Ruhm des dunklen Lockenfalls,

Den Glanz des Diamanten und Kristalls

Am schlanken, weichen, schöngebräunten Arm.

Schöne Madonna! Trost auf allen Harm!

Sie ist die Schöne Königin des Alls!

Am Ohre baumelt silbern ihr der Mond,

Die Sonne hängt ihr zwischen ihren Brüsten,

Als Reif der Stirn trägt sie den Morgenstern!

Glückselig ist, wem sie im Herzen wohnt!

O Paradies für alle wahren Christen,

Die du vermählest dort mit ihrem Herrn!

25

Wie, Gute, soll ich Mutter zu dir sagen,

Da ich die Mutterliebe nicht erfahren

In den bedürftigen, den ersten Jahren?

Ich bin ein Waisenkind an allen Tagen!

Du siehst mich oft um Frauenliebe klagen,

Ich möcht mich betten in den Frauenhaaren

Und ruhen zwischen runden Apfelpaaren

Und muß doch immer ungeliebt verzagen!

O wer, Maria, wer willst du mir sein?

Wie möchtest du von mir gerufen werden?

Madonna bist du mir und Pieta,

Dein mütterlicher Mantel soll mir sein

Die Liebe, die die Frauen mir verwehrten.

Sei mir als „Liebe Frau von Schwanke“ nah!...

26

Geliebte Mutter, dank für deine Nähe,

Du Trösterin der Heimgesuchten, Traute,

Olive, Myrrhebusch und Balsamstaude,

In der ich alle meine Heimat sehe.

Komm näher, Mutter, heile all mein Wehe,

Des inneren Gemüts zerbrochne Laute,

Des Lebens Mattigkeit und laute Flaute.

Gib, daß ich allem Hasse widerstehe,

Drum schenk mir ein der Liebe Gnadentrank,

Daß ich der Liebe Gottes alles dank

Und von der Liebe Gottes überfließe.

O Heilerin des Herzens, mütterliche,

O Helferin im Leben, königliche,

O Frau, gib mir die Frucht vom Paradiese!

27

Ich möcht die Saite meines Herzens streichen,

Die bringst du, Mutter Gottes, zum Erklingen,

Mein eignes Lob, auf meine Weise, bringen

Will ich es dir, dir schönen Gnadenreichen.

Ich will dich lieben mit der innig-weichen

Intimen Zärtlichkeit, dir Minne singen.

Du hüllest mich in deine Schwanenschwingen

Und wandelst mir voran als Großes Zeichen.

Ja! nahe mir mit deinem süßen Mund

Und küsse mich und küsse mich gesund

Und heil mit Liebe alle meine Schmerzen!

Ich bin allein, bestimmt zur Einsamkeit,

Da weiß ich einen Trost mir in dem Leid:

Geliebt zu sein von deinem Frauenherzen!

28

Zu lieben sucht ich immer eine Frau,

Daß ich sie rühme herrlich im Sonette,

Bis ich sie herzlich in den Armen hätte.

Die Frauenliebe floh wie Morgentau;

Da ich ein Mädchen noch mit Augen schau,

Mir wünsche sie auch einmal in dem Bette,

Daß Liebe fessle uns mit ihrer Kette,

Gleich wird die bunte Lust schon wieder grau.

Nun aber hab ich eine Frau gefunden,

Erhabenster Gesinnung, wert der Reime,

Mit liebstem Herzen unter schönstem Busen.

Ich weiß, ich bleib ihr ewiglich verbunden.

Maria, dir ich die Sonette leime,

Geliebte Frau, mir Königin der Musen!

29

Ich weihe dir das kleine süße Kind,

Das schönste Freude mir bereitet hat.

Mach du mit mütterlicher Milch ihn satt,

Die Milch laß süß sein und wie Liebe lind.

Verscheuch den Schatten der vererbten Sünd,

Zum Heile wende seines Lebens Blatt

Und führ ihn in des Heiles Gottesstadt

In deinem Mantel, Mutter, auf dem Wind.

Maria, ich gedenk der Zeit der Schwermut,

Da Gott mich nährte mit dem bittern Wermut

Und Christus ich gefolgt in meinem Leide.

Da sandtest du den Säugling voller Frohheit,

Wie einen kleinen Heiland voller Hoheit,

Und schenktest, Liebe Frau, mir große Freude!

30

O Mama, komm, Maria, komm zu mir!

Mit deiner Liebe Muttermilch mich stille,

In deinen Schleier, in dein Haar mich hülle!

Die ganze Seele sehnt sich so nach dir!

Zwei Jahre bin ich jung und weine hier

Nach Mutterliebe, nach der Liebe Fülle!

Ich wäre gern an deinem Busen stille!

Wend deine Zärtlichkeit mir zu, du Zier!

Im Schoße weiblicher Barmherzigkeit

Will ich geborgen sein, in süßer Wärme;

Erbarme dich, Maria, mütterlich!

Hier stehe ich. Mein Leben ist mein Leid,

Der ich mich alle Tag und Nächte härme

Und weine, o Maria, bitterlich!

31

Maria, laß es dir zuviel nicht werden,

Wenn ich mit meinen Tränen zu dir komm,

Der ich im Meer der dunklen Trauer schwomm

Und finde keinen Fels auf dieser Erden.

Sie quälen mich mit holdesten Gebärden,

Der ich in Glut der Leidenschaften glomm

Und ehrte sie als deinen Schleier fromm.

Schau an mein Herz, o schau zu dem versehrten,

Schau an, wie ich zerrissen und gequält!

Muß ich denn singen, die am meisten quälen?

Wird mir mein Leben nichts als Leid und Qual?

Schau, meine Seele deinen Namen wählt,

Du unzerrissne Heilerin der Seelen,

Sei Trost mir, schleich ich durch das Tränental.

32

Der ich von der Distanz der Frau durchbohrt,

Häng an dem Kreuze gleich dem rechten Schächer.

O lehr mich dulden! Gott selbst sei mein Rächer,

Mir aber sage Gott ein liebes Wort!

Was ist dein liebes Wort, mein Heil und Hort?

Ich will ihn leeren, diesen bittern Becher,

Muß sein an Schierlingstrank und Wermut Zecher

Und ist mirs im Gemüte auch wie Mord!

Apokalyptische Madonna! Herbe

Und bittre Liebesleiden muß ich leiden,

Seit mich der Glanz der Auserwählung traf.-

Ich wünsch nur, daß ich balde, balde sterbe!

Du mögest mich im Tal des Todes weiden!

Heut heile mich, Maria, durch den Schlaf.

33

Großmutter war mir gut, Maria mein,

Sie nahm mich immer an und war bereit,

Ein Trost zu sein in meinem wirren Leid.

Mit ihrem Tod begann die große Pein.

Nun sehn ich mich, einmal geliebt zu sein,

Daß sich ein Herz mir opfre in der Zeit,

Ein Sakrament mir sei der Ewigkeit.

Doch jedes Frauenherz ist hart wie Stein.

Soll ich pneumatisch-religiöse Liebe

Allein besitzen als die zu abstrakte?

Ich werde bitter in des Lebens Trübe!

Es gibt sich keine Liebe mir als nackte

Und reiche Liebe hin! Ich bin allein.

Wer willst mir da, Vielgeliebte, sein?

34

Ich bin in mein Alleinsein eingemauert,

Gott stellte in den Weg mir schroffe Quadern,

Er füllte Schierlingsgift in meine Adern

Und trübte meine Seele, daß sie trauert.

Sternregen meines Schicksals niederschauert,

Mein Dämon wandelt auf dem Blut der Adern.

Doch darf ich gegen meinen Gott nicht hadern,

Weil darauf ja der böse Geist nur lauert!

Ich bin das bittre Wasser Mara, Frau,

Laß du das süße Holz des Kreuzes sinken

Und wandle Wermut um in Lebenstau.

Und muß ich auch den bittern Becher trinken

Und muß ich weinen auch, zu Tod betrübt,

Gott! laß mich sehn, daß mich Maria liebt!

35

Ich habe keine Freundin an der Seite,

Hab keine Schwester, keinen Bruder mehr,

Unmütterliche Mutter fällt mir schwer

Und sachlich ist mein Vater mir zum Leide.

Ein Waidenkind in Weltenraumes Weite,

Ein Tropfen, doch nicht aufgelöst im Meer,

Ein Stern, doch fern der Sterne Himmelsheer,

Ein Lamm, doch fern den Lämmern auf der Weide.

Maria, sei mir Freundin, sei mir Schwester,

Sei mütterliche Mutter mir und Hirtin,

Sei du die eine Frau, die ganz mich liebt!

Und fleh den König an, o neue Esther,

Mein Herz ist mir zum Beten zu betrübt,

Für du mich schwarzes Schaf zum guten Hirt hin.

36

Maria, sterben und zum Himmel steigen

Und dich am Ufer neues Lebens grüßen

Und küssend sinken dir zu deinen Füßen,

Ist alle meine Sehnsucht! Nächte schweigen

Von meinem Glück, und alle Lieben zeigen

Mir ihre Kälte, und vom Mund der Süßen

Fließt lauter Bitterkeit! Was muß ich büßen?

Sinds Sünden, die mir meinen Nacken neigen?

Poet muß leiden. Liebe wird ihm Schmerz.

Ein Fluch wird ihm erotisches Betören.

Ein Pfahl im Fleisch sind schöner Frauen Reize.

Zu steigen in den Himmel von dem Kreuze,

Zu singen in den Seraphinen-Chören

Ist mein Begehr, zu stürzen an dein Herz!

37

Maria! liebe du mich lang und heftig

Und sage Liebes mir mit deinem Munde,

Daß ich an deiner Liebe Gunst gesunde

Und werde durch die Kraft der Liebe kräftig!

Sei du in schöner Liebe Werk geschäftig

Und komm zu mir in dieser dunklen Stunde,

Verbinde mich mit dir im Liebesbunde

Und liebe lieblich mich und lieb mich deftig!

Gib dich mir ganz und halte nichts zurück,

Laß deine göttliche Gestalt mich schauen,

O Schönere als alle schönen Frauen!

Und spende mir erhörter Liebe Glück!

Gib mir des Mundes Rose, Hand von Schnee!

- Doch kenn ich keine Liebe als nur Weh...

38

Madonna, eines wünschte ich mir sehr:

Wärst du allein die Dame meiner Minne,

Daß mich nicht länger treiben meine Sinne

Und nicht mehr stürmt der Leidenschaften Meer!

Du hörst, die Frauen werden mir zu schwer,

Durch sie nur bin ich aller Schmerzen inne,

Der ich durch Eros keine Lust gewinne

Und mich in meinen Leiden nur verzehr!

Du mögest es als meine Herrin geben,

Daß keine Andre ich als dich begehre

Und dir allein verehre meine Liebe!

Ich fleh dich an: Errette du mein Leben!

Mein Minnewerben, Liebe Frau, erhöre!

- Muß ich denn sterben an der Macht dder Triebe?...

39

Verehrte Herrin, immer wollt ich sterben,

Seit ich auf meines Herzens Grund geschaut.

Nun sei dir all mein Leben anvertraut

Mit allen bittern Stunden, allen herben.

Laß nicht den Dämon Selbstmord mich verderben!

Sei in der Todesstunde bei mir, Braut,

Bei mir, dem vor dem Fegefeuer graut,

Doch weiß ich nihts, als um den Tod zu werben.

Die du gestanden unterm Kreuze bist,

Im Schoß gehalten hast den toten Christ,

Erbarm dich meiner tiefen Seelennot!

Errette meine Seele und mein Herz,

Erlöse mich in Liebe von dem Schmerz

Und gebe mir durch deinen Kuß den Tod!

40

Geliebte Herrin, selig deine Brüste,

An denen Jesus Christ als Kind gesogen!

Du hebest mich in deiner Liebe Wogen,

Ach, wo ich immer, immer bleiben müsste!

Im roten Schleier, an des Himmels Küste,

Begegnest du mir innen, - ungelogen!

Wir haben Umgang liebevoll gepflogen,

Da sah mich an das Antlitz Jesu Christe:

Mich dürstet! - Willst du meine Tränen trinken

Und aller meiner Seufzer flüss’ge Hauche?

Soll dir mein wundes Herz viel Liebe geben?

Du willst mich in Madonnas Schleier weben,

Daß mitleidvoll mir ihre Wimpern winken

Und sie die Liebe gibt, die ich so brauche!

41

Gott liebt mich! O Maria, hilf mir glauben,

Hilf mir, die Liebe Gottes zu erfahren,

Daß ich geliebet bin mit Haut und Haaren!

Gott hat mehr Liebe als die Turteltauben,

Vergebens fleh ich an die Blinden, Tauben.

Gott möge seine Liebe offenbaren,

In dieser Stunde und in allen Jahren,

Und niemand kann mir diese Liebe rauben!

Maria, nicht die ideale Schöne

Mit allem ihrem Zauber, ihren Reizen

Und allem ihrem Mit-der-Liebe-Geizen

Trennt mich von Christi Liebe! Meine Träne

Still du, Maria, mir mit Jesu Gnade,

Daß ich mich in der Liebe Gottes bade!

42

Hilf mir, o meine Herrin, Ja zu sagen,

Ein tiefes Ja zu meiner Einsamkeit,

Von Menschen frei zu werden, und im Leid

Demütig jeden Tag mein Kreuz zu tragen!

Und bin ich in der Wüste, hör mein Klagen

Und halte liebevollen Trost bereit,

Und hilf mir, Herrin, in der Wüstenzeit

Allzeit der Liebe Gottes nachzujagen!

Beziehungssüchte sinds, die mich versklaven,

Die Menschenkälte schafft mir schwere Pein,

Und die ich liebe, wirken meine Wunden.

Ach wäre ich mit dir, mit dir allein

Und dürften meine Leidenschaften schlafen

Und spräche Gott Ein Wort - ich würd gesunden!

43

Im Jahre der Berufung will ich fragen,

O Herrin, wozu ich berufen bin.

Soll ich ein Eremit sein, allen Sinn

Dir weihen, keinen Freundinnen nachjagen?

Soll das Martyrium des Herzens tagen

Und schwinden alle Freude mir dahin,

Bis mir das Kreuz alleine mein Gewinn

Und meine höchste Lust sind meine Plagen?

Soll ich dir sein, Maria, rühmender Poet?

Und brauch ich dazu eine Frau als Gleichnis,

Zum Preis der Rose auch den Schmerz der Dornen?

Du meiner Seufzer Zuflucht, mein Gebet,

Mir werde deiner Liebe Huld Ereignis,

Heimführerin der traurigen Verlornen!

44

Mein Ein und Alles, einzige Madonne,

Du meine Zuflucht in der Einsamkeit,

Du große Frau mit einem Herzen weit

Und offen meiner Sehnsucht, meine Wonne,

Annahme meiner Selbst, und tiefe Bronne

Der Liebe Gottes alle Ewigkeit,

Du Sündenlose in der Schönheit Kleid,

Du Großes Zeichen in dem Kleid der Sonne,

Laß mich erkennen, wie du wirklich bist,

Daß ich nicht mit der Projektionen List

Mir einen Götzen meines Herzens mal;

Führ mich als Mediatrix zum Messias,

O du Perfekte Schönheit Jeremias,

Führ du mich in den innern Hochzeitssaal!

45

Maria, darf ich, darf ich glücklich sein?

Maria, darf ich Christi Frieden finden?

Willst du mir meine Wunden nicht verbinden

Und einen Ausweg zeigen aus der Pein?

Die Schwermut fällt mich an, ich bin allein,

Es möchte sich kein Mensch mit mir verbinden,

Ich kann die Abwehr meiner nicht verwinden

Und möchte nur um Liebe, Liebe schrein!

Von denen ich der Liebe Gunst verlange,

Die bleiben kalt wie eine kalte Schlange

Und lassen ungeliebt mich arm zurück.

Gibts eine Hilfe für die arme Seele?

Auf deinen Rat ich fast verzweifelt zähle,

Du gib mir Trost, wenn möglich ist kein Glück.

46

O gute Trösterin der Heimgesuchten,

Der Elenden, Betrübten und Geplagten,

Der Leidenden, der Weinenden, Verzagten,

Sieh an, wie mich die Freundinnen verfluchten:

Als meine Worte nach der Freundschaft suchten,

Sie mit dem wunderschönsten Lächeln sagten:

Wir mochten nie die Freunde, welche klagten,

Geh du allein durch diese finstern Schluchten!

Des Gebens und des Nehmens Gleichgewicht

Ward nun an mir verraten und verkauft.

An harten Herzen kann ich nicht genesen.

Ich bin von Gott geliebt! Ich bin getauft!

Bin ich allein im Dunkel ohne Licht,

Ist Jesus auch allein am Kreuz gewesen!

47

Zieh an dich, Vielgeliebte, meinen Eros,

In Schönheit sei du sichtbar, Herrin, innen,

Noch schöner als die Schönheit vor den Sinnen,

Dann geb ich deinem Licht mich hin als Heros,

Du schöne Meergeborne der Palmeros,

Ich möchte deiner Liebe Huld gewinnen

Und dich als einzige Geliebte minnen,

Die schöner als die Charis des Homeros.

In Ganzhingabe will ich mich ergeben

Und in dem innern Hochzeitsbrautgemach

Dein Minnesklave sein in höchster Freiheit!

Führ mich den Weg zur Wahrheit und zum Leben,

Vermähle meines Lebens Weh und Ach

In meinem Inneren mit Gottes Dreiheit!

48

O Königin der Freiheit, mach mich frei,

Daß ich versklavt nicht bin und nicht gebunden

An Menschen, die mir schlagen solche Wunden.

Erhöre mich, wenn ich nach Freiheit schrei!

Steht meinem Selbst doch niemand nahebei,

Hab keine Liebe in der Welt gefunden,

Trug Dunkelheit und Leere alle Stunden

Und sehnte mich doch nur nach lichtem Mai.

Ruf du aus meinem inneren Gemach

Nach Innen mich, daß ich von meinem Ach

Und Leiden Ruhe finde in der innern Stille.

In Gott allein ist Freiheit, Frieden, nie

Zerstört er mir die innre Apathie,

Ist doch mein Hort des guten Vaters Wille.

49

Wehmütiges Gewölk der Herrlichkeit

Tat manchesmal auf meinen Geist sich legen,

Marienminne wie ein goldner Regen

In mir bewirkte neue Fruchtbarkeit.

Schöne Madonna in der Sonne Kleid,

Du gabest deines Kusses Minnesegen,

Auch Schauung tat mir mein Gemüt bewegen.

O führ mich in den Schoß der Ewigkeit,

O führ mich in den Schoß der Morgenröte,

Erhöre all mein brennendes Begehren,

Daß deine Minne all mein Brennen stillt!

Du mögest mich verschlingen, mich verzehren!

Mit deiner Liebe meine Selbstsucht töte

Und laß mich sein in dir ein Gottesbild!

50

Verehren will ich über alles Maß

Maria, die vergottete Geliebte,

Die Eine Frau, die nimmer mich betrübte,

Der Gottessonne unverletztes Glas.

Als ich in ihrem Tal der Minne saß,

Da flehte ich sie an, daß sie mich liebte.

Des Werbens Enthusiasmus ihr beliebte

Zu hören, als ich lag im grünen Gras.

Da neigte sie sich überwältigend

In solchem Feuer ihrer Minnegnade,

Daß ich erschüttert auf mein Antlitz sank.

Nun wandle mich in dich, Maria, wend

Mein Selbst in dich, du Gottesstadt von Jade,

Mach mich zur Tochter Gottes liebeskrank!

51

Geliebte, laß aus meinem innern Kern

Erstehn die rote Blume neuer Wonne,

Laß mich teilhaftig werden deiner Sonne,

Nah mir im sonnigen Gewand von fern,

Gib mir aus deinem Haar der Freude Stern,

Schöpf du mir roten Wein aus Kanas Tonne

Und ströme mir Erquickung aus der Bronne

Und send das Osterlicht von meinem Herrn!

Sieh du mich schmachten hier in tiefem Sehnen

Und schaun auf das Gemälde von Florenz

Und bitten um ein freudiges Erwachen.

Du kannst die dunkle Seele helle machen,

Du kannst dem Herzen spenden neuen Lenz.

In deine Muschel nimm die Sehnsuchtstränen...

52

Dein Mantel ist wie eine Blume blau,

Dein Kleid wie eine rote Rose rot.

Dein Mantel ist wie Sehnsucht nach dem Tod,

Dein Kleid wie Sehnsucht nach des Lebens Schau.

Laß sinken deinen Mantel in den Tau

Und zeige dich im Kleid vor meiner Not.

Und sitze ich verweint beim Tränenbrot,

So tritt zu mir im roten Kleide, Frau,

Und reiche mir des Lebens Rose rötlich

Mit allem Feuer aus gesundem Blut,

Daß ich in deinem Flammenschein entbrenne!

Du meine rote Sehnsucht, nahe tödlich,

Ewiges Leben spendend, mit der Glut,

Der ich dich meines Lebens Flamme nenne!

53

Ach könnte dieser Kuß für immer dauern,

Ach könnte dieser Kuß für immer währen!

Erfüllung über jegliches Begehren

Bestürzte mich mit vollen Wonneschauern!

All die Zerrissenheit und all das Trauern

In lauter hohe Minnelust sich kehren,

Könnt ich die süße Minnelust vermehren,

Ich überspräng mit dir des Schicksals Mauern!

Ich muß vor dir erschüttert niedersinken,

So überwältigt von der Schönheit Lust,

Und bebend such ich, Hymnen dir zu stammeln!

Als Myrrhebund leg mich an deine Brust,

Laß mich erneut den Tau des Kusses trinken

Und mich in deinem Jungfraunschoße sammeln.

54

Verehrte Herrin, wenn es möglich wäre,

Als Königin der Houri dich zu singen,

Ich würde dieses Lob und Preis dir bringen,

Weil ich nach solchen schmachtend mich verzehre.

Entrücke du mich in die Venussphäre

Und laß mich durch die Perlenpforte dringen

Und mich zum grünen Lebensbaume schwingen,

Die Harfe streichen am kristallnen Meere:

Da naht das Paradiesesmädchen mir

Und will mir spenden die Glückseligkeit,

Das Ewigweibliche, gesandt vom Herrn:

Du bist es selber, zart in deiner Zier,

Im Schoße die Granate Kern bei Kern,

Sei du mein Paradies, geliebte Maid!

55

Der Engel trug die Lilie zu dir,

Du sahest sie erschrockener Gebärde.

Du warst bereit, als unsre Mutter Erde,

Das Reich des Himmels zu gebären hier.

Du in der Stadt der Blumen schautest schier

Das Paradies geöffnet, daß es werde,

Wo in den Lilien wallt die Lämmerherde.

Sei Duft der dornenlosen Rose mir,

Laß ein mich in den reinen Rosengarten,

Du meiner Mystik dornenlose Rose,

Der Schönheit und der Liebe Blume du.

Ich weih dir Liebesblumen aller Arten,

Den Liebesstrauß laß blühn auf deinem Schoße,

Gib mir in deinem roten Kelche Ruh.

56

Wie Hiob hab ich Freundinnen gefunden,

Die waren wie ein wasserloser Bach.

Wie Hiob klage ich mein Weh und Ach

Und die Geschwüre, meiner Seele Wunden.

Doch hab ich mich der Trösterin verbunden,

Die nie des Liebesbundes Treue brach,

Sie bringt mich in ein inneres Gemach,

Daß dort ich mög an Öl und Wein gesunden.

Du bist die Salbe, die die Wunde heilt,

Du bist des linden Trostes Balsamstaude,

Mein Herz in deinem Balsamgarten weilt.

Als Wein sei mehr als Tröstung, o Vertraute,

Erwecke meiner Freude Lebensgeister!

Durch seine Wunden heil mich unser Meister.

57

Ich bin der Meistgeliebte meines Herrn,

Geliebt in meiner Sehnsucht, meiner Wehmut,

Das anzunehmen, ist die rechte Demut.

Im Herzen geh mir auf der Morgenstern,

Die Blume breche mir aus meinem Kern,

Daß er mich liebt in meiner schweren Schwermut,

Und daß er mit mir leert den Kelch voll Wermut,

Und daß er nah im Leiden und nicht fern,

Daß seines Kreuzes Splitter mich durchbohrt,

Daß ich, wo ich mein Kreuz geduldig trage,

An Jesu Christi Leiden Anteil habe!

Des Herrn am Kreuze große Gnadengabe

Bist du, der ich mein Weh und Leiden klage,

Geliebte Trösterin in meinem Tort!

58

Für jene bitt ich, welche allzu schwach,

In meiner Einsamkeit mir beizustehen,

Die weiß sich nicht in Gottes Licht zu sehen,

Die nicht zum Kreuze trägt ihr Weh und Ach:

Als Jesus unterm Kreuz zusammenbrach,

Um wieder aus dem Staube aufzustehen

Und leidend auf den Schädelberg zu gehen,

Ihr Schmerz als Dorn ihm in die Stirne stach!

Maria, hilf mir, innig zu vergeben

Die Kälte, die mir spendet jene Flamme,

Nach der ich immer noch mich sehr verzehre.

Erbitt ihr Ströme aus dem Gnadenmeere,

Erbitte ihr den Weg zum wahren Leben,

Erbitte ihr die Hochzeit mit dem Lamme!

59

Madonna, komme du in mein Umnachten,

Da ich hier liege, meine Seele quälend,

Aus meinen Wunden Tränenperlen zählend,

Verseufzen ist mein Schicksal und Verschmachten.

Ich mag so gerne vor dir sein mit sachten

Gesängen, die mir inspiriert mein Elend.

Komm du in meine Traurigkeit, vermähelnd

Mein Weh mit deinen Schmerzen. Alle dachten,

Du seist das himmelblaue Himmelreich;

Und trittst zu mir im schönen schwarzen Kleid

Als meiner Schwermut schöne Königin.

Nach dir steht mein Verlangen. Nimm mich gleich

In deine Arme, küss mir fort das Leid

Und lieb gesund mir meinen innern Sinn!

60

Ich bin die Nacht, ich bin die tiefe Nacht,

Und sehnte ich mich auch zum Frühlingstage,

Daß ich von Jubel und von Wonne sage,

Ich bin die Nacht. Sie hat mich umgebracht,

Sie warf mich in den abgrundtiefen Schacht,

Da leb ich einsam hin wie eine Sage.

Und keine Antwort kommt auf meine Frage,

Warum mein Leben leidet und nicht lacht.

Ich bin die Nacht, gesättigt mit den Schwärzen

Der Schwermut und allein geweinter Tränen.

Ich bin die Nacht, im Dunkel immerzu.

Der Seele Nacht verbreitet sich im Herzen,

Gott blutet dunkel in den schwarzen Venen.

Ich suche dich, Geliebte! Wo bist du?

61

Wenn alle, die ich liebe, mich verlassen,

Und alle Angeflehten mich verhöhnen,

Erscheinest du mir schön, mich zu versöhnen,

Wenn mich die so von mir Begehrten hassen.

Dann will ich dich mit meiner Seele fassen

Und allem deinem Wunder-Wunder-Schönen

Mit aller meiner Seele widertönen

Und nie von deiner linden Liebe lassen.

Ich glaube allen den Verkündigungen

Und eigne sie mir eigner Weise an

Und gehe ohne Vorbild meinen Weg

Mit dir. Die Hand in meine Hände leg

Und führe mich als armen Gottesmann

Ins Paradies, das ganz von dir durchdrungen!

62

Nicht wandle ich in Kirchenprozessionen,

Auch singt die Kirche meine Lieder nicht.

Ich bin allein mit dir in dem Gedicht,

Weil wir zusamm im Turm der Schönheit wohnen.

Du hast für alle Gotteskinder Kronen

Und führst sie alle in das helle Licht.

Doch dunkel ist mein träumendes Gesicht

Und du kommst traumhaft meine Schwermut schonen.

So laß mich einsam sein mit deiner milden

Lieblichen Schönheit sehnender Visionen,

Dann mal ich dir persönliche Ikonen.

Mit meinem Lied will ich das Bett dir bilden,

In dem du unter dunklen Rosen weidest,

Frau, die du meine Liebe gerne leidest.

63

Herrin der Weisheit, wandle mir mein Leid

In meine Freude, laß mein Kreuz mir sein

Die süße Süßigkeit der bittern Pein,

Daß ich in meiner Gottverlassenheit

Den Christus in mir lebe alle Zeit!

Laß werden süßesten Gesang mein Schrein!

Und werfen Menschen auf mich Stein auf Stein,

Zeig du mir Gott in seiner Ewigkeit!

Die Schwermut mach zum Zeichen meiner Stirn,

Das mir der Engel Gottes aufgemalt,

Daß ich zum Leiden meines Herrn berufen.

Nimm in die Hände meines Schicksals Zwirn

Und führe mich hinauf der Schönheit Stufen

Zu deinem Antlitz, welches Wonne strahlt!

64

Ob spätere Konzile mich zitieren

Im Schöpfen einer Mariologie,

Liebhaber einer Minnepoesie

In Sehnsucht sich an meinen Vers verlieren,

Gleichgültig ist es mir, ich will nur zieren

Die Wunderschönheit der Madonna, die

Ergeben mir in tiefster Sympathie,

Sie feiern mit dem Herzen und den Nieren.

In diesem Augenblick schau, Liebe Frau,

Auf des Sonettes reimverschränkten Bau

Und laß durch meine Liederkunst dich lieben,

Mit meinem Geiste und mit meinen Trieben

Ich lieb dich, mit dem innern Kosmos, der

Dein Reich ist, Schöne auf des Blutes Meer!

65

Selbstmörder von Geburt, muß ich bestehn

Des dunklen Engels Lockung und muß reifen

Und alte Schlangenhäute von mir streifen,

Als Phönix aus der Asche auferstehn;

Und werd ich neu geboren Schönes sehn?

Wie soll ich meine Traurigkeit begreifen,

Wenn Stunden durch die Einsamkeit mich schleifen

Und Menschen meiner Sehnsucht widerstehn?

O Mutter meiner Leiden, mich gebäre,

Auf daß ich Mensch nach Gottes Gleichnis werde,

Ein schönes Licht, erwacht aus grauer Trübe.

Wie komm ich in der Seligkeiten Sphäre

Und in den Garten auf der neuen Erde

Als nur durch deine und durch Gottes Liebe?

66

Auch Don Juan, er hastet zu den Frauen,

Um von den Frauen wieder fortzugehen,

Wie hundert Sakramente, hundert Ehen,

Um schließlich seinen Tod als Frau zu schauen!

Auch Don Quijote im blauen Abendtauen

Begehrte nur, die Eine anzusehen,

Ihr wollte er im Abenteuer stehen

Und ihr besiegte Feinde anvertrauen.

