SONETTE DER WEISHEIT UND MINNE

VON TORSTEN SCHWANKE




SONETTE DER WEISHEIT



ERSTE ABTEILUNG


(Herbst 2003)



I. AN MICH SELBST



1


Geburtstag ist, es ist mein Tag der Tage,

Gedenk ich mein in Wehmut, stiller Klage.

Wen hab ich heute liebevoll gegrüßt

Und wer hat den Geburtstag mir versüßt?


Der Wonne wenig ist und viel der Plage,

Die Einsamkeit ist mächtig, ohne Frage.

Ich hab gebetet heut zu Gott als Christ

Und eine Wunderschöne nicht geküsst!


Die Sterne tanzen heute einen Reigen

Voll mystischem geheimnisreichem Schweigen

Und mit den Stacheln stechen Skorpione,


Und Nacht allein vom königlichen Throne

Vermag die Schwermut mir zurückzugeben:

Wie nacht ist eines Trauerschwanes Leben!



2


Heut habe ich gebetet und gedacht,

Bin ich aus ewiglicher Mutter Nacht

Geboren oder Herrlichkeit des Lichts,

Aus Gott geboren oder aus dem Nichts?


Ich sage auch im Maße des Gedichts:

Das Wort des Ewigen, mein Leben sprichts,

Ich bin als Gottes Wort im Fleisch gemacht

Und habe Teil an Jesu Christi Macht.


Ein einzigartiger Gedanke bin

Der Weisheit ich, die meine Meisterin

Und Mutter ist, die mich ins Sein geboren,


Die mich in Jesus Christus auserkoren

Und die mir in mein Lebensbuch geschrieben:

Gott, deine Mutter, sollst du ewig lieben!



3


Was tue ich am Feiertag allein

In meinem Kämmerlein? Ich trinke Wein

Aus reingeschliffenem kristallnem Becher,

Den mir die Schöne schenkte, Evi Becker.


Ich grüße die Madonna als ihr Zecher

Und Jesu Blut, den Totenauferwecker!

Ich gehe in der Dichter Musenhain

Und les der Liebeslieder Lieblichsein.


Das steht nicht an dem gottgeweihten Christen,

Daß er am Festtag wird zum Egoisten,

Daß alle Welt allein um ihn sich drehe!


Ich lebe mit dem Wein in mystischer Ehe

Und werd vom Kummerlöser selbstvergessen

Und zelebrier als Priester Heilge Messen!



4


Ich danke meiner Mutter für die Wehen

Zur Mitternacht bei eines Schneesturms Wehen,

Als arme Vöglein fanden nirgends Futter,

Im Meer verloren trieben Fischerkutter.


Ich dank Maria auch, der Gottesmutter,

Immanuel gab sie von Seim und Butter,

Was Mutter heißt, vermocht er zu verstehen,

Wie ich, seit sich Maria gibt zu sehen.


Ist nicht Maria Mutter aller Menschen,

Nicht Mutter auch der armen Friesenländschen?

Sie ist der Mutterschoß, der mich geborgen


An einem mystischdunklen Sonntagsmorgen,

Da ich im Linnenkleid aus Winterschnee

Die ew’ge Mutter sah, die liebt’ mich je!



5


Seit ich geboren an der Meeresküste,

Such ich die mir verwehrten Mutterbrüste

Und möchte wieder in den Mutterschoß,

Als wär ich dort der Liebesleiden los.


Vergebens, nie mich die Geliebte küsste

Und ließ mich nicht ins Paradies der Lüste

Und ließ mich nicht in ihren Frauenschoß

Zur Neugeburt im Weib, der Hülle bloß.


Das nennen Weise Gegend der Verbannung!

Und woher nehm den Mut ich zur Ermannung,

Daß ich mich in Geborgenheit noch lab?


O Hoffnung! Mutterschoß ist Mutter Grab!

Und durch den Jungfraunschoß der Pieta

Sterb ich in Gottes Schoß... und ich bin da!



6


Bereit, die Frauen immerdar zu loben,

Hab ich den Ruhm der Herrlichen gewoben.

Doch heute lob ich einmal selber mich,

Nenn Gottes Ebenbild mein liebes Ich!


Wer singt die Minne also meisterlich

In dieser Gnadenzeit, da königlich

Zum Kuß mir meine Muse kommt von oben:

Die Friedenskönigin in Schwanenroben!?


Das Selbstlob, heißt es, nur dem Neide stinkt,

Doch Wohlgeruch dem Dichter, welcher trinkt

Vom Quell Kastaliens, vom Quell von Lourdes.


Der Muse Stern stand über der Geburt

Des Dichters, daß er aller Gnaden inne

Die Herrin sing, die Gottheit seiner Minne!



7


Wohin die Blüten sind der Jugendzeit

Und auch der Kindheit Sagenwelt so weit?

Vergangen im Vergangnen alles ist,

So schwindet dieses kurzen Lebens Frist!


Wo ist ein Sinn bei aller Nichtigkeit,

Da nun das Alter naht der Ewigkeit?

Wo bleibt mein Ich, wenn mich die Welt vergißt?

Gott denkt auch heut an dich, mein lieber Christ,


Gedenkt auch heute dein und immerdar,

Und flüchtiges Geschick ist wunderbar

Im Ewigen versiegelt und bewahrt!


Was flüchtig war, vergänglich war, und zart

Gewoben aus Hinfälligkeit und Nichts,

Vergeht. Ich dauere im Tag des Lichts.



8


So oft hab ich bei Frauen vorgesprochen

Und als ein Falter Rosenduft gerochen

Und Hirtinnen geflötet mit Theorben

Und Königinnen auch am Hof umworben,


Nun aber, weh mir, ist mein Herz gebrochen,

Läßt sich von Frauen nicht mehr unterjochen,

Ist lang schon Amors Götzendienst gestorben,

Hat eine andre Dame sich erworben:


Die einzig wert zu liebende Madonna!

So gnadenmütterlich wie meine Nonna

Und wie die Herrinnen der Minne reizend -


Doch nicht wie Frauen mit der Liebe geizend!

Weil sie mich liebt und führt mich himmelwärts,

Weih ich Maria mein gebrochen Herz!



9


Wenn ich an den Geburtstag abends denke,

Die Ärmlichkeit der menschlichen Geschenke

Und auch an meine eigne Ärmlichkeit -

Bin ich zu einem Dankgesang bereit:


Die Ewigkeit besuchte meine Zeit

Und meine Gottheit hat sich mir geweiht

Und Jesus selber ward mein schöner Schenke,

Da ich mich in sein heilig Blut versenke:


Denn ungeschuldetes Geschenk ist Gnade

Und neugeboren ward ich in dem Bade

Und liebeselig durch die Minne zart,


Die sich in meinem Jesus offenbart

Und mir, was immer Welt darüber denkt,

Den Glauben an die Liebe mir geschenkt!




II. AN DIE GELIEBTE



1


Geliebte, wenn ich deine Stimme höre,

Wünsch ich, wie Dichter sagen, blind zu sein.

Wenn vor der Morgenröte Vögelchöre

Lob flöten ihrem ersten Dämmerschein,


Ists süß wie deine Stimme, wenn im Wein-

Gelände abends die Zikade zirpt

Und wenn die Nachtigall des nachts allein

Der Rose singt und wenn der Singschwan stirbt


Und wenn der Tauber um die Taube wirbt

Und wenn den Tod besingen Trauerschwäne

Und tönt der Sphäros-Ton, der nie verdirbt,

Und singt die planetarische Sirene


Die kosmischen Gesänge, Seraphime

Gott singen - also süß ist deine Stimme!



2


Das mag wohl sein, daß Weisheit zu erwerben

Die Leidenschaft muß ausgeglichen sein,

Daß Weise müssen der Begierde sterben

Und leidenschaftlich lieben Gott allein,


Das mag wohl sein; die Wahrheit ruht im Wein,

Und wenn ich in der Nacht den Rotwein trinke,

Geht mein Gemüt in die Geliebte ein,

In deren Schoß in Liebe ich versinke.


Und in dem Meer der Leidenschaft ertrinke

Ich singend, in der Liebe Ozean;

Zum letzten Mal ich mit den Wimpern winke

Und sterbe hingewürgt vom Liebeswahn -


Wahn kenn und Weisheit ich und Liebe: die

Ist wahrlich eine göttliche Manie!



3


Poeten gibt es, welche wie der Falter

Von einer zu der nächsten Blume flügeln,

Viel Göttinnen besingen zu dem Psalter

Der Liebe, Göttinnen auf allen Hügeln.


Besiegelt Herz und Hand mit deinen Siegeln,

Durchschossen von der Spitze deiner Haare

Bin ich, der Weisheit Sohn, nicht auszuklügeln,

Dein Sänger, o du Schöne, Gute, Wahre!


Des Apfels Preis sei deinem Apfelpaare

Mit den Rosinenspitzen deiner Brüste!

Gedenk ich Monde später noch und Jahre,

Wie meine Muse ihren Dichter küsste!


Seit du die Muse, ists im Jahre Sechs -

My goddess of the sweetest female sex!



4


Ach, leider darf ich meine Liebe nicht

Gestehen dir, dein Cavalier servente

Und Hausfreund, lesen willst du das Gedicht

Nicht mehr, wenn Liebe dir mein Lied bekennte.


Aus Haß und Liebe sind die Elemente

Geboren, sagt der Weise; doch der Sieg

Wird der der Liebe sein am Weltenende;

Und sagen Weise, Vater ist der Krieg,


Ist Frieden die Geliebte! Weil sie schwieg,

Vertraue ich mein Lied der Zukunft an.

Mein Schwan des Sanges, in die Zukunft flieg,

Ins Reich, ins tausendjährige, und dann


Wird sie, die nimmer sehn wird das Verwesen,

Die Himmlische, mein Lied der Liebe lesen!



5


Mit Fegefeuer bist du meinem Herzen

Und mit dem Blut des Lammes eingeschrieben!

Gemalt bist du ins Lebensbuch der Schmerzen

Mit einem Pinsel aus Gelüst und Lieben!


Vergaß ich dich, bin ich doch treu geblieben,

Auch konnte keine neben dir bestehen.

Verheiratet bist du mit meinen Trieben

Und im Gebet kann mein Gemüt dich sehen.


Wie könnt ich deiner Schönheit widerstehen

Und deinem Lächeln, damit du mich kost,

Und deiner Schwangerschaft und deinen Wehen

Und deiner vollen runden Brüste Trost?


Mir nicht Verbundene, du immer neu

Bezaubernde, ich bin vor dir nicht frei.



6


Allmächtige Göttin!* Jüngst hast du geboren

Und tauchst als Jungfrau wieder aus dem Bade!

Ich huldige dem Staub vor deinen Toren,

Nenn dein Gemach Jerusalem von Jade,


Ich stürm zu dir auf Cherubs Feuerrade

Und schleiche von dir fort wie eine Schlange,

Ein Wurm, ein Sklave deiner Huld und Gnade,

Der an der Spitze deines Haares hange,


Mich schmiegte schmeichlerisch an deine Wange

Und stürbe hin in deinem Frauenarm

Und sterbend opferte im Lobgesange

All meine Seligkeiten deinem Charme -


Dich zu verherrlichen werd ich zunichte,

Allmächt’ge der anbetenden Gedichte!


(* Der Fromme verzeihe diesen emphatischen Ausdruck.)



7


In meiner Jugend liebt ich einen Schatten

Im weißen Schleier, einen bloßen Traum,

Als Duft durchwallte er die Blumenmatten

Und hatte Angesicht und Stimme kaum.


Als ich ein Mann ward, unterm Lebensbaum

Sah ich dich Frau in Prachten und Geprange,

Du tauchtest nackt aus meines Traumes Schaum

Und wandest um die Lenden dir die Schlange.


Da strebte ich zu dir in Schwall und Drange,

Du warest nah und bliebest doch so ferne,

Ich wurde reif zum rühmenden Gesange

Und sang dich Herrin in dem Kranz der Sterne


Auf einem Muschel oder einem Mond -

Und starb - bevor ich je dir beigewohnt.



8


Du bist so wunderschön wie Abigail

Vom Karmel, aber Gattin eines Toren.

So bleib ich einsam, Vielgeliebte, weil

Du einen andern Mann dir auserkoren.


So hab ich Muße zum Gebet der Horen.

Wer Weisheit forschen will, allein muß sein.

Ich geh nicht in der Ehewelt verloren

Und teil mit dir nicht deines Alltags Pein.


Doch, Rose, seh ich deinen Purpurschein

Und darf von dem und jenem mit dir plaudern

Und staunen deine Schönheit an! Beim Wein

Allein des nachts befällt mich Eros’ Schaudern!