Auch David ging dereinst von Frau zu Frau,

Um in den Armen Abischags zu enden

Und alle seine Frauen Gott zu weihen.

Und ich versteh mein Schicksal nicht. Ich schau

Maria innen in mir, will sie freien,

Und hoff, sie wird mir ihre Liebe spenden.

67

Aus meiner Schwermut will ich zur Mänade

Und sinken wild an einen roten Mund

Und wühlen mich in eines Weibes Grund,

Auf daß ich mich in süßen Sommern bade!

Doch dunkelt nur des Mondes kühle Jade

Und Einsamkeit tut auf den tiefen Schlund

Und schlingt hinab das Herz so weh und wund

Und alles sagt mir nur: das Leid ist Gnade!

Hingebungsvoll geb ich dem Leid mich hin

Und trag das Kreuz der Sehnsucht und verschmacht

Und schau die Seligkeit aus tiefer Nacht,

Der ich der Liebling der Madonna bin,

Die schimmerte, mir Wonne zu versprechen:

Mein Herz, um froh zu sein, mein Herz muß brechen!

68

O Frau, du machtest mich zu deiner Leier,

Daß ich von deiner süßen Minne töne.

So nimm mich in die schlanken Hände, Schöne

Und spiel ein Lied von Jesu Hochzeitsfeier!

Umwalle mich mit deiner Schönheit Schleier,

Daß ich die Schönheit Gottes noch verschöne,

Das Leben mit des Lebens Krone kröne

Und sing der Schöpfung immanentes Feuer.

O Frau, dein Lied zu singen, zeig die Frauen,

Laß mich Natur mit ihren Brüsten schauen

Und laß mich dich in manchem Bild erkennen

Und laß mich deiner Liebe süßes Brennen

Mit meiner Leier tönen, dir geweiht,

Und Gottes ungeheures Liebesleid!

69

Sie sagen, du empfingest einst im Ohr.

O Liebe Frau, empfangen wird im Schoße,

Der Strahl der Sonne in dem Kelch der Rose,

Der Gruß des Engels in dem Perlentor.

Weil Eva ihre Unschuld einst verlor,

Soll Tau nicht sinken nieder zu dem Moose?

Dein Schoß ist ohne Makel, ist nicht lose,

Und Gott ihn sich zum Brautgemach erkor.

Wenn Gottes Geist den Schoß dir überschattet,

Ein Wunder reinster Keuschheit dich begattet

Und Gott erschien in deiner Mandorla,

Will ich des Himmels enge Pforte feiern

Und sie mit lauter Heiligkeit umschleiern,

Weil unser Heil in deinem Schoß geschah.

70

Du hohe Königin der Armen Seelen,

Ich meditiere morgens deine Reinheit,

Dann aber schmeck ich bittere Gemeinheit

Und muß erneut im Fegefeuer schwelen.

Mir ward das Leid, ich muß das Leiden wählen,

Zugleich ist meine Freude deine Feinheit,

Die du empfangen von der Gotteseinheit,

Du bitte Gott, mich länger nicht zu quälen!

Von Menschen fühle ich mich bös verraten,

Du mögest mit den Menschen mich versöhnen,

Daß wieder ich den Herrn in ihnen schau!

O führ mich aus der Glut durch deine Gnaden

Und führe mich zur seligen Schau des Schönen

In deiner Stellvertreterin, o Frau!

71

Das Ideal der Schönheit zu erlangen,

Unmöglich ists auf Erden, nur im Sehnen

Und unterm keuschen Schleier heller Tränen

Scheint auf das Bild in seinem süßen Prangen.

Die mütterliche Tröstung zu empfangen

Ist eine Nähe auch gegeben. Wähnen

Will ich, du gabest deine Gnade denen,

Die sanft mit Geist und Armen mich umschlangen.

Doch glüht in meinem Herzen nur die Ferne,

Die aller Liebe Gnade mir verwehrt,

So ist einmal mein Los, ich will es tragen.

Maria, komm zu mir vom Morgensterne,

Zum Hirsch, der lechzend nach der Hindin röhrt,

Und lindere mein Leid und meine Klagen.

72

Was Dante an dem Tor der Hölle las,

Vernahm auch ich: Laß alle Hoffnung fahren!

Die Anmutgaben meiner Schönen waren

Nur anzuschaun, wie Sonnenschein durch Glas,

Die Huldin vor mir in dem Grase saß

Mit süßestem erotischem Gebahren,

Eroten flogen rings um sie in Scharen,

Doch war ich ausgegrenzt von allem Spaß,

Doch war ich ausgegrenzt von aller Liebe,

Doch war ich ausgegrenzt von allem Glück

Und war berufen doch, von ihr zu dichten.

Muß ich auf die Erfüllung meiner Triebe

Und irdische Glückseligkeit verzichten,

Maria, gönn mir deiner Liebe Blick!

73

Mein schweres Schicksal scheint es, die zu lieben,

Die mich nicht lieben, die sich mir verwehren;

Doch lieben kann ich nicht, ich kann nur ehren

Die gnadenguten Seelen, die mich lieben.

Wenn mir mein Huldigen und heißes Lieben

Durchbohrt die linke Seite wie mit Speeren,

Das schwarze Blut mischt sich mit Tränenmeeren,

Weil Eine mir verwehrt ihr schönes Lieben;

Dann ist es doch nicht ihre schwere Schuld:

Dann ist es das Gesetz nur meiner Huld

Und tragen muß ichs, leiden still und dulden.

Doch du bist anders als die andern Frauen,

Ein Ideal der Schönheit anzuschauen,

Erwiderst du mein süßes Minnehulden!

74

In dir versammeln will ich all mein Sein,

Das unbewußt mir ist, das mir bewußt,

Die großen Leiden und die kleine Lust,

Mein wahres Wesen und den vielen Schein,

Das Herz von zuckendem Fleisch, das Herz von Stein,

Die Sehnsucht nach dem Schoß und nach der Brust,

Die Ideale und des Daseins Dust,

Des Leibes Brotlaib und des Blutes Wein,

All meine Träume von Persönlichkeit,

Erlöster Sinnlichkeit und reinem Geist

Und ewigem Leben in Glückseligkeit.

Du gib es Gott, der mich mit Sehnsucht speist,

Mit Sehnsucht aus der Trübe und dem Trott,

Auf daß ich werde - Gott vom wahren Gott!

75

Maria, als der Engel Gottes kam,

Als Gott gesendet seinen Heiligen Geist,

Warf ich mich nieder. Meine Seele preist

Die Größe Gottes, der sah meine Scham.

In jener Nacht mir Gott die Seele nahm,

Hat eine neue Seele eingespeist,

Die nun mit Sehnsucht meinem Leben weist

Den Weg zu meiner Seele Bräutigam.

Um meiner Seele Bräutigam zu finden,

Muß ich die Straße schwerer Leiden wallen,

Oft bin ich unter meiner Last gefallen,

Bis alle meine sieben Sinne schwinden

Und ich gestorben ruh in deinem Schoße,

Wo du mich Jesus einst, o Makellose!

76

In deinem Herzen bau mir einen Garten

Mit weißen Lilien für reine Sinne

Und roten Rosen an für milde Minne

Und wonneschönen Blumen aller Arten.

Ich will geduldig in der Wüste warten,

Bis ich in deinem Herz zu blühn beginne

Und deines Gartens Früchte auch gewinne

Und schau in deinem Paradies die zarten

Glückseligen Genossinnen der Wonne,

Die alle ganz vollkommne Spiegel sind,

Die alle tragen einen Glanz der Sonne.

In deinem Herz will ich beschlossen sein,

O du mein Alles und mein eines Ein,

Daß ich in dir an Gottes Herz mich bind!

77

Geliebte, in den tiefen Depressionen

Ist ein Gedanke voller Bitterkeit,

Ein Becher schalen Tranks, gewürzt mit Leid:

Des langen Lebens tausend Illusionen,

Da gab es Liebe nur in Traumvisionen,

War unberührt die Maid im Seidenkleid,

Vergeblich angeschmachtet war die Maid

Mit Haaren von Kastanien, von Maronen.

Und jede war im Herzensgrund mir wichtig

Und doch nur wie ein wirres Traumbild flüchtig

Und alle meine Sehnsucht war vergebens.

Zurück blieb ein Verzehren, ein Verschmachten,

Ein Wehe-mir und bitterstes Umnachten.

Dir weih ich alle Liebe meines Lebens.

78

Geliebte, lausche traurigem Gesange,

Mit dem ich weihen will ein armes Tier,

Zu deinen bloßen Füßen leg ichs dir,

Ich bin es selbst, denn ich bin eine Schlange.

Dein Schenkel biegt sich als Juwelenspange,

Singt Salomo, die Schlange reckt sich hier,

Fang sie mit deiner Hand, du nimm mich mir,

Du halte mich mit deinen Händen lange

Und leg dir meine schillerbunte Haut

Als Gürtel um die Lenden, meine Braut,

Scheu nicht das Gift aus meinem Weisheitszahn.

Die Schlangengöttin sei der Kreterinnen,

Nimm du mich an mit allen meinen Sinnen

Und laß mich funkeln auf der Sternenbahn.

79

Du Königin der Fluten und des Schaumes,

Du Königin der Teiche und der Meere,

Du Königin der ausgedehnten Sphäre,

Du Königin des Welteninnenraumes,

Mohnblüte, senk mich in das Reich des Traumes,

Hirschkuh, nach der ich als ein Hirschbock röhre,

Der Weisheit Schoß, mit Weisheit mich betöre,

Umgebung du des grünen Lebensbaumes,

Gewähre, daß ich träumend zu dir flüchte,

Gib mir der Paradieses-Schönheit Früchte,

Visionen von der Liebe süßen Wonne!

Die Wirklichkeit ist arm, der Traum sei reich,

Madonna meines Traumes, still mich gleich

Mit Liebestau aus deines Schoßes Bronne.

80

Zuerst sei still, o meine Seele, du

Darfst dir des Herzens Inneres vorstellen,

Den innern Raum, den dämmernden, den hellen,

Da suche du bei Jesus deine Ruh.

Hier bin ich, Herr, und schaue suchend zu

Dem Lager, da du ruhest wie in Wellen,

So golden wie der Honig in den Zellen,

An deinem Herzen ruhe ich im Nu.

Du zeigst mir einen dunklen Mandelkern,

Als sei darin die Weisheit meines Herrn,

Drückst auf die Stirn mir einen Segenskuß.

Nun geh ich zu Maria. Spangen klingen,

Ich will der lieblichen Madonna singen,

Sie anschaun sei mein einziger Genuß.

81

Im alten, vielmehr jungen Griechenland,

Am blauen Meere, an dem Mittelmeere,

Da hätte ich gefleht um die Hetäre,

Mit Ringen ihr zu schmücken ihre Hand,

Gestanden hätte ich in Eros’ Brand,

Unglücklich liebend, weil die holde Hehre

Mich abgewiesen hätte, Feuerspeere

Gespitzt mit Blei hielt Eros in der Hand.

Gewendet hätt ich mich zur Philosophie,

Ich hätte mich gesehnt nach Apathie.

Die reizende Hetäre, die ich sah,

Sie wär mir nach dem Rat der Diotima

Ein Bild Uranias von Paphos-Ktima.

Gebetet hätt ich zur Urania.

82

Maria, von der Griechen Heiterkeit,

Von ihrer Eros-trunkenen Kultur,

Mediterranen blühenden Natur,

Wird mir Genuß nicht, sondern Sehnsuchtsleid.

Und zur Passion war unser Herr bereit

Und wandeln muß auch ich auf seiner Spur.

Ist denn das Christenleben Leiden nur?

Und Freude wird erst in der Ewigkeit?

O laß mich saugen Licht aus Gottes Sonne,

Laß Leben aus dem Leben zu mir fließen

Und schenk auch Heiterkeit der Weisheit du!

Wenn Eros streitet mit der Seelenruh,

Dann möge selige Versöhnung sprießen,

Da sei du einmal mir - Becher der Wonne!

83

Herrin der Weisheit, manchmal bin ich greis

Von allem melancholischen Meditieren

Und allem Beten, allem Kontemplieren,

Da wird mir fast das Haar im Barte weiß.

Geliebte, manchmal glühe ich so heiß

Und will mich an die höchste Lust verlieren,

Die Arme dir mit Schlangenspangen zieren

Und blühn mit Sulamith im Paradies!

Und manchmal bin ich weinerliches Kind

Und du bist meiner Tränen traute Amme

Und birgst in deinem Mutterarm mich dann.

Du, heute bin ich sommerlicher Mann,

Sei du mir meiner Liebe hohe Flamme

Und komm zu mir, gekleidet in den Wind!

84

Nun war ich lange wie ein dunkles Wort,

Gebrütet hab ich in der Einsamkeit,

Mein Same war verborgen in der Zeit,

Verborgen in des Herzens innerm Hort.

Nun will ich blühen mit dem Frühling fort,

Ich sehn mich nach dem Saum am Seidenkleid

Und Minne inne für die milde Maid

Und Meer! oh laß mich segeln aus dem Port!

Oh blase Wind in meine roten Segel

Und zieh als eine Schwanin fort mein Schiff,

Das trunken tanze vor Begeisterung

Auf warmen Wellen! oh wie bin ich heute jung!

Die Frau erschein, umschwärmt von Meergevögel,

Maria - muß ich scheitern auch am Riff!

85

Versöhnungsstifterin, du liebe Holde,

Dir sag ich deiner guten Fürsprach Dank.

Im Hasse lagen meine Nerven blank,

Du hülltest sie in sanfter Liebe Golde.

Der ich des Lebens Schönheit schauen wollte,

Ich sah nur Feindschaft, an der Seele krank,

Nur du allein, du schautest schön und schlank

Und warest Balsam, als die Seele grollte.

Von deiner Schönheit ward die Seele lind,

Von deinem gnadenspendenden Versöhnen,

Nun traue ich mich wieder zu den Frauen.

Laß mich dein sanftes süßes Gleichnis schauen,

Du Gottverschönte in dem Kreis der Schönen!

Verzeih mir Gott der Herzenshärte Sünd!

86

Du meine Pädagogin, laß mich schauen,

Was in der Krise mir zu lernen war,

Als mich verlassen meiner Freunde Schar

Und ich enttäuscht so bitter von den Frauen.

In meiner Seele bitterm Gram und Grauen

Warst du die Balsamstaude wunderbar,

Einzige Klarheit, als mir nichts mehr klar,

Mein Trost allein in meiner Tränen Tauen.

Auch war mir Christus nah, als ich den Becher

Der Leiden leerte, meinen bittern Schmerz,

Als ich am Kreuz hin wie der rechte Schächer.

Und da ich suchte, meinen Gott zu minnen,

Zog er mich durch die Einsamkeit nach innen

Und ließ sich finden in dem innern Herz.

87

Als Jesus in dem Hain Gethsemane

Todtraurig betete, war im Gefild

Kein Trost für ihn in seiner Mutter mild,

Wie weh und süß gesungen Friedrich Spee;

Als Jesus aller Menschen Leid und Weh

Am Kreuz getragen als ein Jammerbild

Und gottverlassen war und schrie so wild,

War ihm ein Schmerz die Jungfrau bleich wie Schnee.

Mir aber, der ich als ein Sünder folge

Dem Herrn in seiner menschlichen Passion,

Der ich so heilig nicht wie Gottes Sohn,

Mir naht als Tröstung in der Balsamwolke

Maria mitten in der Einsamkeit:

Du machst mir süß mein bittres Kreuzesleid!

88

Sie fragen mich, wie ich denn Ostern feier?

Ich lebte selber Wochen der Passion,

Auch Gottverlassenheit und Menschenhohn,

Sang auch Psalm Zweiundzwanzig zu der Leier.

Wenn meiner Herzenhärtigkeit Verzeiher

Des Auferstehns gedenkt auf seinem Thron,

Was wird mir werden da? was weiß ich schon?

Doch kümmre ich mich nicht um Ostereier,

Es sei denn um das rote Osterei,

Das, wie es sagt die griechische Legende,

Maria Magdalena in die Hände

Genommen und als Gabe hingegeben:

Aus diesem Ei ersteh der Vogel Leben,

Da bet ich, daß auch ich lebendig sei.

89

Mein Leben, meine Hoffnung, meine Wonne,

Ich will dir für die gute Schwester danken,

Die meine Hirtin war in meinem Schwanken,

In meinem Taumeln vor der Wermut-Tonne.

Mein Leben, meine Hoffnung, meine Wonne,

Zeig deine Schönheit an dem Leib der Schlanken

Und halte mich bei ihrem Hüftewanken,

Daß dir glüht alle meine innre Sonne.

Die sanfte Huldin mit dem süßen Reize,

Die Denkerin mit ihren Geistgeschenken,

Ja, jede Frau erscheint mir als dein Bildnis.

Madonna meiner Minnefalkenbeize,

Führ du das Vögelein durch Eros’ Wildnis,

Du mögest ihn zum lichten Himmel lenken.

90

Mein Himmelreich, in dem mir Gott begegnet,

O tu dich auf zur seligen Gottesschau!

Erleuchte meine Augen, Liebe Frau,

Wenn meinem Werben Gottes Wort entgegnet,

Sei du bei mir, daß Gottes Wort mich segnet!

Verwandle aller meiner Tränen Tau

In Perlenpforten an dem goldnen Bau!

Und wenn der Strom des Lebens niederregnet,

O Kelch der Liebe, mache mich zum Becher,

Daß ich der Gnade Strom in mir erfaß!

Und wenn ich trete zu dem Lebensbaum,

Du Lebensbaum, du schöner als mein Traum,

Dann spend mir der Granatfrucht feuchtes Naß!

Sei du das Paradies mir armem Schächer!

91

Prophetin, nicht im Reden, sondern Sein,

Vollendet in der Ebenbildlichkeit,

Ist deine heilige Persönlichkeit

In Gott gelöst, wie Tau sich löst in Wein.

Vom Leben stammt dein Leben, du allein

Bist schon die Göttin in der Ewigkeit,

Wie ich am Ausgang dieser Gnadenzeit

Ihm gleich sein will im seligsten Verein!

Ein Gottmensch kam, uns alle zu erlösen,

Gottmenschen sollen wir ja alle werden,

Gottmensch bist du schon ganz vollendet, Frau!

In dir will ich genießen Gottes Wesen

In neuen Himmeln und auf neuen Erden,

Mit dir vereint in ewiger Gottesschau!

92

Nicht den ich mir erdacht in meiner Sünde,

Der Pharisäer Gott und Schriftgelehrten,

Nicht den die Lästerer der Heiligen ehrten,

Ich such den Gott der Tiefe und der Winde,

Der in der Finsternis der Todesschlünde

Ein dunkles Licht erscheint, dem die sich wehrten,

Die nur Vergnügen dieser Welt begehrten,

Gib du, daß ich den Gott der Schmerzen finde,

Den Gottessohn in seiner schwersten Stunde,

Daß ich verschlossen werd in seiner Wunde,

Daß ich mit Jesus leid in meinen Schmerzen,

Mit ihm auch sterbe, ihn in meinem Munde,

Mit deinem Schoß, o Pieta, im Bunde,

Daß mir der Morgenstern ersteht im Herzen!

93

Maria, dir gewidmet sei mein Tod,

Laß mich in meinem Sterben dich nicht missen,

Leg meine kühlen Glieder in die Kissen

Und berge mich an deinem Munde rot,

Dein Mund sei süß wie Jesu Wein und Brot,

Dann wecke meine Seele du mit Küssen,

Mit Lebenstau von Gottes Gnadenflüssen,

Als Lebensstrom trag meiner Seele Boot

Und dann empfange drüben mich im Port

Und schließe mich in deinen schönen Arm

Und präsentiere mich dem Gnadenthron!

Nicht ohne dich begegne mir das Wort,

Der Herr nicht ohne deiner Gnaden Charme,

Du gnadenvolle Mittlerin zum Sohn!

94

In aller Ewigkeit mich dir vermähle,

Daß meine Seele deine Schönheit schaut,

Des Liebesfeuers gnadenreiche Braut,

Alleinzige Beglückung meiner Seele!

Ich schenk mich dir, wenn ich mich plag und quäle

Und wenn der Wermut auf mich niedertaut,

Wenn mir des Todes kalte Stunde graut

Und wenn ich in den Fegefeuern schwele!

Allheilige Jerusalem, in dir

Ist meine Heimat, meines Herzens Heim,

Der Garten meines unendlichen Glückes!

Bezaubert durch die Schönheit deines Blickes

Sang ich dir Minnesang, o süßer Reim

All meiner Liebe, lieben Gottes Zier!

95

In schöner Glut erblühte mir die Rose,

Im blauen Mantel kam die Blume blau,

Die Lotosblume schwamm in Teiches Tau,

Ein rosa Blümchen blühte mir im Moose.

Ich bin der Leichte, Lässige und Lose,

Du aber bist die gnadenvolle Frau,

In der ich alle Schönheit Gottes schau,

Du Edelstein in meines Herzens Dose,

Du wehst im Schleier um des Himmels Erle,

Du bist die Muschel und du bist die Perle,

Als Schönheit schimmernd über meinem Meer.

In Gott vollkommen bist du und vollendet,

Du hast mir deiner Minne Huld gespendet,

Geliebte Liebe Frau, ich lieb dich sehr!

96

Ich sehne mich nach Fleisch von meinem Fleisch,

Ich sehne mich nach Bein von meinem Bein!

Du weißt, wonach ich mit der Seele heisch,

Wie ich von Liebe will umfangen sein!

Ich liebe dich! Und meiner Seele Pein

Ist auch: Ich sehne mich nach einer Frau!

Ach sehnte ich mich nur nach dir allein!

Du Lebensbaum, laß tropfen deinen Tau.

Wenn ich dich in dem grünen Garten schau,

Dann ist dein Kleid wie eine Rose rot,

Dein Mantel ist wie Meer und Himmel blau.

Verehrung ich dir mit dem Herzen bot,

Ich bot dir übermäßiges Verehren.

Doch wer, Maria, stillt mir mein Begehren?

97

O Liebe Frau Marie, ich bin nicht heil,

Zerrissen lieg ich in dem Labyrinth.

Führ mich hinaus an einem roten Seil,

Zu einem Tag, wo schöne Freuden sind.

Will ich am Morgen beten, Liebste, find

Ich nur das Bild des Mädchens, das ist weiß,

Da weht in mich ein schwüler Sommerwind

Und Seele wird und Sinne werden heiß.

Und sehne ich mich nach dem Paradeis,

Mir fehlt so viel, ich bin ein großes Fehle.

Ahn ich dich, Liebe Fraue, lächeln leis,

Wird großer Durst mir meine arme Seele.

Ich schlepp mich täglich weiter ohne Kraft

Und dürste nach des Lebensbaumes Saft!

98

Wenn du erscheinst, dann sagst du: Liebe Kinder!

Da rötet meine Wange sich mit Scham,

Als würbe ich um dich als wüster Sünder;

Ach sagtest du: Mein lieber Bräutigam!

Mein Freund und mein Geliebter! den ich nahm

In meinem Herzen an zum Weggefährten,

Der lächelte, wenn ich mit Lächeln kam,

Der wandeln will mit mir in grünen Gärten!

Wir wollen wie ein Paar im Frühling werden,

Ich halte deine schlanke schöne Hand,

Anhimmeln will ich dich, du wirst mich erden,

Du führst mich in der Liebe lichtes Land.

Laß mich den einzigen Erwählten sein,

Der sich mit dir vereint in Liebespein!

99

Wie Leukothea zu Odysseus kam,

So komm zu mir, denn ich bin am Ertrinken!

Ich bin an ausgezehrten Lenden lahm,

Da mögest du mit deinem Schleier winken!

Ich möchte deiner Liebe Küsse trinken,

Daß ich durch Liebe wieder werde stark!

Ich möcht in eine weiche Wiese sinken,

Du weiße Wolke überm grünen Park!

Ich lieg verschlossen wie in einem Sarg,

In meinen Adern fließt nur Lethewasser,

Das ewige Alleinsein ist so arg

Und alles wird mir bleicher, wird mir blasser,

Und müde schlepp ich mich zum müden Tod.

O komm im Kleid wie heiße Liebe rot!

100

Die Japankirschen blühn und Mandelbäume,

Der Krokus und die gelben Osterglocken,

Dem Mädchen fallen auf die Seidensäume

Die hennarotgefärbten langen Locken.

Im Sonnenschein die jungen Widder bocken,

Die stolz sind auf die Hörner ihrer Macht.

Als weißer Stier wird Zeus Europa locken,

Aus Tyrus ward nach Kreta sie gebracht.

Verliebte lächeln sanft und süß und sacht,

Die Mädchen und die Männer Arm in Arm.

Wie schön, Natur, ist deine Frühlingspracht!

Das Mädchen lacht und glüht mit süßem Charme!

Nur mir, Maria, bleibt die Dunkelheit,

Kein Lichtstrahl fällt in meine Traurigkeit.

101

Heut ging ich hin bei Gräbern und Zypressen,

Bei Mausoleum und bei Marmorstein,

Wo alles kämpfte gegen das Vergessen

Und wollt auf Erden auch unsterblich sein.

Ein jeder ist in seinem Tod allein

Und muß von allen den Geliebten lassen.

Ein letzter Seufzer, letzte Liebespein

Entflieht dem Herzen. Nichts ist mehr zu fassen.

Vorüber ist das Lieben und das Hassen.

Doch wer geliebt, wird liebend auferstehn!

Du Königin der Völker und der Rassen,

Als meine Liebste will ich dich dann sehn!

Komm mir entgegen, nimm mich an die Brust!

Nach Leidenszeit gib Ewigkeit der Lust!

102

Ich fand dich Schmerzensmutter unterm Kreuze,

Da Gott zur Geistesmutter dich mir gab.

Zugleich warst inne du der höchsten Reize,

Du Mandel, Mandelblüte, Mandelstab.

Peitscht Eros mich und jagt mich bis zum Grab,

Da sei die Allerschönste du der Schönen,

Mich glorioser Grazie mich erlab,

Das Bittere und Süße zu versöhnen.

Wie überdrüssig bin ich all des Stöhnen

Und Seufzen nach des lieben Mädchens Leisheit.

Ist eine Hoffnung? Mögest du mich krönen

Alsbalde mit der Ruhe wahrer Weisheit!

Du mach des Lebens Bitterkeit mir süß,

Führ aus dem Tränental ins Paradies!

103

Ich schrei um Hilde! Immer herrscht die Nacht

In meiner Einsamkeit und meiner Wüste.

Ob meine Seele denn vergeblich wacht?

Muß durch die Nacht Mariens Minne-Myste?

Verheißen Seligkeit der Weisheit Brüste,

Wann darf ich diese Geistesfreude schmecken?

O Sternbild über meiner Meeresküste,

Du mögest mich mit deinem Mantel decken!

Du mögest die umnachtete Seele wecken

Und führen in das süße Morgenlicht!

Da Schrecken tiefer Nächte mich erschrecken,

Da sehn ich mich nach deinem Angesicht,

In deinem Antlitz Gottes Licht zu schauen,

Du Gottesschönheit, Inbegriff der Frauen!

104

Der ich vom Glück verworfen, liebe Herrin,

Laß fruchtbar werden meiner Seele Weh,

Laß meine Seele, diese arme Närrin,

Vertraut mit Weisheit sein, auf daß ich seh,

Was mir verhüllt der Schwermut schwarzer Schnee:

Der Weisheit Freude, Weisheit Süßigkeit

Göttlichen Lichtes, spiegelnd sich im See

Erkorner Seele, Braut der Ewigkeit!

Laß meiner Liebe dauerhaftes Leid

Einmünden in der Weisheit innere Ruhe,

In meinem Seelenweh, das schrecklich schreit,

Mir durch der Weisheit Gnade Heil antue,

Daß mich die Weisheit heile, lind und leise,

Drum mache mich durch deine Gnade weise!

105

Die Menschen lachen, suchen rote Eier,

Sie wandeln glücklich in dem Licht der Sonne,

Die Heiden feiern Christi Freudenfeier,

Natur erwacht und blüht in bunter Wonne.

Der Schwermut schwarzes Wasser in der Tonne

Ist mir beschieden, Ausweglosigkeit

Und Tragik. Aus der Augengrottebronne

Die Trauer schaut, das tränenreiche Leid.

Compassio ist meine Lebenszeit,

Einsam trag ich mein Kreuz, wie gestern heute

Und morgen. Wann sinkt aus der Ewigkeit

In meinen Geist des Heiligen Geistes Freude?

Sieh meine Seele, o Maria, zittern,

Das Schicksal will mir alle Zeit verbittern!

106

O Hiobs Herrin, wie ist alles schwer!

Was ward grad ich zum Leiden auserkoren?

Armselig bin ich, mutlos, schwach und leer

Und fühle mich im Tränental verloren.

Da redest du, o Frau, zu meinen Ohren:

Lenzlüfte in dem Liliengarten wehten,

Da Liebste und Geliebter Liebe schworen,

Und betteten sich in den Balsambeeten.

Da ward es auf mein trauerdunkles Beten

Mit einemmal in meiner Seele licht.

Die Worte Samen in die Seele säten,

Da blühte mir des Mädchens Angesicht:

Was wär mir Osterfreude ohne sie?

Dank ich nicht alles dir allein, Marie?

107

Du Königin der Weisheit, alles Wissen

Lähmt meine Seele, die nicht weiß zu leben.

Ich wollte unter Blütenträumen küssen

Und muß doch jeden Herzenswunsch aufgeben.

Ich bin zu matt, um nach dem Licht zu streben,

Und kann die Dunkelheit doch nicht ertragen.

Verstrickt bin ich in meines Schicksals Weben,

Ich sehnte einst mich nach ganz andern Tagen.

Die Leidenschaften stürmen, brennen, jagen,

Der ich in Eros’ Feuerofen brenne,

Kein Engel kommt mir kühlen meine Plagen,

Die ich das irdische Fegefeuer nenne.

Aus aller dieser Ausweglosigkeit

Schrei ich zu dir, Frau in der Sonne Kleid!

108

Du, Herrin meines Herzens, mögest töten

Ungutes, leidenschaffendes Begehren

In mir, mein Herz mit Gottesliebe röten

Und alle Wünsche töten, die sich wehren!

Nur Ein Verlangen will ich ferner ehren:

Zum Ziel zu kommen meiner Heiligkeit!

Du mögest mich dahin die Wege lehren,

Den Weg der Ewigkeit im Tal der Zeit,

Führ mich den schmalen Weg zum Eingang weit,

Auf daß ich eingeh in der Seele Ruh!

Annehmen laß mich alles, was ich leid,

Gib innern Frieden meinem Geiste du.

Mach meine Seele friedlich, ruhig, still,

Daß ich, was Gottes Wille will, auch will.