Daß ich in Schönheit zeug, ins Wesen dringe,

Dich, Göttin, als das Bild der Gottheit singe!



9


Dein Angesicht ist schön wie halber Mond,

Melodisch halb erleuchtet von der Pracht

Der schöngewölbten Wange glutbewohnt

Und halb von deiner schwarzen Haare Nacht.


Da seh ich Weisheit an, die Künstlerin,

Die schuf dich als erlesenes Geschmeid

Und gab dir einen sanften stillen Sinn

Und fromme Demut dir in deinem Leid.


Du bist der Armut große Königin

Und reicher ist dein Herz als das der Reichen.

Du liebst die Weisheit und du gibst dich hin

Der namenlosen Gottheit ohnegleichen


In süßer Stimmung des Gemütes fromm.

- In meine Arme, Vielgeliebte, komm!





III. AN DEN LIEBLING


(für Juri)


1


Schau, Gottes Freund, der junge David, der

War oft verliebt in viele schöne Frauen,

Der sprach dereinst im schönen Morgengrauen

Zu Jonatan: Mein Freund, ich lieb dich sehr,


Ich liebe dich, mein Freund, ich lieb dich mehr

Als alle schönen vielgeliebten Frauen,

Ich schenke dir im Ew’gen mein Vertrauen

Und dir, mein Liebling, meine Liebe schwör!


So, lieber Juri, also lieb ich dich,

Und deine Liebe ist mir wunderlicher

Als alle Frauenliebe dieser Welt!


Ist keiner doch als Juri königlicher

In meinem Herzen liebesköniglich

Und niemand so zu Gottes Dichter hält!



2


In Maienzeiten großer Liebesschmerzen

Um eine schöne, doch verschlossne Frau,

Da warest du mein Trost des Ew’gen, schau,

Mit dir konnt ich noch unter Tränen scherzen,


Als du dich angeschmiegt an meinem Herzen

Und schautest aus den Augenblumen blau,

Den blauen Himmeln ohne Tränentau,

Mit Seelenfunken drin wie Sternenkerzen.


Ob da im Morgengrauen graue Spinnen

Altweiberlich in feuchten Büschen hingen,

Wir spielten mit der lieben Sonne Ball!


Ich will nicht mehr nur aus verschmähtem Minnen

Den schönen, doch verschlossnen Frauen singen:

Mein Lieb, dir weih ich meines Liedes Schall!



3


Freund, naht der Herbst des Lebens, naht das Dunkel,

Da stürzen aus den Augen Tränenregen,

Da bist du mir der lieben Sonne Segen

Und strahlst im Herzen mir wie ein Karfunkel.


Dein Lächelblick, dein strahlendes Gefunkel

Weiß Licht von Gott in mein Gemüt zu legen,

Mein lieber Engel du auf dunklen Wegen,

Wenn wir in Wiesen gehen voll Ranunkel


Und wenn wir fröhlich klettern auf die Bäume

Und ich dich setze dann aufs junge Roß

Und dann dich füttere mit Zuckerkand,


Dann flüchten meine dunklen Trauerträume

Vor deinem Zauberstab, du Segenssproß,

Und lachen kann ich in der Liebe Land!



4


Du zeigst mir in den Wiesen grüne Tannen,

Gemeinsam hängen wir daran die Kerzen

Und goldne Äpfel auch und goldne Herzen,

Wir still uns auf den Nikolaus besannen,


Und wenn die Hühnchen braten in den Pfannen,

Dann wissen wir vom Nikolaus zu scherzen,

Der mag besonders liebe Kinder herzen,

Da weiß ich die Erwartungen zu spannen,


Dann kommt das Jesuskind durch den Kamin

Und legt Geschenke untern Weihnachtsbaum

Und steigt zum Himmel wieder heimlich still.


Dein Auge groß vor solchen Wundern schien

Und hielt den lieben Gott für schönen Traum,

Der dich wie eine Mutter lieben will!



5


Mein Liebling, wenn ich Angst vor Schmerzen hab,

Dann denke ich mit banger Seele an

Dein Angesicht, das ist mein Talisman,

Du lachst wie Auferstehung aus dem Grab!


Wenn mir das Schicksal wehe Schmerzen gab,

Dann trag ich es, mein Freund, als Gottesmann,

Weil ich im Weh an dich gedenken kann,

Weil du, mein Lieb, bist meiner Seele Lab.


Nun tret ich in das Offne, in die Sonne,

Ist alles überstanden, alles Härmen,

Mir ist als ob ich Juri danken solle,


Weil er mein Trost im Weh, nun meine Wonne,

Da will ich ihm die süßen Füße wärmen,

Die Engel spinnen dazu Lammeswolle.



6


Mein Liebling, du bist durch mein Lied bekannt,

Wir freuen uns an dir mit immer festern

Gefühl der Liebestreue, heut wie gestern;

Der Liebling, der bei Gottes Dichter stand


Als Engel Gottes in der Liebe Land,

Die beiden Sperlinge in Gottes Nestern,

Sie sind der Liebe Ruhm! Die schönen Schwestern

Beneiden mich um Juri vielbenannt,


Sie schreiben mir in schönen Liebesbriefen,

Die Frauen, die mit andern Männern schliefen,

O du mein Herzensdieb, ich deine Beute:


Dein Liebling weiß mit Liebe dich zu laben,

Ich möcht wohl auch solch einen Liebling haben,

Im Leiden Liebe und im Frieden Freude!



7


Sitz nachts ich melancholisch vor dem Wein

Und trink die Tränen meiner Traurigkeit

Aus tiefem Becher meiner Einsamkeit

Und lieg ich auf dem Canapee und wein


Und trink das herbe Blut der Liebespein,

Unglücklicher Verliebtheit stets geweiht,

Find keine Liebe ich in dieser Zeit

Und bin in dunkler Seelennacht allein -


Dann denk ich, Liebling, an dein Angesicht

Und schon getröstet ist die Bitternis

Und alles herbe Weh wird mir zur Wonne,


Dann geht in mitternächtlicher Finsternis

Statt müden Mondes auf die liebe Sonne,

Die Finsternis, mein Lieb, ist in dir Licht!



8


Schutzheiliger des Lieblings ist der Ritter

Sankt Georg, welcher tötete den Drachen,

Sankt Juri heißt er in den Slawensprachen.-

Der Held kommt in befreiendem Gewitter,


Befreit die Frauen aus Verbannung bitter

Und aus Gefangenschaften, Ungemachen,

Schenkt Kindern Afrikas zurück ihr Lachen

Und legt die armen Kinder an der Mütter


Vertrauensreichen Busen - wo auch du

So lang getrunken, du der Liebessatte

An Tröstung einer reichen Mutterbrust!


Sankt Juri, der für dich gebetet hatte,

Erbitte dir in diesem Leben Lust

Und in dem kommenden die ew’ge Ruh!



9


Die Weisheit Gottes hat als Kind gespielt

Vor Gottes ewiglichem Schöpferthron,

In ihr geschaffen Rose sind und Mohn

Und alles Wasser, das im Sommer kühlt,


Der Gott, nach dem mein Herz und Seele zielt,

Ist Mensch geworden in dem Gottessohn,

Dem Jesuskind auf Sankt Marien Thron.

Ich hab die Kindlichkeit des Herrn gefühlt


In meinem Herzen, Lieb, als ich dich sah

Vertrauensselig in der Mutter Arm

Gelegt an ihre reiche Mutterbrust -


Wie Jesus an Marien Busen ja

Getrunken hat; sie sah zu ihm voll Charme,

Weil Jesus war der Mutter ganze Lust!




IV. AN DIE MADONNA



1


O Gottesmutter, alle Frauen werden

Zu Müttern, die sie Söhne Gott gebären.

Hilf du mir, alle Mutterschaft zu ehren

Als Gottes Gabe: Fruchtbarkeit auf Erden.


Die Säuglinge mit süßesten Gebärden

Zu wilden Söhnen werden, die sich wehren,

Die kämpfen mit den Löwen und den Bären

Und gehn verloren aus den Hirtenherden.


Was wird es mir zur Last? Ich kenn die Frau

Als Jungfrau nur, als angesungne Braut.

Ich bleib allein zurück, der Eremit,


Der Dichter, der dich singt, die Blume blau,

Der dich allein auf deinem Monde sieht,

Allein dich makellose Jungfrau schaut.



2


Sie zahlen draußen alle ihre Zölle

An Mammon oder Aschera und Baal,

Sie wohnen alle in dem Todestal

Und stolpern über teuflisches Gerölle.


Es regnet Pech, als ob die Sintflut schwölle,

Und jeder Trank ist ekelhaft und schal,

Ums faule Aas kämpft Geier und Schakal,

Und meine Seele wandert in der Hölle


Und ruft zur reinen Jungfrau: Die du prangst

In Reinheit mit dem Zepter deiner Lilie,

Die Hölle wandle du zum Garten Eden!


Du wandelst meine Angst in Christi Angst,

Die Seelenangst der nächtlichen Vigilie,

Ich will wie Christus beten, beten, beten!



3


In meiner Seele ist es dunkle Nacht

Und Schweigen - niemand mit der Seele spricht,

Kein Mensch hat für die Seelennacht ein Licht,

So laut Frau Welt auch an dem Tage lacht,


In mir ist Stille, nur mein Dunkel wacht,

Ist nicht ein Stern und nicht ein Angesicht,

Mein Herz vor lauter Nacht des Lebens bricht

Und stürzt mit meiner Seele in den Schacht:


Da ist ein dunkler Raum, der Raum bist du,

Das Allerheiligste, der Seelengrund,

Da ist Geborgenheit in deinem Schoße.


Ich starb, das Wesen ruht in deiner Ruh

Und sinkt ins Ewige... mit süßem Mund

Küsst mich der Geist im Schoß der mystischen Rose!



4


Ist noch ein Mensch so einsam in der Welt

Und fürchtet sich wie ich vor seinem Schatten?

Was raschelt da: das Herbstlaub oder Ratten?

Ist es ein Engel aus dem Sternenzelt?


Mein Schiff ist in der Nacht am Riff zerschellt,

Wie tot lieg ich in Asphodelenmatten

Und weine in unendlichem Ermatten

Die Seele aus, die nichts in Armen hält!


Du sprichst zu mir: Ich höre deinen Jammer

Und kenne deine Not und Todeslust

Und sag dir meine treue Liebe zu -


Komm, hier ist eine warme, lichte Kammer,

Ein Lager da, da bette dich zur Ruh,

Da ruh als Myrrhebund an meiner Brust!



5


Die Straußin legt die Eier in den Sand

Und sorgt sich nicht, ob jemand sie zertritt,

Sie geht davon mit flügellahmem Schritt

Und fliegt nicht wie die Störche über Land.


Gott gab ihr Weisheit nicht aus seiner Hand,

Woran die Seele eines Küken litt,

Nahm Schicksalswind es in die Wüste mit,

Wo unbarmherzig war der Sonne Brand.


Vergißt auch eine Mutter ihren Sohn,

So wird der Herr nicht seinen Sohn vergessen

Und nimmt ihn auf an seiner Mutter statt.


Nun saug ich an der Brust und trink mich satt,

Jerusalem, auf deiner Schenkel Thron,

Maria, nie werd ich dir das vergessen!



6


Zwar liebte ich und sang in Minnesprach

Und war ein Frühlingssturm im Minnewerben,

In Linden liebe Namen einzukerben,

Und doch war Liebe das was mir gebrach.


Ist keine in des Herzens Brautgemach

Geblieben, da die Zeit sie all mit herben

Vergehn geholt, die Schönheit zu verderben,

Umsonst mein heißes Herz mir brach und brach!


Die Rosen welken und Zypressen modern,

Die Haut wird faltig und die Brust erschlafft,

Ich seh an ihnen nahn mein eignes Alter.


Du makellose Rose, ich dein Falter,

Im Tod noch unbesiegter Leidenschaft,

Marie, für dich sieh deinen Minner lodern!



7


Der Sommer war sehr heiß, da war ich bloß

Und nackt an meinem Leib von jedem Kleid,

Da sehnt ich mich nach Herbstes Dunkelheit,

Wenn Nacht geheimnisvoll, ein Garten groß,


Da Reben kommen aus der Erde Schoß

Und in Gedanken ruht die Einsamkeit.

Kommt meines Lebens Herbst, ists nun so weit?

Der Sommer meines Lebens freudenlos


Von unerwiderter Verliebtheit Minnen,

Wend ich mich nun zu deinem dunklen Glanz,

Du meiner Einkehr goldener Oktober.


Maria wartet meiner minnend innen,

Mein Rosenkranz ist der Sonette Kranz,

Und unter Tränen bin ich Minne-Lober.



8


Maria, o Geheimniskönigin,

Du bist der Mutterboden meiner Seele,

In den gesät die göttlichen Juwele,

Drei Schätze: Weisheit, Gottes Geist, Ich-bin!


Du meiner Seele Tempel und Gewinn,

Du Schatzhaus unter allem meinem Fehle,

Windkammer du dem Odem meiner Kehle,

In dir blüht Geist in mir zu Christus hin.


Von Fahnen und von Bannern du umschwungen,

Der Heerschar unbefleckte Führerin

Mit Siegerinnen-Fuß, du starke Frau,


Beschütze deinen Träumer, deinen jungen

Poeten! Leiden wird mir zum Gewinn,

Die Blume Gott beträuft mein Tränentau!



9


Ich, Gottesmutter auf dem Zionshügel,

Besiegle meinen Bund mit Torsten Schwanke,

Ich als die Lilie, als die blau und blanke,

Der Gottesschönheit unbefleckter Spiegel,


Umfange ihn mit meinem Schwanenflügel,

Gewiß, ich bin sein lieblichster Gedanke,

Ich bin sein Lied - für jedes Lied mein Danke,

Ich lege ihn auf Herz und Arm als Siegel.


Auf Erden bin ich ihm der Hoffnung Zeichen,

Verbindung ihm zu einem tiefen Glauben

Und Stellvertreterin der Gottesliebe.


Im Heimgang führ ich ihn zu Himmelreichen

Der Weisheit, wo wir turteln wie die Tauben,

Er eins mit mir Gott liebt, wie ich ihn liebe!



10


Ich bin vor lauter schwarzer Schwermut krank

Und einsam unterm unbesuchten Dach,

Die Stärke ist dahin, nun bin ich schwach,

Ich weine nur die dunklen Tage lang


Und weine alle Nächte weh und bang

Und sitz vor meinem Kelch der Tränen wach

Und mein Gebet ist nur ein Seufzer, ach,

Und Weise lehren: Sag fürs Leiden Dank.


Du aber, junges Mädchen, Jungfrau weiß

Wie eine Lilie aus dem Paradeis,

Zeigst deine Hand mit großem rotem Ring,


Die ich beringter Hand in Minne grüß

Und die holdselige zartminnig küss

Und Liebe dir im Flor der Tränen sing!



11


Wo euer Schatz ist, da ist euer Herze -

Und du, geliebte Herrin, bist mein Schatz!

Von lauter rotem Golde dein Besatz,

Die Füße dein als wie von goldnem Erze,


Geläutert Silber du, mit allem Schmerze

Geläutert, allerreinster Marmorplatz

Jerusalems, smaragdener Versatz

An deinem Thron, da leuchtet meine Kerze,


Du allerreinster Jaspis, reine Jade,

Du transparent wie Glas und wie Christall,

Du Siegelring aus allerreinstem Gold!


Mein Schatz bist du, du Schatzhaus aller Gnade,

Du Schoham-Edelstein vor Evas Fall,

Du bist mein Schatz, o Herrin, und mir hold!



12


Maria, hör, ich bin voll Traurigkeit,

So ohne Liebe waren meine Träume,

So kalt und feindlich alle dunklen Räume

Und selbst die Allerliebsten fern und weit.


Nun schleiert Nebeldunst die Morgenzeit,

Verhüllen feucht der lieben Sonne Säume.

Vor meinem Fenster stehen Friedhofsbäume

Und hüllen sich mit feuchter Trauer Kleid.


Ich denk an die Geliebte, muß mich sehnen,

Jedoch ich will nicht mehr um Liebe betteln,

Der Pfeil der Liebe bohrt sich ein mit Gift!


Maria, schau du meine Trauertränen,

Sie netzen die Sonette auf den Zetteln,

Die schreib ich dir mit feucht verwischter Schrift.



13


Du bist so schön, ich kann es nimmer sagen

Und singen auch nicht mit der Künste Kunst.

Im Kleid der Sonne du, ist alles Dunst,

Alleinzig du mein Trost in allen Klagen,


Du Himmelsleuchte mein in dunklen Tagen,

Du lächelst so bezaubernd voller Gunst,

Ich flieg als Taube auf, ich brenn in Brunst,

Dir meine Hand in Liebe anzutragen.


Ist alles Nacht, bist du der reine Mond,

Am schönen Morgen lächelst du als Sonne,

Du meine starke Fraue, bin ich bang,


Du Balsamstaude, die die Seele schont,

Betrübter Seele du der Wonnen Wonne,

Du all mein Liebeslied, du all mein Sang!



14


Es ist so schön, von dir besucht zu sein

Und anzuschauen deinen Glanz, den zarten,

Von Gott erleuchteten, auf alle Arten

Will ich dich feiern, Jungfrau, ich bin dein,


Maria, milde wie der Mondenschein

Und schön wie Morgenröte, sieh mich warten,

Nun nimmst du mich hinab zum Nußbaumgarten

Und schenkst mir deiner Granatäpfel Wein.


Du Kennerin des Herzens, wenn mich einst

Verlassen meine Mutter wird mich Waisen,

Treu bleibst du Jungfrau deinem Brautgemahl!


Wenn ich verlassen bin von Frauen, einst

Du dich als schöne Weisheit deinem Weisen

Und küsst mir auf das Mund das Minnemal!



15


Maria, wenn ich walle in der Wüste,

Im Tränengrund, im Todesschattental,

Zum Quellgrund wird durch dich das Jammertal,

Selbst wenn ich durch die Hölle wandern müsste,


Ist über mir das Sternbild deiner Brüste,

Und wenn ich waschen muß der Sünde Mal

Im Fegefeuer eins ums andre mal,

Du wirst mich leiten an der Wonnen Küste,


Empfangen wirst du mich, du Perlenpforte,

Du wirst mich in Jerusalem erwarten,

Die du mich selber heimgeholt ins Drüben!


Und dort sprichst du das Liebes-Wort der Worte

Und reichst des Leibes Frucht im Rosengarten:

„In Gottes Reich werd ich dich ewig lieben!“





V. AN JESUS



1


Wenn Gott in dir in meine Seele dringt,

In mich getragen wird durch deine Gnade,

Wie selig meine Seele süß dann singt

Und taucht jungfräulich aus dem Liebesbade!


In dir entspringt in meinem Herz ein Quell,

Ich ströme über Wasser ew’gen Lebens,

Das fließt in Gott zurück, kristallen-hell,

Die Werke meiner Nacht sind nicht vergebens.


Nur geistlich wirke ich und laß die Dinge

Und will mich auch noch selber ganz vergessen,

Um mich in Jesus zu verlieren, singe

Ich deine Lobgesänge unermessen.


In dir, mein Christus, will ich als dein Christ

Das Werk der Liebe tun, das Gottes ist.



2


O Wunder über Wunder, welch ein Wunder

Ist göttliche Vereinung mit der Seele!

Ich tauch zum Quell der Wonne selbst hinunter,

Ins Schatzgemach der göttlichen Juwele,


Ich tauche in dich ein und fließe über

Und fließe aus mir selber freudewonnig,

Und nichts genügt mir mehr als du, mein Lieber,

Du machst die Mitternacht der Seele sonnig!


Ich selbst bin mir auch selber nicht genug,

Die göttliche Barmherzigkeit allein

Ist höchstes Ziel von allem meinem Flug,

Ich bin nicht anders als in Gottes Sein,


Da Gottes lautrer Liebesquell fließt über

Und reißt mich in die Seligkeit hinüber!



3


Wie wollt ich um der Liebe willen doch

Von Allen Alles freien Willens leiden

Und gehn als Rind in deiner Minne Joch

Und mich an der Passion der Liebe weiden


Als am Martyrium der Minne! Weise

Mir sagen, wie ich noch an Menschen hänge,

Von denen ich zu leiden habe, leise

Erheben sie mich aus des Denkens Enge


In eine Freiheit, die weltabgeschieden

Von allem was Geschöpf, in Jesus ruht

Und findet Seelenruh und Herzensfrieden

In der Idee der Schönheit, Höchstem Gut,


Wo Friede mehr ist als der Liebe Leid

Und mehr als Minne Abgeschiedenheit.



4


Ich hatte eine Kreatur so lieb,

Daß ich mich ihr mit allem meinem Herzen

Als meiner Minne Abgott ihr verschrieb

Und fand nur Liebesleiden, Todesschmerzen!


Der Fürst des Friedens spendet mir den Frieden,

Zu ihm hinanzusteigen ohne Schuhe

Und Gott allein zu suchen, abgeschieden

Wird mir wie ew’ge Ruh die Seelenruhe.


Nun leb ich Gott allein, nun bin ich frei

Von der verfänglichen Verfangenheit

Und bin ich Jesu Frieden. Steh mir bei,

Erhalte meine Abgeschiedenheit,


In der ich deiner Liebe mich verschrieben,

Und lehre mich, in dir die Seelen lieben!



5


Der schnellste Adler, der zur Sonne trägt,

Und wahre Pegasus zum Gottesberg

Ist Leid, das Gott auf deine Seele legt,

Zu leiden wahrlich ist der Liebe Werk.


Ist nichts wie Leid so bitter wie die Galle

Und Anteil an des Meisters Bitternis,

Und doch singt in der Nacht die Nachtigalle

Aus Leid der Liebe von der Liebe süß!


Du bist so lieblich, aufgetaucht aus Wehmut,

Da du gekrochen in der Niedrigkeit,

Dir Heiligkeit gebären wird die Demut

Und dich erheben in die Göttlichkeit!


Die Kreuzesliebe bringt herbei das Leid,

Das Leid macht für die Liebe dich bereit.



6


Sei frei von aller Bindung an die Welt

Und einsam sei von Menschen deine Kammer,

Sei bilderlos dein Offenbarungszelt

Und laß dich nicht beherrschen von dem Jammer,


Laß nimmer dich den Zufall überwinden

Und nimmer auch die menschliche Gemeinheit,

Du sollst dich einzig nur an Jesus binden

Und dich vereinigen der Gotteseinheit,


Sollst deine Freiheit schenken nicht den Frauen

Und sind sie schön wie Eva war in Eden,

Sei frei, in allem Gottheit anzuschauen

Durch immerwährenden Gebetes Beten,


Dann führt dich Jesus in der Liebe Dreiheit

Der Einheit Gottes, da ist deine Freiheit!



7


Maria setzte sich zu deinen Füßen,

Denn Gottes Güte hatte sie erfasst,

Und ihre Seele voll war von dem süßen

Gott-offenbarenden, vertrauten Gast.


Maria hatte heiliges Verlangen

Und war erfüllt von suchender Begierde

Und wusste nicht: was wollte sie empfangen

Von dir, der Gottesschönheit Bild und Zierde.


Sie schöpfte nur aus deinen lichten Blicken

Und liebem Lächeln, das sie zärtlich kost,

O Jesus, wahrhaft himmlisches Entzücken

Und nicht von dieser Erde einen Trost.


Auch ich will wie die Lieblichkeit Marias

Belauschen alle Worte des Messias.



8


Die Weisen sagen, daß der Herr aus Huld

Den Menschen tue, wie sie es erbitten,

Ob einer Weisheit suche in Geduld,

Ob Trost in allem was der Mensch gelitten.


Was ich empfinde, Gott, was ich empfinde,

O Jesus, deine Liebe ists intim!

Laß lieben mich gleich neugebornem Kinde

Und feuriger als selbst die Seraphim!


Laß graben tief mich in der Weisheit Gruben

Und gib der Weisheit Honig mir als Speise,

Mach klug mich wie die sinnenden Cheruben

Und mach mich wie die Mutter Gottes weise!


Du willst mir geben, Herr, was ich begehre,

O Jesus, daß ich deinen Ruhm vermehre!



9


Du offenbarst der Seele dich als Weisheit,

Die mit der Seele sich vereinen will

Aus lauter Liebe in der linden Leisheit,

Ist nur die Seele hingegeben, still.


So bleibt die Seele in dem Irrtum nicht

Und auch das Dunkel macht sie nicht zuspott,

Versetzt die Weisheit sie ins innre Licht

Und läßt sie leben Seligkeit in Gott!


So Gott durch Gott erkannt wird in der Seele,

Die durch die Weisheit auch sich selbst erkennt.

In dieser Weisheit schließlich weiß die Seele,

Wie Gott im Geist vor lauter Liebe brennt!


Die Seele ruht an Gottes Schoß und Brüste

In deiner Weisheit, o mein Jesu Christe!