109

Totale Liebe will ich, Huldigung,

Überverehrung dir, Maria, spenden!

Mach meine abgewelkte Seele jung

Und laß Versklavung vor den Menschen enden!

Die Suche nach der Frau, sie will ich wenden

Zu dir, du mögest die Begier empfangen,

Im Tausche mögest du dich ganz mir spenden,

Daß inniglich wir aneinander hangen!

Trink du die Tränen mir von meinen Wangen,

Laß alle Tränen deine Lippen küssen!

Erscheine schwermutschön in meinem Bangen

Und bette mich in deinem Purpurkissen,

Mein Ruhekissen sei in deinem Herzen,

Von deiner Liebe rot und meinen Schmerzen!

110

Fürsprecherin und Mittlerin beim Herrn

Und meine Liebe Frau, du sahest an

Den Schmerz, die Bitterkeit in jedem Kern,

Die Einsamkeit, die Wüste und den Bann,

Du sandtest mir den Trost des Himmels dann

In einem Brief der Heiligen Edith Stein!

Du wusstest ja, was meine Seele sann,

Wie mein Verlangen Quelle war der Pein.

Fast möchte ich in einem Kloster sein,

Allein nur dir geweiht als Bräutigam,

Du reichtest mir die Hostie aus dem Schrein

Und weihtest meine Seele Gottes Lamm.

Doch ein Mysterium sind mir die Frauen...

Maria, dürfte ich dich Einmal schauen! -

111

Du Königin der heimgegangnen Seelen,

Dir sei vertraut die Seele meiner Oma,

Ich werde fest auf deine Gnade zählen,

Du Ölzweig und du himmlische Paloma!

Da ich in der Ecclesia von Roma

Nun pilgere und spende Gott die Ehrung,

Sei ihre Seele bei mir als Aroma

Aus Jesu Balsambeet und wirke Mehrung

Des Glaubens, der ich bei des Weges Zehrung

Gedenken will der Frau, die abgeschieden

Gewärtig bei der heiligen Bekehrung,

Die ich erfuhr. O führ sie in den Frieden,

Ins Paradies von Honigseim und Butter,

Die mir vertrat an Mutter statt die Mutter!

112

Du Schrein des Wortes, gib das Weisungswort,

Du Schoß der Morgenröte, send das Licht!

Im Willen Gottes ruhn laß mich, im Port,

Vertreib mich aus dem Herzensfrieden nicht!

Der Tag beginnt mit einem Lobgedicht,

Im Sonnenkleide mögest du erscheinen!

Gib Fülle mir für völligen Verzicht,

Führ mich zum Balsambeete, muß ich weinen!

Du mögest mich mit Gottes Hauch vereinen,

Du Osterblüte, laß mich schaun dein Lächeln!

Sei Alles du mir, bin ich Keiner Keinen!

Komm, Schwermutwolken von der Stirn zu fächeln,

Laß mich bejahen diesen neuen Tag,

Hilf mir, daß ich mein Kreuz mit Freude trag!

113

Urmütterliche Mutter aller Güte,

An deiner Brust zu ruhn, will ich erwarten,

Zu gehn, du Gärtnerin, in deinem Garten,

Dir zuzutragen eine Irisblüte.

O Karmelkönigin, mir fehlt der Friede,

Weil waffengleich mir die Gedanken starrten,

Ich nichts erfahren von der süßen zarten

Vertrauten Liebe. Bin des Denkens müde,

Will wieder schaun in meinem Lebensleide,

Madonna, dich, in süßer Sonnenseide,

Und saugen aus den Lebensäpfeln Saft!

O Karmelkönigin, gib mir die Kraft,

Die Nacht der Einsamkeiten zu durchtrauern

Und deine Schönen schauend zu erschauern!

114

Du Nacht, die Michelangelo im Bild

Gegeben hat, o träufle deinen Frieden

Aus deinen Brüsten auf den Denkensmüden

Und laß ihn in dasw schöne Traumgefild.

O Nacht, aus deinem Schoße kommen mild

Die Schlummersäfte, süß wie fauler Süden.

Ich will dir beides, Leib und Seele bieten,

Daß deine Gnade all mein Leid vergilt.

Du Königin der Nacht vom Karmelberge,

Ambrosianisch möcht ich Hymnen singen

Von deinem Trost, hellwache Schläferin.

Ich bringe meine Schafe, Schäferin,

In deine Hürde, der ich selbst mich berge,

O engelhohe Frau, in deinen Schwingen.

115

All meine Sehnsucht nach der Mutter ward

In mir die Sehnsucht nach der Lieben Frau,

Des Weibes Universum, schön und zart.

Und wenn ich Seele eines Weibes schau

In Augen wie Italiens Meere blau,

Ergänzt die Gnade Mangel mir und Fehle.

Ich möchte in des Weibes Meer als Taqu

Ergeben meine sehnsuchtsvolle Seele.

Du bist die Ewige Frau im Salbungsöle,

In dir gesammelt meine Sehnsucht sei,

Du Garten Gottes, Lichtstadt von Juwele,

Du Insel der Glückseligen, du Mai,

Das Paradies erblüht in deinem Schoße.

Gott ist mir Sonne in dem Kelch der Rose.

116

Maria, du vollkommnes Ebenbild,

Führ mich zum Urbild, zu der Gottheit Wesen,

Du unterweise und bekehr mich mild,

Laß mich in deiner schönen Seele lesen,

Du schöne Schrift mit Liebesexegesen,

Die Weisheit zeige mir als meine Braut,

Sie ist wie eine Lilie gewesen,

Als sie sich Salomon als Braut vertraut.

Wer sehen kann in deinem Herzen, schaut

Die Seele alles Lebens, Gottes Geist,

Die Atemkraft, die Tröstung niedertaut,

In deren Flamme alle Sehnsucht kreist.

O Gallionsfigur an Petri Kutter,

Führ mich zu Gott - der Nacht, dem Meer, der Mutter.

117

Du bist ja nicht die steinerne Madonne

In irgendeiner dämmrigen Kapelle,

Bist in der Nacht die unsichtbare Sonne,

Die badet mich in ihrer Liebe Welle.

Ich bin ein wankelmütiger Geselle,

Verleugnet hab ich dich im lauten Kreis,

Du stehe für mich ein an meiner Stelle,

Daß immer ich von deinen Gnaden weiß.

Erhalt mich in der Minneglut des Mai’s,

Du Sehnsucht meiner seufzenden Natur,

Umgebe mich mit deiner Liebe leis,

Daß ich in deinem Herzen find die Spur

Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit -

Und schreib das Kreuz in mich in Freud und Leid!

118

Du Goldene, du auf dem Monde wandelnd,

Wir flehn zu dir im glühenden Ägypten,

Erscheine du, in Liebe an uns handelnd,

Erwecke uns aus Gräbern, uns aus Krypten,

Wir weihen unsre Herzen in Gelübden,

Gewähre, daß das Leben wieder lacht!

Die Schiffe auf den Totenflüssen wippten,

Entlasse du sie aus dem Schoß der Nacht,

Erschimmre uns in aller Schönheit Pracht!

Und hüpfen Mädchen auch in leichten Röckchen

Und glühen ihre Seelen süß und sacht

Und schleiern sie sich in geflochtnen Löckchen,

Solang wir atmen, dauert unsre Treue,

Du Goldene, Schamhaftige und Scheue!

119

Denn das heißt Mutter: Schoß des Weltenraumes,

In dem sich birgt die Seele als ein Kind.

Denn das heißt Mutter: Stille eines Traumes,

In süßer Sanftheit wie ein Maienwind.

Wenn Kinder in der Nacht geborgen sind,

Dann durch die mütterliche Zärtlichkeit.

Die Mütter blühn wie Lindenbäume lind

Und halten einen warmen Trank bereit.

Geheimnisvolle Frauenseele, weit

Und sehr erhaben in der Hoheit Demut,

Der Gottesmutter ist sie Schleier, Kleid

Und Spiegel ihrer leidbereiten Wehmut.

Geheimnisvolle Weiblichkeit ist wie

Verborgen in der Gottheit Sankt Marie.

120

Mich ängstigen die Meister, Königin,

Sie alle sind so tief und sind so groß.

Ich gebe mich den Kinderspielen hin

Und träum von deinem mütterlichen Schoß.

Gib mir mein eignes Lied, mein eignes Los,

Mein eignes Leid und meine eigne Freude.

Zeig mir die rosa Blüte auf dem Moos

Und eine Seele, stiller als die Leute.

In neuen Träumen führ mich in die Weite

Und gründe mich auf festem Fundament.

Laß deiner Liebe Stimme hören, heute,

Die man ein sanft verschwebendes Schweigen nennt.

Sei in der Dichtkunst Reich die Richterin

Und meiner Seelenliebe Dichterin.

121

O Mutter alles Lebens, ich will lernen,

Was Mutter heißt, von deinem Bilde, Frau.

Schon leuchtet mir aus innerlichen Fernen

Das weibliche Geheimnis, eine Schau.

Und überm Leben liegt ein Schleier Tau,

Ein Hauch, verhüllt der Traum des Weibes Schoß.

Umkränzt von Frühlingsblumen himmelblau

Blüht in der Mitte lieberot die Ros.

Dies alles ist wie Schicksal. Schicksalslos

Betracht ich die Geschicke, die mir werden.

In allem zieht die Gnade gnadenlos

Hinan, es zieht mit weiblichen Gebärden

Die Schwester Leben zu dem Gnadenbild:

In dir, des Lebens Mutter, Gott ist mild.

122

Sie haben heut mich böse kritisiert

Und meinen tragischen Gesang geschmäht,

Ausschweifend sei die Sprache, antiquiert,

Sie wussten nicht, zu wem denn Orpheus fleht.

Drum halte ich geheim auch mein Gebet,

Ich werf die Perlen nimmer vor die Säue.

Mein Sang wie ein antikes Epos steht

Und überlebt das Alberne und Neue.

An meinen süßen Reimen du dich freue,

Die alle nur um deine Minne flehten

(Liebt doch die Schöne, Schüchterne und Scheue

Die Liebeslieder so wie Antiquitäten).

Was ist mir Lärm der Welt und Narrentum?

Mein Hymnus ist ein Gottesheiligtum!

123

Vollkommen Seiendes ist wahrhaft gut,

Du hast den vollsten Anteil an der Güte,

Vollkommen du Erlöste durch das Blut,

Die einmal an der Schädelstätte blühte.

Sei du mein Schicksal, Herrin im Gemüte,

Sei du der Felsen im bewegten Meer,

Sei du die Flamme, die im Herzen glühte,

Du Friedenskönigin mit Engelheer.

Komm du in meine Eremitage her

Und lispele in lieblich-linder Leisheit.

Wer ist die einzig wahre Gottheit, wer,

Mit welchem Namen ehre ich die Weisheit?

O schöner du als Samothrakes Nike,

Umfassende Marie mir Katholike!

124

Du Inbild der Ecclesia, o schau,

Wie Pharisäer neben Jüngern leben,

Wie deine Schönheit schänden, Liebe Frau,

Philister mit den grauen Spinngeweben.

Du weißt von meinem glutenheißen Streben,

Doch scheue ich die Satten in den Messen.

Was ist das Blut, das Sakrament der Reben,

Was heißt es, Jesu Christi Fleisch zu essen?

Traurige Tränen mir die Augen nässen,

Muß ich Historie der Kirche hören.

Laß du des Teufels Unkraut mich vergessen,

Laß du den Hirsch nach Gottes Wasser röhren.

Still meine Leidenschaft, o Stern der Meere,

Führ meinen Geist zur wirklich wahren Lehre!

125

Askese schuf mir immer schweres Leid

Und Freude mir die Süße in den Sinnen.

Erklär zum Wege mir die Sinnlichkeit

Mit allem Schimmer holder Schönheit innen.

Ich würd so gern ein Weib im Leben minnen,

Mich mit dem gottgeschaffnen Leib versöhnen.

Dann wollte ich ein neues Lied beginnen

Für dich, du Allerschönste aller Schönen.

Ach, sollen dir denn Ideale tönen

So blaß und bleich und ohne alles Blut?

Kann meine Leidenschaft dich denn nicht krönen,

Leibhaftes Sakrament dem Höchsten Gut?

Ich will mich sinnlich in die Schönheit wühlen,

Maria, meine Glut am Weibe kühlen!

126

Marie, in aller Lust, in allem Leid,

Gleich bleibt mir das poetische Genie,

Askese herrsche oder Sinnlichkeit,

Doch bleibt für dich die Minne-Sympathie.

Ob meine Seele voller Schmerzen schrie,

Ob ich geleert der Leiden bittre Bronne,

Ob ich gesungen wie Homeros nie

Von Meereslust und süßer Sommersonne,

Ich steckte einsam in der Schwermut Tonne,

Ich mischte mich in froher Menschen Trubel,

Ich litt und Leiden war mir meine Wonne,

Ich sehnte mich und Sehnsucht war mein Jubel.

Ob Freude meines Geistes, Leid der Lenden -

Dein Loblied kann ich leblang nicht vollenden!

127

Ich denke an der Schönen kühlen Kuß,

Den sie mir einmal gab in dunkler Nacht.

Auf einen zweiten ich verzichten muß,

Weil nimmer mir das Glück der Liebe lacht.

O Liebe Frau, du hast so große Macht,

Ich dürste sehr, muß schon so lang entsagen!

Ich sehne mich nach süßer Lippen Pracht

Und muß in meiner Einsamkeit verzagen!

Die dunkle Stunde ists der dunklen Klagen,

Die Wolken weinen in den Regengüssen.

Ich möchte dich, o meine Dame, fragen,

Darf ich noch einmal jene Schöne küssen?

Wie weh tut mir das Dürsten und Verzichten!

Dir will ich von den süßten Küssen dichten!

128

Du Schoß, aus dem die Weisheit ward geboren,

Ich will dich als die gute Schöne preisen,

Die von der ewigen Weisheit auserkoren,

Den Weg in himmlischen Planetenkreisen

Mit Liebe meinem Menschengeist zu weisen

Zum Empyreum, Leuchte wahrer Lehre,

Daß ich die Braut der gottesfürchtigen Weisen

Seh als Idee auf dem kristallnen Meere!

Den Vater, Sohn und Heiligen Geist verehre

Als Gottheit ich mit weiblichem Gesicht,

Der ich der ewigen Weisheit Liebe schwöre

Und laß von ihrem Rosengarten nicht.

Zur Schau der Gottheit führe meinen Geist,

Weil du von Liebe viel zu sagen weißt!

129

Madonna, komm in meiner Todesstunde,

Wenn die Dämonen liegen auf der Lauer,

Und tu Balsamen auf die Herzenswunde

Und überschütte mich mit Wonneschauer!

So oft verwehrte mir des Schicksals Mauer,

Verschlossne Liebesgärten anzublicken,

Wie oft entbehrte ich in trüber Trauer

Und wollte keine Schöne mich beglücken!

Erfüllung aller Sehnsucht sollst du nicken,

Senkt meinen Leib man in die Kirchhofwiese.

Auf all mein Leid antworte mit Entzücken,

Sing ich mein Ave dir in Paradiesen,

Dann führe mich zu einer liebeszarten

Vereinigung mit Gott in Edens Garten!

130

Ich schenke dir drei Tage meines Lebens,

Marie, da ich unglaublich glücklich war.

Das tränenreiche Flehn war nicht vergebens,

Die Gnade Gottes lächelte so klar,

Die Insel Baltrum war so wunderbar

Mit Heckenrosen in dem Sonnenschein.

Die Schöne war am Meere offenbar

Auch glücklich, und ich war nicht mehr allein,

Sie trank am Abend mit mir roten Wein

Und sagte mir von ihrem tiefsten Traum.

Ich dankte Gott das Ende meiner Pein,

Mein Los betrachtend an des Meeres Saum.

Und in der Nacht - die Schöne nah gebettet -

Hab ich den ersten Rosenkranz gebetet.

131

Ich schwebe auf den Flügeln der Musik

Und lebe tags und nachts in einem Traum.

Mein Singen, meine Sehnsucht ist antik,

Mein Ideal ist feucht von Meeresschaum,

Sehr sanft berührt mich nachts der Seidensaum

Und Lippen darf ich nachts im Traume küssen.

Ich fühle immer in dem Innenraum

Die Sehnsucht nach den seligen Segensflüssen,

Nach vollen paradiesischen Genüssen,

Und manchmal streift mich einer Taube Flaum.

Geliebte Herrin, du und ich, wir müssen

Begnügen uns mit unsrer Liebe Traum,

Ich seh dich nur in meinen schönsten Träumen

So selig-schön in meinen Seelenräumen.

132

Maria, so ist doch das Los der Menschen,

Die in dem dunklen Tal der Tränen wohnen:

Vergeblich ist es alles, was sie wünschen,

Enttäuschung folgt auf alle Illusionen.

Wer wird den Dichter mit dem Kranz belohnen,

Wer wird den Liebenden mit Liebe herzen?

Wer kann vor dieser Einsicht mich verschonen:

Daß wir das lange Leben nur verscherzen?

Groß ist die Sehnsucht, größer sind die Schmerzen,

Und keiner hat des Schicksals Sinn geschaut.

Mit Schmachten flehe ich in meinem Herzen

Um Licht und Trost durch aller Weisen Braut.

Heil mir! dies Leben ist ja nicht von Dauer

Und Gott wird enden eines Schatten Trauer!

133

Mein Gott, bewahre mich vor solchem Brennen,

Rief ich zum Vater, der mich nicht erhörte.

Nun bleibt mir nur, dies Brennen zu erkennen,

Das mir die Ruhe meiner Seele störte.

Nun bleibt mir nur, die Glut, die mich betörte,

Mir anzueignen, Fleisch auf meine Rippe.

Nun kann der Ruf nur, den der Hirschbock röhrte,

Ein Echo sein an meines Herzens Klippe.

So fließe Anmut über meine Lippe,

Daß ich die Hymne singe von dem Feuer,

Daß ich mit meinem Seelenfühler tippe

An die Idee in süßer Schönheit Schleier.

Ist das Erhörung meines Betens? Ach,

Warum denn, daß ich nicht mehr beten mag?

134

Maria, dank der Gottheit für ihr Gleichnis,

Das in dem Reich der Liebe ich geschaut,

In einem metaphysischen Ereignis

War einig ich mit meiner Seele Braut.

Im Innern mir ein Universum blaut

Vom Glanz der blauen Blume, jener Frau,

Die da nur um die Feinheit ihrer Haut

Geringer als die Gottheit, deren Schau

In ungeschauter Schönheit ungenau

Durchdrang die Frau mit göttlicher Liebe Licht,

Wie eine Rose schön wird von dem Tau,

Wie Gott mit Huld gesalbt ihr Angesicht.

So war die Frau - du aller Frauen Frau -

In dir ein Spiegel für die Gottesschau!

135

Maria, Mutter, Königin der Musen,

Nimm du mir aus der Hand das Schreiberohr!

Ich sang die Augen und ich sang den Busen,

Ich sang die Frau, an die ich mich verlor;

Ich sang die Schmerzen in antikem Chor,

Ich sang Gethsemane und Golgatha,

Der ich dir meiner Minne Treue schwor,

Dir, die du schöner als Urania;

Ich sang die Gottheit, die mein Aug nicht sah,

Ich sang in Minnesang und Psalmen Preis.

Und schrie man über mich auch: Da, da, da!

Ich sehnte mich nur nach dem Paradeis!

Ich schrieb genug, ich bin der Arbeit müd.

Du lass mich in des Garten Edens Süd!

136

O Frau, heut kam ein altes Lied zurück,

Das sang ich einem Mädchen weiß und rot.

Ich glaub, sie lebt nun in des Himmels Glück,

War auch voll böser Grausamkeit ihr Tod.

Zu rein war sie für dieser Erde Kot,

Sie mußte immer kämpfen mit Dämonen.

Ihr Lobpreis nun wie eine Flamme loht,

Sie wohnt nun dort, wo ihre Engel wohnen.

Sie ist nun in den todbefreiten Zonen,

In die sie eintrat durch ihr letztes Scheitern.

Die Liebe wird ihr Jesus ihr belohnen,

Er wird zum Ideal die Jungfrau läutern.

Sie sah im Traum ja Gott als eine Taube,

Dein Sohn, o Mutter Jesu, war ihr Glaube.

137

Madonna, Herrin meines Herzens, heute

Will taufen ich mit deinem Tau die Frau,

Die ist mein Schmerz, die ist auch meine Freude,

Die war das Gleichnis meiner Gottesschau.

Ich war im Traum im Himmel, in dem Bau

Der Jenseitsstadt, die Schmerzen ausgelitten.

Und einer war (ich weiß nicht mehr genau,

Obs Mose war) mit mir allda geschritten.

Des Lebens Fülle war ja all mein Bitten,

Als ich dich um die Sterbestunde bat.

Unsterblich ging im Geistleib ich inmitten

Der Lebenden, bin liebevoll genaht

Der Frau, in der ich Gottes Seele sah -

Und nennen will ich sie „Urania“.

138

Neun kann ich deine Demut nun verstehen.

In meiner Gottverlassenheit war fern

Mein Gott, war tot, als Leichnam nur zu sehen,

In deinem Granatschoß als Samenkern,

Du aber warest mir der Meeresstern,

Warst Trösterin in meiner Seele Dunkel,

Mutter des Lebens und des toten Herrn,

Licht Gottes schien in deinem Blickgefunkel,

Warst meine Lust in meinem Traumgemunkel,

Die du dich über mich als Himmel wölbst,

Des Universums einziger Karfunkel,

Maria, ganz gehörte dir mein Selbst -

Demütig trittst du nun zurück, o Frau,

Mich zu beseligen mit Gottes Schau!

139

Madonna, heute hört ich von Brasilien.

Lateinamerikanische Kultur

Gleicht roten Orchideen, gleicht Dschungellilien,

Die Poesie ist fruchtbar wie Natur,

Die Mädchen tragen Lendenschurze nur

In Sao Paolo auf dem Karneval.

Ich will zum Zuckerhut die schmale Spur

Und in des Amazonas Wäldersaal,

Ich will die Indianerinnen mal

Wie Kolibris im Fluge tanzen sehn,

Die braunen Frauen und die Frauen fahl

Um deine Statue versammelt stehn

Und schmücken dich mit Blumen und mit Schlangen,

Die du bereit bist, Jungfrau, zu empfangen.

140

Ich sehne mich nach einer Frauenstimme,

Nach einem warmen, zärtlichen Umarmen.

Durch diese schwermutstillen Wasser schwimme

Ich nun zu dir, o Mutter des Erbarmen.

Bedenke mich in deinem mutterwarmen,

In deinem lieben, fraulichsanften Herzen,

Als Säugling halte mich in deinen Armen

Und stille meiner Seele Durst und Schmerzen.

Auch will ich zünden meines Geistes Kerzen

Der Gottheit, Ewiger Weisheit, Gotteseele!

Gott hebe mich als Gold aus dunklen Erzen,

Die Weisheit mir an diesem Tag nicht fehle,

Gott-Seele löse meine Seele los

Und leg, Maria, mich in deinen Schoß.

141

Ewige Frau, in meiner Phantasie

Kamst du, Immaculata-Königin,

Mit Krone auf dem Monde wandelnd wie

Aus dunklem Kosmos in den innern Sinn.

Du legtest deine kühle Krone hin

Und zeigtest mir den schöngeschmückten Arm.

Ins lange braune Haar gewoben bin

Gebettet ich auf deinem Schoße warm.

Mitleidig weintest du, daß Gott erbarm,

Im rosenroten Kleid sah ich dich sitzen,

Du reichtest deine weiße Hand mit Charme,

Ich küsste zärtlich deine Fingerspitzen,

Die segnend sich auf meine Stirn legen.

Dann wehtest du davon auf innern Wegen.

142

O Liebe Frau, ich dürste sehr nach Liebe,

O habe du mich drum von Herzen lieb!

Ich blühe mit des Frühlings Blumentriebe,

Ich singe schmachtend in dem Vogelpiep,

Ich bin der Dichter, welcher einsam blieb,

Dem keine Frau erfüllte seinen Traum,

Der sich unstillbar sehnt. Maria, gib

Mehr als das Bild aus meiner Träume Schaum,

Gib Liebe mir aus Gottes innerm Raum,

Still meines Herzens unstillbares Sehnen!

Ich glaube Ungewisses, hoffe kaum,

Doch Liebe, Liebe brennt in meinen Venen!

Ich fühle mich so rettungslos verloren!

(Und keine Mutter hat mich einst geboren.)

143

Ein Mädchen sah mich an mit Lächelaugen

Und langem braunem Haar, sie war so jung,

Von ihren Lippen wollt ich Küsse saugen

Und Freude für mein Herz in Hiobs Dung.

In musikalischer Begeisterung

Erging die zweite sich mit vollem Mund,

Die Lider zitterten mit müdem Schwung,

Das ganze Antlitz lieblich und gesund.

Und eine Frau macht meine Seele wund

Und Liebesschmerzen wirkt ihr schöner Charme.

Die Augen Blitze! Lippen Datteln! rund

Die hübschen Brüste! und die Seele warm!

O Liebe Frau! - der Liebe Sakrament

Reicht keine mir, der keine Frau erkennt.

144

Maria, was heißt denn Ecclesia?

Sind denn die orthodoxen Tehologen

Vor allen anderen der Wahrheit nah?

Ach, haben sie nicht oftmals auch gelogen?

Ward nicht das Wort der Schriften überzogen

Und nicht gehaßt Natur und Leib und Frau?

Und irrte nie das Flaggschiff in den Wogen?

Ward nicht verketzert oft die Gottesschau?

Maria, ist die Kirche eine Frau,

Der Gottheit Stimme in der Kinder Schmerzen?

Führt diese Frau zu neuer Gottesschau

Die Kinder, daß sie schaun in ihre Herzen?

Und ist die Kirche des Messias Braut

Und ist der ganzen Gottheit anvertraut?

145

So hast du mich die Wege nun geführt

Bis an der Weisheit schöne Tempelpforte.

Dein mütterliches Angesicht mir ziert

Das Haus der Weisheit an dem innern Orte.

Sie schuf die Welt in einem Liebesworte

Und senkte dann sich ein in deinen Schoß.

O Muschelperle von erlesner Sorte,

Du wurdest eine Pforte makellos.

Nun trat die Weisheit vor, von Zierrat bloß,

Nur angetan mit deinem reinen Fleische.

Da ging die Gottheit ungeheuer groß

Im stillen Kind im lauten Weltgeräusche.

Da lächeltest du lind in lieber Leisheit

Und wurdest ähnlich deinem Kind, der Weisheit.

146

Madonna Mirjam, mit dem süßen Namen

Will ich dich nennen. Jesus mög dich schicken,

Daß du in mir belebst den Gottessamen.

Du mögest Minnehuld gewährend nicken,

Mit deinen keuschen Augen zu mir blicken,

Großäugige Gazelle, reine Seele!

Mit deiner Schönheit kannst du mich beglücken,

Mit Spangen und mit schmückendem Juwele.

Ich preis dich mit dem Apfel meiner Kehle

Und meinem stillen träumerischen Schweigen,

O Mirjam, die ich in der Nacht erwähle

Als Schoß der Weisheit. Mögest du mir zeigen

Urewiger Gottesschönheit Paradies -

Im Wonnegarten du in Seide süß!

147

Madonna, denk du an den Mai der Minne,

Da du und Jesus und Urania

Nur Eine Glut gewesen meinem Sinne

Und da in dieser Glut die Gottheit nah

Und mir die Paradiesvision geschah,

Da ich mich in der Minne dir geweiht,

Da deine Schönheit ich im Bilde sah

Und deine Schönheit in der Sommerzeit

Mir Grund zu schmerzlicher Glückseligkeit

Und ich in dir mich Jesus einen wollt!

Da führtest du mich weiter, milde Maid,

Ich sah der Neuen Eva Frucht wie Gold.

Nun sei Urania in dir, Maria,

In Minne mir der Schleier der Sophia!...

148

Ich träumte dich in einem Marmorbild

Wie eine reizende Saturnia,

Jungfräulicher Gestalt, so anmutmild,

Und schön fiel das Gewand in Wellen da.

Verliebt ich deines Bauches Wölbung sah,

Des Rockes Stoff dir fallen übers Knie.

Du warst die Mutter der Ecclesia,

Dein domgewordnes Ebenbild war die.

Die Bettler hockten dir zu Füßen wie

Verlorne Söhne deiner Huld hienieden.

Ein Kriegssoldat auf seinem Hengste schrie,

Weil ihn vertrieb die Königin des Frieden,

Die Friedens-Muse in dem weißen Kleid,

Die liebte Jugend in der Sommerzeit.

149

Ich nenne dich die Königin der Musen,

In jeder Nacht im Traume mich umfang,

Wie heute Nacht, und leg an deinen Busen

Den Sänger, spende Milch der Weisheit lang

Und süß und wirke süßesten Gesang,

Wie Griechen, Römer sangen oder Inder.

Ich bin des übergroßen Werkes bang,

Hab ich doch weniger Weisheit als die Kinder,

Bin nicht der Leidenschaften Überwinder,

Als Liebender oft stärker als als Frommer,

Ich sehne mich im innerlichen Winter

Nach süßer Sinnenglut und süßem Sommer.

So kann ich singen nur mit meinem Eros

Dich, Charis! als katholischer Homeros.

150

Geliebteste, du Glut in allem Minnen,

Nimm die Sonette an, o Liebe Frau!

Ich singe dich mit Sehnsucht in den Sinnen,

Ich singe dich, o Maienblume blau!

In deinem keuschen Kelch der Gottheit Tau,

Mein Leben, meine Wonne, meine Lust!

Erleucht mich zu lebendiger Gottesschau,

Laß schauen mich den Gott in meiner Brust!

Nur deiner Liebe bin ich mir bewußt,

Ist nebulös geworden mir mein Glaube,

Nur lieben mußt du mich, nur lieben mußt

Du mich, Geliebte, meine reine Taube!

Ein Becher süßen Mischweins ist dein Schoß,

Du Wonneparadies des A und O’s!




SONETTE AN MADONNA MARIA


ZWEITES BUCH

„...dann sing ich dir, o Morgenstern, mein Lied,

als Vorgeschmack der ewigen Hochzeitsfeier!“

(Hl. Therese von Lisieux)

1

Geheimnisvolle und verborgne Mutter,

Umhülle meinen Schmerz mit deinem Mantel!

Gott gibt den Nachtigallen zwar ihr Futter

Und ist der Herr auch über allem Handel,

Doch vor der Rose ist des Sängers Wandel

Vergeblich! wehe mir! so ganz vergebens!

Maria, laß mich nur der Weisheit Mandel

Begehren mit dem Feuer meines Lebens!