ZWEITE ABTEILUNG


(Frühling 2004)


ERSTER TEIL


1


Sophia ist der Name meines Herrn,

Des Vaters Weisheit, meine Schöpferin,

Zerbrochnen Herzen nah, dem Bösen fern,

Die Mutter des Geschaffenen: Ich bin!


Sophia ist auch die Erlöserin,

Erlösende Gestalt in Weiblichkeit,

Gefallener Natur Erstatterin

Und Wiederbringerin der Heiligkeit.


Sophia sendet ihren Geist, im Leid

Zu trösten durch des Kreuzes Imitatio,

Die Liebesflamme, deren Glut geweiht

Ich liebe Gott mit Emotion und Ratio.


Dreifaltig ist Sophia, aber nur

Von einer einig-göttlichen Natur.



2


O Schöpferin, du redest in dem Wind,

Den du gezeugt, des Windes Vater du,

Du sprichst im Sturm, es weht dein Wort geschwind,

Doch ist im Sturmesherzen deine Ruh.


Ich sehe auch den Immergrünen zu,

In denen deine Grünkraft pulst und bebt.

Erwacht im Frühling die Natur, im Nu

Ersichtbar ist, wie alles zu dir strebt.


Du bist die Weisheit, die die Fäden webt

Der Teppiche des Kosmos, Sternenbahnen

Und Sonnenbahn, die allem scheint, was lebt,

Den Kindeskindern aufstrahlt wie den Ahnen.


Dir, Schöpferin, gibt sichtbar die Natur,

Dir Unsichtbaren, kenntliche Kontur.



3


„Ich brauch die Katholiken, Evangelen,

Pfingstchristen, alle mit dem Geisteshauch,

Ich brauch sie alle, alle frommen Seelen,

Und dich, einsamen Beter, brauch ich auch.


Und ist die Kommunion auch nicht dein Brauch,

Ich habe Gnadengaben doch für jeden.

Zur Gottesmutter steigt der Weihe Rauch,

Ich seh dich allzeit beten, beten, beten.


Ich zeige seine Mutter dem Propheten,

Der Unsichtbares schon wie sichtbar schaut,

Die Königin der Musen dem Poeten,

Dir in der Nacht der Mystik deine Braut:


Denn Jesus führt den Beter zu Maria,

Maria ihn zur Göttlichen Sophia.“



4


Ist besser Tod, als so allein zu sein

Und bitter und so krank an dem Gemüt;

Das sagtest du, Sophia, mir so fein

In deiner Weisheit schönem Hohenlied.


Doch daß mir auch zum Trost die Rebe blüht

Und die Betrübten sich zur Tröstung trinken,

Wenn Wahrheit auf dem Grund des Bechers glüht

Und Trinker in der Liebe Kelch versinken!


Die Saiten auch am Saitenspiele blinken

Und Sänger singen schön von ihren Musen,

Die tiefgeschoßt aus weiter Ferne winken

Und rühren Minne auf im Sängerbusen.


So führst du durch die Nacht mich, Königin

Sophia, meiner Trauer Trösterin.



5


Gott Mutter, meine Mutter in dem Himmel,

An die ich glaube, die ich noch nicht seh,

Mein Friede mitten in dem Weltgetümmel,

Ich weih dir meiner Seele Leid und Weh,


Die Angst, das innere Gethsemane,

Der Einsamkeit unauslotbare Nacht!

Zerbrochnen Herzen schenkst du deine Näh,

Du dunkle Mutter, die im Dunkel wacht,


Wehst durch die Einsamkeit so leis und sacht,

Einwohnende Dreifaltigkeit! In Schmerzen

Hab ich als deine Menschheit mich vermacht

Dem mystischen Mysterium im Herzen:


Gott, Mutter, Weisheit, meiner Braut, geweiht,

Der Liebe – lebt in mir Dreieinigkeit.



6


Die Menschen glauben an die Menschenliebe

Und suchen in der Welt das Absolute,

Mir aber ist die Liebe Gottesliebe,

Der Heiligkeit Idee, das Höchste Gute.


Ich suchte auch mit Leidenschaft im Blute

Geschöpfe anzuschmachten, Ebenbilder,

Da ward mir aber elend gar zumute

Und meine Liebesleiden wild und wilder.


Die Weisheit Gottes aber mild und milder

Will für sich selber mich, wie ich es seh,

Daß ich mich schenke nicht an Schattenbilder,

Vielmehr der Liebe ewigen Idee.


Was Menschen scheint Enttäuschung und Verzicht,

Ich seh es anders, der Erwählung Licht.



7


Du schöne Weisheit, dir bin ich geweiht,

Dir schlacht ich der Gebete Opfer-Farren,

Du ziehst mich in die tiefe Einsamkeit,

Ich sitz auf Sternen, in die Nacht zu starren,


Alleine auf den Morgenstern zu harren,

Daß mir im Herzen aufgeht lichte Frühe.

Oft siehst du aber gehn mich zu den Narren,

Daß ich der tiefen Einsamkeit entfliehe,


So fliehe ich vor Gottes Gnade,- siehe,

Der Pöbel singt dem Satanas sein Lied!

Für Gott allein war Nikolaus von Flüe

Der Weisheit Gottes stiller Eremit.


Verzeih mir, Weisheit! Frauen herrschen herrisch

Und der verliebte Pilger wird gar närrisch.



8


Maria, deiner tiefen Einsamkeit,

Als du die Gottgeburt allein getragen,

Der tiefen Einsamkeit bin ich geweiht,

Dem Schoß der dunklen Nacht, nicht auszusagen.


Du kennst das Schwert der Schmerzen, kennst die Klagen,

Durchbohrte mit der Schärfe eines Schwerts,

Den Tiefsinn kennst du und die Gottesfragen,

Den Pfahl im Fleisch, der Dornenkrone Schmerz.


Wie tief, Maria, ist, wie tief dein Herz!

Es hörte, wenn ich aus dem Abgrund riefe,

Es zieht mich aus dem Abgrund himmelwärts,

Weil meine Tiefe eins mit deiner Tiefe


Und deine Tiefe als der Seele Gut

Im tiefsten Grund der Tiefe Gottes ruht!



9


Sag mir, Sophia, bist du Licht und Freude,

Bist du der Liebe Charme, die Heiterkeit,

Bist du Gespräch im Kreis der frohen Leute,

Bist du die leichte, freie Sinnlichkeit?


Sag mir, Sophia, bist du Nacht und Leid,

Die Schwermut und der Tiefsinn, dunkle Tränen,

Die Nacht der Läuterung und Einsamkeit,

Die Wehmut und das hoffnungslose Sehnen?


Du bist die Nacht, in der Gebete stöhnen,

Du bist die Trauer und der Trost der Trauer,

Du bist die Ahnung und das weise Wähnen

In Einsamkeit und schwarzer Schwermut Schauer.


Du bist das Kreuz! Du bist in Leid und Nacht,

Da drüben mir die Braut der Hochzeit lacht.



10


Reißt dich die Närrin hin im Kreis der Narren

Mit ihrer Lieblichkeit, dem Anmutwesen,

Ein dummes Ding, du stehst, sie anzustarren

Und wirst zum Trinker an der Torheit Tresen –


Wohl dir, hast du im Rosenkranz gelesen!

Großmutter hütet dich als sel’ger Geist

Und deine Schwester auch ist da, Theresen

Dir leise Wege aus der Torheit weist.


Wenn dich die Nacht mit bitterm Tranke speist

Und mitleidvoll der Himmel weint den Regen,

Dann winkt die Gottesmutter dir, du weißt,

Was auch geschieht, du stehst in ihrem Segen.


Dann ruft dich Gott inmitten der Umnachtung

Zur mystischen Union aus Selbstverachtung.



11


Ein Bettler war ich und ich warb und warb

Um des Geschöpfs erbärmlich kleine Minne

Und dürstete, verdurstete und starb

Und trat hinüber in die Nacht der Sinne.


Brosamen fallen nicht vom Tisch, beginne

Ich vor der Frau zu winseln wie ein Hund,

Ich hungere, verhungere, gewinne

Nur Schmerzen! Von dem Schwert die Seele wund


Tret ich hinaus in Nacht und Dunkel und

Ergebe meines Schicksals dunklen Wandel

Der Gottesmutter. Meines Todes Stund

Geborgen unter ihrem Himmelsmantel,


Erfahre ich in Einsamkeit den Kuß

Des Geists, der Gottesliebe Überfluß!



12


Geheimnisvolle Weisheit webt mich ein

In das Mysterium der Liebesnacht,

Ich sinne einsam und allein beim Wein,

Wie Gottes Geist Maria Gott gebracht.


Ich schlafe unter diesem Bilde sacht,

Wie keusch Maria in dem Schoß empfangen,

Wie ihr im Schoße Jesus auferwacht

Und in Maria Menschsein angefangen.


Wie glühen keusch die schöngewölbten Wangen

Und heben sich dem Bräutigam die Brüste,

Wie wallen ihre Haare, ihre langen,

Die liebevoll verschleiern werden Christe!


Ich denke an die Brautnacht, heimlich, süß –

Marien Schoß ist Gottes Paradies!



13


Allweisheit, Mittlerin der Gottesliebe,

Von Liebe urgezeugt in Ewigkeit,

Du lichter Spiegel ohne Fleck und Trübe,

Das All in dir geschaffen, Raum und Zeit,


Bist ausgegossen in die Schöpfung, breit

Und tief erfüllst du alles, was da scheint,

Der Menschheit hast du dich in Menschlichkeit

Im Fleisch und Blut des Menschensohns geeint,


Erlöserin vom Tod, dem letzten Feind,

Führ ein uns in der ewgen Liebe Macht,

Wenn Jesus Christus freit die Brautgemeind,

Allweisheit, ist es deine Hochzeitsnacht!-


(Dir weih ich meine Lieben, die Verlornen,

Die Frau, die Zwillinge, den Erstgebornen.)



14


Das Wesen meiner Frauenliebe ist

Zuerst Verliebtheit in ein hübsches Ding,

Da wünsch ich mir, daß sie mich einmal küsst,

Begehre, daß ich tiefer in sie dring,


Sie wird zur schönen Minne, die ich sing,

Sie stammt aus alter Zeit, ist meine Wonne,

Daß ich in Eros‘ Glut mich um sie schwing,

Sie bleibt versiegelt, bleibt verschlossne Bronne,


Sie wird zur Mondin, meines Dunkels Sonne,

Bis sie als Königin des Weltalls kreist,

Zum Schleier wird der himmlischen Madonne

Und in der Seele Nacht der Liebe Geist


Und wird zum Sakrament und Spiegel Gottes –

Bis ich erlieg dem Bittern ihres Spottes!



15


Das Schicksal hat mich in die Nacht geführt,

Das reine Schicksal aus der Gottheit Hand,

Sie weiß, die Gottheit, was mir hier gebührt,

Ich starre in das Dunkel unverwandt,


Allein, allein, als niemand bei mir stand,

In meinem Fleische ist es wie ein Mord,

Martyrium in meiner Seele eingebrannt,

Vom Schwert der Schmerzen scharf mein Herz durchbohrt!


Da niemand mit mir spricht, bin ich das Wort,

Da Menschen mir verstummen, bin ich Klang,

Da hier mich niemand liebt, so lieb ich dort

Und sing auf Erden schon den Lobgesang


In undurchdringlicher Nacht so tief und dicht –

Sind mir Marien Augen einzig Licht!



16


Wer die Passion von Jesus Christus sieht,

Sieht die Passion Mariens ebenso.

Sie nahmen dir den Mantel, Sulamith,

Als vor dir starb die Weisheit Salomo!


Ich könnte dich nicht leiden sehen, wo

Ich nicht vermöcht zu eilen dich zu trösten!

Ich wünsche dich glückselig, lebensfroh,

Im Himmelsglücke der Voraus-Erlösten.


Du littest, leise sich die Tränen lösten

Aus schwermutvollen schwarzen Augen los.

Gott starb – du starbest mit den Tod des Größten

Der Menschen, lag er tot in deinem Schoß.


Nun schau mit deinen Augen voller Schwermut

Und Trost in meine Seele satt an Wermut.



17


Den bittern Schierlingsbecher der Erfahrung

Gab Gott mir mehr als Wein der Weisheit je,

Den Zornkelch der geheimen Offenbarung

Goß Gottes Ingrimm über all mein Weh.


Im Wein der Weisheit aber Wahrheit seh

Ich tief, ekstatisches Mysterium,

Wie Jesus Mischwein trank mit Magdalee

Und gab des Blutes Evangelium.


Der Tor hat recht: der Wein macht Dumme dumm.

Der Liebende wird trunken tiefer leben!

Des Weinstocks ururaltes Heiligtum

Speist alle Mystiker als seine Reben.


Und mischt die Träne sich mit rotem Wein,

So wird die Seele eins dem einig Ein.-



18


Die Menschen sagen: Du kannst dich entscheiden

Und dir das Leben froh-gesellig machen

Und einsam auch, du kannst am Leben leiden

Und fröhlich aus der Lust am Leben lachen.


Das ist wohl wahr. Die Menschen heiter sprachen,

Sie suchten dieses Lebens Fröhlichkeit,

Die Flamme ihres Lebens zu entfachen

Und hinzutanzen voller Heiterkeit.


Wie geht es mir? Willkommen sei das Leid,

Es löst mich von der Erde eitlem Reiz,

Willkommen sei die tiefe Einsamkeit,

Martyrium des Herzens, Nacht und Kreuz!


Das Leichte weise ab, das Schwere wähle –

Stirb! So wird dir Glückseligkeit der Seele!



19


Zweitausend Jahre lang die Rede geht

Von Gott dem Vater, Sohn und Geist. Und keiner

Sprach von der Mutter Ruach, Wind, der weht,

Der Mutter Gott, der Weisheit, ewigreiner.


Nun red ich von der Mutter als ein Kleiner,

Vom Mutterschoße der Barmherzigkeit,

Da sagen Fromme mir, dem armen Weiner,

Wie Mutter ist und Vater Gott und weit


Noch über das hinaus, der Weisheit Kleid

Ist Er, der Menschensohn. Mir aber scheint,

Daß ich bin Gottes Mutterschaft geweiht,

Der bräutlichen, der Gottheit bin geeint!


Ein Herzensweiser tröstet ohne Spott:

Maria zeigt den mütterlichen Gott.



20


Anbeten ist das Höchste nicht, anbeten

Kann ich die Jungfrau in der Sonne Glanz,

Die auf dem Monde steht (was Exegeten

Auch anders sagen), sie mein Rosenkranz,


Madonna und Geliebte mir, im Tanz

Des Paradieses meine Sulamith,

Anbeten kann ich sie, die Jungfrau. – Ganz

In Nacht versunken meine Seele sieht


Herrn Jesus, sichtbar unter meinem Lid,

Die Seele meiner Seele, Gott und Herr!

Kein Leiden mich von seiner Liebe schied,

Vielmehr: Der Herr ist ich und ich bin Er!


Anbetung Lieber Frau, Begeisterung,

Führt in die mystische Vereinigung.



21


Du Mutterschoß, in dem ich neu geboren,

O Schoß, nachdem ich tief in dir begraben,

Als Gott mich in der Taufe auserkoren,

Mich mit des Geistes Siegel zu begaben,


O Jungfrau, du mit Haaren schwarz wie Raben,

Ergeben bin ich deiner Liebesmacht,

Wie Honigbienen wohnen in den Waben,

So lebe ich in deines Schoßes Nacht,


Unendlich ist die Nacht, die Jungfrau wacht,

Ich wähl des Schoßes Nacht in freier Wahl,

Weil mir dein Schoß das ewge Heil gebracht,

Vereinigt mit dem göttlichen Gemahl –


In süßer Brautnacht, tief in deinem Schoß,

Ich bin ein Gott in dir, ganz makellos.



22


Du bist die Kraft, die Ewige, Ich-bin,

Du hälst das All in deiner rechten Hand,

Des Himmels und der Erde Herrscherin,

Allmächtige Gottheit, vielen unbekannt,


Du bist die Weisheit, in die Welt gesandt,

Zu siegen über Sünde, Teufel, Tod,

Du gibst den Frieden über den Verstand

Und Liebe als das ewige Gebot,


Du bist die Minne, Feuerflamme rot

Und goldenes Gewölk der Herrlichkeit,

Du Trösterin in aller Lebensnot

Und Führerin ins Reich der Ewigkeit:


Göttliche Gottheit, ich bin ganz der Deine,

Dreipersonale Herrin, einig Eine!





ZWEITER TEIL



1


O Jahwe! Schaffe mir der Lippen Frucht

Und reinige die Lippen und das Herz,

Gib mir den Wortgehorsam und die Zucht

Und nimm dich gnädig an der Reue Schmerz.


Purgiere Gold aus meines Lebens Erz

Und mach den schwachen Glauben mir gesund,

Zieh alles Irdische mir himmelwärts

Und schließ mit deinem Kind den neuen Bund.


Es küsse mich dein Geist, daß Honigmund

Der Gottheit meine Sängerlippen sind,

Versöhne mich mit deinem Herzen und

Nimm an den Abgeirrten neu als Kind,


Und laß mich schaun im Traume deine Klarheit,

Der Weisheit Gottheit du, der Gott der Wahrheit!



2


Die heiligen Propheten, deine Priester,

Die herzensweisen Väter raten mir,

Der Geist durch ihre Weisung mir erschließt er

Die Mutterliebe Gottes! Lob sei dir,


O Gottheit, Offenbarte, auf den vier

Cheruben, die dich dreimal heilig preisen!

Du bist im Tempel gegenwärtig hier

Und redest durch das Wort der Herzensweisen.


Zum Göttlichweiblichen den Weg zu weisen

Erschloß der Geist der Weisheit mir den Sinn

Und säuselt wie ein Hauch mit sanften leisen

Wegweisungen: Ich bin so wie ich bin,


Ich offenbare dir mich in dem Ave

Maria als die Schöne Liebe: Jahwe!



3


Dich, Schöne Liebe, sing ich, Ewigvater

Mit einem Herzen voller Mutterliebe,

Du mütterlicher als die Magna Mater

Und reiner als die Göttinnen der Triebe,


Erleuchtung meiner innerlichen Trübe

Und meines Chaos Ordnerin, du Taube,

Wenn ich anbetend meine Arme hübe

Zu falschen Göttinnen, die ich nicht glaube,


Du wiesest mir der Wahrheit Weg! Erlaube,

Daß ich dich, Gottheit, Schöne Liebe, preise

Und trunken von der Liebe und der Traube

Bekenne dir Bekenntnis wie der Weise:


Das Ewigweibliche zieht uns hinan –

Ins Göttlichweibliche den Gottesmann!



4


Ursprünglich ist das Weibliche in Gott

Und darum bin Gottmutter ich geweiht,

Und widersagend allem Heidenspott

Ich glaub die Heiligste Dreifaltigkeit:


Die Schöne Liebe mit dem Herzen weit

Und voll der Weisheit schöpferischem Geist,

Ihr Mutterschoß ist die Barmherzigkeit,

Die wahre Weisheit Glaubenswege weist.


Das Wort der Weisheit sei mir hochgepreist,

Das Buch der Weisung ist der Weisheit Schrift,

Der Weisheit Weisung meine Seele speist

Mit Honig,- aber auch mit Schierlingsgift!


Dann schreiend fleh ich zu Marien Throne:

Entzücken aller Erd, der Schönheit Krone!



5


Fürwahr, ich war im Tempel Salomos

Und lebte in der Gottheit Heiligtum

Geborgen wohl wie in Marien Schoß

Und sang dem auferstandnen Meister Ruhm


Nach dem Johannes-Evangelium,

Wo Thomas‘ Hand an Christi Leibe ruht.

Ich war ein Myste im Mysterium:

Der Gottheit Gegenwart in Fleisch und Blut,


In Brot und Wein einwohnend Höchstes Gut –

Vermählt ich meine Seele dem Messias,

Mysterien-Messias! Gnadenflut

Ergoß sich göttlich in den Schoß Marias,


Die ich als Inbegriff der Seele sah,

Der Braut des Christus, mea anima!



6


Ich betete die Schönheit an, die Liebe,

Wie hoch sie durch den dritten Himmel geht,

Die hohe Herrscherin der Lebenstriebe

Und Hörerin von bittendem Gebet,


Ich betete im Geist, im Wind der weht,

Und in der Wahrheit an die große Gnade,

Das göttliche Erbarmen, Qualität

Der Gottheit! Siehe, Jungfrau, rein wie Jade,


Der Gottheit Schoß, der Weisheit Bundeslade,

Du bist die Mutter der Barmherzigkeit

Und Königin der Schönheit! Aus dem Bade

Der Liebe neu geboren und geweiht


Ich Sohn, Geliebter reiner Jungfrau bin,

Des dritten Himmels Himmelskönigin!



7


Du Allerheiligste Dreifaltigkeit,

Einwohnend meine Herzenskönigin,

Des innern Tempels Tor sei hoch und weit

Geöffnet dir! Erscheine, Gottheit, in


Dreifaltigen Aspekten als Ich-bin!

Der innern Mutterheimat Mutter du

Und die Gemahlin meinem innern Sinn

Und Odem meines Odems, meine Ruh!


Dir ströme alle meine Liebe zu

Und eine sich in deinem Schoße mild

Der göttlichen Natur! Und was ich tu

Und sinn und singe jedem Ebenbild,


Sei Tat, Gedanke, Lobgesang geweiht

Dir, Innewohnender Dreieinigkeit!



8


Ecclesia empfing mich in dem Schoß

Und siegelte mit Salböl meinen Geist,

So gleicht sie ja, Sophia Salomos,

Der Myrrhe, wird als Narde auch gepreist.


Die Geisteskraft, die mir die Wege weist,

Ist Ruach, glänzend wie des Salböls Glanz,

Sie nimmt mich an der Hand, die Mutter heißt,

Grüßt minnig mich und tanzt mit mir den Tanz


Und tanzt mit mir den Hochzeitstanz! Und ganz

Schön seh ich Mahanajims Sulamith,

Maria mit dem goldnen Rosenkranz,

Und Arm in Armen tanzen wir zum Lied


Der Liebe zu dem Göttlichen, dem Kind,

In dessen Liebe wir vereinigt sind.



9


Bei deinem ersten Kommen, Jungfrau rein,

Du warest meiner Seele Ideal,

Im weißen Linnen gingst vom Himmel ein

In meiner Seele innern Hochzeitssaal,


Ganz Makellose, ohn des Makels Mal,

Mein Lobpreis, meine Liebe und mein Lied,

Du meine Braut und ich dein Brautgemahl,

Ich Salomo, du meine Sulamith!


Beim zweiten Kommen meine Seele sieht

Dich als platonische Urania,

Madonna, Empyreums Reichsgebiet

Dein Reich, das Reich der Sapientia,


Der Mutter Chochmah und der Braut Sophia,

Ihr unbefleckter Spiegel du, Maria!



10


Weil Lukas Grieche war, so liebte er

Der Liebe und der Schönheit Königin,

Sang: Ave Stella Maris du vom Meer

Genezareth! Und gab der Schau sich hin


Der Königin der Weihnacht, die „Ich bin

Die Schöne Liebe“ uns zum Heil geboren,

Er sah sie an mit liebetrunknem Sinn

Als Königin der Männer auserkoren,


Die Sie erlöst, die waren einst verloren,

Die Mutter mit dem Sohn! Die schimmernd strahlte

Verklärter Schönheit! Zum Gebet der Horen

Die Grieche Lukas die Maria malte,


Die zyprische Madonna, Stella Maris,

Das schöne Spiegelbild der Gottheit Charis.



11


O Charis, Qualität der Gottheit du,

Charme, Schönheit, Gnade, Huld, Barmherzigkeit!

Dir, Charis, wend ich meine Armut zu,

Dir Retterin aus gnadenloser Zeit!


Ganz heilig, himmlische Gerechtigkeit

Bist du! Ich bin ein Sohn von Menschen nur,

Du aber göttlich! Dir bin ich geweiht

Und pilgere auf deines Pfades Spur,


Allschenkende! Der menschlichen Kultur

Schenk du den Frieden, Friedenskönigin!

Und laß an deiner göttlichen Natur

Den mystischen Anteil haben meinen Sinn!


Und schenk mir, Charis, die du göttlich-keusch,

Einswerdung mir mit deinem Blut und Fleisch!



12


Anbetung dir, Sophia in dem Brot,

Anbetung dir, o Logos in dem Wein!

Nicht Ceres und Dionysos entbot

Ich meinen Gruß, doch soll erinnert sein,


Daß wir Mysterien begehen! Dein

Die klugen Jungfraun-Bräute sind, Messias,

Mich aber lädt zum Mahl der Hochzeit ein

Die fleischgewordne Gegenwart Sophias!


Das Lob der Lamentationen Jeremias

Der Krone aller Schönheit, voll der Gnade,

Gesungen sei der Glorie Marias,

Dem Tabernakel und der Bundeslade,


In deren Schoß geborgen, heilig-keusch,

Der Weisheit Blut als wie des Wortes Fleisch.