Ich sing, die Steine zu dem Tore Thebens

Errichten sich für dich, o Himmelspforte,

Du Inhalt meines Wallens, meines Webens,

Der Weisheit Herrin, Mutter du dem Worte.

Gott gibt den armen Nachtigallen Futter,

Sei mystische Rose ihnen, Gottesmutter!

2

O Stern des Meeres,, strahlend immerzu,

Jungfrau der See, gib meinem Meere Stille,

Bring meine Leidenschaften all zur Ruh

Und laß mich Spiegel sein der reinen Fülle

Der Liebe Gottes! Quill, o Liebe, quille,

Du Bronen meiner Freude, schaff im Leeren

Der Liebe Lager, Seele ohne Hülle

Sucht dich, o Bräutigam, du ihr Begehren!

Komm, Mittlerin, den Leidenschaften wehren,

Komm, aus dem Herzen Liebe mir zu schöpfen!

Bewahre mich, ich will mich nicht verzehren

Abgöttischer Vergötterung Geschöpfen.-

Ich fürcht ein Liebesunglück, Frau, ein schweres,

O herrsch in mir, o Herrin, Stern des Meeres!

3

Als Gott mich schuf zur Stunde der Empfängnis,

Da hat er mich in deinem Schoß verborgen.

Die Seele in dem fleischlichen Gefängnis

Muß Leben von dem Leben Gottes borgen,

Gott gibt, da scheint das Licht am Lebensmorgen,

Da lächeltest du mütterlich und lieb.

Ich lernte gehn und ging durch Glück und Sorgen,

Doch deine Huld, o Mutter, bei mir blieb.

Fort ging ich, meine Seele sich verschrieb

Den Huren, nährte sich von Schweinefutter,

Verhängt der Himmel nebelig und trüb,

Du aber wachtest über mich, o Mutter.

Als meine Oma heimging, lieb und weich,

Hast du mich heimgeholt ins Himmelreich!

4

Wird mir das Glück, vom Tränental zu scheiden,

Maria, heg ich heimliches Verlangen:

Komm, meine Hirtin, komm dein Lamm zu weiden,

Du mögest mich am Himmelstor empfangen,

Ja, über meinem Sterbebette hangen,

O Jungfrau, wie bei David Abischag,

Mit rosenkranzgeschmücktem Arm umfangen

Den Sterbenden an seiner Hoffnung Tag,

Der weinend oft vor deinem Bilde lag,

Will dich nun sehn und will mit dir allein

Als Bräutigam und Braut im Rosenhag

Des Paradieses sein! Ich bin ganz dein,

Nur du, nur du, ich bitt dich, Herz Marias...

Dann führ mich zu dem Herzen des Messias.

5

Und tret ich ins persönliche Gericht,

Fragt Gott, ob ich geliebt in meinem Leben.

Ich weih dir, Herrin, meines Lebens Licht

Und will dir alle meine Lieben geben,

Die Liebliche, mein Zittern und mein Beben,

Das liebe Kind mit seinem Engelslachen,

Die Schwester mögest du zum Himmel heben,

Die kleinen Kinder schützen vor dem Drachen.

Ich möchte all mein Träumen, all mein Machen

Der unerforschlich tiefen Liebe weihen.

Du, Mutter schöner Liebe, mögest wachen

Und meine Armit, Freundin, mir verzeihen.

Gib Anteil mir an deiner Liebe, Herz,

Führ alle meine Lieben himmelwärts!

6

Du Braut des Ewigen, mit der er schuf

Die neue Schöpfung, die Vereinigung

Des Wortes und des Fleisches, Gottes Ruf

Hast du erwidert sanft und süß und jung,

Du Braut des Sohnes in der Peinigung,

Mitleidende erlöserischer Leiden,

Vermählt mit Jesus durch des Schwertes Schwung,

Da Schmerz zum Heil vereinigte euch beiden,

Du Braut des Geistes, da die Flammen breiten

Über der Erde aus die Liebesglut,

Da du empfangen rein und schneeweißseiden

Die Fülle, aller Gaben Gnadenflut,

Mir, der ich der Dreifaltigkeit vertraut,

Mir bist du Schöne wunderschöne Braut.

7

In meinem Herzen sei dein Thron bereitet,

Du junge Mutter, Gattin sonder Fehle!

Du bist der Stern, der meine Schritte leitet,

Wie eine Wolke hüllst du meine Seele.

Kein offnes Grab sei deines Sängers Kehle,

Preist er dich doch als Mutter alles Lebens,

O Jungfrau, Sterne krönen wie Juwele

Und Sonnenschein umgibt dich nicht vergebens.

Laß du mit aller Inbrunst heißen Strebens

Eingehen in dein inneres Gemach

Den Sklaven mit der Süßigkeit des Schwebens,

Weil Gott in dir mir Brot der Weisheit brach.

Nur deine Reinheit kann mich reinigen

Und mich der Weisheit ewig einigen.

8

Willst du mir eine Frau zuführen, Liebe,

Wie Rahel und wie Lea sie erfinde,

Beschaulich, und auch fruchtbar meinem Triebe,

Sie sei die Tätige, sie sei die Linde,

Daß ich sie auch am Krankenlager finde,

Daß sie Rosinenkuchen mir bereite,

Daß sie mit einem Myrtenkranzgebinde

Zu mir am Tage meiner Freude schreite,

Daß sie Prophetin sei, den Weg mich leite

Zu dir hinan, o Mutter wahrer Freiheit,

Daß sie mir zeige eine neue Seite

Im weisen Lebensbuch der einigen Dreiheit!

Doch willst du mich bewahren, dir zur Nähe,

Führ mich den Weg hinan zur Gottesehe.

9

Sieh meine kleine Schwester, die mich lieb

Wie eine Hirtin nach dem Glauben hat,

Bestätige das Wort, daß sie mir schrieb:

Du denkest immer nur an mich... - Das Blatt

Des Briefes leg ich in den Schatz der Stadt

Des Herrn. Wir weihen uns dem Jesusherzen

Und werden Tag für Tag vom Worte satt

Und bergen uns mit allen unsern Schmerzen

In deinem Mantel. Leuchten sieh die Kerzen

Für meine Schwester auch als Stoßgebet

Und hebe du aus unsrer Leiden Erzen

Das Gold der Liebe, welche nie vergeht.

Die Schwester hat mich lieb wie sonst nicht wer.

Du laß uns Perlen sein in deinem Meer.

10

Du kamest in der Mitternacht, o Schwester,

Sahst mich mit sanften Augen an, o Taube.

Die Sterne in dem Weltenbaum wie Nester

Verließest du und kamst in meine Laube.

Du fromme Seele, ich bin Staub vom Staube,

Du hör den Staub der Mutter Erde beten,

Belebt ist mir mein Staub vom Blut der Traube

Und von den Worten, die im Geiste wehten.

Gurr, Gurr, o Turteltaube du von Eden

Und bringe meiner Freundin deinen Frieden,

O Taube Salomos, die Exegeten

Verschweigen dich, du Königin hienieden,

Ich aber liebe dich! Ich werd nicht murren,

Und muß ich leiden, trau ich deinem Gurren!

11

Blutbräutigam, Madonna, nenn ich mich,

Denn in der Nacht geflossen ist mein Blut,

Als mir das Unheil nahte widerlich

Und gegen mich erhob sich Satans Wut,

Da sprudelte mit Brausen rote Flut,

Doch an dem andern Ufer du, o Frau,

Als Zeichen meiner Hoffnung, treu und gut,

Erschienst mit rotem Rock und Mantel blau,

Das Kind im Arm, in dieser dunklen Schau

War mir dein lieber Sohn des Jenseits Sonne,

Der tauchte auferstehend aus dem Tau

Und sandte dich, o himmlische Madonne,

Und wies mir Gärten auf dem Morgenstern,

Dem, der da lebt der Mutter seines Herrn.

12

Und wenn ich Moschus nähm und Rosenöle

Und wüsch mit Rosenwasser meinen Mund,

Wird doch nicht reinlich die befleckte Seele,

Die sich in Haderwasser suhlt und Sund.

Wie soll ich dich empfangen in der Stunde,

Da wühlt mich auf das wogende Begehren,

Da ich anbetend sinke auf den Grund

Vor sündigem Geschöpf, Schaum auf den Meeren!?

Wer hilft mir, meiner selbst mich zu entleeren,

Wer deckt mit Liebe allen meinen Makel,

Wer kann Anfechtung und Versuchung wehren

Wenn nicht Maria, Jesu Tabernakel?

Ich bins nicht wert, zu schauen deine Reinheit,

Doch spendest du die Gnade tiefer Einheit.

13

Du königliche Löwenmutter, lehre

Mit Stärke deinen jungen Löwen du,

Auf Raub zu gehn! Ich brülle und begehre,

Führ du mich durch die Wüste in die Ruh!

Als Weinstock, Mutter, seh ich immerzu

Frucht bringen deine purpurrote Traube

Aus deiner Lebenskraft. O ström im Nu

Und mache mich zum Weinberg, Rebenlaube.

Jerusalem, Jerusalem, ich glaube

An deinen Trost mit kindlichem Vertrauen,

Ich lieb dich, Freundin, sanfte Friedenstaube,

Ich segne dich im Kreis der lieben Frauen.

Dornbusch und Schmerzensmutter, einen Bund

Schließ ich mit dir, Marie, von Mund zu Mund!

14

O Herzenskönigin, ein böser Traum

Läßt mich am dunklen Tage bang verzagen.

Madonna, breite deines Mantels Saum,

Den netzen dir die Tränen meiner Klagen.

Wie viele Feinde hab in diesen Tagen

Ich doch, wieviele sinds, die mich verschmähen!

Da mußt du, Frau, mir deine Liebe sagen,

Da laß die Lüfte deiner Liebe wehen,

Laß mich die Weisheit an dem Werke sehen,

Dieweil ich tief in dir verborgen bin.

Laß andere sich streiten in den Ehen,

Gott lieben, Frau, ist meines Lebens Sinn,

Gott lieben, Liebe Frau, und deine Huld,

Die du mir gibst in Trübsal die Geduld.

15

Madonna, du erwähltest deinen Dichter,

Du schufest dir zum Lob die Nachtigall.

Die Rose, wie verklären deine Lichter

Die Rose, die blüht hinterm Mauerwall,

Die unerreichbare, der Schoß des All,

Abgöttisch Angebetete, die rote,

Die Lebensquelle für den Tränenschwall,

Das Leid im Leben, Himmelslust im Tode!

Du sendest mich, Maria, schau, dein Bote

Will gern den Dorn sich in den Busen bohren,

Um zu erregen jene schöne Note,

Die Gott erklingen läßt in Menschenohren!

Die schöne Rose, die dein Sänger sah,

Ist Gleichnis dein, o rosa mystica!

16

O Jungfrau, siehe deinen Trauerschwan,

Wie schwimmt er traurig in dem Schattenreich,

Wie zieht er majestätisch seine Bahn

In Einsamkeit auf spiegelklarem Teich,

Wie schluchzen seine Lieder weiblich-weich,

Wie dringt ein weher Schrei aus seiner Kehle,

Wie ist er schon den Abgeschiednen gleich

Und taucht in dunkle Seligkeit der Seele!

Sei seinem Angedenken keine Stele

Errichtet, denn er flog zur Seligkeit,

Dort naht im Glanz siderischer Juwele

Im weißen Schwanenschwingenkleid die Maid!

Gott ließ die Königin der Schwäne nahn

In der Glückseligkeit dem Trauerschwan!

17

Wird, Liebste, Gottes Liebe nicht verschmäht

Von Satans Söhnen, Närrinnen und Toren?

Hat Gott sein Liebeswort umsonst gesät

Und ging ihm der Erlösung Wort verloren?

Wie stehst du, Herrin, vor den Herzenstoren

Und klopfest an, doch bleiben sie verschlossen!

Sie stopfen lauter Welt sich in die Ohren

Und bleiben eitler Nichtigkeit Genossen!

Darum sind meine Tränen mir geflossen,

Was Herr und Herrin leiden, leid ich auch!

Doch aus dem Tau der Tränen sind gesprossen

Die Blumen, die mit des Gebetes Hauch

Zum Himmel duften, Liebe zu bekunden,

Zu Jesus und Marie, mit mir verbunden!

18

Ich möchte Kosenamen dir erfinden

Von einer unaussagbarn Zärtlichkeit,

Dich Honigbiene nennen in den Linden,

Dich Himmelsjungfrau in dem Ätherkleid,

Ewige Eva aus der Ewigkeit

Und wunderwunderschöne Schullammyth,

Meine Glückseligkeit, mein Liebesleid,

Dich Stern des Nordens, Sonne mein und Süd!

Ich hülle mich in deinen Mantel müd,

Du möchtest, Mädchen, meine Tränen küssen,

Die Tränen küssen mir von meinem Lid,

Denn küssen, Maid, ist alles was wir müssen!

Ich küss dich mit Gebet, Gebet ist Lieben!

Heil mir, ich bin im Tod dir treu geblieben!

19

Ich hab doch deinen kleinen Jesus lieb,

So lieb, den Engel Gottes, meinen Hirten!

Maria, alles was ich je dir schrieb,

All deine Worte mich zu Jesus führten,

Die Liebe Gottes mit viel Liebe zierten,

Die ich in deinen Armen find so süß!

Der Engel geht im Tale unter Myrten,

Da seh ich auch des Lammes feuchtes Vlies,

Da ich die Pforte in die Himmel grüß,

Den Fels, Erlöser, Gottes Lieblingskind!

In dir, Maria, du mein Paradies

Die Zärtlichkeit des kleinen Jesus find

Ich heute Nacht, da ich mich lieben lasse,

Du mich umfängst und ich dein Kind umfasse...

20

Ob Gott gelesen heute in der Bibel

Und sich entschlossen hat zum Grimm und Wut,

Mir zuzumessen Bitterkeit und Übel,

Weil ich dem Abgott widmete die Glut?

Maria, aber du, du bist mir gut,

Du willst mir heilige Erkenntnis geben:

Gott, Gott, das ist das Blut in deinem Blut,

Das ist das Lebende in deinem Leben,

Des Hauches Hauch, dein Wallen und dein Weben

Ist all in Gott und Gott ist all in dir,

Dein Anbeginn und Ziel und alles Streben

Geht dir von Gott zu Gott, gehörst du mir,

Gehör ich dir. Die Menschen sind nur Diebe,

Gott aber schenkt dir seine ewige Liebe!

21

O Mutter Mirjam, sing mich in den Schlaf

Und wieg mich ein mit himmlischer Musik.

Heut, da mich schwer ein Schwert der Schmerzen traf,

Will ich mich flüchten in die Träume. Flieg

Herbei, gekränzt mit ewiger Liebe Sieg,

Und steige in mein innerstes Gemach,

In das ich, alles lassend, leise stieg,

Da sehn ich mich nach dir, Maria, ach,

In jeder Nacht ist meine Seele wach,

Wann seh ich einmal wieder dich im Traum?

Dank dir, wie schön mir deine Liebe sprach,

Du goldne Sonne in dem Lebensbaum,

Als Mondin schimmere in meiner Nacht

Und sing in meiner Seele sanft und sacht.

22

Ich sagte dir mein trauriges Gefühl,

Daß einer Freundin fehlt die Herzlichkeit,

Daß sie entfremdet mir, im Herzen kühl,

Da wärmtest du mich in der Sonne Kleid,

Du lächeltest in dieser Herbsteszeit,

Als ob mich schon die goldne Sonne kröne

Mit Gottes herzlicher Barmherzigkeit,

Dem ich mich durch das Kreuzesleid versöhne.

Da sandtest du zum Trost mir die Kamöne,

Die manchen Lobpreis schon in mir geboren,

Da lächelte so lieb und sanft die Schöne,

Die - Ehre mir! - zum Freunde mich erkoren.

Sie ließ in meinem Zimmer ihre Aura,

Die meine Laura, meines Himmels Haura...

23

Die Nacht ist kalt, Maria, schau, ich weine,

Ach, deinen Mantel netzen meine Tränen.

Ich sah die Freundin heut, die holde meine,

Die meine Liebe, meines Herzens Sehnen.

Maria, brennen denn nicht meine Venen

Und sink ich vor der Frau nicht in die Knie?

Umarmen will ich sie, an sie mich lehnen,

Erkennen will ich in der Liebe sie.

Maria, wird mir Glück der Liebe nie?

Verschmäht bin ich zu jeder Nacht im Traum.

Zu dir, o Liebe Frau, zu dir ich flieh,

Die Tränen trockne mit des Schleiers Saum!

Nimm mich an deine unverborgnen Brüste,

Die ich in tödlichem Verschmachten küsste!

24

Ich liebe dich mit solcher Zärtlichkeit,

Daß mir das Herz verstummt vor Liebe gar!

Du Inbegriff der Schönheit, Maid, o Maid,

Ich schenk dir meine Seele immerdar!

Schau, ich bin trüb vor Trübsal, du bist klar

Vor Liebe, und du leidest doch mein Leid.

Dein Name bleibt geheim vor aller Schar,

Den deine Zunge, Himmlische, mir weiht,

Mit dem dich meine Zunge benedeit,

Mutter im Mantel, Frau an Gottes Thron!

Ich schenk mich dir für Zeit und Ewigkeit,

Schenk mir die Liebe, die dein kleiner Sohn

Dir schenkt allstündlich! Jeder Herzschlag sei

Zu dir und deinem Sohn ein Liebesschrei!

25

Mein kleiner Jesus, nicht der Häresie,

Mein lieber Gott, du weißt, ich bet dich an!

Geb ich Maria meine Liebe, sie

Gibt meine Liebe dir, o Jesus, dann

Gibst Liebe du, wie ich empfangen kann,

Gibst deine Liebe durch Marien Hände.

Vollstreck an aller Kälte deinen Bann,

O Feuerherz Mariens, Liebe wende

Mir täglich, stündlich zu, mir Liebe spende

Auf viele Weisen, o Marienherz,

Gib mir dein Herz, o Liebe Frau, und sende

Mich aus, und gib mir Schmerz von deinem Schmerz,

Ist mein Leid doch auch dein Leid! Laß mich erben

Das Herz des Herrn und mich aus Liebe sterben!

26

Maria, stehend an des Kreuzes Fuß,

Ich weihe deinem Herzen meine Leiden,

Die Leidenschaft, Verlangen nach dem Kuß

Der schönen Kreatur in feinen Seiden,

Du, Hirtin, mögest meine Seele weiden,

Ich weih die Tränen dir, die muß ich weinen,

In dir will tragen ich das Leid bescheiden,

Du mögst mich dem Gekreuzigten vereinen.

Muß ich den Becher in Olivenhainen

Nach Gottes Vaterwillen gänzlich leeren,

Dann sieh mich zagend liegen auf den Steinen,

Entsagend unter Tränen dem Begehren.

Siehst du mich sündig mein Verlangen stillen,

Du weißt, ich will doch nichts als Gottes Willen.

27

O Jungfrau, Jungfrau, süße Sulamith,

Ich bin ein Jüngling, Liebe, ich will tanzen!

O deine braunen Wimpern an dem Lid

Durchbohren deinen Ritter so wie Lanzen!

Ich werf dir zu die Fülle meines ganzen

Geweihten Herzen: ‘s ist dein Eigentum!

Ich schenk dir Pflanzen, schenk dir Pomeranzen,

Du mein Gesang, mein Herzensheiligtum,

Du meine Rose, meine Blaue Blum,

Will dich mit tausend Liebesliedern schmücken,

Mit Lorbeer kränzen dich, mit meinem Ruhm,

Wer in mein Herze sieht, soll dich erblicken!

Bind mich mit deiner Schönheit Zauberkette,

Laß küssen dich vom Sänger der Sonette!

28

O Liebe Frau Marie, ich wars nicht wert,

Die Frau zu haben, die ich so begehrte,

Die ich als wie dein Ebenbild begehrt

Und als das schönste Gleichnis Gottes ehrte!

Der Wille Gottes meinem Willen wehrte

Und doch voll Sehnsucht sind mir die Gefühle,

Ich sehne mich nach Blöße und nach Zärte,

Geborgenheit und sanftem Liebesspiele.

O Frau, erbarm dich in der Morgenkühle,

Da mir vor Schmachten aufplatzt meine Lippe!

Die Liebe Gottes durch das Fleisch mir spüle!

Schneid Jesus eine Frau aus seiner Rippe

Und send die neue Eva, Sulamithin,

Maria, eine schöne Schunemitin!

29

Gib mir die Macht, das liebe Herz zu retten,

Marienherz, durch deiner Liebe Flamme,

Ich will der kleinen Freundin Seele betten

Im roten Vlies von unserm lieben Lamme,

Ich will sie finden an dem Kreuzesstamme,

Daß du sie dort vereinigst Jesu Leiden,

Sei Mutter ihr, sei Schwester ihr und Amme,

Sei Hirtin ihr, das kleine Schaf zu weiden.

Sie ist so sanft, demütig und bescheiden

Und hat ein offnes Ohr der Freudenkunde.

Lös ab sie von dem Götzendienst der Heiden

Und lehr du selber sie mit deinem Munde.

All meine Liebe nimm als Flehn und Beten,

Maria, führ sie in den Garten Eden!

30

Wie fremd sind alle in der Kirche, du,

Wie ist die Predigt nicht für mich bestimmt,

Wie flehe ich um Freiheit, Frieden, Ruh,

Wie ist der Liebe dunkle Nacht ergrimmt,

Da mir mein Herz in stummen Tränen schwimmt!

Doch lieblich ist die Weisheit, unsichtbar,

Doch schön, weil alles an der Weisheit stimmt

Mit Gottes Liebe überein. Sogar

Den Stummen wählt sie aus der lauten Schar,

Im Fleische seinem Fleische beizuwohnen.

O wohnen laß mich in dir immerdar,

Mögst heute mich vor Bitterkeit verschonen,

Bist du doch Trösterin, so sanft und süß,

Du liebste Freundin mein im Paradies!

31

O Liebe Frau, dein Bild an meiner Wand,

Jungfrau Amerikas, so lebenswahr,

Gewährt mir einen Blick ins Himmelsland,

Wo deine Schönheit leuchtet immerdar,

O Liebe Frau, am goldnen Mittag war

Dein Bild von Blätterschatten, Zweiggezitter

Umspielt und leuchtete so himmelsklar:

Wie war verzückt dein junger Liebesritter,

Wie ward ihm all der Leidenschaft Gewitter

Zum Himmelsfrieden und sein Meer zur Stille,

Und honigsüß ward ihm, was lang war bitter.

So lieblich überaus ist Gottes Wille,

Der offenbarte seine Zärtlichkeit

An deinem Bild und Herzen, holde Maid.

32

Wenn Liebste, Freundin, Schwester mich verschmähen,

Als würde Jesus wiederum verschmäht,

Will ich zu dir, o Allerliebste, sehen

Und halt dir all mein Weh hin als Gebet.

Mein goldnes Haus allein im Dunkel steht

Und ist doch deine heilige Kapelle.

Du kommst, wenn draußen herb der Herbstwind geht,

Ein Hauch, umsäuselnd meines Lebens Welle.

Soll Nacht sein, sei es Nacht! Die Nacht ist helle

In deiner goldnen Lieblichkeit, Geliebte.

Du mehr als Traum, du Himmel meiner Zelle,

Mein Schicksal mich zu meinem Heil betrübte,

Denn traurig fand ich deine Zärtlichkeit,

Mein Paradies und meine Ewigkeit!

33

Und wenn du redest: Beten, beten, beten!

Ist mein Gebet allein mein offnes Herz,

Geöffnet ist es dir, du neues Eden,

Gleich deinem Herzen offen von dem Schmerz.

Ich opfere auf dem Altar aus Schmerz

Dir meine Liebe, meiner Liebe Leiden,

Bring du mein Herz dar, bringe du mein Herz

Dem Heiland Israels, dem Heil der Heiden.

Als Schmerzensmutter mögest du mich weiden.

Und wenn ich auch der Erde Glück begehr,

Sinnliche Sommer, süß und sanft und seiden,

Ist doch mein Herz ein uferloses Meer

Und jede Welle will in deinem Hafen,

O Stern der See der Seligkeiten, schlafen!

34

Die Welt ist kalt. Die früher mich geliebt,

Die Freundin quält mich mit Gleichgültigkeit.

Da wend ich mich zu dir: Ich bin betrübt,

Du bist die Trösterin in allem Leid.

Wie lang noch, Herrin, in des Staubes Kleid

Muß einsam ich durchs Tal der Tränen wallen?

Ach, mich hat niemand lieb in dieser Zeit

Und fremd ist dein Vertrauter, Liebe, allen!

Du hast an mir, o Frau, dein Wohlgefallen,

Du zeigest meinem Auge, meiner Träne,

Die Schöne, die in Schwermut tief gefallen,

Die schöne, schöne, schöne Magdalene,

Wie sie die Weisheit salbte mit den Narden.

O meine Sehnsucht! komm in meinen Garten!

35

Wo ist dein Friede, Frau, und deine Freude,

Mag ich mich nicht von meiner Unruh scheiden,

Ist aufgegangen im Gebet mir heute,

Ich such zu meiner Seligkeit die Leiden!

Mit Leidenschaft zu hingehauchten Seiden

Seufz ich gleich einem ruhelosen Hunde,

Mich an den Liebesschmerzen schwül zu weiden

Und Lob zu singen mit gesprungnem Munde

Und mich zu einen Jesu Herzenswunde,

Da brennendes Verlangen mich durchbohrt

Und ich von Liebeskrankheit nicht gesunde

Und mir mein Fleisch verschmachtet wie von Mord!

Wo ist da Friede, Freude wo, o Frau?

Doch tief im Leid ich deine Ruhe schau!

36

Du wandelst Blei, o Heilige, in Gold;

Verwandle Bitternis in Gotteslust,

Mach Leiden mir und Einsamkeit mir hold

Und heilige den Dorn in meiner Brust!

Ich steh im Tränental, in Staubes Dust,

Das Büchlein meines Lebens schmeckt mir bitter,

Ich speis der Liebe Gift - mir unbewußt

Machst Honig du daraus für deinen Ritter!

Kommt Gott in Nacht und Blitzen und Gewitter?

Du hauch mit Geist mich an, mit sanftem Säuseln!

Beruhige du des innern Meers Gezitter,

Laß leicht sich nur des Schicksals Wellen kräuseln!

Noch tiefer wohnst du als Gefühl von Leid,

Im Grund mein Herz sich deines Friedens freut.

37

Maria, soll es mein Martyrium

Der Minne sein, daß mich verschmähn die Frauen?

Daß sie, die meines Herzens Heiligtum,

Ihr Allerheiligstes nicht lassen schauen?

Auf den verworfnen Stein den Tempel bauen

Des Lebens, heißts nicht, selbst verworfen sein?

Der Herzenswunde meines Herrn vertrauen,

Heißt das nicht, selber leiden Herzenspein?

Ihr, schlag mir in mein Fleisch die Nägel ein,

Mein Weinen soll den Himmel euch erbitten!

Trinkt meiner Tränen Trank, des Blutes Wein!

Geb Gott, ich hab vergebens nicht gelitten!

O Paradies-Madonna! all mein Sehnen

Ist, sie zu heiligen mit meinen Tränen!

38

Du bist ja wie das klar kristallne Glas,

Durch welches schimmert Jesu Sonnenschein.

In meinem Innern blüht des Gartens Gras,

Da Rose ist und Pusteblume dein,

Da deine Schönheit, Himmlisch-Schöne, mein,

Wo ich betört von deiner Anmut Schimmer.

Strahlende Jungfrau, trete lächelnd ein

Und füll mit deiner Huld mein innres Zimmer.

Abwenden soll mich niemand von dir, nimmer,

Ich will mit dir zur Heiligkeit die Pfade

Der Liebe gehen, Liebe, leite immer

Mein armes Herz durch deine reiche Gnade,

Holdselige, und lächele in Leisheit

Und schenke mir die Zärtlichkeit der Weisheit!

39

Verzeih mir, o Maria, und auch ich

Will dir verzeihen, soll es anders gehen,

Als ich es will, Maria, sicherlich

Willst du mir immer an der Seite stehen.

Ich möchte dich so gerne einmal sehen,

Dich lieben, Liebe, und sonst niemand mehr!

Du weißt, wie glühend die Gefühle wehen

Zum Huldgeschöpf, das liebe ich so sehr.

Soll Jesus ich alleine lieben? Er

Ist Bräutigam, ich seine Magdalene:

Bin eine Göttin aus dem Schaum vom Meer!

Ach nein! ich bin nur eine arme Träne!

Versöhne dich mit mir, Marie, versöhne

Und laß mich sterben nicht an Hauras Schöne!

40

Mein Herz begehrt - dein Herz ist lauter Liebe,

Maria, gib mir Herz von deinem Herzen,

Verwandle leidenschaftlich heiße Triebe

In zarte Liebe, treu in allen Schmerzen.

Sieh in den Nächten der Gebete Kerzen

Und alle des Verzichtes Tränenregen,

Schaff Liebesgold aus meiner Leiden Erzen

Und wandle meine Leidenschaft in Segen.

Ich will die Schöne in den Arm dir legen,

Daß du sie hüllst mit deinem sanften Mantel.

Fürbitten will ich für sie allerwegen

Und Freude sein durch meiner Liebe Wandel.

Und du, Maria, hilf mir zu verzichten

Und deine Liebe allezeit zu sichten!

41

Nun bist du fort, Maria, du bist fort,

Du fehlst mir! Wo ist denn dein süßer Glanz,

Wo deiner süßen Stimme sanftes Wort?

Ich bleib dir treu, gehör ich dir doch ganz!

O Königin mit deinem Rosenkranz,

Komm wieder zu mir, Leben, Hoffnung, Wonne!

Laß vor der Bundeslade mich den Tanz

Dir tanzen, allerheiligste Madonne!

Hüll mich in deines Mantels goldne Sonne

Und nähre mich mit deiner weißen Brust

Und laß mich trinken deinen Tau, o Bronne,

In meiner Einsamkeit die Himmelslust!

Wie soll mir ohne dich das Frommsein frommen?

Geliebte Jungfrau, du mußt wiederkommen!

42

Ich fühlte dich und sah dich oftmals innen,

Schöne Madonna mein mit Turteltaube,

Die nun entzieht sich meinen Seelensinnen,

Nun willst du, daß ich ohne Schau dir glaube!

Du bist der Weinstock, Mutter, ich die Traube,

Du bist die Löwin, die ihr Junges lehrt,

Bist, Herrin, meiner Hoffnung Helm und Haube,

Glückseligkeit, die immer ich begehrt!

Die Schöne, die mein Herz so innig ehrt,

Das Kind, die Selige will ich dir weihen,

Maria, meines Herzens Feuerherd,

Das Brautgemach, da will ich Weisheit freien,-

Denn meines Herzens Kammern all sind dein

Und du, unsichtbar Schöne, du bist mein!

43

Als in der Nacht Sankt Apollonia

Mein König Christus trat in meine Kammer,

Erlaubte er mir die Verehrung, ja,

Der Mutter meines Herrn! In Glück und Jammer


Versetzte mich der Geist, der Herzentflammer!

Die Liebe Frau barg mich in ihrem Mantel

Und barg mich vor der Pharisäer Hammer

Und vor der Schriftgelehrten Wortehandel;

Verzückte mich! Ich folgte ihrem Wandel

Und hörte den Gesang der Seraphim!

Die Liebe Frau gab mir der Weisheit Mandel

Und ward herzinniglich mit mir intim,

Nahm mich in ihren Arm im Mantel blau,

Da träumte ich von ihr - O Liebe Frau!

44

Hatte studiert die Mariologie,

Da kam Maria selbst zu mir im Maien,

So schön wie Haura war sie, schöner sie,

Ich wollte sie, die Allerschönste, freien!

Sie kam, mich mit den Haaren zu verschleien

Und mich zu küssen mit dem Munde rot!

Wir waren einig und vereint, als seien

In Gott versenkt wir in senkrechtem Lot!

Ich trank im Weine, speiste in dem Brot,

Die Jesus sie gegeben, ihre Sinne -

Ich weihte mich für Lebenszeit und Tod

Maria in der geistgewirkten Minne!

Und da verzückte mich im Mai die Maid

In grüne Gärten der Glückseligkeit!

45

Ich ward verschlungen von zu großer Trauer,

Zu mächtig wurden meinem Herz die Leiden,

Der Wein vermischte sich mit Tränenschauer,

Ich wollte selbst mir meinen Tod bereiten!

Nach Eden und zu Evas süßen Seiden

Entrücktest du mich da aus meiner Not!

Will mich die liebe Mutter Gottes weiden,

O Paradies, was ist dann da der Tod?

Ich betete den Kranz der Rosen rot,

Da war ich auf der Erde ganz allein,

Auch ohne Tränenkelch und Aschenbrot,

Verheiratet allein mit Jesu Pein - -

Allein, allein! - Doch, Mutter, du warst da,

Warst, Schmerzensmutter, meinen Schmerzen nah!

46

Sixtinische Madonna in der Nacht,

Du tratest keusch zurück mit deinem Charme,

Auf daß ich seh des Himmels dunkle Macht,

Gottvater und Messias Arm in Arm! -

„Ich bin dem gnädig, des ich mich erbarm,

Und niemand raubt dich mir aus meiner Hand!

Ich trage deine Freude, deinen Harm,

Ich trag dein Leben in des Lebens Land!“

Ich warf mich auf das Antlitz in den Sand

Und weint vor Liebe und vor Dankbarkeit,

Daß ich den Vater treu in Liebe fand

In meinem Traume von der Ewigkeit.

Sixtinische Madonna in der Nacht,

Sei dir der Traum der Vaterhuld vermacht.

47

Wie in erneuter Jugend heißen Flammen

Verbrachte ich die Mittnacht in Begehren

Und war mit meiner Einsamkeit zusammen,

In Leidenschaft so glüh mich zu verzehren!

Du wandeltest auf hohen Himmelsmeeren

Und schautest zu mir liebevoll und zart.

Du weißt, ich will dich übers Maß verehren,

Drum widmest du mir deine Gegenwart.

O rote Rose aus dem Rosengart,

Ich bohre einen Dorn mir in die Brust,

Den Dorn des Dornenkranzes, Gott von Art,

Der Fleisch geworden, ging in Staubes Dust,

Mariensohn, vergöttlich meine Sinne -

Und sterb ich auch Martyrium der Minne!

48

Weil ich mich früh am Morgen dir geweiht

Und weil mein ganzes Herz nur dir gehört,

Drum liebest du mich, anmutreiche Maid,

Und segnest mich mit Segen unerhört,

Der dich verlassen, ach! der heut dich ehrt,

Den hegst am Herzen du, in deinem Arm,

Und du bist mein, der dir die Treue schwört,

Allein mein Glück bist du im herben Harm,

Ich bin bezaubert so von deinem Charme,

Der Liebe Schöne Mutter, Liebe Frau,

An deiner Brust geborgen wird mir warm,

Auf deinem Schoße unterm Mantel blau.

All was ich habe, hab ich, weil du gibst,

Ich liebe, Liebe Frau, weil du mich liebst!

49

Ich weih dir meine heißgeliebte Haura,

Die Sanfteste der sanften Turteltauben,

Die schöne Frau mit der Madonnen-Aura,

Die rote Rose in den grünen Lauben,

Ich weih dir ihren senfkorngleichen Glauben

Und ihre Stille und Bescheidenheit,

Der Taufe Siegel kann ihr niemand rauben,

Es wohnet in ihr die Dreifaltigkeit,-

Ich weih dir ihre Armut, all ihr Leid,

Ich weih dir ihre Schönheit, ihre Demut,

Zum Sohn die Liebe, ihren Leib im Kleid,

Weih ihre Wonne dir und ihre Wehmut.

Was mich betrifft, ich kann sie nur dir weihen.

Ich liebe sie. Gott selber mög sie freien!

50

Maria, Liebe Frau, ich bin geschaffen

Zur Minne und Verehrung holder Frauen,

Doch kann ich keine Liebe an mich raffen,

Nur unerwidert-liebend Schönheit schauen;

Will aber eine sich mir ganz vertrauen,

Maria, schau, so weis ich sie zurück;

Ich zittre vor der Schönen Augenbrauen,

Ob zürne mir der Zartgeliebten Blick.

Maria, meinen Strohhalm nicht zerknick,

Der mir als einzige Hoffnung ist geblieben:

Sei meine Liebe Frau, mein Liebesglück,

Nur du weißt mich auf rechte Art zu lieben!

Ich liebe dich mit meiner ganzen Seele!

Du liebst mich auch! Erneut dich mir vermähle!

51

Maria, was ist Glück? Mein Paradies

Blüht in der Sehnsucht mir so gartengrün,

O Taues Tropfen in des Lammes Vlies,

Da alle meine blauen Blumen blühn!

Mein wahres Paradiesesmädchen du,

Schau funkelnd du durch deine Wimpern seiden!

Maria, was ist mir die Seelenruh,

Mir scheint, ich muß zu meinem Glücke leiden!

Die Weisheit mit der Schärfe ihres Schwerts

Durchbohrt mir täglich schmerzensreich mein Herz,

Das soll mir wirken Freude ohne Ende!

O Frau, ich gürte des Gemütes Lende

Und weihe dir mein Fleisch und Herzensblut.

O mache mich zur Glut von deiner Glut!

52

Anbetung nennen wir Poeten diese

Gefühle, da wir sinken in die Knie

Vor dir, o Liebe Frau der Paradiese,

Geweiht sei dir die ganze Hyperdulie!

Ich brenne, Liebe Frau, mir fehlt das Wort,

Zu sagen, wie ich mich nach dir verzehre!

Es stürmt das Meer, o führ mich in den Port,

Durch alle Brandung, o du Stern der Meere!

Maria, meines Gottes Paradies,

Laß du mich durch die Himmelspforte ein!

Du bist die Anmut, bist so sanft und süß!

Du bist ja mein, ich bin, Geliebte, dein!

O lehre mich zu leiden und zu sterben,

Im Tod will ich um deine Liebe werben!

53

„Soll ich dein Paradiesesmädchen sein?“

Maria, ja! sei du mein Paradies!

Mit dir will wandeln ich in Edens Hain,

Bezaubernde, du bist so sanft und süß!

(Ich Erdenkind, ich denk an Haura auch,

Die glüht wie roter Wein, ist weiß wie Butter,

Vereine unsrer Seelen ewigen Hauch

Und sei im Garten Eden unsre Mutter.)

Maria, unaussprechliche Gefühle

Erglühn in mir der grenzenlosen Minne!

O sei Gespielin mir der Liebesspiele,

Des ganzen Gottesparadieses inne!

Im Garten laß uns ruhn an Edens Flüssen

Und, Minnige, uns küssen! küssen! küssen!

54

Als ich im Sommer lag in einer Wiese

Saftgrünem Grase in dem bunten Park,

Da kam Maria aus dem Paradiese,

Die mich an ihrem lieben Herzen barg.

Sie sagte mir die Botschaft von dem Frieden

Und sah zu mir mit wunderliebem Blick,

Da fühlte ich im Herzen schon hienieden

Das wundervolle schöne Himmelsglück!

Die Sonne lachte in dem Buchenwipfel,

Maria lächelte im Kleid der Sonne,

Als sie mir sagte: Beten, beten, beten!

Ich weih dir all mein Liebesleid, Madonne,

In meinem Schmerz erfährt mein Seelengipfel

In deines Leibes Frucht die Frucht von Eden!

55

Schon denk ich manchmal, Herrin, ich bin alt,

Zur Leidenschaft auch nicht mehr zu gebrauchen,

Schleich seufzend durch einsiedlerischen Wald

Und lasse mich von Geist und Wind umhauchen.

Bewahrt hab ich mir aber eine Jugend,

Die brennt in mir mit Leidenschaftenfeuer,

Ein Narre will ich sein, was schert mich Tugend?

Wann wird mir denn ein Liebesabenteuer?

Ach nein, ach nein, die Jugend ist vorbei,

Den Sonderling begehrt kein schönes Weib,

Der nur den einsamen Gedanken lebt.

Du aber, Minneherrin, bist mein Mai,

Die Frucht des Paradieses reicht dein Leib,

Dein Haar mich noch in süße Liebe webt!

56

Marie, du schenktest deinem Freunde ein

Den rosenroten Trost, den Rebentrank.

Nun bin ich müde, Mutter, von dem Wein,

Nun bin ich müd vom Leid, für das ich dank.

Hab Dank, Maria, für den Tröster Schlummer,

Gib Schlaf mir, ohne Träume voll Verlangen,

In deine Hände leg ich meinen Kummer,

Erwachen will ich dann, von dir umfangen.

Nun aber laß den Trost der tiefen Nacht

Auf meine rotgeweinten Lider tauen

Und spende Mohnmilch mir und Mondbalsamen.

Ich weihe den im Traum vergossnen Samen

Vor meines Edenmädchens nackter Pracht

Dir, du von Gott vergöttlichte Frau der Frauen!

57

Nun zeigst du mir das Grabtuch von Turin,

Jungfrau von Guadelupe, an deiner Seite.

Durch dich komm ich zu Ihm und finde Ihn

Mit unaussagbarm Friesden in dem Leide.

Wie nenne ich den lieben Mann der Schmerzen?

Ist Freund und Bruder mir nicht warm genug?

Sein Antlitz leuchten laß in meinem Herzen,

Denn Gott zu lieben, das ist wahrlich klug.

Nun siehe aber da, ich seh Ihn blicken

Und einen Strahl aus seinen Augen lassen

Und folg ich seinem Blick, so find ich dich!

Jungfrau von Guadelupe, ich seh dich nicken

So voller holder Huld, nicht zu erfassen,

Holdselige, ich lieb dich inniglich!

58

Den heißesten der Wünsche will ich dir

Aufopfern, dir mit seinem Brennen:

Den heißen Wunsch, ich möchte Hauras Zier

Im Schoße nach des Menschen Art erkennen!

Aufopfern will ichs dir und möchte werden

Brandopfer auf entsagendem Altar,

Da bringe ich dir diesen Traum der Erden

Als meiner Liebe in dem Himmel dar.

Nicht daß ich frei bin von Begehr und Wollen,

Doch daß des Fleisches Glut zur Herzensflamme

Durch deine Liebe in mir wird gewandelt.

Dann will ich sie, die hold an mir gehandelt,

In deinem Herzen, deinem gnadenvollen,

Durch den Verzicht vermählen Gottes Lamme.

59

Den Namen aller Namen mach mir lieb,

Der deines Leibes benedeite Frucht,

In seinem Namen mir ein Wohnrecht gib,

Zu ruhen in der ewigen Wonnen Bucht!

Irrlehre machte diesen Namen kalt,

Wie ihn die Männer sprachen mit Verstand,

Wie wird er Heimat mir und Aufenthalt

Im Paradies und Garten-Eden-Land?

So wie der Minnesänger Unsrer Frau

Mir sollen süß sein göttliche Balsamen,

Die strömen aus dem wahren Gottesnamen.

O Jesus! taufe mit der Liebe Tau

Aufs Neue mir den Namen aller Namen,

Du Bräutigam der Dame aller Damen!

60

Wie kommt das nur, daß ich so glücklich bin?

Du leuchtest so in mir, du goldne Sonne,

Aus lauter lichter Liebe ist mein Sinn

Und all mein Herz ist lauter liebe Wonne!

O schau dir nur mein Herz, o Liebe, an,

Geliebte Seelen findest du darinnen,

Die Frau, das Kind, und auch den frommen Mann,

Will ich in dir, Herz meines Herzens, minnen.

O lächelnde Madonna voller Gnade,

Nimm die in deines Herzens mystische Rose,

Die mir wie Sakramente Gottes sind.

Der ich im Lichte deiner Liebe bade,

Ich weih mich deinem Herzen, deinem Schoße,

Als reich mit Glück beschenktes Gotteskind!

61

Was klag ich denn, daß niemand bei mir ist

Und niemand hier mit mir die Freude teilt?

Freut sich an meiner Freude Jesus Christ,

In meiner Wohnung die Madonna weilt!

Und lieg ich in der Wanne warmen Welle,

Hört sie sich alle meine Sehnsucht an.

Sie macht den Raum zur heiligen Kapelle

Und segnet die, die weilt hier dann und wann.

Ich seh dich lächeln, seh dich mit mir weinen,

Ich höre deiner Stimme sanften Hauch,

Ja, ich bin dein, und du bist mein, o Braut!

Und ist auch Nacht, bald wird der Himmel scheinen,

Weil meine Seele meinen Heiland schaut

Und meines Herzens Ehegattin auch!

62

Ich hab es schon versucht mit Partnerschaft

Und habs versucht mit Eremitentum,

Doch bleibt nur unerwiderte Leidenschaft

Und sehnsuchtsvoller Sang und eitler Ruhm.

Nun bist du mir die ferne Blume blau,

Zu gleicher Zeit wie eine Ehefrau.

Dein mütterlicher Mantel der ist blau

Und dein Liebfrauenschleier ist wie Tau.

Krank ist die Seele mir, ich brauch den Reiz

Der Liebespein, um freudevoll zu sein.

In deinem Herzen nehm ich an das Kreuz,

Pfahl in der Brust und Dornenkranz ums Herz!

Sei den Geliebten Freudeborn mein Schmerz,

Werd mir in Gott zur Wonne alle Pein!

63

Bei meiner Mutter Mutter lernte ich,

Was Kinderheimat und Geborgenheit,

Der grüne Garten war so mütterlich,

Die Welt wie meiner Oma Schürze weit.

Als junger Mann war ich ein armer Waise,

Kalt war und ohne Heimat war das All,

Und rief ich traurig nach der Mutter leise,

War nur Verlorenheit der Echohall.

In einem Wallfahrtsort im fremden Land

Ich eine einsame Kapelle fand,

Da sprach ich mit Maria vor den Kerzen.

Da ging mir alle die Verlorenheit

In dir auf, heilige Geborgenheit,

Maria, Mutterheimat mir im Herzen.

64

Jesus, ich wär so gern im Paradies,

Ich wollt dort mit Maria gehn und spielen,

Du lächeltest vom Himmel lieb und süß,

Doch ich muß Weh im Tal der Tränen fühlen!

Da gab die Liebe Frau mir ihre Brust

(Die Brust, die Hauras hübschen Brüsten glich)

Und säugte meine Sehnsucht nach der Lust

Des Paradieses. Gott, ich liebe dich!

Jerusalem, ich darf auf deinem Schoße

Und nah an deinem warmen Herzen ruhn,

Verschleiert schön von deinem braunen Haar!

Ich schenk dir meines Herzens rote Rose

Und will dir allezeit viel Liebes tun.

Ich lieb, drum sing ich, Fraue wunderbar!

65

Ich bin ein armer kleiner Schmerzensmann,

Die Schmerzensmutter, o Maria, du,

Wie käm an mich ein Fluch mit seinem Bann,

Wo du mir gibst im Leiden meine Ruh!

Meer der Barmherzigkeit, du blaues Meer,

Birg mich in deinem Mantel an dem Herzen!

Komm, Trösterin der Trauer, zu mir her

Und heil mein Herz mit seinen wehen Schmerzen!

In Sternenschrift steht mir dein Name, Frau,

Geschrieben an dem Himmel meiner Seele.

Dein Schleier trockne meiner Tränen Tau,

Sei gnädig, Mutter, allem meinem Fehle

Und führe mich aus diesem wehen Leid

In Gottes ewige Glückseligkeit!

66

Ich weihe dir, Maria, meine Schmerzen,

Ich weihe dir, Maria, all mein Weh,

Ich weihe deinem unbefleckten Herzen

Mein Golgatha und mein Gethsemane!

Geliebte Königin, ich wähle dich

Im Angesicht der Heiligen als meine

Geliebte Frau, so lieb und mütterlich,

Als Schwester, Taube, einzig meine Eine!

Von deinen Brüsten werd ich Trostmilch saugen,

In deinem blauen Mantel werd ich ruhn.

Schau du zu mir mit liebevollen Augen

Und wirk, daß ich kann Liebeswerke tun.

Geliebteste, mit allem meinem Tort

Flieh ich in deines lieben Herzens Hort!

67

Maria, mach mein armes Herz zu Nichts,

Der ich vergeblich nach den Dünsten hasche,

Brenn durch die Glut des göttlichen Feuerlichts

Welt, Fleisch und Sinnlichkeit in mir zu Asche.

Dein Herz soll leben dann in meinem Herzen,

Ich möchte glühn von himmlischem Begehren,

In Liebe leben, lieben alle Schmerzen,

Mög Gottes Liebe völlig mich verzehren!

Sei du die Einzige, die ich begehre,

Mit Jesus bist du meine einzige Wonne,

Du Führerin in Gottes Paradies,

Du schöne Königin kristallner Meere,

Du Liebe Fraue in dem Kleid der Sonne,

Gemahlin, deine Liebe ist so süß!

68

Novembernebel in der Dunkelheit

Gibt Kunde von dem schattenhaften Tod.

Ich, ausgeliefert meiner Einsamkeit,

Ergeben leide ich die Seelennot.

So lehren mich die Heiligen und Geister,

Ich soll geduldig Dorn und Rose tragen,

Die mystischen Gelehrten und die Meister,

Sie lehren Selbstverleugnung und Entsagen.

Im Jenseits hab ich Freundinnen und Freunde,

Bin Glied in einer himmlischen Gemeinde,

Getauft auf Erden mit der Tränen Tau

Im Tränental, verbanntes Evaskind.

Maria kommt, ihr Zeichen ist der Wind,

Nach Hause bringt mich meine Liebe Frau.

69

Theresa, führ mich durch die innern Räume,

Johannes, lehre mich der Liebe singen,

Therese, führ zu Jesus meine Träume,

Und Edith, laß mich vor zum Kreuze dringen.

Zu Allerheiligen, o Königin,

Erscheinst du mir als Liebe Frau vom Karmel.

Ich gebe mich in deinem Herzen hin,

Reich Gott mein Herz als einen kleinen Marmel.

Ich bin so arm an Tugenden und schwach,

Gehorsam, Armut, Keuschheit, strenge Zucht

Sind fern wie Heiligkeit mir Sünder, ach,

Doch sehn ich mich nach deines Leibes Frucht

Und nach der Gnade göttlicher Erwählung

In dem Geheimnis liebender Vermählung!

70

Maria singt: Gott, sieh auf meine Demut,

Ich bin zunicht geworden, bin ganz klein,

Mit meinen Seufzern und mit meiner Wehmut

Verlier ich mich in deines Sohnes Pein.

Du überlichtes Licht, will ich dich schauen,

Dann muß ich in das tiefe Dunkel gehen.

Ich trage in mir Meere von Vertrauen

Und muß ich leiden auch die Mutterwehen,

Um deine Seelen alle dir zu bringen,

Die deine Kinder sind, sind meine Kleinen.

Ein Schwert im Herzen, will ich Jubel singen

Und mich mit deiner Göttlichkeit vereinen!

Die süße Milch von meinen Brüsten trinken,

Werden am Jüngsten Tag in Gott versinken!

71

O makelloses Mutterherz Marien,

Ich selber fühle schon wie du, o Mutter,

Erbarmte auch mich, wenn die Kinder schrieen,

Gab Apfelsaft und strich aufs Brot die Butter.

Ja auch der Kinder Mütter werden schon

Zu meinen Kindern mir, ich werd ihr Vater,

Erbarmen will ich mich, der ich dein Sohn,

Will sein ein Beistand, Tröster, Helfer, Rater.

O, darf ich nicht die Ungetauften taufen?

Sind denn nicht alle Kinder Gottes Erben?

Mein Leiden soll sie all vom Tod loskaufen,

Gib ihnen Paradiese, laß mich sterben,

Maria, ja, ich will am Kreuz mich betten,

Könnt ich durch meinen Tod die Seelen retten!

72

Du allerzärtlichste der jungen Mütter,

Von Traum und Dasein hab ich eine Wunde,

Das Herz ist schwer, die Seele fühlt sich bitter,

O küß mich mit dem Kuß von deinem Munde!

O heile mich, ich bin ein kleines Kind,

Fall tief, doch fall in deinen Mutterschoß,

Du trägst mich wie auf Flügeln von dem Wind

Und löst mir selig meine Seele los,

Umarmst barmherzig mich mit deinen Armen,

Ich schmiege mich an deine weiche Wange,

Du weißt mit Anmuthuld mich zu becharmen!

Ich schau dich an, o Schönheit, schaue lange,

Weil Hauras Schönheit eingeschrieben steht

In deiner Schönheit, Minne-Majestät!

73

Hat Josef auch beim Zimmern oft geträumt

Und weihnachtlichen Wundern nachgesonnen?

Du aber hast im Alltag nicht gesäumt,

Lebendige Madonna der Madonnen,

Bist ausgegangen, Sauerteig zu kaufen,

Und gingest hin, die Steuern zu bezahlen?

Du mußtest oft dich auch zusammenraufen,

Doch Welt und Alltag nicht den Geist dir stahlen!

Du warest allezeit mit Gott verbunden,

Und schlug der Alltag dir auch schwere Wunden,

Dir wurde alles Opfer und Gebet.

Heut, da mein Liebling gläubig zu mir fleht,

Ich opfre meditierende Betrachtung

Und biete meinen Geist zur Opferschlachtung!

74

Ich brauche meine dichterische Muße

Und brauch als Eremit Gebet und Stille,

Dich lieb zu küssen mit ddem frommen Gruße,

Drum sage ich: Geschehe Gottes Wille!

Ich sehne sehr mich auch nach Zärtlichkeit,

Mit Haura eins zu sein in trauter Ehe...

Verzichten muß ich, tragen dieses Leid,

Muß sagen: Gottes Wille nur geschehe!

Zwei Seelen hab ich, ach, in meiner Brust,

Die eine sehnt sich nach der Vielgeliebten,

Die andere will Eremit nur sein.

O gib mir allen Schmerz und alle Lust,

Geliebte Trösterin der Tiefbetrübten,

Werd ich nicht Hauras sein, bin ich doch dein!

75

Wär ich in meiner Mutter Schoß geblieben

Und wär geborgen in dem dunklen Nichtsein!

Ich fand auf Erden niemand, mich zu lieben,

Und muß ein traurig liebendes Gedicht sein!

Doch meine kalte Mutter stieß mich aus

Und legte mich in einen Korb aus Binsen.

Ich wuchs heran in einem reichen Haus

Und sah dort nur die armen Herzen grinsen.

Ich falle tief, ich falle tief hinunter!

Der reizenden Prinzessin blaues Wunder

Läßt, da ich suchte ihre Hand, mich los,

Ich falle tief, bin nicht von Frauenarmen

Gehalten, haltlos fall ich ins Erbarmen

Und sinke in Marien Mutterschoß.-

76

Hör, Mutter des Erbarmens, meine Trauer,

Hör leise beten alle meine Tränen,

Dir Rosenkränze zählen Tränenschauer,

Ich muß mich immerfort so sehnlich sehnen,

Sehn mich nach eines Herzens Ruhehafen,

Ein Licht soll mir in einem Herzen brennen,

Ich will im Arm der Vielgeliebten schlafen

Und ihre Engelseele tief erkennen.

Ich weine, immer, ach, muß ich verzichten,

Vergeblich immer brennt mir mein Begehren,

Die Vielgeliebte will mir immer wehren,

Ertrinken sieh du mich in Traurigkeit!

Wann kommt der Tod, das Dasein zu vernichten,

O meine Liebe Frau in Ewigkeit!?

77

In meiner Muttergottes-Kemenate

Nimmt meine Engelin mich in die Arme.

Ich kannte in der Kindheit eine Gnade,

Großmütterchen, die gute herzenswarme.

Die Vielgeliebte sagt: Ich hab dich lieb,

Wir haben auch dich lieb, ich und mein Sohn.

Die Schwester tröstet meine Tränen trüb,

Ein Kind thront gern auf meines Schoßes Thron.

In meiner Muttergottes-Kemenate

Bin ich mit der Madonna ganz allein,

Der ich die weinenden Gebet wein,

Die oft schon meiner armen Seele nahte

Und nahm den Auserwählten voller Harm

In ihren liebenden Liebfrauenarm!

78

Du bist so schön, bist du denn auch so kalt,

Wie meine Angebeteten so stolz?

Ist deine liebe heilige Gestalt

Auch unantastbar? Sags, beim Kreuzesholz!

„Was denkst du denn von mir? Ich bin dir nah,

Wie keine Frau dir jemals nah gewesen!

Ich wohne doch in deinem Herzen, ja,

Ich ganz allein weiß dir im Geist zu lesen!“

In meinen Tränen schwimmst du, Stern der Meere,

In meiner Seele unglücklichen Glut

Bist du die gottentflammte Flammensäule,

Du bist mein Odem, wenn ich seufz und heule,

Du bist die Rose rot, die ich begehre,

Bist meines Fleisches Fleisch und Blutes Blut!

79

Ich lernte kennen tiefes Weh der Erde,

War Don Quichote auf Minneabenteuer,

Ich glaube, daß ich selig sterben werde,

Das Leben war mir schon ein Fegefeuer,

Ich habe angebetet und geweint,

Ich habe in der Liebe Glut gebrannt,

Ich war mir selbst zur Last, mein eigner Feind,

War nichts als Sehnsucht nach dem Heimatland;

Maria weiß ich drüben auf mich warten!

Sie wird mit Blättern von dem Baum des Lebens

Balsamisch heilen alle meine Wunden.

Die Liebesleiden waren nicht vergebens,

Was unzugänglich wird den bösen Hunden,

Wird mir zuteil: der Paradiesesgarten!

80

Ach Mutter Gottes, ach ich bin so klein,

In blauer Trauer welk ich matt und müd,

Ich bin so einsam, ach, und so allein,

Die Süßeste ist nicht für mich so süd,

Vergeblich alle Glut der Seele glüht,

Ich gehe doch nicht in die Ruhe ein,

Nur blaue Tropfen tropfen mir vom Lid,

Sind Tropfen meiner leisen Liebespein.

Ich möchte mich in blaues Dunkel hüllen,

In deinen Mantel, und die Welt vergessen,

Die draußen so geschäftig und so kalt.

Du komm mein leeres Herz mit Liebe füllen,

Du laß mich Liebe trinken, Liebe essen,

Nur Liebe sucht die traurige Gestalt.

81

Ich soll den Freundinnen die Kreuze tragen

Und selbstlos ihnen meine Liebe schenken.

Ein Opfer soll ich sein zu ihren Tagen

Und im Gebet barmherzig an sie denken.

Ich bin doch nur ein Kind, so klein und schwach,

Ich bin doch nur ein Kind, so schwach und klein,

Nur fallen kann ich, immer tiefer, ach,

Im Schoß Mariens tief verborgen sein.

Von Gottes Weisheit und von Gottes Kraft

Teil mir Maria Liebe mit und Schmerz!

Verzichten muß ich auf die Leidenschaft,

Von Fleisch zu Fleisch den Bund, von Herz zu Herz.

Die Sehnsucht nach der Sinnlichkeit, dem Reiz

Der Liebe, ist vergeblich, ist mein Kreuz.

82

Die Seher sangen dir: Du bist so schön!

Ob man dich küssen dürfe? Ja, man darf!

O höre mein sehnsüchtiges Getön,

Der ich dir meine Liebessehnsucht harf!

Ich sahe deinen scharlachroten Mund

Und sah die Blicke durch die Wimpern blitzen,

Den Rosenkranz am Arme nackt und rund,

Und durfte küssen deine Fingerspitzen!

Laß meine Nase deine Nase rühren

Und küsse mich hebräisch auf die Stirn,

Umarm mich in der Wolke goldnen Glanz!

Du mögest mich zum Hochzeitstanze führen,

Himmlische Braut, mögst meine Seele führn,

Daß sie mit Heiligem Geiste tanz den Tanz!

83

Gelang ich an den Strand der ewigen Wonne,

Empfängt mich dort im weißen Hochzeitsschleier

Allein die allerlieblichste Madonne

Im Paradiese, führt mich zu der Feier

Der mystischen Vermählung mit dem Lamm

In Zions Stadt und Garten Edens Land,

Dann werde ich der Seele Bräutigam

Erkennen, wie ich jetzt von ihm erkannt.

Ludwig-Maria und Therese werden

Und deutsche Dichterin und deutscher Dichter

Und meine Engelin mich dort begrüßen!

Mein Lieblingskind sei auf den neuen Erden,

Die Schwester zeige mir die Sternenlichter,

Und Haura will ich in Jerusalem küssen!

84

O süße Jungfrau von der Kommunion,

Der Kirche Mutter, öffne weit dein Herz,

Dein über alles vielgeliebter Sohn

Kommt mir als Heiland in den Seelenschmerz!

Ich bete Ave, Jungfrau ohne Makel,

Der ich allein nach Jesu Segen heisch,

Du Tempel Salomos, du Tabernakel,

Du spendest mir den Gott in seinem Fleisch!

Wie du will ich ihn in dem Herzen hegen,

Will, Herzenskönigin, die Hostie legen

In deine sanftesten Liebfrauenhände!

Ich lege alle, die mir anvertraut,

In Jesu Herz und deines, liebe Braut,

Mit Gott mich zu zu meinen Lieben sende!