13


Mitschöpferische Chochmah, meine Braut,

Dein Odem ist des Tempels Seele, rein,

Wir haben in dem Fleische angeschaut

Die Gegenwart der ganzen Gottheit dein!


Dann gingest du in meine Seele ein

Im Brot der Einsicht, der Erkenntnis Trank;

Dein Brot ward Fleisch, zum Blute ward dein Wein,

In meine Seele deine Gottheit sank!


Dir, Gottheit Jahwe, dir den Lobgesang,

Die du geschenkt der Weisheit Trank und Speise!

Wir sagen in der Kraft der Ruach Dank

Und bitten: Mach uns Menschen herzensweise!


Wir bitten dich als deine Freier fromm:

Sophia, zu der Hochzeitsfeier komm!



14


Es spiegelt sich in meiner Anima

Marien Bild, die innere Idee,

Die einst ich auch in der Geliebten sah

Und nun allein in meinem Innern seh;


Erwacht dereinst als Jungfrau, rein wie Schnee,

Sie machte himmlisch meiner Seele Sinn,

Sie war dann in der Minne Pein und Weh

Weltinnenraumes dunkle Königin;


Erweckt von ihr, der ich gewidmet bin,

Durch Mittlerschaft des Fraulich-Leiblichen,

Führt mich die Innere Maria hin

In die Idee des Göttlich-Weiblichen.


So durch die Frauenminne führt Marie

Mich zu Ich-Bin: Ist meine Gottheit, Sie!



15


Die Mutterliebe Gottes anfanglos

Und Urgrund ihrer selbst in Ewigkeit

Gebar als Schöpferin aus ihrem Schoß

Die Jungfrau Weisheit voller Herrlichkeit,


Zu lieben sie, zu lieben all bereit,

Zu lieben die, die die Geliebte war

Und ist und sein wird, ewig gottgeweiht.

Die Liebe aber zwischen diesem Paar


Ist Geist der Hochzeit, Gottes Eros, gar

Die Minnemystik der Vereinigung,

Der Liebenden und der Geliebten wahr

Und gut und schöne Liebe, ewig jung.


Die Liebende, Geliebte und die Liebe

Ist Gottheit, Schöne Liebe, die ich liebe!



16


O Gottheit Jahwe, Schöpfungs-Schöpferin

Im Anbeginne du und fort und fort,

Des Weltalls Mutterschoß und Königin

Des Universums und der Wesen Hort!


Mitschöpferin, o Chochmah, durch dein Wort

Ist in dir die Natur, der Mensch gestaltet,

Zeitzyklen all in dir und aller Ort

Und alles was lebendig sich entfaltet!


Durch dich, o Ruach, Geisteskraft, die schaltet

Im freien Willen, menschlichem Gewissen,

Du schöpferische Kraft, die nie veraltet,

Von der nur Weise, Eingeweihte wissen!


Materie und Energie sind auch

Gott-Schleier und der Mensch aus Lehm und Hauch.



17


Du schöne Liebe, würdig, angebetet

Zu werden als Liebhaberin des Lebens,

Dein Priester von der Leiblichkeit mir redet

Und der Sinnhaftigkeit des Erdestrebens,


In Liebe allen Lebens, allen Webens

Sinnhaftigkeit beschlossen ist durch dich,

Dein Ja zum Leben! Darum nicht vergebens

Ist dieser Tag, den du gemacht für mich,


Daß ich im Fleische leb und wese, ich

Dich lobe und die Wunder dieser Erde,

Daß ich, wie liebe Frauen freuen sich,

Mich freu und segne gnädiger Gebärde


Den Tag der Liebe, den mein Gott gemacht,

Den Tag der Liebe und der Liebe Nacht!



18


Die Gottheit Jahwe führt mich in die Wüste

Und spendet ihre Liebe, ihre zarte

Huldreiche Minne! Aber ich, ich büßte,

Daß ich sie nannte heilige Astarte,


Weil mich der Liebreiz schöner Frauen narrte

Und ich im Traum die Schamerfreute küsste

Und mit dem Winken meiner Wimpern starrte

Der Frau auf ihre fruchtbarreichen Brüste.


Nun einsam! Fern der leichten Lebenslüste

Und Orgien der Tempel-Hierodulen,

Die Schöne Liebe von der Wonnen Küste

Erkor mich mystisch zum Gemahl und Buhlen!


So fern den Frauen bin ich Minnesklave

Der Schönen Liebe, meiner Gottheit, Jahwe!



19


Fürwahr, allüberall die Erd ist trocken

Und einzig feucht des reinen Lammes Vließ,

Ich mein die Jungfrau! Läutet alle Glocken,

Weil sie, die Jungfrau, ist im Paradies


Aus Gnade Göttin! Gütig, mild und süß

Und in Mysterien der Gottheit weise!

Die sie mich in der Weisheit unterwies,

Daß ich nicht nur die Frau als göttlich preise,


Daß selber mir die Gottheit, die allweise

Allschöpferin, Erlöserin und Herrin,

Mir zur Geliebten wird, die liebend, leise,

Sanft liebend, herrlicher als jede Närrin,


Die wahre Liebe meines Lebens ist,

Da eins die Schöne Liebe und der Christ!



20


Aus deinen Brüsten trink ich Milch und Wein,

Den beiden Brüsten beider Testamente,

O Mutter Christus! Lehr mich, der ich klein

Mich zu der großen Gottesmutter wende,


Anstaun der Makellosen heilig Ende

Und anerkenn die Himmelskönigin!

Leg mich vertrauensvoll in ihre Hände,

Gebettet zwischen ihren Brüsten bin!


Ich wende mich zur Braut, zur Taube hin,

Der Meergebornen, gütig, mild und süß!

Mein Liebestod, mein ewiger Gewinn,

Mein Garten Eden, Gottes Paradies!


Ja, Gottes Braut, ja, Gottes Mutterschoß!

So groß ist Unsre Frau von Ephesos.



21


O Jahwe! Laß mich trinken deine Brüste

Und schaukle selig mich auf deinen Schenkeln

Und traue dich mir bräutlich in der Wüste,

Wiewohl ich nicht die Heiligkeit von Engeln


Zu eigen hab und unwert bin, den Senkeln

Der Weisheit nur die Knoten aufzulösen,

Ich bin nur einer von den armen Enkeln

Der Urgroßmutter Eva, ach vom Bösen


Versucht gar oft und von den Dirnenschößen,

Nicht wert, daß meine Sünder-Seele schaut

Die bloße Gottheit! Liebe ist dein Wesen

Und so verwandelst du dich mir zur Braut


Und auserwählst mich aus vieltausend Seelen,

Im ewgen Bunde dich mir zu vermählen!



22


Am Gottesthron Fontana Amorosa

Wird Liebe fluten! Ihre Apotheose

Bejuble ich der Mater Gloriosa,

Der Himmelskönigin, der Mystik Rose,


Aus Gnade Göttin, in der Metamorphose

Durch göttlicher Natur Verklärungskraft!

Ich ruh in ihr, ich ruh in Gottes Schoße,

Dazu der Geist der Jungfrau Schoß geschafft.


In Übersinnlichkeit der Leidenschaft

Unsterblicher Seele ewgen Pneuma-Leibes

Bin ich von Wollust-Wonne weggerafft

Durch gottverklärte Glorie des Weibes


In tausend trunken Küssen der Maria –

Vereint dem Jungfraunspiegel der Sophia.






SONETTE DER MINNE


(Um Pfingsten 2004)




HONIGMOND


1


Wohl schrieb ich schon, o Freundin, von der Jugend

Und ihrem honiggoldnen Paradies,

Doch in Erinnerungen Freuden suchend

Gedenk ich wieder dein, denn du warst süß.


Du tratest wie ein Licht des Himmels ein

In meine traurige, in meine Nacht,

Wie eine Göttin du im Glorienschein

Du tratest in die Seele selig-sacht.


Dann schwandest wieder du als wie ein Traum

Und mir blieb nur der Sehnsucht süße Träne,

Gebannt von der Bezauberung Magie.


Du, Schöne, bist geboren aus dem Schaum

Der Fluten, wo Paris durchströmt die Seine,

Geliebte, Notre Dame de Clichy!



2


La France! Betret ich deinen Mutterboden,

Dann werde ich die Jungfraunerde küssen!

Einst sang ich dir der schönen Liebe Oden

An deinen Meeresbuchten, deinen Flüssen;


Nun sing ich dir das Lied der Mnemosyne

Als der Erinnerung ans Paradies.

Orange! Ewige Tragödienbühne

Sah die Passion der Jungfrau! Todschön, süß


War ihrer Wangen purpurrotes Sterben

In keuscher Scham auf weißem Mondgesicht.

Wir denken dein beim abendlichen herben

Bacchantischen Gelage. Alles spricht


In des Erinnerns festlicher Begehung,

Versunkene, von deiner Auferstehung!



3


Weingärtner fahren durch das Abendland

Und suchen für die Ernte fromme Hände.

Der Sonne weißes Feuer ist entbrannt

Sehr fruchtbar überm trunknen Weingelände.


Wir aber tanzen mit dem Pilgerfuße

Und mit der Venusmuschel an dem Hut

Im Benedeien unsrer Göttin Muße

Ans Mittelmeer und seine milde Flut.


Wir gingen durch das Tor von Montpellier

Zum Lyoneser Golfe. Gleich der Frucht

Des Lebens lagst du prangend an der See,

O Meergeborne, an der Meeresbucht,


Vom Licht des sommerlichen Südens schwer,

Wohl bei Les-Saintes-Maries-de-la-mer!



4


Was hat Kyrill zu schaffen denn, der Slawe,

Mit deinem Goldenen Äon, La France?

Was Venus, Juno und Minerva Ave

Singt der Poete aus der Renaissance


Britanniens im Gelobten Land der Franken?

Weil wir im Mittagsschatten uns bemühn

Um Fruchtbarkeit im Reiche der Gedanken!

Nachts aber trinken wir im Clair de la lune


Das Licht des Himmels! Mildes Sommerwetter

Sah Luna in dem Bett des Himmels dösen,

Da seligtrunken sie vor Wonne schwieg.


O Jugendland, da erzarchaisch Götter

Dir lächelten, glückselig und antik,

Begehrtest du: die Liebe soll dich lösen!



5


Gott hat gebauet trunkene Gelände,

Wo fruchtbar ist die pralle Rebe schwanger!

Wir tanzen sommerlicher Sonnenwende

In Bacchanalien übern grünen Anger,


In Prozessionen für Dionysos

Mit süßem Brot und Freudenbringer Wein!

Natur eröffnet ihren Gnadenschoß

Und Geister wallen um das Felsgestein


Und Echo und Narzissus lieben sich

Zum heimlichen Gesange der Zikade,

Die Muse tritt zum träumenden Arion.


Da die Geliebte schläft allein, bin ich

Vom Himmel inspiriert und Geistesgnade:

Die Jungfrau lacht dem pilgernden Orion.



6


Archaischem Idole warst du gleich,

O Freundin, aber doch von Fleisch und Blut,

Ein Weib in Wortes Vollsinn, warm und weich,

Ein schönes Ebenbild dem Höchsten Gut!


Endymion von Karien auf Latmos

Die Göttin schmeckte in des Kusses Wonne!

Der Seher aber wanderte nach Patmos

Und sah die Jungfrau im Gewand der Sonne!


Weisheit in künstlerischer Architektonik

Ersonnen hat der Rebenhügel Kranz,

Das Paradies, da Sie Ihr Wort gesprochen!


Wir feiern Weisheit nun bei Milch und Honig

Und tanzen weinestrunken Freudentanz,

Da du das Innere des Brots gebrochen.-



7


Wir badeten in einem grünen See

Zur Reinigung vor einem weißen Felsen

Und ruhten in des Sandes lichtem Schnee.

Einmal das ganze Leben umzuwälzen


Ruft Gott uns ins Mysterium der Nacht,

Wo in der Ferne locken Freudenfeuer.

Die Nacht in ihrer mütterlichen Pracht

Barg uns im Mutterschoße ungeheuer.


Da ich das Göttliche gesucht, ersehnte

Die Himmlischen mit ihren Geistesgaben,

Ob Gott, der alte Gott in mir beginnen


Ein ewges Leben wollte – Dunkel dehnte

Die Nacht sich wundersam, da Engel haben

Gesagt zu mir: Das Göttliche ist innen!




BEKEHRUNG


1


Ich habe Gott gefunden, Jesus! Ich

Befreit ward aus ägyptischem Gefängnis,

Als Anna Katharina Emmerich

Geweissagt von der Lieben Frau Empfängnis


Im Lichte durch den Gruß von Gabriel:

Gegrüßet, Jungfrau! bist von Gott erkoren!