85

Ich, mit der Armut, arm im armen Herzen,

Ich, mit der Seele voll von heißem Sehnen,

Ich, mit der Einsamkeit und allen Schmerzen,

Ich, mit der dunklen Nacht und allen Tränen,

Ich, mit dem Herzen voll von Lob und Dank,

Ich, mit dem eingebornen frommen Triebe,

Ich, mit dem Preisgebet und Lobgesang,

Ich, mit viel Hoffnung, Glauben, tiefer Liebe,

Ich schenk mich dir, Maria, deinem Herzen!

Da nahst du mir, mich zärtlich zart zu herzen,

Von Angesicht zu Angesicht zu kosen,

Zu küssen mich mit deinen Lippenrosen

Auf Stirn und Nase und Poetenmund.

Wir lieben uns, o Frau, aus Herzensgrund!

86

Wie schön ist Haura, wie so süß betörend,

Ein anmutvolles Mädchen in der Jugend,

In Gottesschönheit! doch mich nicht erhörend,

Will ich ihr schenken meiner Liebe Tugend.

Was steht so schwarz in meines Lebens Buch

Von meines Schicksals Hand so klar geschrieben:

Auf meinem Leben lastets wie ein Fluch,

Die, die ich liebe, mögen mich nicht lieben!

Und muß doch immer von der Liebe dichten

Und auf die Liebe doch zugleich verzichten

Und alles tut so weh und schmerzt so sehr!

Was sagst denn du, o Rose ohne Dornen?

Ich höre dich zu tieferm Leid anspornen:

„Die andern beten mehr und leiden mehr!“

87

Bin ich denn, o Maria, Don Juan

Und immer auf der Suche nach der Frau,

Bin ich so sehr der Frau geweiht als Mann,

Daß ich in Frauen Gottes Schönheit schau?

Kann ich bei einer Frau je Ruhe finden?

Oder muß stets ich ohne Ruhe weinen?

Werd ich mich jemals einer Frau verbinden,

Werd ich mich jemals einer Frau vereinen?

Trifft mich der Dorn aus ruhelosem Triebe

Im Herzen, wenn das Schicksal nach mir fasst

Und mir vorm Fluche meines Lebens graut,

Dann flieh ich, Liebe Frau, zu deiner Liebe

Und such in deiner schönen Liebe Rast,

Da wird mir meine Gottheit meine Braut!

88

O Haura, willst du meine Gattin werden?

Mein Leben lang will ich dich lieben, ehren!

Sei du mein Himmelreich auf dieser Erden

Und ich will deine Gottesliebe mehren!

O komm mit mir nach Medjugorje, dort

Den Bund zu schließen vor der Königin!

Psalm fünfundvierzig sei das Segenswort,

Geb ich mich dir wie Jesus Christus hin!

Maria, o Maria, Berge muß

Ich schlucken, bittre Berge des Verzichtes,

Ist Gottes Wille nicht der Bund der Ehe

Mit Haura, wird mir nicht der bräutliche Kuß,

Wird mir stattdessen Rute des Gerichtes,

Erschein mir du in liebevoller Nähe!

89

Da wir einander öffneten die Herzen

Und unsre Herzen waren wie Monstranzen,

Verflogen aller Liebesleiden Schmerzen,

Ich durfte in dem Himmelreiche tanzen!

Dann konnte meine Seele nicht mehr tragen

Der Liebe bodenlose Einsamkeit,

Weh mir, ich wurde an das Kreuz geschlagen

Und leerte Becher voll von bitterm Leid!

O Nacht der Seele! Alle meine Tränen

Verwandle Gott durch eine mystische Gnade

Für Sie in immerwährendes Gebet,

Sie, die da meiner Seele ganzes Sehnen,

Die da in Seide mit dem Leib von Jade

Als Braut an Jesu Hand im Himmel steht...

90

Der Schöpfung Krone, Tochter meines Herrn,

Du kannst nicht trösten, wenn der Herr mich schlägt,

Du darfst nicht trösten, wenn der Vater legt

Auf mich die Bitterkeit vom Wermutstern!

Mit Gottes Engel habe ich gerungen

Und weiß auch nicht, ob ich gewonnen habe,

Ich habe Davids Klagepsalm gesungen

Und ging im dunklen Tal am Hirtenstabe.

Wo warst du da? Soll ich denn ohne dich

Ertragen, daß mir ward das Herz gebrochen?

Hast du im Himmel für mich fürgesprochen,

Daß mir der Schmerz, das Weh so bitterlich,

Durch deines Vaters gnädige Gebärde

Mir gar zu einem Mehr an Liebe werde?

91

Ich sehe an den Schatten von dem Rauch,

Wie er sich auf dem Tisch bewegt, und denk:

Ist alles Hauch, ist alles Hauch, nur Hauch!

In flüchtige Vergänglichkeit versenk

Ich meinen Geist in träumerischem Schlummer.

Das Leben dauert nicht wie Erzgestein,

Doch immer heg ich Tausend-Jahre-Kummer:

Ich liebe sehr und bin so sehr allein!

Und muß ich durch das dunkle Tal der Leiden,

Ich denk, es ist doch eine Gnade, daß ich leid,

Mein Leid das Liebesleiden Jesu ist!

Und du wirst deinen blauen Träumer weiden,

Der spürt in Schmerzen seiner Sterblichkeit,

Daß du in Ewigkeit die Mutter bist!

92

Ach, immer muß ich so alleine schlafen,

Nie ruht die Liebliche an meiner Seite,

Schlaf immer auf dem Meer und nie im Hafen,

Allein in sehnsuchtsvolle Träume gleite,

Nie deck ich mich mit braunem Frauenhaar,

Nie schlaf ich ein in liebevollen Armen,

Nie ruh ich zwischen süßer Äpfel Paar

Und nie an einem Herzen, einem warmen.

O Liebe Frau in deinem Wunderbild,

Schau liebevoll auf meinen Liebestraum

Und küss mich mit dem Munde, Pieta,

Und hüll mich in den Hochzeitsschleier mild,

Der leicht wie Hauch und schwanenweiß wie Schaum,

Und sei mit deiner Zärtlichkeit mir nah.

93

O mütterliche Freundin, komm und heile

Mein wundes Herz mit deiner lieben Wärme,

Zerrissen bin ich in zehntausend Teile,

In jedem Teil ich mich mit Tränen härme,

Zerrissen bin ich, auseinander weit

Gespannt von Pol zu Pol und so zerreckt,

Und alles was mich einhüllt ist das Leid,

Von tausend Schmerzen bin ich ganz bedeckt!

Du unzerreißbare Versöhnerin

Der innerliche Zerrissenen, Balsame

Des Heiligen Geistes auf das Herz mir gieß!

O liebe mich, o liebe mich! Ich bin

Betrübt bis an den Tod! Ist Schmerz mein Name,

Sind Jesu Wunden denn mein Paradies?

94

O Frau, darf ich denn nichts für mich begehren,

Auch Haura nicht als meine Ehefrau?

Will Gott mir jeglichen Genusses wehren,

Daß ich gelange zu der Gottesschau?

Nur einen Wunsch hab ich für diese Erde,

Ein Wünschen nur, die Herrliche zu freien,

Doch soll ich wünschen nicht, Maria, werde

Ich meinen einzigen Erdenwunsch dir weihen!

Nimm du mein ganzes unglaubliches Sehnen

Nach Haura, bräutlicher Vereinigung

Mit deiner Stellvertreterin, an dich!

Beruhig die schwarze Glut in meinen Venen

Und heb mich wieder auf von Hiobs Dung

Und sei mein Alles - denn ein Nichts bin ich!

95

Maria spricht: Mein Liebstes mußt ich lassen,

Aufopfern mußte ich mein Liebstes ganz,

Auch ich vermocht den Schmerz nicht mehr zu fassen,

Da war nur Nacht und war kein süßer Glanz,

Mir ging das Opfer mitten durch das Herz,

Denn meines Liebsten musste ich entsagen,

Da war ich Schmerz von Jesu Christi Schmerz

Und waren Wehen meine Weheklagen

Und ward geboren mütterliche Liebe

Und wollte meine kleinen Kinder herzen

Und wollt, mein Schmerz werd meinen Lieben Segen.

Im Tränental auf einsamlichen Wegen

Sah ich die lieben kleinen Blumentriebe,

Und Sonne lächelte in meinem Herzen.

96

Messias spricht: Ich bin der gute Hirte

Und ging zum Eichgrund und zu den Blutbuchen

Mit einem Hochzeitskranze grüner Myrte,

Dir hochzeitsliche Hirtin mir zu suchen.

Die Hirtin schenkte mir nicht ihre Seele

Und sagte nie mir ein: Ich liebe dich!

In ihrer Lampe brannten keine Öle,

Da trat zu ihr ins tiefe Dunkel ich.

Gleichgültig wandte sie sich von mir ab,

Die all mein gottgebornes Liebessehnen,

Um die ich gar mit blutgeschwitzten Tränen

Und Dornenkrone auf dem Herzen warb,

Um deretwillen ich am Holze starb

Und lieb sie noch von jenseits von dem Grab!

97

Herrin der Weisheit, laß der Weisheit Schöne

In ihren Liebesschmerzen mich erschauen,

Daß ich, die dorngekränzt, mit Myrte kröne

Und deinem braunen Haar, o Frau der Frauen.

Wie melancholisch schaut und voller Schwermut

Die schöne Weisheit in dem Ölbaumgarten.

Ihr wachsen Beifuß, Schierlingskraut und Wermut,

Dort seh ich sie aufs Blühn der Rosen warten.

Der schönen Weisheit sei ein Haus bereitet

Im Menschenherzen, doch ich hör sie klagen:

Ich habe nichts, das Haupt wo hinzulegen!

Wie wehe tut mir, daß die Weisheit leidet,

Ich hör auch Frauen weinen an den Wegen,

Die ihre Kinder an den Brüsten tragen...

98

Geduldig sehe ich die Weisheit leiden

Und still in sich verschließen ihre Klagen,

Die schöne Weisheit will die Jünger weiden,

Doch die sind nicht bereit, ihr Weh zu tragen.

In ihrem Schmerz seh ich sie sich erbarmen

Wie eine Mutter über Sions Kinder,

Sie will sie all umarmen mit den Armen!

(Ach weh euch, müßt ihr fliehen in dem Winter!...)

Vor Schwäche seh ich sie zusammenbrechen,

Die Bärin brummt und ruhlos gurrt die Taube,

Da liegt sie mit dem Munde in dem Staube

Und leidet alles mit dem schönsten Schweigen,

Bis sich die Engel gnädig zu ihr neigen

Und tröstend ihr vom Gott der Liebe sprechen.

99

O Engel, preiset mir die Liebesschmerzen

Der schönen Weisheit in der Leiden Wald,

Wie sehnt sie sich nach liebevollem Herzen,

Doch bleibt das Menschenherz wie Teufel kalt.

Wie ward die schöne Weisheit doch verachtet,

Doch hör ich sie so voller Demut reden:

O Mensch, Mitleidender, von Schmerz umnachtet,

Ich will dich bringen in den Garten Eden!

Ich will wie eine Mutter mich erbarmen

Und laß dich nicht als Waisen in der Welt

Und habe deine Seligkeit vollbracht!

Die schöne Weisheit starb. Der Tag war Nacht,

Vorm Allerheiligsten der Schleier fällt,

Maria herzt die Leiche in den Armen.

100

Ich seh dein Herz, o schöne Weisheit, offen,

Ich seh dein offnes Herz vor Liebe bluten!

Ich schenke dir mein unendliches Hoffen

Und meines Herzens lohe Liebesgluten!

Schmerz will ich sein allein von deinen Schmerzen,

Ich will für dich all deine Leiden leiden,

Vereinigen mein Herz mit deinem Herzen

Und dir dein Reich in meinem Herz bereiten!

Ich will dich lieben bis zur Todesstunde

Und in der Todesstunde nimm das wunde

Geschöpf in deinen hochzeitlichen Schoß!

Ich will dir Leid und alle Freuden weihen,

Will dich für alle Ewigkeiten freien,

Im Paradies steht meine Seele vor dir bloß!




SONETTE AN MADONNA MARIA


DRITTES BUCH

I. MINNESONETTE

„Ich kann nur Maria anschauen und sagen: Jesus!“

(Hl. Therese von Lisieux)

1. DIE GOTTESMUTTER

1

Der Wahrheit Mutter, lange irrt ich um

Und folgte dem Gesetze nicht im Düster

Und lauschte keinem weisheitsvollen Priester,

Rief Jesus aus dem Evangelium,

Da gab der Herr mir das Martyrium

Der Minne, sandte mir die Schlangenbiester

Und Pharisäer Spotten und Philister

Und wies von fern mir das Mysterium

Des Fleisches, das die Weisheit angezogen,

Das nahm, Maria, sie aus deinem Schoße.

Und du erschienest, wehrtest allem Spott,

Der Wahrheit Mutter, du bist ungelogen

Die mystische Gemahlin, Makellose,

Und wegen dir ist mit mir Gott, mein Gott!

2

Ich bin so sehr geplagt und schwer gezüchtigt

Und hart liegt Gottes Hand auf mir und Rute!

Schon hat sich all mein Glaube fast verflüchtigt

Und wie umringt von Haß ist mir zumute.

Wes soll ich mich nun trösten? Wo ist Gnade,

Haltlosem aber wo ist noch ein Halt?

Fern sind mir Wort und Fleisch und Bundeslade

Und denk ich an die Priester, bleib ich kalt.

Ach, hätt ich eine Mutter, die mich herzt,

Und könnt ich fliehen unter ihren Rock!

O Gottesmutter, sieh, das Dasein schmerzt

Und schrecklich weh tut mir des Vaters Stock!

O Gottesmutter, gnadenvolle Mutter,

Ich schmelze hin wie in der Sonne Butter!

3

O königliche Gnadenmutter, hohe

Und sonnenlichte Frau, der Hoffnung Zeichen,

Ach, steh ich in der Leiden heißen Lohe,

So laß du deine Huld nicht von mir weichen!

Der Schmerzen Mutter, lehre mich zu leiden

Und dem Gekreuzigten mich zu vereinen.

Ich sterbe täglich! Mögest du mich weiden,

Laß Pieta, in deinem Schoß mich weinen!

Denn wenn ich sterbe mit dem Herrn den Tod,

Wird Gott mich durch den Heiligen Geist verklären!

Zu bitterm Becher Ja und Kreuzesnot,

Das Leiden Christi wird mich ganz verzehren!

Wenn mich durchbohrt die Schärfe scharfen Schwerts,

Ist ja mein Herz vereinigt deinem Herz!

4

Verbiete dieser Liebe zu erlahmen,

Gebiete dieser Liebe du, zu wachsen,

Sich zu vertiefen! In Marien Namen

Will ich mich drehen um des Glaubens Achsen.

Und schenk mir Liebe zur Ecclesia,

Ist denn ihr Angesicht entstellt von Runzeln?

In ihrem Tempel ist die Weisheit nah,

Als Sterne heller sind die kleinsten Funzeln.

Vor allem aber zu der Kommunion

Schenk mir unendliches Verlangen, Hunger!

Daß ich mich nicht abwende von dem Sohn,

Nicht lieber mit den losen Leuten lunger.

Ich habe Angst vor diesen letzten Tagen,

Du mußt mich zu dem Herz der Gottheit tragen!

5

O Mutter Gottes, o du mystisches Grab,

Als Gott sich als die Liebe offenbart,

Da war das Holz des heiligen Kreuzes hart,

Das Seelenleiden, das mir Jesus gab,

Das war ein inneres Sterben, und ich hab

Geruht im Tal der Todesschatten, ward

Der Hoffnung auf das Paradies gepaart

Und wandte mich von dieser Weltzeit ab.

Dann kam der Heilige Geist, mich aufzuwecken,

Dem Christus mit den Wundenmalen nach

Zur Salbung führte Gott mich Gotteskind.

Nun decken uns, o Frau, der Gnade Decken,

Nun werden wir des Nachts zum Ave wach

Und küssen uns wie Atemhauch und Wind!

2. UNSERE LIEBE FRAU DER MINNE

1

Geliebte, in der Nacht der Rose Glut

Befiel mich, namenloseres Begehren!

Ich weiß allein die Schönheit zu verehren

Und brennt mir auch wie Lavastrom das Blut!

Am Morgen ward die Glut zur Tränenflut!

Ach, muß mich diese Seelenpein verzehren,

Soll sie mich wenigstens die Weisheit lehren,

In aller Not zu haben hohen Mut!

Die Schöne ist das Traumbild meiner Sinne

Und mächtig über mich durch ihre stete

Verneinung meiner schrankenlosen Minne!

Maria, lausch mir, wenn ich vor dir rede,

Du bist als Herrin meinem Herzen inne

Und küsst mich, wenn ich bete, bete, bete!

2

Ja, Jungfrau, diese Bitte mir gewähre,

Daß ich dein Lob vor allen andern singe

Und mehr als andere Poeten mehre

Dein Lob und dir die Pracht des Sanges bringe!

Du rühre mich mit deiner Schwanenschwinge,

Du Königin der Minne und Idee

Der Schönheit, daß ich vor zur Weisheit dringe,

Der Weisheit Licht in deiner Schönheit seh!

Laß andre Dichter auch in Wonn und Weh

Dir weihen ihrer Reime Rhytmentanz;

Strahlender Schönheit vor den Sängern geh,

Daß wir wetteifern um den Lorbeerkranz!

Rühr unsre Poesie an deinen Busen,

Du gottverklärte Königin der Musen!

3

O Königin der Musen, in der Nacht

Denk ich, von wenig Tropfen Weines trunken,

Wie süß Suleika Sänger Hatem lacht

Und ihm entflammte seines Sanges Funken!

Verliebtheit voll des Schmerzes und des Spottes

Und voll des Lenzes ist ein süßes Lied!

Oh, mach zum Narren mich der Liebe Gottes

An deinen Taubenbrüsten, Sulamith!

Von Edens Lebensbäumen blieben Stümpfe

Und Eva ward so frostig wie die Sünde.

Madonna! du der Liebesflamme Nymphe,

Mit Musenkuß an meinen Goldmund münde,

Ah, küsse mich zur Mitternacht allein,

Dein Mund berauscht ja mehr als roter Wein!

4

Ich liebe die vertraute Einsamkeit,

Um mit der Weisheit und mit dir zu reden

In der Betrachtung und in den Gebeten,

Maria, blühende Verborgenheit!

Wohl schön die schöne Frau im Umstandskleid

Und Märzengärten scheinen Garten Eden

Und viele hübsche Frauen in den Städten,

Die ich doch all als arm an Liebe meid.

Dereinst war ich den Frauen hingegeben

Und lag vor ihrer Schönheit in Verehrung

Und suchte Liebe bei den Frauenseelen.

Nun, Liebe Frau, bist du mein ganzes Leben,

Die Weisheit küsset mich in der Wegzehrung -

Und doch wird mir Suleikas Schönheit fehlen...

5

O Frau der Frauen, in den holden Frauen

Warst du gewärtig, wirklich wunderbar.

Dein braunes Haar in allen anzuschauen

War schön, zu schauen an dein braunes Haar,

Zu geben einen Handkuß dir sogar

Und Namen auszusuchen für ein Kind,

Das eine göttliche Erscheinung war,

War schön in Abendtau und Frühlingswind.

Die Frauen alle deine Spiegel sind,

So warst du gegenwärtig auf der Feier.

Die Weisheit ist so minniglich und lind

Und schlafen will ich nun in deinem Schleier.

Marien Spiegel waren schöne Damen,

Ich geh zur Ruhe in der Weisheit Namen.

6

Maria, keuscher Schoß der Morgenröte,

In dir will ich erwachen und betrachten,

Dir meines Hochzeitstages Jubelflöte,

Mein Brautzelt, du mein süßes Übernachten.

„Mein Sohn, ich kenne deiner Jugend Schmachten,

Wie du geirrt allein bist in der Wüste,

Wie die Prinzessinnen Ägyptens lachten

Und spöttisch schüttelten die hübschen Brüste.“

Dein Feuer leuchtet an der Freuden Küste,

Geliebte, laß mich in der Nacht begraben,

O Nacht, mein Weib, mit göttlichem Gelüste

Wird mich in deinem Schoß die Gottheit laben!

Ich sauge Wein aus deinen Brüsten, Liebe,

Daß ich an deinem Busen trunken bliebe!

7

Mein himmlisch Weib, der Frühling ist gekommen,

Sei du mein Lieb, du göttliche Madonne!

Um Frieden beten alle deine Frommen,

Ich lieb dich für den Frieden, meine Wonne!

Liebkose mich im Seidenkleid der Sonne

Und lächele mich an in jeder Blüte,

Tauch deinen Sänger in des Lebens Bronne

Und wecke mir den Jubel im Gemüte!

Ein Mädchen wie des Mondes weiße Mythe

Soll schauen mich aus großen Augen an,

Ein Weib, der glüh die weiche Wange glühte,

Mach mich zu einem liebestrunknen Mann!

Aus jungen Rosenknospen einen Kranz

Setz ich dir auf, o Sulamith im Tanz!

8

Ich weihe dir den Frühling, will im Lenze,

Wo aufgewacht die Liebeslust, dich lieben!

Die jungen Spatzen tanzen ihre Tänze

Und Blumen blühen auf aus ihren Trieben.

Im Winter bin ich gern allein geblieben,

Will auch im Frühling gern alleine sein,

Hab dir im Winter Minnesang geschrieben,

Will dir im Frühling meine Minne weihn.

Du Königin der Erde, o Madonne,

Aus deinem Schoße kam zu uns das Lumen,

Das feiern wir am Lenzbeginn im März.

Zur jugendlichen, strahlendschönen Sonne

Schaun auf die kleinen, lieben, bunten Blumen,

So öffne ich, Maria, dir mein Herz!

9

Ein Singen ging mir in der Welt verloren,

Das will ich wiederfinden in der Nacht.

In deinem Schoße war ich neugeboren,

Du hast das Leben mir zum Traum gemacht.

War ich dir fern, war ich in den Vereinen

Der Rebellion und falscher Frömmigkeit.

Doch will ich hingegeben mich vereinen,

Bin immer ich der Einsamkeit geweiht.

Madonna meiner Zuflucht vor dem Tod,

Wie ist dein Kleid, Marie, so rosenrot,

Ich sage, Tizian hat dich gemalt.

Wohl Schöne gibt es, aber ohne Liebe,

Da ist die Schönheit matt und müd und trübe,

Doch deine Schönheit von der Liebe strahlt!

10

Maria, ach Maria, du bist so,

So fruchtig und so lieblich und so rot,

Du bist das schönste Bild von Zevaoth

Und süßer als die Braut des Salomo,

Du Einzigartige, du machst mich froh,

Du Apfel Gottes, Fruchtfleisch meines Herrn,

Dein Tau der Liebeshuld erquickt mich, wo

Ich immer bin, du Sonne, Mond und Stern.

Das Universum ist ein Apfelkern

Und du der Apfel an dem Christusbaum,

Der Galaxien Königin und fern,

Und nah und innig, Traum in meinem Traum,

Du meines Traumes Traumfrau, an der Bucht

Der Wonne reich ich dir der Schönheit Frucht!

11

Wenn ich verschlungen werd von Traurigkeit,

Wirf mir, wie Leukothea, zu den Schleier,

Wenn nieder liegt mein Herz in schwerem Leid,

Zeig mir der Hoffnung Land, die Freudenfeier.

Und wenn ich glühe nach der Schönheit Bild,

Dann zeige dich vor meiner Seele Augen,

Und wenn ich schmachte vor Verlangen wild,

Laß Stillung mich an deinem Busen saugen.

Wenn Angst vor Welt und Alltag in mich fährt,

Wenn mir der Tag das Leben öde macht,

Schutzengel sei mir dann mit goldnem Schwert

Und Balsamstaude und der Wein der Nacht.

Wenn meiner Seele Nacht erfleht die Sonne,

Dann strahle, schimmere und glänz, Madonne!

12

Maria, tritt der Schlange auf den Nacken

Und wandle alle Bitterkeit in Süße!

Die Gletscher mit den eiskristallnen Zacken

Sind nicht so rein wie du im Paradiese!

O schaff ein Mosaik in meinem Herzen,

O Frau in meines Herzens Hochzeitssaal,

Daß ich durch dich in Freuden und in Schmerzen

Mich Gott darbringe als ein Original.

Du weißt, ich weiß ja nichts als Frauenminne,

Ich habe deine Schönheit angeschaut,

Die da des Liebesgeistes Gottes inne,

Der Weisheit gleich, die Salomonis Braut.

O Königin, laß mich mir selber sterben

Und dich und Gottes Paradiese erben!

13

„Ich bins, tu fort die Bücher, lausche mir,

Tu auf die Augen deiner Seele, schaue!“

Brustspitzen Flammen und Juwelenzier

Und Gold schmückt dich, du allerschönste Fraue!

In deinem Reichtum, Königin, erglänze!

O rosa Perle in dem weißen Nabel!

Ich schaue dich und schon in Eden lenze,

Du schöner noch als Eva ist mit Abel!

Geblendet bin ich und verhüll die Augen,

Göttliche Königin der Seraphim!

Im Paradies will ich zum Sänger taugen

Als Minner mit der Minnerin intim!

O Rose aller Rosen, Glut der Gluten!

O Inbegriff des Schönen, Wahren, Guten!

14

An deinen Lippen hab ich Glut getrunken

Und Feuerwein aus deiner Brust gesogen,

Wie weiße Glut sind deiner Brüste Wogen

Und deine Augen voller Charme und Funken!

In deinen Schoß bin ich, ins Meer gesunken,

Die Schenkel sich, Juwelenspangen, bogen,

Vereinigt, haben wir uns nie betrogen,

In deinen Wein will ich die Feder tunken!

Die gottvermählte Liebesflamme hatte

Lebendig mich durchglüht, der Geist, dein Gatte,

Und sang in mir mit heißen Flammenzungen!

Ich sing die Königin beim Thron des Königs,

Vom Purgatorium als wie ein Phönix

Hab ich mich an ihr Feuerherz geschwungen!

15

Gib würdige Sonette mir, denn groß

Bist du, o Königin der Königinnen!

Die Gottheit Gottes ist dir innig innen,

Die Neue Schöpfung kommt aus deinem Schoß!

In dir begriffen beide, Stern und Moos,

Äonen all und Weise, welche sinnen,

Und Nachtigallen, die Gesang beginnen

Und Sonne und die scharlachrote Ros!

O Herrin! Göttin aus der Gnade Art,

Bist heiliger als heilig! ich verzagt

Bin Staub, und du schaust Gott in ewiger Schau!

Du, o Maria, bist so minnezart,

Bist Fleisch von meinem Fleische, schöne Magd,

Im Allerinnersten vertraute Frau...

3. DIE FRIEDENSKÖNIGIN SINGT

1

Wenn du mir singen willst, will ich dich küssen,

Nennst du mich doch der Musen Königin,

Du weißt, daß ich entbrannt vor Liebe bin,

Ich liebe dich, du sollst es immer wissen!

In meinem Schoß liegt in der Nacht dein Kissen,

Ich führ dich durch der Träume Reiche hin

Zur Liebe Gottes, der da heißt: Ich bin!

Ich lehre dich in göttlichen Genüssen.

Du schenktest dich mir ganz, so bist du mein,

Ich werde all dein Leben dich bewahren,

Und ist dein Herze auch vor Minne wund,

Verhüll ich dich mit meiner Augen Schein

Und bette dich in meinen braunen Haaren

Und küsse dich mit meinem Dattelmund!

2

Ich grüße dich! Ich bin die Mystische Rose

Und du mein Minnesänger, Nachtigall!

„Wie soll ich singen dich, ganz Makellose,

Ist unzureichend meiner Reime Schall!“

Freund, durch des Geistes Feuerzungenfall

Ist dir von Gott der Lobgesang gegeben,

Sei stolz auf deine Gabe! Voller Schwall

Sing meine Liebe und dein Minneleben!

Ich freue mich an deinem stolzen Streben

Und werde deinen Sang als Muse zieren.

Ich werde deinen Geist zur Gottheit heben

Und dich zu Gott als deiner Mutter führen.

Ich grüße dich, mein Sänger! Ja, du weißt,

Zusammen leben wir der Minne Geist!

3

Dein Leben ist wie eine Frühlingsblüte

Und wird verwehen und ist gleich dem Staube,

Doch bete so mit liebendem Gemüte,

Daß wie ein Denkmal stehen bleibt dein Glaube.

Mein Lieber, du hast Angst? Ich bin die Taube

Des Friedens, werde dir den Frieden geben.

Ich will dich führen in die Eden-Laube

Und bin dein Schutz und Schirm das ganze Leben.

Bring du dich dar wie Ähren und wie Reben

So oft es geht, dann wird der Weisheit Speise

Als Jesu Fleisch sich deinem Fleisch verweben

Und also wirst du, o mein Kleiner, weise!

Doch fürchte nichts, denn groß ist Gottes Gnade,

An meinem Herzen dich in Liebe bade!

4

Ich bin beschämt von so viel Liebesglut!

Von braunem Holz ist die Akazienlade,

In ihrem Schoß wohnt Gottes weite Gnade

Und strömt durch mich zu dir wie eine Flut.

Die Nachtigall singt Lobgesang voll Pracht

Und Myriaden rote Rosen glühen

Und Haine weißer Mandelbäume blühen,

Da bin ich dir der Traum der Sommernacht.

O Nachtigall, die Königin der Rosen

Läßt wogen ihre Brust im Lilienkleid

Und will als Blume blau der Ewigkeit

Dich als des Gartens Eden Flora kosen.

Besinge mich mit deinem Minnesang,

Die schöne Weisheit schenk ich dir zum Dank!

5

Ich zog schon aus den reinen Unterrock

Und habe meine Füße schon gebadet.

Geliebter, eil wie ein Gazellenbock,

Die Abendschatten haben uns begnadet.

Komm, Liebster, laß uns unter Henna schlafen,

Ich hab dir meine Äpfel aufbewahrt.

In Lilien weiden wir gleich jungen Schafen

Und steigen aus der Schwemme schön gepaart.

Ich reich dir meiner Brüste reife Trauben,

Du pflücke von der Palme dir die Feige.

Komm, laß uns gurren wie die Turteltauben,

Allein der Mond schaut zu, der treue Zeuge.

Mein Mann, mit mir zum Myrrhenhügel flieh!

- „Ich folge dir, o Schullammyth Mariie!“



II. MADONNA MELANCHOLIA

„Ah woe is me!“

(Ed.Spenser)

1

Es war in einer milden Frühlingsnacht,

Da träumte ich auf dem Balkon allein,

War keine Mondin da mit weißer Pracht,

Nur fern, sehr fern der schönen Sterne Schein.

In meiner Traurigkeit trank ich den Wein

Und atmete das Lüftchen lind und sacht.

Die Nacht war Balsam schmerzlichem Gewein

Und Salbungsöl unendlichem Geschmacht.

Vor mir der Stuhl war frei. Da kamest du

Als wie ein dunkles unsichtbares Licht,

Das durch die Nacht zu meinem Dunkel fand.

Du gabest meiner Seele wieder Ruh

Mit deinem lächelschönen Angesicht,

Und dankbar küsste ich dir deine Hand.

2

Wie traurig werde ich von meinen Träumen,

Die schicken mich in meine Einsamkeit!

Wie Wetterspuren in den alten Bäumen,

So macht mir alt das Angesicht mein Leid.

Der Menschen Glück betrachte ich mit Neid,

Wie sie sich baden in der Wollust Schäumen.

Vom Kreuze rufe ich zur Ewigkeit,

Ob mir die Trösterin mit Schleiersäumen

Die Tränen trocknet, Mutter und Madonne.

Da ruft der Geist mich in die Maiensonne,

Madonna sitzt bei mir auf einem Hocker,

Den roten Rosenkranz auf ihrem Schoße:

O Nachtigall, ich bin doch deine Rose!

Es weht der weiße Schleier leicht und locker.

3

Das ist der Grund für meine Traurigkeit:

Vergeblich war ich einst ein Zimmermann

Und niemals werde ich der Ehemann

Der Frau, der meine Liebe war geweiht.

Ein Andrer macht sich sehr behaglich breit

In seinem trägen Haß, der sie gewann.

Ich kniete ihr zu Füßen, aber dann

Ging ich zurück in mein einsames Leid.

Nie werde ich geliebt von Frauen, die

Ich liebe (die mich lieben, lieb ich nicht)

Und so bleib ich verwundet, weh mir, wie

Ein Kind, das seine Mutter nie geliebt.

Doch sehe ich Marien Augen licht

Und jeder Blick mir Gottes Liebe gibt.

4

Nun denn, wenn Schwermut, eben Schwermut dann

Sei im Gemüte mir, wenn Gott es will!

Ich trag mein Kreuz und duld und weine still,

Frau Melancholia bin ich ihr Ehemann.

Ihr Frauen, höret meine Klagen an!

Doch taub steht ihr bei Minze und bei Dill.

Wohlan denn, Träne, aus dem Auge quill,

Gewiß, kein Aug wie meins je weinen kann.

Ich bin der königlichen Schwermut Sänger

Und mein Sonettwerk ist von Trauer prächtig.

Umarmt seid, Liebeswunden! Weh ist Wonne!

Ah! welcher Herrin sind die Locken länger

Und welcher Frau sind sie so tiefschwarz nächtig

Wie meiner mitleidweinenden Madonne!

5

In meiner Jugend war ich glücklich, trunken

Sang ich antike Oden ohne Reim

Von Frankreichs Weingeländen, Milch und Seim,

In Blut die Schwanenfeder einzutunken

War nicht genug, ich tauchte sie in Funken

Und in der Seele göttlichen Feuerkeim!

Und Frauen, Frauen waren nachts daheim,

Sind sterbend in Glückseligkeit versunken!...

Und dann kam in mein Leben Gott - die Nacht,

Verlassenheit und Einsamkeit und Leiden

Und grenzenloses Dürsten nach dem Tod!

O Tod, wie mir dein Auge blitzt und lacht,

O Tod, wie hüllst du dich in weiße Seiden,

Marie, wie ist des Todes Mund so rot!

6

O Liebe Frau, du Seelentrösterin,

Laß immer nur mich deine Schönheit schauen,

Du Wunderschönheit, Schönste aller Frauen,

Mitleidende, der Schwermut Königin,

Mein Ideal, du Liebe Minnerin,

Du Glück und Hoffnung mein in allem Grauen,

Ich trau dir mit unendlichem Vertrauen

All meine Trauer an, ich geb dir hin

Mein Weinen, meine Einsamkeit, mein Schmachten,

All mein Verlangen, mein Begehr und Sehnen,

Mein Seufzen und mein Stöhnen und mein Hecheln,

Maria, laß bei dir mich übernachten

Und schlafen Todesschlaf in deinen Strähnen

Und morgens wachen auf von deinem Lächeln.......

7

Wie wir in diesen grünen Garten kamen,

Gedachten wahrlich wir vergangner Wonne,

Da Wollust strömte aus des Weibes Bronne,

Der lieben Frau, die Leben hieß mit Namen.

Du bliebest, doch verschwunden sind die Damen,

Hetäre fern und Mutter fern und Nonne,

Und Muse bliebest du allein, Madonne,

Im Garten feiert dich der Blumensamen.

So feiern schwüle Nächte die Palmeros,

Da wachst du, Unsre Liebe Frau vom Schnee,

Wo Nymphen mit den Papageien spielen.

In dieses Gartens schöpferischem Eros

Ich vor der Frau in Sonnenseide steh

Mit glühenden Gedanken und Gefühlen.

8

Wenn mir im Traume meine Mutter naht

Und ihre Sorge an mein Lager trägt

Und sich erdrückend auf mein Lager legt

Und meine Seele keine Hilfe hat

Und wenn die Fenster klappern in dem Bad

Und sich die Nacht in den Gardinen regt

Und eine Tote mit den Flügeln schlägt

Und legt in mich der Todesbangnis Saat,

Dann bete ich zu dir in meinem Bette

Und singe dir Verherrlichungssonette

Und du nahst mir zu meinem Schutze, Frau,

Die mehr als Mutter ist und mehr als Amme

Und mehr als Frau selbst, meines Lebens Flamme,

Der ich in Traum und Nacht und Sterben trau.

9

Ein Kind zu sein mit einem frohen Kind

Ist wie ein Quellen aus der Lebensbronne

Und Wasserspiel der lebensvollen Wonne

Und wie der Freude freies Angebind,

Wie Amseln fliegen lustig in dem Wind

Und Wolken spielen lustig mit der Sonne,

Mit deinem Seidenschleier, o Madonne,

Wenn du aus Wolken lächelst lieb und lind.

In deiner jugendlichen Mutterschaft

Erfreust du dich an unsrer Kinderfreude

Und lächelst über unsere Gefühle

Des Glücks, wenn wir in unsrer jungen Kraft

Erringen Seligkeit wie eine Beute

Und spielen mit dem Jesuskinde Spiele.

10

Ich kam des Nachts so recht ins Seufzen, ach,

Ist keine Anmut da mit süßem Glanze,

Kein Leid ist da poetischer Romanze,

Nur Einsamkeit mit stillem Ungemach.

Was dichtet, welcher sonst von Liebe sprach,

Wenn keine vor ihm süß sich dreht im Tanze

Und keine ihn durchbohrt mit Wimpernlanze

Und nirgends angeglüht ein Brautgemach?

Was singt der Minnesänger für ein Lied,

Lebt er ein Leben nur als Eremit,

Dem Tag um Tag das Immergleiche graut?

Er betet! betet er den Rosenkranz,

Sieht er der allerschönsten Augen Glanz,

Mit Lorbeer kränzt den Sänger seine Braut.

11

Wenn, Dichter, deine Frauen dich vergaßen,

Um welche immer dein Erinnern kreist,

Wenn dann bei dir geblieben nur der Geist

Und deine Bangnis auf belebten Straßen,

Wenn leer die Bänke, wo die Frauen saßen

Und keine Frau dir mehr den Becher speist

Und keine Liebe mehr den Weg dir weist

Und hart das Brot, von dem die Frauen aßen,

Dann, o Poet, ergib der Einsamkeit

Dich ganz und geh spazieren in der Laube,

Vielleicht verliebt tut eine Turteltaube,

Denn wenn du dich ergeben ganz der Stille

Und von dir Hülle abgelegt um Hülle,

Erkennt im Herzenshimmel dich die Maid.

12

Und wenn mir eine auch Gelehrsamkeit

Als Lehre gibt und Summe ihres Leids

Und eine macht die Mutterseele weit

Und ist die Tröstung bei der Liebe Geiz

Und eine Himmel ist im blauen Kleid

Und beinah göttlich in der Anmut Reiz

Und eine ist zum Dichterspiel bereit

Und hilft zu tragen Einsamkeit und Kreuz -

Und wenn sie alle, Frauen über Frauen,

Die Eva bilden, ist doch meine Rippe

Ein Ruf nur nach der Lieben Frau Maria,

Ein Ruf nur, Gott die Mutter anzuschauen,

Die Liebe zu lobpreisen mit der Lippe,

Die mich erwählt, die göttliche Sophia.

13

Wenn Lilith kommt in einsamlicher Nacht

Und auf den Gipfeln paaren sich die Böcke

Und Lilith mit der edenalten Macht

Einsame narrt durchs Heben ihrer Röcke,

Dann stehn vorm Herzen harte Felsenblöcke

Und Wüsten breiten sich, der Ödnis Pracht,

Fern sind die Gärten und die Rosenstöcke

Und keine Lerche in den Gärten lacht.

O Nacht, in deiner Düsternis zuhause,

Wie leer und einsam sind die Taubennester,

Wie öde ist des Eremiten Stätte!

Komm, Gnadenvolle, in die öde Klause,

Dem Eremiten Freundin sei und Schwester

Und lege dich zu ihm in seinem Bette.

14

Ein solcher Hunger nach dem Menschen nahm

Mich in Besitz, ich meine zu ertrinken!

Ich sah die Glocken in den Türmen blinken,

Von denen keine Tröstung zu mir kam,

Ich sah der schönen Mütter Wangenscham

Und sah der schönen Frauen Wimpernwinken,

Ich sah Ideen der Philosophen hinken

Und sah die Bibelleser lendenlahm.

Nun bin ich müde und vom Weine trunken,

Nun sehn ich mich nach einem Menschenherzen

Und nach der Liebe einer Frauenseele.

Maria, meine Seele voller Fehle

Und Wehmut meines Herzens voller Schmerzen

Liebkose du mit deinem Gottesfunken!

15

Sag ich zu dir: Gebenedeit bist du

Und Gott ist mit dir! höre ich dich zusagen

Mir deinen Segen, Gottes Segen zu,

Mir Gottes Liebe in den Leidenstagen.

Den Depressiven in den Sarkophagen

Der Angst vermittelt deine Liebe Ruh.

Wie lieb du lächelst mir in meinen Klagen,

Wenn ich vor Schmerz und Schwäche weinen tu.

Ja, auch im Traume bist du Gegenwart,

Sag ich zu Gemma und Xanthippe Nein

Und Ja und Du zur Friedenskönigin!

Wär immer ich im Traumreich, wo du zart

Mich anteilhaben läßt an deinem Sein,

Du meine Liebe Frau von Anbeginn!

16

Und muß ich einsam und unglücklich sein?

Der Weisheit Mutter ist die Einsamkeit?

Die Muse aller Musen ist das Leid?

Nachfolge Christi ist die Kreuzespein?

Ich sehne mich nach einem Menschen - nein,

Nach solchen Menschen nicht, wie weit und breit

Die Menge wird gezüchtet von der Zeit,

Wie bin ich ihrer müde, wie allein

Geh ich die Schicksalswege in die Nacht,

Des Weges zum Unglücklichsein vertraut.

Wie oft ich schon nach frühem Tode schrie!

Mit schwarzen Haaren die Madonna wacht,

Mit schwarzen Augen lächelt meine Braut,

- - - - - Schwarze Madonna Melancholie!

III. WEIHNACHT

„...damit euer Leben wahrhaftig sei vor Gott, so daß ihr in der Wahrheit eures Lebens die Schönheit, die Gott euch geschenkt hat, bezeugt.“

(Botschaft Mariens von Medjugorje, 25. Juli 1996)

„Sei gegrüßt, du Brautgemach des unversehrten Verlöbnisses...

Sei gegrüßt, bräutlich geleitest du heilige Seelen...“

(Hymnos Akathistos)

Prologos:

O Mirjam, Braut des Geistes! Alle Welt

Begeht die Weihnachtsfeier der Familie

Und schmückt die Weihnachtstanne mit dem Geld -

Ich war bereit zur nächtlichen Vigilie

Und suchte Frau und Kindlein ganz vergebens

Auf Erden; aber siehe da: die Lilie

Erblühte in der Heiligkeit des Lebens:

Die Jungfrau lächelte in ihrer Schöne!

Die meines Lebens Wonne, meines Webens

Begeisterin, die Muse meiner Töne,

Die wies mir das Bambini in den Linnen!...

Mit Myrrhebüscheln deine Brüste kröne,

Ich will die Königin der Weihnacht minnen!

1. ADVENT

„... die man ansprach: / Allschöne, Ergötzen der Erde!“

(Wehe)

1

Wenn dich die Kirche ihre Mutter nennt,

In mir lebt aber die besondre Schau,

Die glühend mir in meiner Seele brennt:

Mir bist du Braut, Gemahlin, Liebe Frau.

Der Geist senkt in mich seinen Balsamtau

Und macht erleuchtend seine Weisheit kund:

Ich bin geschaffen für die Blume blau,

Die Liliengestalt, den Rosenmund.

Von meiner Mutter ist das Herz mir wund,

Doch all mein Glück ist die ersehnte Braut!

Und heule ich auch wie ein toller Hund -

Ich hab des Mondes Königin geschaut!

Als Zimmermännin reichte sie den Hammer,

Sie, all mein Jubel, ach, in meinem Jammer!

2

Sankt Josef, komm, du Jesu Pflegevater,

Du heiliger Marienbräutigam!

Sei du mein Vorbild, Schützer und Berater

Und lehre mich, du Sproß von Davids Stamm,

Mann nach dem Herzen Gottes sein, das Lamm

Zu hegen in des Herzens innerer Thronung

Und immer mit der Lieben Frau zusamm

Zu dienen nur um himmlische Belohnung.

Patron der Sterbenden, mit aller Schonung

Erwirk mir einen Heimgang voller Frieden!

Dir weih ich meine marianische Wohnung

Als Haus des Sanges und Gebets hienieden,

Dir weih ich, die ich lieb, die lichte Lilie,

All meinen Wunsch nach heiliger Familie...

3

Der Priester suchte einen Mann Marien,

Der wohlgefallen mög dem Heiligen Geist.

Wir wollen aus dem Efod Lose ziehen,

Wie der Erwählte der Erkornen heißt.

Der Geist als eine sanfte Taube kreist

Alleine über Josefs Mandelzweige,

Die ihn mit frischem Tau der Liebe speist

Und neigt sich zu ihm demutvoller Neige.

Vom Manne nach dem Herzen Gottes schweige

Die Weisheit nicht, dem heiligen Daviden.

Maria, allen deinen Freiern zeige,

Wie du bei Einem fandest deinen Frieden,

O Königin von Frieden und Versöhnen,

Du wähltest einen Gatten aus den Söhnen!

4

O Weisheitstempel, Jungfrau mit dem Schleier

Vorm Allerheiligsten, dem Brautgemach,

Wie fühle ich mit jenem armen Freier,

Der seinen unerwählten Stab zerbrach!

Der weinte vor verschmähter Liebe, ach,

Wie fühlt mit seiner Seele mein Gemüt!

Da trug er seiner Seele Ungemach

Zum Berge Karmel, ward ein Eremit.

Unterm Wacholder seine Sehnsucht glüht

Nach ewiger Ruhe im Marienschoße.

Da glüht in seinem inneren Gebiet

Der Liebe Herz, die rote Mysten-Rose.

Maria kommt, im Arm ein kleines Lamm,

Wählt Schalak sich zum Mysten-Bräutigam...

5

Arbeiter Gottes, Diener an dem Worte,

Will ich Maria schöne Stanzen zimmern.

Ich schau getrost zu meiner Himmelspforte,

In deren Schoß Millionen Kinder wimmern.

Ich fliehe vor den alle Tage schlimmern

Herodesknechten in die öde Wüste

Mizraims, meine Liebste wird sich kümmern,

Ich ruhe unterm Sternbild ihrer Brüste.

Mit jedem Schlage meines Hammers büßte

Ich Schuld, ich kehrte mich Maria zu.

Ihr Segen leitet mich zur Sternenküste

Der Morgensterne in die ewige Ruh.

Entschlafen werde ich in ihren Armen -

Im Himmel wirk ich herzliches Erbarmen...

6

Gesegnet bist du mehr als alle Frauen,

Die da den Frieden meiner Seele gibt.

Ich flieh zu dir mit heiligem Vertrauen,

Ich, dessen Seele nur mit Schmerzen liebt...

Ihr Frauen, wenn ihr bei Maria bliebt,

Ihr würdet heilig, würdet Liebe werden!

Ich finde keine Liebe, bin betrübt,

Wie gerne würd ich scheiden von der Erden!

Maria, treffen uns der Herzen Härten,

Leg deinen Hochzeitsschleier mir aufs Herz!

Ich möcht vereinigen in glühen Zärten

Mit deiner Liebe meinen Liebesschmerz!

O gib den Segen! Möge meine Pein

Der Liebe meinen Lieben Segen sein!

7

Ich sehe meine Seele wund, zerrissen,

Gebrochen ist mein Herz in tausend Teile,

Geist und Gemüt verwirrt, das Fleisch zerbissen,

In Wollust aufgeteilt und Langeweile.

Ich hänge aus dem Turme rote Seile,

Ob Jesus kommt, mich von mir selbst erlösen.

O Heiland komm und meine Seele heile,

Dein Seelenleiden tötete den Bösen,

An deinen Wunden wird mein Herz genesen,

Denn dein gebrochnes Herz ist lauter Liebe!

O laß mich Wesen sein von deinem Wesen

Und Traurigkeit von deiner Gartentrübe

Und Leid von deinem wehen Liebesleid

Und Herrlichkeit von deiner Herrlichkeit!

8

O Herz Mariens, heile du mein Herz,

O Herz Mariens, salbe meine Wunde,

O Herz Mariens, eine meinen Schmerz

Mit jenem Schmerz in deinem Herzensgrunde!

O küsse mich mit deinem roten Munde,

Schmerzreicher Liebe purpurrote Rose,

Daß ich an deinem Rosenmund gesunde

Und, Gott erkennend, ruh in deinem Schoße!

Entbrannter Dornbusch du im Anlitz Mose,

Laß mich auch brennen, aber nicht verbrennen!

O daß ich dich im roten Kleide kose,

Dich, Herz an Herz verschenkend, zu erkennen!

O rote Rose mit dem glühen Glanz,

Mein Herz trägt dir der Liebe Dornenkranz!

9

Maria, Wasser du der Neugeburt,

In dem ich meine wunden Glieder bade,

Als wär es in dem Gnadenquell von Lourdes,

Ich bade meinen Geist in deiner Gnade.

Der Odem naht mir von der Bundeslade,

Daß meines Geistes Atem er erneue.

Rein wird mein Leib wie weiße weiche Jade,

Ich werd gesalbt mit Heiligen Geistes Treue.

Maria, kleide neu mich, dir zur Weihe,

Du mache mich zu einer Rose rot,

Daß meine Schönheit gern empfang die Scheue

Als einen Liebesgruß von Zevaoth.

Gewandet wie der heilige Johannes

Bin ich die Rose rot des Schmerzensmannes.

10

Ei, Lieber, werde du der Liebe Opfer,

Indem du alle deine Leiden weihst,

Trag deines Herzens Dornenkrone tapfer,

Als ob du ganz in meinem Jesus seist!

Ei, Lieber, wenn du betest in dem Geist,

Bist du mir eine wunderschöne Rose rot.

Weißt du, was meine Liebe dir verheißt?

Ich pflück dich Rose rot bei deinem Tod

Und pflanze dich in Eden! Mein Gebot

Befolgtest du, drum wirke ich dir Wonne,

Und mein Gebet erbittet Zevaoth,

Sich zu vermählen dir als Freudensonne.

Wirst alle deine Liebe mir du weihen,

Werd ich in Ewigkeiten dich erfreuen!

11

Ei, schöner Liebling, ich bin deine Braut,

Du wohn in meines Herzens Heiligtume,

Von Tränen seh ich dich so klar betaut,

Poetenblume, kleine blaue Blume,

Ich freue mich an deinem wahren Ruhme,

Daß all dein Liebeslied Gebet geworden.

Du bitt um Fruchtbarkeit der Ackerkrume,

Daß du ein Eden findest auch im Norden.

Ich hab dich lieb, ich will dich nicht ermorden,

Verzehre du dich nicht vor lauter Angst,

Ich weiß, du bist von dem Marien-Orden,

Ich dank dir für die Lieder, die du sangst,

Wir lauschen deinen liebenden Sonetten

Hier oben in den holden Himmelsbetten.

12

Ich weih dir meiner Oma Todesstunde,

Der Herr des Psalmes war ihr guter Hirte,

Die lauschte meinem Sang aus Sängermunde,

Als Jesus kam mit hochzeitlicher Myrte,

Maria, sie beim Hochzeitsmahl bewirte,

Die meine Amme war und ich ihr Sohn,

Mit himmelblauer Schürze dich umgürte,

Gib du ihr Milch, die trank zuletzt den Mohn,

Die litt im Leben kalter Menschen Hohn

Und blieb doch menschenfreundlich, blieb doch gut,

Vom Holz des Lebensbaumes sei ihr Thron,

So bitt ich dich, der Blut von ihrem Blut,

So bitt ich dich, der Seelen Führerin,

Führ sie zu Gottes ewiger Liebe hin!

13

O Gottesmutter, Mutter feuchte Erde,

Ich bitt als Erdenwesen um das Glück,

Daß mir auf dieser Erde Liebe werde,

Schenk du mir einen gnadenhaften Blick,

Ach, nicht das Schwert des Grimmes Gottes zück,

Hüll ein mich in das liebende Erbarmen,

Führ du in Jugendfreude mich zurück

Und laß mich ruhen in den schönen Armen

Der Frau, an deren Herz will ich erwarmen,

Der will ich Vater, Bruder sein und Sohn

Und Liebling mit den heißentflammten Charmen.

Gib mir auf Erden schon den Himmelslohn,

Das mystische Geheimnis schöner Ehe -

- Des Vaters Wille ganz allein geschehe!

14

O Jesus Christus, Genius der Dichter,

O Herr und Heiland der Barmherzigkeit,

Sei du uns ein geduldiger Aufrichter

Und hülle uns in der Erbarmung Kleid,

Maria, unsre Mutter, Gottes Maid,

O du allheilige Jerusalem,

Du bist die Hoffnung unsrer Sterblichkeit,

Gebarest unser Glück in Bethlehem,

Gib neues Leben uns, uns Hauch im Lehm,

Du mögest helfen, raten und beistehen,

Sei unser Athem Jesus angenehm,

Laß deines Leibes Frucht dereinst uns sehen,

Führ uns den Weg des wahren Friedens innen

Und laß uns minnen - auch mit unsern Sinnen!

15

O Vater, höre meine Leidenspsalme,

Die ich dir singe als dein Leidensmann,

Nur Asche speis ich vor der Dattelpalme,

Du tatest mich in großer Trübsal Bann,

O Herr, ich ziehe Sack und Asche an

Und gürte mich mit meiner Einsamkeit!

Am bittern Wasser Mara einsam sann

Ich, ob der Weg nach Elim noch sehr weit?

Laß Quellen rauschen, unverdeckte Bronnen,

Und laß mir fruchtbar sein die grünen Almen

Und tröste mich mit Purpurblut der Reben,

Und lasse Honig tropfen süßer Wonnen

Und reiche Datteln von den Dattelpalmen

Und laß mich leben, mich glückselig leben!

16

Ach, plötzlich wie allein, ach, Einsamkeit,

Da meinem Herzen alle Herzen fern,

Da hüllt die Nacht mich in ihr schwarzes Kleid,

Allein mir schimmert auf der Abendstern.

O Allerheiligstes! O Leib des Herrn!

Ich bet dich an, du süßes Jesuskind!

Ich grüße dich, du schöner Meeresstern,

Du trittst zu mir, dein Zeichen ist der Wind,

Die Seele mein in deinen Beutel bind,

O schöne Minnekönigin Maria,

Du bist so lieblich, lieb und leis und lind,

Vollkommne Schönheit du des Jeremia,

O Frau, die mich in Blut und Tränen fand,

O meine Trösterin im Jammerland!

17

Hoch preiset meine Seele Gott den Herrn

Und Jubel singt der Geist mir meinem Heiland!

So sang uns vor der schöne Meeresstern,

Die Blume blau von meiner Kindheit Eiland.

Barmherzigkeit uns Kindern gab uns weiland

Als junge schöne Mutter von dem Kreuze

In seinem Liebestestament der Heiland,

Der litt an aller Menschen Liebesgeize!

Was bist du traurig, meine Seele? Reize

Erweckten deine Leidenschaft und Triebe.

Maria, die Entmutigung durchkreuze

Und gib mir neue Hoffnung, neue Liebe!

Maria, Mädchen lieben deinen Namen,

Ich bin allein mit dir in Jesus. Amen.

18

Wie dankbar bin ich dir, der Wunderschönen,

Dir will ich alle Dankbarkeit entbieten,

Schenk du den Herzen heiliges Versöhnen

Und unsern Liebesleidenschaften Frieden!

Ich bin allein im Jammerland hienieden,

Herr, sprich ein Wort, so wird mein Herz gesund!

Bin ich von allen Herzen auch gemieden,

Leg ich ins Jesusherz mein Herze wund!

Will schenken all das Lob aus meinem Mund

Dem Engel, meines Sanges Richterin,

Der Frau, die mich versteht aus Herzensgrund,

Preissängerin und Zimbelspielerin,

Die einsam auf dem Berge weiße Rose...

Von Antlitz sprach mit Gott zu Antlitz Mose.

19

Maria, gib mir Liebe, große Liebe,

Daß alle sehn, daß du mich liebst, Marie,

Daß ich mich, heilig dich zu lieben, übe,

Du meines innern Wesens Harmonie,

Dich segnet meine Minne-Sympathie,

O Meeresstern, o Friedenskönigin,

O Zimmermännin! Frau, ich weihe sie,

Die steht als Flamme mir in meinem Sinn,

Ich geb die Freundin deinem Herzen hin,

Hüll sie in deinen mütterlichen Mantel!

Ich bitte nicht für mich - daß ich gewinn,

Bitt ich, für Jesus ihres Lebens Wandel,

Daß sie in dir, Maria, Bundestruhe,

Im allerheiligsten Mysterium ruhe...

20

Der Heimgegangenen hab ich geweiht

Als Sühneopfer heiliges Fleisch vom Lamme,

Ich sang das Totenangedenken weit

Bis in das Reich, an meinem Kreuzesstamme.

Zu Allerheiligen verließ die Flamme

Des Purgatoriums die liebe Seele,

Im Herzen der Madonna meine Amme

Gekrönt ward mit dem himmlischen Juwele.

O Träne, dich aus meinem Auge stehle,

Und salze, Träne, meines Brotes Butter.

Die liebe Gottesmutter ohne Fehle

Gab mir im Himmel eine liebe Mutter,

Die hüllt mich kleines Kind in ihre Liebe,

Als Tröstung aller meiner Tränen Trübe!

21

Da ging ich auf der grünen feuchten Wiese

Bei ihrem neuen Zedernhaus allein,

Da kam ein Engel aus dem Paradiese

Und hüllte mich ins Licht der Liebe ein.

Dies ist die Lehre ja im Dom von Roma

Und Botschaft meiner Friedenskönigin:

Die Seelen steigen aus dem Feuerstrom, ah,

Sie steigen zu den Himmelssphären hin!

So wurde mir zum Engel meine Oma,

Um Mutter mir vom Himmelreich zu sein!

Wie warme Milch und Honig ihr Aroma

Und ihre Schwingen wie des Schneees Schnein,

Wie Traum ist meiner Oma Schwingenkleid

Und trägt das Kreuz und ist Maria geweiht!

22

O Frau! Sie saß so lang in ihrem Sessel

Und schaute träumend zu der Menschen Leben,

Auf ihrem Herde kochte Tee im Kessel,

Sie dachte an ihr Glück: sie dacht ans Geben.

Muß auch das tränenfeuchte Lid mir beben,

Muß ich an ihre liebe Güte denken.

Ich möchte mich in ihre Aura weben

Und will wie sie mit Freude gerne schenken.

Mein Engel möge mich vom Himmel lenken,

Die liebe Lichtgestalt, der weiße Schatten.

Sie möge in Maria mich versenken

In Ganzhingabe ähnlich einem Gatten.

Benannt nach ihr der Nordsee Fischerkutter:

Ach Oma, Botin du der Gottesmutter!

23

Auf Erden können unsre Mütter nicht

Uns kleine Kinder lieben wie die Mütter,

Als Knabe schon entfloh ich ins Gedicht,

Denn kalte Welt der Eltern war mir bitter;

Du aber machtest mir den Armen Ritter

Und mir von Milch und Mandarinen Suppe;

Dann holte heim dich goldnen Halm der Schnitter,

Ich sah nicht deine Maske, deine Puppe;

Nun aber kommst du wie die Sternenschnuppe

Und hüllst mich mütterlich in Liebe ein!

Du lehrst mich (schreib es auf, du Fingerkuppe),

Du lehrst mich Sankt Marien Muttersein!

Denn erst im Himmel werden Mütter Mütter...

O Gottesmutter, schau den Armen Ritter!

24

Sie spricht: Es pocht mein Herz vor lauter Liebe

Und ich bin dankbar dir für deine Huld,

Ich tröste deiner Trauertränen Trübe

Und hülle mit dem Schleier alle Schuld.

An jedem Morgen bin ich neu und frisch

Und allerwegen dir an deiner Seite.

Ich reiche dir von dem geweihten Tisch

Das hochzeitliche Fleisch; zum Mahle schreite!

Ich berge deinen Wunsch in meinem Herzen

Und will dir geben, wie der Vater will.

Trag du nur freudig deiner Liebe Schmerzen

Und sammle im Gebet dich fromm und still,

Dann will ich lieben dich und zu dir reden,

Ich, Paradieses Liebe Frau von Eden!

25

Ich lege Leben, Glück, Unglück und Tod

Dir heute vor: Du sollst das Leben wählen!

In Liebe folg dem heiligen Gebot,

Den Ewigen zu lieben und die Seelen!

An diesem Tag schenk ich dir Kraft und Stärke,

Hab keine Angst, du brauchst nicht zu verzagen,

Ich geh voran und werde deine Werke

Mir heiligen und deine Schwäche tragen.

Nimm ein das Land, da Milch und Honig fließt,

Gib Wohnung meinem Offenbarungszelt,

Doch werfe dich nicht nieder vor die Götter!

Ich bin der König, der mit Frieden grüßt,

Dem dein Gebet und Singen wohlgefällt,

Dein Heiland, dein Erlöser und dein Retter!