Da sie in Bethlehem in dunkler Höhl

Als unverletzte Jungfrau hat geboren


In Armut unsern armen Jesu Christ,

Ein nacktes Kind lag Gott im Krippenstroh,

Der seiner Menschenkinder Bruder ist,

Des waren Magier und Hirten froh


Und benedeiten Himmlische hienieden:

Den Menschen guten Willens Gottes Frieden!



2


Einst lauscht ich Orpheus, Arion und Linus

Und hatte von Homeros Göttern Kenntnis.

Nun aber lauscht ich lieber Augustinus

In den Geständnissen und dem Bekenntnis.


War auch gewandert in dem Okkultismus,

Da ich vor dichter Finsternis nichts sah.

Nun strahlte Wahrheitslicht des Katholizismus

Durch ihn, den Bischof der Ecclesia.


Ich lauschte dem Bekenntnis und ich sah

Die Weisheit des Gesegneten und weiter

Den Geist als Meeresflut und Monica

Hinan ihn führen auf der Himmelsleiter –


Denn rastlos ist das Herz, o Höchstes Gut,

Bis es in dir, o Herr, o Gottheit, ruht!



3


Das Evangelium nach Klopstock las

Ich, der sonst las die alten Odyseen.

Mit Salem ich an Sions Hügel saß

Und ging mit Orionen, die sich drehen


Auf den Befehl Jehowah’s, der gebot

Im Donner von der Herrlichkeit des Throns

Das Sühneleiden und den Opfertod

Des Retters, seines eingebornen Sohns;


Der starb! und auferstand im Morgenlicht

Und trat zu Miriam von Magdala,

Der ist der Richter in dem Weltgericht,

Da seiner Heiligen Hallelujah


Lobpreist Messias triumphaler Psalmen –

Wo Klopstock geht mit Cidli bei den Palmen.



4


Es war ja in der Mitte meines Lebens,

Da ich verirrte mich im dunklen Saal,

Des Waldes Wirrnis; alles war vergebens,

Dämonisch, weltlich, fleischlich, infernal!


Da trat der Dichter zu mir, den Lucia

Und Rahel und die selige Beatrix

Gesandt und die barmherzige Maria,

Die zur Dreifaltigkeit ist Mediatrix.


Bußfertig las ich seine Worte, süß

Der neue Stil, der sang vom Paradeis,

Ging mit Beatrix in das Paradies

Zu Gottes Antlitz Sphärenkreis um Kreis,


Als mich der Blitz traf aus dem Himmelstore –

Anbetender ich stammelte: Amore...



5


Was dachtest du, o Weisheit, Königin

Sophia, mir zu künden? Ich bin doof!

Ich sehe Gott nicht schimmern in dem Zinn

Wie einstens Böhme sah, der Philosoph.


Der Mensch geworden durch die Maid Maria,

Ist aller Jüngerinnen Brautgemahl,

Ist Jüngern als die göttliche Sophia

Jungfräulich Braut in freier Gnadenwahl.


Dem Vater aller Schöpfung wir geweiht,

Von dem der Geist ausgeht und von dem Sohn.

O Allerheiligste Dreifaltigkeit,

Personen drei in Einer Gottheit Thron!


Aurora ew’ger Weisheit glühend tagt –

Vor der des Geisteskindes Geist versagt.



6


Daß rasend Roland ritt den Hippogryphen

Und ward vor Minnewahnsinn wild und dumm,

Das las ich einst; doch nun die Apokryphen

Von Jungfrau Thekla aus Ikonium.


Wie sehr auch warb aus dieser Welt der Freier

Und um die Maid im Liebeswahnsinn tobte,

Die Jungfrau lieber trug den Jungfraunschleier,

Daß freie sie der göttliche Verlobte!


Denn Paulus predigte Ikonium

Den Christus, seines Testamentes Pakt

Von Gott und Mensch! Und im Martyrium

Bot Jungfrau Thekla sich, zur Marter nackt,


Getauft, sich zur Verlobten Jesus an,

Dem Bräut’gam, wahrem Gott und wahrem Mann!



7


Anima mea, Jungfrau, jubiliere!

Preist Gott den Herrn, Plejaden und Orion!

Die Königin in ihrer Zierat Ziere

Liegt hingebettet still, die Tochter Zion.


Apostolat um sie und Geisteswind

Und Lobpreis singt der Himmlischen Gewimmel

Um Jene, deren Seele wie ein Kind

Ihr Sohn und Vater Jesus hebt zum Himmel!


Den Körper rühr nicht an, die Bundeslade,

An Usa denk bei festlicher Begehung.-

Der Jungfrau Leib, so rein wie weiße Jade,

Ward im Voraus zuteil die Auferstehung!


Immaculata, dich dem Herrn vermähle,

Im Himmel, Königin, mit Leib und Seele!




HEIMSUCHUNG


1


Was Heiden deuteten als Dom der Sonne,

Wenn in der Wende blickt der Sonnensohn,

Ward mir zur Kirche meiner Minnewonne

Und christlichen Passion!


Getürmt hat Gott die stolzen Felsensteine

Als Wächter an dem stillen Schwanensee,

Wo ich vergebens meine Sehnsucht weine

Der Maid im Kleid wie Schnee.


O Schwanenjungfrau, lilienweiße Feie,

Ich starb durch das Verhältnis deiner Seele

Wie Uria in Rabba!


Gekreuzigt und gestorben, ich noch schreie

Als Toter in der finstern Grabeshöhle

Zu Abba, Abba, Abba!



2


Wahnsinnig ward ich durch der Minne Jammer

Und ging im Schmerz durchs Purgatorium,

Mein Leib verlassen lag in dunkler Kammer,

Ohnmächtig, matt und stumm.


In Neugeburt die Seele ward zum Schatten

Und schwebte durch die Nacht zu Gottes Thron,

Da sich im Wahnsinn Licht und Schatten gatten,

In himmlischer Vision.


Allein die Seele an dem Jenseitsorte

Sah aufgetan die enge Perlenpforte

Der Stadt Jeruschalaim,


Wo Beistand war der liebe Sohn Marias,

Gab in der Welt mir zum Geleit Messias

Den Engel Mahanaim.



3


Wie oft gedachte ich der Gratia plena

Und grüßte meine Königinne Salve!

Da schaute ich die Freundin Magdalena,

Von Magdala die Malve!


Wo Simon Petrus wandelte am Meere,

Auftauchte aus dem weißen Schaum der See

Genezareth die Herrliche, die Hehre,

Maria Magdale!


Die mystische Gemahlin mir im Traume

Erschien, die Venus Christi aus dem Schaume

Der Paradieseslust!


Sie riß den Minner in dem Abenteuer

Des Jenseits durch das heiße Fegefeuer

An ihre Göttinbrust!



4


In Mahanajim Honig, Brot und Butter

Fand Ritter David an des Wildbachs Saum.

Vom Fasten geistig sah die Gottesmutter

Der Gottesmann im Traum.


Wie eine Feenkönigin im Schleier

Aus Gottes Ewigkeit erschien die Maid,

Dem Ritter auf des Glaubens Abenteuer

Sie stillte all sein Leid!


Wie sehr du auch gelitten, Jesu Jünger,

Dein Tag Gethsemane dir war, Golgátha,

Das Herz dir minnewund –


Nachts kam die Gottesmutter, Immaculata,

Und legte leise dir den Gandenfinger

Alltröstend auf den Mund...



5


Prophane Herrin, weltliche Madonne

Erwürgte mich durch ihrer Minne Geiz!

Ich lag darnieder – Tod war meine Wonne –

Genagelt an das Kreuz!


Todschatten meine Seele mir beseelend,

Ich schrie im Schattental zu Zebaoth

Aufheulend heiß aus bitterlichstem Elend

Um einen baldigen Tod!


Ich schlug in meiner grenzenlosen Trauer

Den wehverwirrten Schädel an die Mauer!

Der Tod erschien als Reiz –


Glorreich wie eine bräutliche Madonne

In Ewigkeiten Paradieseswonne –

Mir, da ich hing am Kreuz!



6


An Frieslands Archipel – o stella maris! –

Mit seinem Schwane zog der fromme Sohn

Zum dunklen Dom, wo lächelte Eucharis

In stiller Kommunion.


Zu schauen und zu schmecken Gottes Güte

Gab Sie, die römische Ecclesia.

In dir, o Seele, Gottes Seele hüte

Durch Christus‘ Hostia.


Im Todesschatten ich – der Herr mein Leben,

Ließ mich der Liebe Mahl glückselig schweben

Ins Paradies verzückt!


Wollt auch der Tod das Gottesbild verschandeln –

Ich bin trotz allem, durch des Weines Wandeln,

In Ewigkeit beglückt!



7


Heut nacht will ich sie mit dem Schwerte schlagen

Und niemand ihre Wunden soll verbinden! –

O Schrecken Gottes! – Satan will mich jagen

In finstern Todesgründen!


Ein neues Lied singt Gott dem Herrn, zu loben

In alle Ewigkeit den Jesus-Namen! –

Ich schrei zu Jesus, wenn die Teufel toben:

Herr Jesus Christus, Amen!


.......Gott fand dich dazumal im Blute liegen

Und sprach bei sich: das Menschenkind soll leben

Als wie die Lilienblume!


Der Geist ließ nicht den Mörder Satan siegen!

Ein Danklied sing ich nun in allem Streben,

O Gott, zu deinem Ruhme!




DIE SCHÖNHEIT


1


Ich brauche eine Herrin, anzubeten

Das weibliche Gesicht der Gottheit, Liebe!

Nur darum, Frau, bin ich zu dir getreten,

Zu Gott gequollen sind die Lebenstriebe,


Als ich in meiner Schwermut, meiner Trübe,

Dich nach den charismatischen Gebeten

Im Haine sah, als ob das Schicksal hübe

Frau Eva wieder aus dem Garten Eden


In diese Gegenwart, da du, o Herbst,

Das braune Haar, die Scharlachlippe färbst,

Da mir Liebfraue wird die Mutter Erde.


Und ich, in meinem Schwall und Drang,

Zu der Erfüllerin der Sehnsucht sprang –

Du wehrtest mir in schüchterner Gebärde.



2


Wenn ich dich glühen in dem Sessel seh,

Madonna, Flammen aus verliebtem Herzen

Erröten dir im Antlitz, holdes Reh,

Du Heilige, die ich in meinen Schmerzen


Verheißung höchster Wonne nenn, im Weh

Bin ich entflammter als die Bienenkerzen.

Du aber nahmest mich, im kühlen Schnee

Mit Schneeball über Schneeball schön zu scherzen.


Auf deinen langen braunen Wimpern seh

Zerstäuben ich den lichten Flockenschnee,

Ob Grazien auf deinen Wimpern sitzen.


Du schüttelst aus der hennabraunen Locke

Den weißen Schleier einer kühlen Flocke,

Doch flammend deine blauen Augen blitzen!



3


Ob mich auch tausendmal das Schwert durchdringe

Und ich den Becher leer, den Trank der Leiden,

Als Dornenvogel ich die Blüte singe,

Die holde himmlische, in Blütenseiden,


Es träuft noch Balsam von des Engels Schwinge

Und einmal muß Frau Schwermut von mir scheiden!

Glückseligkeit fand ich auf Balderinge,

Auf Baltrums Eiland wandelten wir beiden


Wie Josef und Maria Hand in Hand,

Wo im verschlafenen Dornröschenland

Sich unsre Schatten zärtlich fast berührten –


Und ich des nachts vor keuschem Rosenkranz

Im Himmel war, da deiner Schönheit Glanz

Mein Geist und meine Seele selig spürten!



4


Nach herzverschlossnem Winter kommt die Sonne,

Und ich, den lang durchbohrt die scharfe Lanze,

Tauch aus der Frostigkeit und kaltem Glanze,

Neu Leben quillt aus dunklem Abgrundsbronne,


Frau Mai erscheint in minniglicher Wonne

Und meditiert zum weißen Rosenkranze

Den Minnesang der freudigen Madonne,

Da ich, wie David vor der Lade, tanze!


Da warest du in mystischer Vigilie

Des Orients Verheißung, Chinas Lilie,

Jungfräulich, immerjugendlich und keusch!


Da mir in marianischen Gebeten

Im Herzen aufging o dein Garten Eden –

Und meine Gottheit wandelte im Fleisch!



5


Zum Frieden rief die mystische Muslima

Und in das Paradies des Himmels Haura,

In Glorie, des Orientes Aura

Der Morgenröte warest du Sulima,


Suleika mir, und führtest, Diotima,

Zum Paradies, da Zephyr blies und Aura,

Die Frau des Morgensterns, aus Paphos-Ktima,

In Edens Gärten, wo du rein, wie Laura,


Erschienest, Göttin du im Paradies,

Da du getanzt des Orientes Tanz

Vor Gottes Thron als Stern des Morgens, Venus!