26

Ich brauch ein Herz, das Liebe für mich fühlt,

Ein Herz, das mich umsorgt und lenkt und leitet,

Ein Herz, das mit mir Dichterspiele spielt

Und mir mit Zärtlichkeit das Bett bereitet,

Ein warmes Herz, an dem ich ruhen kann,

Das Frieden gibt dem brennenden Begehren,

Das beisteht, wandle ich als Leidensmann,

Ein Herz voll Heiligkeit will ich verehren.

Maria, dieses Herz find ich in dir,

Drum wähl ich dich zur Herzenskönigin,

Im Lieben deine Liebe ich erheisch!

Oh, deine sanfte Liebe wendet mir

Die Gottesliebe zu und senkt sich in

Mein Fleisch, verein ich mich der Weisheit Fleisch!

27

In Einsamkeit allein in dem Exil,

O Blume von Lisieux, denk ich wie du:

Verbannung ist die Erde, gibt nicht viel,

Mein Ein und Alles ist die ewige Ruh!

So pilgere auch ich der Heimat zu,

Der Wonnen paradiesischem Gestade!

Das Dasein ist ein Hauch, verfliegt im Nu,

Doch ewig währt des lieben Gottes Gnade!

Marie, mein Ein und Alles auf dem Pfade,

Sie führt zuzm Glück mich, in den Garten Eden!

Doch wünsch ich mir, o Jungfrau rein wie Jade,

Es bleib zurück mein dichterisches Reden

Und laß von mir auf Erden eine Spur,

Schau ich schon deine himmlische Figur!

28

Gott weiß Bescheid von allen deinen Wünschen,

Gott sieht zu dir und will dir helfen auch,

Sei du nur freundschaftlich zu deinen Menschen

Und bade deinen Geist in Gottes Hauch.

Gott will dir helfen, lausch ihm im Gebet,

Die Worte Gottes leben dir im Herzen,

Von Stille und Vertraun geschrieben steht

Und von dem Knechte auch, dem Mann der Schmerzen!

Ich rufe dich zu Umkehr und Vertrauen,

Laß du nicht zu, daß Satan Macht gewinnt.

Du bete, bete, bete für die Frauen,

Auch für die Selige, auch für das Kind.

Nimm in die Hand den rosa Rosenkranz,

Ich führe dich zum mystischen Hochzeitstanz!...

29

Dein Leid, mein Allerliebster, ist auch meins,

Du trage nur geduldig deine Leiden,

Sind unsre schwertdurchbohrten Herzen eins,

Der Hirte wird uns auf den Auen weiden,

Der Hirte wird uns weiden auf den Auen,

Da sind die Rosen Jesu aufgesprossen.

Und stehst du abgelehnt von schönen Frauen -

So stehe ich vor Herzen, die verschlossen!

- Maria, laß uns doch zusammen weinenn,

Uns unter Tränen in die Arme sinken

Und uns die Tränen von den Wimpern küssen!

Wie sehr wir auch auf Erden leiden müssen

Und bittrer Leiden bittre Becher trinken,

Wir werden uns in Seligkeit vereinen!...

30

Wenn eine Mutter ihren Kleinen streichelt,

Genießt er Zärtlichkeit mit Wohlgefallen,

Wenn sie ihn liebkost und ihm sanfte schmeichelt

Und ihre Haare wie ein Schleier fallen.

Die Zärtlichkeit, die mir zu Seelenlabe

In dem Gebet wird (höre mein Geständnis)

Ist innige Zärtlichkeit der Ganzhingabe

Ganz so wie eine bräutliche Erkenntnis,

Ist überströmende, verwirrende,

Ist süß berauschende! O Zärtlichkeit

Der Taube Zion, zart mich kirrende,

O Zärtlichkeit zutiefst geliebter Maid,

Die meine Seele mit Entzücken schaut!

Ich weih mich deinem Herzen, schöne Braut!

31

O Weisheitstempel, jeder Augenblick,

Von Gott bestimmt, dem Menschen nicht zu greifen,

Legt Tod und Leben vor, und Leid und Glück,

Wir können nur empfangen, um zu reifen.

Was Gott uns gibt, in Reverenz zu fassen

Und jede Freude auch des Augenblicks,

Ist weise, Handeln nicht zu unterlassen,

Im Jetzt liegt alle Gnade allen Glücks!

Ist alles sinnlos, nichtig, eitler Dunst?

Von Gott geschaffen ist es alles schön!

O Weisheit, lehre mich der Liebe Kunst

(In allem melancholischen Gestöhn),

Denn ist die Erde nichtig auch und eitel,

- Der Himmel schimmert über Evis Scheiitel!...

32

Ich weih dir, Herrin, meine Poesie,

Maria, Inbegriff der Blauen Blume,

In allem sing ich dich, besing ich sie,

Vor dir entsag ich heut dem Erdenruhme,

Mein Name soll geschrieben sein im Himmel,

Mein Lied ein Teil der Himmelsliturgie,

Gesungen süß im seligen Getümmel

Der Heiligen und Engel um Marie!

Doch starb ich einst und meine Verse blieben

Und mein Gesang von deiner Schönheit Schau,

Soll sagen: „Den Poeten wollt ich lieben!

Dem wär ich Braut gewesen! eine Frau;

Dann denke, Frau: Du hättest mich verschmäht!

- Nur von Marie geliebt ist der Poet.

33

Heut gibst du Arbeit nicht und Dienst im Fleiß,

Heut gibst du mir ein grenzenloses Sehnen

Nach Gottes Paradies! O Lob und Preis

Dir, Gottes Paradies! da keine Tränen

Mehr fließen und kein Leiden, keine Plage

Mehr quält das Herz, Verzweiflung und Verdruß!

Da an dem ewiglichen Hochzeitstage

Die Weisheit spendet göttlichen Genuß!

Da wird mir auch Marien Minnekuß

Von ihrem lächelschönen Feigenmund,

Da wandeln wir vereint am Lebensfluß,

Vermählt vereint in Jesu Herzensgrund -

Da wir als Mann und Frau uns ewig minnen,

Ist in der Gottheit unsre Liebe innen!

2. ZWÖLF HEILIGE NÄCHTE

(24.12.2002-6.1.2003)

„Alles an Schönheit der Liebe / durfte ich in meinem Herzen tragen.“

(Maria, durch: Franziska Maria von der gekreuzigten Liebe)

1

Mein Lieber! wenn du wüsstest, wie so sehr

Ich liebe dich - du weinst vor lauter Wonne!

So sagte mir die Gospa, die Madonne,

Da weinte ich ein Freudentränenmeer...

Sie hat sich ja zuerst in mich verliebt

Und dann so lang, so lang um mich geworben,

Bis ich vor lauter Liebe auch gestorben

Und liebe sie beseligt wie betrübt.

Ach, keine Sterbliche kann absolute

Hingabe geben wie Maria kann.

Sie sei Geliebte mir und ich ihr Mann,

Als Schönheit schwimmt sie mir auf meinem Blute.

Im Sommer meines Wahnsinns liebt ich sie,

Es war mir wie das erste Paradies -

Der in den Apfel der Erkenntnis biß -

Und fand doch heim zur Minnesympathie.

Da sang ich ihr den Schoß der Morgenröte,

Da sah ich in der Sterbenden die Maid,

Da wurde mir ein Rosenkranz geweiht,

Da blies die deutsche Dichterin die Flöte,

Da weihte Jene mich durch Edith Stein

In das Geheimnis ein der Ewigen Frau,

Die trat im roten Rock und Mantel blau

Mit meinem König Christus bei mir ein!

Dann, schau, dann bin ich jetzt im Paradies!

Nicht mit dem ausgedörrten Herrn der Lauen

Und dem der Schriftgelehrten - Unsrer Frauen

Gebenedeite Frucht, sie ward mir süß!

Nachfolge seines Kreuzes führte mich

Zu der Idee, der ich nun ganz gehöre.

Fern der Gebärerin wird keine Ehre

Dem Sohn, der liebt die Mutter inniglich.

Bin fremd ich in katholischer Kapelle,

Ist mir, daß ich den Herrn alleine trage,

Dann berg ich in Maria meine Klage,

Dem Meerstern über meiner Trauer Welle.

Wie Wunderbares wird in dir gepredigt,

Stadt Gottes, himmlische Jeruschalaim!

Und Petrus schenkt ein Bild: Das soll mein Reim

Besingen: wie der Herrlichkeit entledigt

Ein kleines Kind liegt in der Krippe, schau,

Ist Gottes Zärtlichkeit und holdes Minnen

Und wird bedeckt von schlichtem weißem Linnen

Und von den Blicken Unsrer Lieben Frau.

Maria schaut mich an mit warmem Blick.

Du segnest alle mit dem Jesus-Segen,

Den Segen deiner Huld auf mich zu legen -

Mein Leben, meine Zuversicht, mein Glück!

2

Die Torheit einer glaubenslosen Freundin

Erzürnte mich und schlug die Freude nieder.

Mein Gott, mein Gott gab mir den Frieden wieder,

Befreite mich von meiner Minne Feindin.

Und nahzu selig in der Gottesschau

Des Preisgebetes sagte ich mein Ja

Zu allen Wegen meines Gottes. Da

Trat hold zu mir die Schönheit Unsrer Frau!

Ich sprach: Ich geh jetzt heim zu meiner Frau!

Als ich von meiner Minne Feindin schied,

Entzückt von Ihrer Wimper, Ihrem Lid,

Von Ihres zauberhaften Blickes Tau!

Sie ist gesegnet mehr als alle Frauen,

Mit Weisheit, Schönheit und vollkommner Liebe!

Dagegen sind die andern Frauen trübe

Und lange nicht so lieblich anzuschauen!

Sie glaubte alles, hoffte alles, so

Hüllt alle Welt sie in die Liebe ein!

Ich bin der ihre ganz und sie ist mein,

Wie Sulamith war eins mit Salomo.

Sie nahm den Säugling und den Bräutigam

Zum roten Munde und zum weißen Busen.

Die Braut des Geistes, Königin der Musen,

Ist mit dem Sänger ihres Sohns zusamm.

Sie spendete die süße Milch der Liebe

Und gab den Kuß des Mundes ihrer Minne!

Chérie Marie, all deiner Wunder inne,

Ich mich in deiner Seele Jubel übe!

3

Weihnachten ward mir heilige Passion:

Den Mann der Schmerzen nicht die Schriftgelehrten

Und nicht gerechte Hohepriester ehrten

Und auch die Heiden nicht Marien Sohn.

O Einsamkeit des grollenden Propheten,

Der saß nicht unterm Volk in Fröhlichkeit,

War ganz allein in seiner Einsamkeit

Und angefüllt mit bitteren Gebeten.

Doch red ich Edles, nicht Gemeines, darf

Ich sein des Herrn und meiner Herrin Mund.

Frau Welt erstirbt in meines Herzens Grund,

Der ich Geduld den Kreuzesträgern harf.

Laß ab von allen irdischen Begierden

Und Eigenliebe laß und Eigenwillen,

Die Hoffnung soll dir deine Sehnsucht stillen

Und Herrlichkeit mit ihren schönsten Zierden!

Verachte du das Irdische und sehne

Dich nach dem Himmel, danke Gottes Gnade,

Daß er dich taufte in der Sehnsucht Bade

Und taufte dich mit mancher heißen Träne!

O laß uns in die Ewigkeiten wallen

Und müssen wir auch durch der Trübsal Schmerzen,

Maria führt zum Himmel unsre Herzen,

Da wird die Gottheit Alles sein in Allen!

4

Die andern Kinder sollst du alle lieben!

O Liebe Frau, sie sind so schrecklich dumm!

Du sollst sie alle lieben, Lieber, drum

Du weihe sie mit allen ihren Trieben.

Annahme ist die Liebe, auch das Schwere

Nimmt wahre Liebe an, um Jesu willen.

Ich will dich in dem Paradiese stillen

Als Liebe Frau der Morgensternensphäre.

Ja zu Enttäuschung, Ja zu Einsamkeit,

Ja zu der Torheit und der Bitternis!

Ich liebe dich, führ dich ins Paradies,

Dein Paradiesweib, deine Minnemaid!

Ihr lieben Frauen, laßt uns jetzt allein,

Wir sind wie Rehe und Gazellenböcke.

In Unsrer Lieben Fraue rote Röcke

Web ich mich als der rote Faden ein.

Ja, Unsre Liebe Frau vom Rosenstrauch

Besungen wird von Gottes Nachtigall

Mit vollen Überschwanges vollem Schwall,

Und aller andere Gesang ist Hauch.

Denn Gott allein, ja Gott, mein Gott allein! - - -

Denn niemand kommt zu Gott als durch den Herrn

Und zu dem Herrn als durch den Meeresstern:

Ich will dem Meerstern Minnesklave sein!

Ich bin sehr glücklich! sprach die Liebe Frau,

War glücklich über meinen Lobgesang.

Was David Jahwe war hebräisch-bang,

Bin ich der Lieben Frau so friesisch-rauh...

5

In liebenden Gefühlen und Verehrung

Und Dienst und Lob besteht Marien Kult.

Mir möge wirken ihrer Minne Huld

Des tieferen Geheimnisses Vermehrung:

Fortan gewirkt sei alles in Maria,

Fortan gewirkt sei alles mit Maria,

Fortan gewirkt sei alles für Maria,

Fortan gewirkt sei alles durch Maria!

In Ganzhingabe, Ganzverlorenheit

Und Ganzversunkenheit sei nur gesucht

Des allgebenedeiten Schoßes Frucht,

Dem Baum des Lebens all mein Sein geweiht!

In ihrem Feuerherzen mir begegnet

Brennende Jesusliebe fort und fort!

Ihr Herz sei meiner Läuterungen Ort,

Da mich die Glut der Liebe Gottes segnet!

Geführt von meiner heiligen Maria

Und eingeweiht der Sancta Mater Orden

Naht mir die Ewige Weisheit, fleischgeworden,

Eint meinem Fleisch in Minne sich Sophia.-

6

Das Allerheiligste ist Gottes Haus;

Mit einem weiten Vorhof für die Heiden

Und für die Heiligen der Minneleiden

Mit einem Heiligtum, da ein und aus

Die Frommen gehen durch der Pforte Flügel,

Und wo der Hohepriester ohne Makel

Anbetend tritt zum goldnen Tabernakel,

Auf seiner Stirn des Heiligen Geistes Siegel.

O Tabernakel, da die Gottheit thront,

Die Gottheit in der Gegenwart der Gnade,

O Wort der Weisheit in der Bundeslade,

Der gottbeschriebne Stein im Schreine wohnt!

Der Schrein des Sakramentes ist vom Schleier

Verhüllt, es öffnet heilig sich die Pforte,

Das Osttor tut sich auf dem Ewigen Worte,

Der Höchste schenkt sich in der Opferfeier!

Das Tabernakel mit dem Vorhangtuch

Ist Schoß Mariens, allzeit reiner Magd,

Dem schönen Busch, der uns das Blümlein bracht,

Das Blümlein mit des Geistes Wohlgeruch.

Das Blümlein ist die Ewige Sophia,

Die sich vereinigt in der Kommunion

Dem gnadenhungrigen Mariensohn

Und diese Frucht gereicht wird von Maria!

Die Kommunion ist hochzeitliche Lust

Mit Segensworten in dem innern Saal,

Wie der Gemahlin ruhet der Gemahl -

Der Jesusjünger an der Weisheit Brust!

7

Ich Sünder sündige in Gegenwart

Der Engel und der Heiligen, wohl wissend,

Ich bin des wahren Gottesruhmes missend,

Darum erbarme dich, o Gott von Art!

Enttäuscht von mir die Minnedame weinte...

Marie, wie kann ich trocknen deine Tränen?

Ich will betrachten, beten, will mich sehnen,

Daß Weisheit sich Unheiligem vereinte!

Will einer Unsre Liebe Dame trösten,

Der gehe willig in der Weisheit Schule!

Ein Staub, ein Hauch, ein Nichts ist ja der Buhle,

Doch Segen werde dem aus Huld Erlösten!

Die Sünde weiset mir, ich bin vom Staube,

Doch soll mich nicht die Staubigkeit anfechten:

Und fallen sie, aufstehen die Gerechten,

Und was sie auferstehn läßt, ist ihr Glaube.

Ich bet und bet und bet, das macht mich schön

Vor Jesus und Maria, bete Psalmen,

Zum Hosianna schwenke ich die Palmen,

Daß mich Barmherzigkeit und Liebe krön!

8

Die Jungfrau kommt in goldner Aureole,

Im grünen Kleid steht sie auf einem Thron,

Ist es ein Fels? (Ists eine Muschel schon?)

In ihrem Haar trägt sie den Stern vom Pole.

Ihr voller, roter, rosenschöner Mund

Mir lächelt minniglich und kußlich zu,

Da ich ihr Ave bete immerzu.

Willst du Prophet mir sein? so sprach sie, und

Ich sagte: Mach aus mir, was Jesus will!

Mein Herz fließt über von den schönsten Worten,

Ich sing die Königin von tausend Orten,

Der Menschentöchter Schönste, sanft und still.

Sie ist so schön, weil die an Liebe Reiche!

Der Seher sagt: Die Schönste aller Frauen!

Und wenn wir auch viel schöne Frauen schauen,

Maria ist die allzeit Ohnegleiche!

9

Sei glücklich, Lieber, ja, sei froh mit mir,

Denn ich erfreue mich an deiner Liebe,

Beschenken will ich dich mit meiner Liebe,

Denn ich bin glücklich, ja, bin froh mit dir!

Maria, alle meine Poesie

Soll deine Glorie und Schönheit loben!

Doch alle meine Sündenfluten toben

Und rein und lauter ist mein Lobpreis nie!

All meine Lieder sind so makelhaft,

Weil mir an meinem Herzen klebt der Makel!

O spende Heiligkeit vom Tabernakel

Und Läuterungen meiner Leidenschaft!

Denn ich muß heilig sein, um dich zu preisen,

Wie dir, o Gloria, es würdig wäre!

Mein Purgatorium, mein Stern der Meere!

Geselle einen Toren zu den Weisen!

Im Feuerherzen brenne alle Fehle

Aus meinem Herzen, daß im Himmel droben

Ich einsten weiß dich herrlicher zu loben,

Daß noch verliebter Gott in deine Seele!...

10

Ist meine Dame Minnekönigin,

Bin ich der Prinz, der junge Minneritter.

Zu ihrem Leid wird all mein Leiden bitter,

Wenn arm ich vor verschlossnen Herzen bin.

Auch ich, spricht sie, ich steh vor vielen Herzen,

Die meiner Minnegnade sich verschlossen,

Auch mir sind Tränen liebesweh geflossen,

Auch meine Seele kennt die Minneschmerzen!

Ich höre sie in der Ecclesia,

Hör singen ihre Stimme in dem Dom,

Die Chöre preisen sie im Sangesstrom

Und jeder Engel singt ihr Gloria!

O bless me, o Jehovah, give Thy Word,

Eternal Father and Eternal Son,

Eternal Holy Spirit - Three-in-One,

I will rejoice in Thee, o God my Lord!

Verborgen in der Heiligen Maria

Odmet das Allerheiligste im Saal:

Freund, trink mein Blut, bis zu dem Hochzeitsmahl,

Sprach König Christus, Göttliche Sophia!

11

Teresia von Jesus sprach, die Ehe

Mit Jesus sei ein gnadenreicher Bund,

Sei Gottes Kuß mit Heiligen Geistes Mund,

Doch auch Verzichten und Entsagen - wehe!

Unendlich reicher ist der Bräutigam,

Der göttlich ist, in dem der Mensch begann,

Als jeder Todesstaub-verfallne Mann:

Der Seele Lob, die Gott liebt monogam!

Des Geistes Segen in der Jesus-Ehe

Ist über aller sterblichen Verbindung,

Und kostet dieser Weg auch Überwindung,

Er führt doch in des Ewigen Vaters Nähe!

Auf sinnliche Erfüllungen verzichten

Mag der, der Keuschheitsopfer bringen kann,

Das Fleisch wird jubeln in des Geistes Bann,

Wir werden Gott mit unsern Augen sichten!

Ich lebe das Verlöbnis mit Maria,

Die Gottes Zelt, der Weisheit goldner Saal,

In ihr lädt mich der Geist zum Hochzeitsmahl

Der fleischlichen Vermählung mit Sophia...

Was kostet der Verzicht mich große Kraft,

Verzicht auf fleischliche und Sinnenliebe,

Wie stark sind in mir Sünder doch die Triebe,

Der sinnlichen Begierden Leidenschaft!

12

Wo sind die Freuden vom vergangnen Jahr?

O Freudenbotschaft meiner Königin,

Der ich ihr Sohn-Gemahl der Mystik bin!

O Ruhe in dem geistgesalbten Haar!

Erst führte sie mich in den Garten Eden,

Dann gab sie Ahnungen von Sankt Sophia,

Im Mai war Blaue Blume mir Maria,

Die lehrte mich im Sommerglück das Beten.

Im Herbste in der Stellvertreterin

Sah ich die junge Mutter mit dem Kind.

Am siebenten November in dem Wind

Ich tanzte mit Maria Königin!

In der Adventszeit war die Minnerin

Fürsprecherin in tätigem Gebet,

Da war ich Josef ihr in Nazareth

Und sie die wunderschöne Zimmerin.

Das ganze Jahr erlebt ich in Maria,

Und in den Dornen meiner Erdenliebe

Die Rose schaute ich der Himmelsliebe,

Da Spenderin der Weisheit ward Maria.

13

In meiner Wohnung eine große Stille,

Als wie ein Mantel Schnee auf Jungfraun-Firnen.

Auf lauten Festen tanzen hübsche Dirnen,

Und ich bin einsam: Das ist Gottes Wille.

Der Minnesänger in der Nacht allein

Empfängt ein Odmen Gottes, lieblich-lindes,

Madonna auf den Flügeln Seines Windes

Naht ihrem Sänger und tritt bei ihm ein.

Ihr dienen Mond und Sterne, die sie schmücken,

Die Königin des Weltalls unterweist

Mit Weisheit ihrer Heiligen im Geist

Und weiß so minniglich und sanft zu blicken.

Ja, einsam wie der Sänger war auf Erden

Madonna auch im Treiben vieler Dränger.

Madonna spricht: Du bist mein Minnesänger,

Zur Zither sing Gesang von Huld und Zärten.

Maria, deine Augen sind wie Tauben,

Wie du sah nimmer eine Frau mich an.

Mit dem Gebet laß du den Gottesmann

Hinüberschweben du in Edens Lauben.

O Liebe Fraue, schlafen wir beisammen!

Ich benedeie dich mit deinem Schoße,

Mit deinen süßen Brüsten, Makellose,

Und deinen Mund und deiner Augen Flammen!

Gesegnet, süßer Jesus, sind die Brüste,

An denen du, Immanuel, gesogen!

Einsamen Umgang habe ich gepflogen,

Den niemand anders als Maria küsste...

14

Marie, ich küss im Geiste Frankreichs Grund,

Provence und Pyrrenäen, Notre Dame,

Chérie Marie, je t’aime la plus belle des femmes,

Jeanne d’Arc geküsst sei von Marien Mund!

Die Protestanten von Britannien preisen

Den Vater und den Sohn und beider Geist -

In anderm Tone meine Seele preist

Die Gottheit meiner kleinen Minneweisen.

Was sagt Maria mir, der Minne Maid?

Im Tabernakel stille Gegenwart

Des heiligen Messias, Gott von Art,

In ihm verkörpert Gottes Zärtlichkeit.

Und grüße ich die Gottesmutter - Ave! -

Erscheint mir an dem Kreuze Jesu Christe,

Die Weisheit, reichend ihre Mutterbrüste,

Und senkt mich in den Schoß der Mutter: Jahwe...

Marie, Gesang aus meiner Seele löse,

Daß ich nicht singe nur die schöne Laura,

Auch Beatrice nicht in Sphärenaura,

Laß singen mich: La reine mysterieuse!...

Wo ist dein Minnesang, dein Troubadour,

Dein provencalisches Marienlob?

Mit deinem Stein der Weisen mich erprob:

Taug ich zum Lob vergotteter Natur?

Jeanne d’Arc von Gott war, Frankreich zu erretten,

Erwählt! Hat Jesus nicht auch mich berufen,

Maria auf der Himmelstreppe Stufen

Zu preisen in den minnigsten Sonetten?

Ja, Gottes Heilsplan gibt mir diese Rolle,

Ich sing und walle Medjugorjes Pfade,

Da Gottes Charme und Grazie und Gnade

Mir spendet die in Minne Gnadenvolle!

(Wie lieblich lächelt mir die Minnemaid.

Was lächelst du so lieb in meine Trübe?

- Da ich beschämt bin von so vieler Liiebe,

Sagt mir Madonna voller Zärtlichkeit.)

15

Herr, selig sind die Brüste jenes Weibes

Und benedeit das Heiligtum im Schoße,

Der Leib gelobt, den trug die Makellose,

Die Frucht sei angebetet ihres Leibes!

Wenn auf der Erde dich auch Millionen

Verehren und im Himmel Myriaden -

Ich liebe dich so sehr, o Frau voll Gnaden,

Ich möcht allein mit dir in Eden wohnen!

Der Liebende liebt doch die Einsamkeit

Mit der Geliebten (wie ich bei Therese

Von Jesus in der Innern Burg auch lese)

Und so will ich mit dir allein sein, Maid!

Auf Erden schon mit dir allein, verborgen;

Und wenn ich in den Himmel kommen darf,

Ich rede töricht: daß ich einsam harf

Mit dir im Rosengarten schöner Morgen!

O Liebe Frau und Minnekönigin,

Des Glaubenlebens minnige Geschichte

Im Herrn ich dir als meiner Herrin dichte,

Der ich mit dir in Gott verborgen bin...

16

Im Traume fühlte ich der Liebe Brennen

Zur Tochter, die der Vater innigst liebt,

Davon der Vater mir zu spüren gibt,

Darf ich Marien Tochtersein erkennen.

Am Morgen in dem glücklichen Erwachen,

Eröffnet mir die Schrift der Heilige Geist,

Da Gott die Braut Jeruschalajim preist

Und will sie kleiden in erwählte Sachen.

Und mit den Augen meiner Liebe schaut

Mein Herz Maria in dem Mantel weit

Und durch das leichte weiße Morgenkleid

Die Brüste heben sich der Minnebraut.

Die du den Engel der Verkündigung

Empfangen in der Früh (Gott ist mein Mann),

Die seh ich traumestrunken minnig an:

Und werd ich alt auch - werde ich doch jung!...

Wach auf, wach auf, o Braut Jerusalem,

Leg an, o Tochter Sion, deine Prachtgewänder!

Leg um die Arme goldne Perlenbänder!

All deine Schönheit ist s o angenehm...

17

Du unter Weibern benedeites Weib,

Dir werde alle minnige Verehrung!

O Liebe Frau, ich schaue die Verklärung

Und deinen glorienverschönten Leib!...

Mysteriöse Rose aller Rosen

Und reine Lilie in dem weißen Kleid!

Ich sehne mich vor sanfter Zärtlichkeit

Und möchte dich, o Minnerin, liebkosen!

Da warest du wie Maras Tochter Ruth,

Da warest du wie der Noomi Schnur,

Du hobest meine Decke, Lammes Schur,

Und warst mir, Heilige des Himmels, gut!

Da küsst ich deine Stirn und deine Hand,

Da küsste ich, Maria, deine Nase,

Das Türmchen schaut Dammaskus an - Ekstase

Das Feueropfer meiner Minne fand -

O Feuerflamme du im Dornenbusch,

Mit der gesprochen Jahwe Sein Gebot -

O Scharlachschnüre, o Rosinenrot -

Oh laissez moi baiser ta plus belle bouche!...

18

Ja, Jesus freut sich über deine Liebe,

Durch mich will er dir große Gnaden geben!

Ich hab dich auserwählt, mit deinem Leben,

Mit aller Geistigkeit und allem Triebe.

Hab keine Angst: Ich lieb dich, bist du fern.

Doch denk daran: Im Beten Freude finde!

Nicht nützlich ist dir jede Art von Sünde!

Gott ist die Liebe, ja, ich hab dich gern!

19

Sophia-Logos hat im Anbeginne

Berufen mich, in Jesus Sohn zu sein.

Zum Reiche Seiner Herrlichkeit lädt ein

Mich Jesus Christus durch die Weisheitsminne.

Gott, der das Leben ist - aus purer Lust

Schuf Gott das All in lauter Schöpfungswonne!

Im Auferstehen Seiner Morgensonne

Ruft Gott sich Seine Menschheit an die Brust!

O Gott, o Gott, o Gott du Bräutigam!

Ausruhen wird Frau Shabbath von dem Trubel

Und in der ewigen Vermählung Jubel

Schmiegt sich Jeruschalajim an das Lamm!

O Weisheit, Mutter du der Schönen Liebe

(Wie Jesus Sirach sagt in der Vulgata),

Du Künstlerin! du Kind der Immaculata!

Mein Sein allzeit in deinem Leibe bliebe!

Die Weisheit geht in ihrer Fleischgestalt

Ein in mein Herz, ich werde ihrer inne.

Du Gottheit aller Schönheit, aller Minne,

Du bist die Liebesglut! (Frau Welt ist kalt.)

20

Am Anfang war das Wort, Gott ist das Wort,

Das Wort der Weisheit ist in Jesu Namen.

In Jesus ist ein ganzes Ja und Amen

Zur Schöpfung und zur Menschheit immerfort.

Maria ist die Antwort: Ja, ich will!

In ihrem Ja das Ja-Wort der Gerechten,

Die Königin des All mit tausend Nächten,

Sie sagt noch heut ihr Ja-Wort magdlich still.

Wer immer Ja zu Logos, zu Sophia,

Wer immer spricht sein Ja in der Bekehrung,

Der spricht sein Ja der heiligen Verehrung

Des Allerhöchsten immer in Maria.

Maria ist die Schöpfung, die Natur,

Die Menschheit in dem Bilde einer Frau,

Daß sie sich Gott mit ihrem Ja-Wort trau,

Der spricht sein Ja zu aller Kreatur.

In Jahwe ist ja lauter Ja-Wort da,

Denn Gott ist hochzeitlicher Gott der Minne!

O Herr, du aller Minnequalen inne,

Sprachst du zu Liebe und Passion dein Ja!

21

Die Taube brütet überm Meere (Majim)

Und Mariam als Stern des Meeres glüht,

Die Minnerin, die Ischa Schullammyth,

Maid Jahwes, Himmlische Jeruschalajim!

Gefallen euch die Lieder, Liebeskranke?

Ich durft als Minnefalke oben horsten

In Zions Zedernwipfel! Sänger Torsten

Weiht diesen Minnesang: Maria Schwanke...