So träumte ich.- O weh mir, Nazarenus,

Wie starb ich an dem Kreuze durch den Spieß!

Wie sank ich in den roten Rosenkranz!



6


Ob du des Vaterlandes Schönste seist,

Du Stadt am Neckar mit berühmter Brücke,

Gewärtig Hölderlins und Goethes Geist

Als Genius umsauste mich, Werkstücke


Von Romas Geist, da tat ich tiefe Blicke

In die Archaik, da die Muse weist

Die Weisheit – da erschien zu meinem Glücke

Die Fraue, die Allköniginne heißt,


Allkönigin im Mantel dunkelblau

Wie Nacht im Kosmos, wandelt in der Ferne,

Dem Herz des Alls, dem Herzen Jesu zu!


War das Maria? Oder, liebe Frau,

Die Frau, die wandelte von Stern zu Sterne

Zu Gottes Gnadenthrone – warst das du?



7


Madonna – ward ich doch dein Zimmermann,

Da Gott als Dritter war in unsrer Mitte!

Wir auferbauten die verfallne Hütte

Von Zion, Tochter Pharaos! Sodann


Den Himmel ich auf Erden schon gewann,

Mit dir zu sein zusammen, deine Schritte

Zu sehn in den Sandalen, meine Bitte

Des Liebesbundes dir zu tragen an! –


Du schneitest wie ein Engel, rein wie Schnee,

Als Himmelswonne mir ins stille Weh

Und warest wie die Hostie mir süß. –


Sankt Evelin und Jesu Kommunion

Dich, Seele, führten zu dem Gnadenthron,

Denn deine Heimat ist das Paradies!



MEINE MUSE


1


Sah Homer die schöne Helena,

Lalage Horaz und Lydia,

Sah Ovid die Ehefrau Corinne

Und Catullus Lesbia in Minne,


Dante Beatrice goldner Aura

Und Petrarca seine Donna Laura,

Sidney seine Stella, Stella Maris,

Und Ben Jonson seine Lady Charis,


Sah Novalis seine Blume blau,

Goethe auch sein Ideal der Frau,

Paul Claudel Proezza, sah er sie,

Und die Mutter Eva Charles Péguy,


Singe ich Maria voller Minnen,

Wird mein Ideal den Kampf gewinnen!



2


Priester fragte ich nach Unsrer Fraue,

Aber ich gewann nur Tränentaue,

Weil ich keinen Minner fand der Keuschen

Unter Katholiken, arme Deutschen!


Einer, Priester Jesu Nazarenus,

Warnte einzig vor der Göttin Venus,

Warnte mich, wenn ich den Kult beginne

Einer Mystik der Marienminne,


Und ein anderer, der Kirche Sohn,

Alter Narr der polnischen Mission,

Sprach von Mutti, der man gern vertraut,

Als ich fragte: Ist Maria Braut?


Und ein dritter, hilflos, wies allein

Mich zum Papst, der spricht: Ich bin ganz Dein!



3


Also ging ich in das Reich der Rosen,

In das Weingelände der Franzosen,

Fand bei Mystikern im Land der Franken

Wahrlich marianische Gedanken!


Nämlich Vater Grignion de Montfort

Pries sie Paradieses Perlentor,

Der wir uns in Ganzhingabe weihen,

Um durch sie den Ewigen zu freien!


Und mit Liebesglut der Seraphim

Lehrte Weisheit Bruder Ephraim,

Wie sich Bräutigame wählt die Maid

Für die Heiligste Dreifaltigkeit!


Vierge Marie, plus belle des femmes, épouse –

Also ist Maria meine Muse!



4


Meine Brüder sind nicht bei den Deutschen,

Die nicht singen Lobgesang der Keuschen,

Die nur Ideale singen kantisch

Oder Blumen namenlos romantisch.


Beatrice ist, die makellose,

Meine Mutter und die Mystische Rose

Und die Tochter ihres Sohnes übe

Ich zu singen und die Schöne Liebe!


Eva meine Mutter ist, ich bin

Sänger der Geheimniskönigin,

Ich bin Nachtigall, sie ist die Rose,

Der der Sänger weiht das Land von Beauce.


Mir gab Petrus Weisheit durch das Dogma,

Daß ich singe, Braut und Mutter, Chokma!



5


Widerhall erklingt in meiner Brust,

Lausch dem Rauschen gern der Waldeslust;

Sing nur süß, o Sänger, sing nicht bitter,

Bist der Gottesmutter Minneritter.


Lausche gern der Poesie und Prosa,

Rosa Blanka lausch ich, Rosarosa,

Lausche gern dem Leben der Madonne

Nach der mystischen Vision der Nonne.


Lausche gern der Sehnsucht nach Sophie,

Innerem Gesicht von Sankt Marie,

Die erscheint in blauer Blume Bilde,

Redend mit der Stimme der Mathilde.


Lausche gern dem Lobgesang der Rosa

Mystica, der Mater Gloriosa.



6


Einzig steh ich da im Reich Germanien!

Nur die Turteltauben in Kastanien

Und auf Osterweide Lamm und Schafe

Hören meine Glocke läuten: Ave!


Wird mich lesen Südamerika

Oder gar das Eden India

Oder pflanzt der Muse Aetherdom

Vor den Petersdom das Ew’ge Rom?


Lesen wird Madonnas Minne-Laich

Frau Ecclesia im Friedensreich,

Währt mein Ruhm, wie heut ich offenbare,

In dem Friedensreiche tausend Jahre!


Die vergaßen Sie, die Gott geboren,

Sind vergessen dann, die deutschen Toren!



7


Tausend Jahre wartete Marias

Unbefleckter Spiegel des Messias

Auf den Lobgesang zu ihrem Ruhme!

Gott sprach: Werde gleich der Lilienblume,


Künde bis zum Ende dieser Erde

Tochter Zions Glorie und Zärte!

Also rief Messias aus dem Nichts

Den Mann des marianischen Gedichts!


Denn, wer Lobpreis singt Marien Thron,

Der singt Lobpreis auch Marien Sohn!

Also inspirierte Sang im Busen

Sankt Maria, Königin der Musen,


Daß ich Lobpreis werde ihrer Glorie,

Welche spricht, Marie von Medjugorje!-




MEIN STOLZ


1


Maria! Löwen ziehen deinen Wagen,

Du mächt’ge Löwenmutter!

O nimm mich mit bei deinem Beutejagen,

Gazellen reiß zum Futter!


Allmächtige Fürsprecherin bei Gott

Im Löwenthron, o Herrin!

Bewahre mich vor falscher Welt und Spott

Durch jede eitle Närrin!


O Herrscherin! Dir einzig will ich trauen,

Beherrsche mich! Doch sollen nicht die Frauen

Beherrschen deinen Sklaven!


Wenn Frauen meinen Mannesstolz entmannen,

Wir kämpfen, diese falsche Welt zu bannen,

Gottlose Welt zu strafen!



2


Was schaust du, Narre, nach den leeren Bronnen

Und trockenen Zisternen

Und der Unliebe weltlicher Madonnen

Mit kalten Augensternen?


Und siehst sie nicht, du Narr, die volle Quelle

In Fluten-Überflüssen?

Da darfst du schlürfen, dürstender Geselle,

Und frische Wasser küssen!


Von den verschlossnen Herzen voller Haß

Den Sinn abwend, die Närrinnen entlaß

Und deiner Trübsal Trübe!


Wenn sich Frau Welt verschließt in Haß und Zorn –

Steht in der Gottheit offen dir der Born,

Die Quelle ew’ger Liebe!



3


Im Herzen brennt dein Namen, Göttin, heiß!

Du heißest Elohim!

Anbetung dir und Ruhm und Lob und Preis!

Es sinken Seraphim


Aufs Antlitz, strahlst du auf im Himmelreich,

O Gottheit, Gottheit, Jahwe!-

Ich stürze in den Staub, an Demut reich,

O Gottheit, als dein Sklave!


O Weisheit, meine Göttin! Du bist groß,

Bist strahlend, unbefleckt und makellos,

Ganz jung und rein wie Jade!


Geist! Liebesflamme! Alles in mir schreit

Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit,

Der Göttlichen Triade!



4


Ha! Sollen Frauen herrschen oder Kinder,

Gottlose, über dich?

Sei Löwe, Ritter, König, Überwinder

Und hüt in Gott dein Ich!


Soll Torheit spannen dich vor ihren Karren,

Ausstellen dich dem Spott?

Wenn dich verspotten Närrinnen und Narren,

Gedenk, du eignest Gott!


Du laß dich nicht verbittern, wenn auch bitter

Die Liebe ist! Du aber bist ein Ritter

Im Heer der Unbefleckten!


Verlaß Frau Welt mit ihrem stumpfen Krampfe!

Du, Ritter, folg heroisch in dem Kampfe

Dem Herrn, dem Auferweckten!



5


Du trugst das Kreuz des Lebens, deine Bürde,

Mit Christus hingst am Holz!

Freund nennt dich Jesus, das ist deine Würde

Und demutvoller Stolz!


Du trankst mit Christus aus dem gleichen Becher

Den bittern Liebestod!

Dein Herz dem Bräutigam den Zedernfächer

Das Leid zu kühlen bot!


Du, dem Allmächtigen allein vertraut,

Bist Jungfrau, Seele, eine Jesusbraut

Bist du, o Anima!


O Mann, in männlicher Berufung flamm

Für deine Königin, o Bräutigam,

Maria Domina!



6


Ah! Jubel und Triumph auf jeder Wolke,

Die Königin erscheint!

Ein jeder Geist kniet tief im Himmelsvolke

Und Freudentränen weint!


Cheruben, Selige und Seraphinen

Vor ihrer Herrin knien,

Sie schwören alle, ewig ihr zu dienen,

Vor der die Teufel fliehn!


Ich triumphiere mit! Der Bundeslade,

Allheiliger Jerusalem von Jade,

Ich diene als ein Christ


Und singe zu dem Rauschen stolzer Palmen

Und bin mit meiner Harfe voller Psalmen

Der Herrscherin Psalmist!



7


Der Herrin Sieg, das ist der Sieg der Minne,

Wie ich zutiefst erkenne,

Denn das will meine Herzenköniginne,

Daß ich von Liebe brenne!


„In Demut sei du stolz, ein Überwinder,

Sei stolz auf deine Schmerzen!

Die Menschen alle lieb als deine Kinder

Mit meinem Mutterherzen!


Die Guten sollst du lieben und die Bösen,

Die Gottheit will die ganze Welt erlösen

Und all mit Wonne füllen!


Die Frauen aber – das ist mein Begehren,

O Mann – die Frauen sollst du alle ehren

Allein um meinetwillen!“




TRÖSTERIN


1


Nun kommt der Trost, die Tröstung kommt durch dich,

Des Geistes Balsamstaude!

Dein Balsam-Mantel legt sich sanft um mich,

Du Sanfte, du Vertraute!


Dein Mantel trieft von Balsam, Salbenöl,

Du Staude der Balsamen!

Ein duftigsüßer Weihrauch meiner Seel,

Aroma ist dein Namen!


Du meiner Seele innres Himmelreich,

Madonna, o Regina Angelorum,

Die du mich dir erlost,-


Durch deine Huld ist Gott mir gnadenreich,

Maria, Consolatrix Afflictorum,

Gequälter Seele Trost!



2


Beschämt senkt meine Muse ihre Leier

Vor lauter Demut bang,

Denn sie vermag nicht würdig deiner Feier

Zu singen Lobgesang.


Die du das Wort geborgen, Bundeslade,

Du gibst aus Überfluß

Von Jungfraunhuld und Gottesmuttergnade

Mir deinen Musenkuß!


Noch steckt im Herzen mir das Schwert, das scharfe,

Da heb ich schon zum Himmel meine Harfe,

Und meine frommen Musen


Besingen auf des Gottesberges Stätten

In inspirierten Huldigungs-Sonetten

Das Herz in deinem Busen!



3


O Gottesmutter, himmlisch ist dein Wandel,

Dein Liebreiz voller Charme,

Hüllst du mich ein in den Madonnen-Mantel

Und mütterlichen Arm


Und läßt mich trinken Trostmilch deiner Brüste,

Der Galaxieen Tau,

Ist mir, ich ruhe an der Freuden Küste

Mit dir, o Liebe Frau!


Das Weltall glänzt von deiner Milch, o Mutter,

Dein Busen ist ein Reich von Seim und Butter,

Des Busens Purpurwarze


Stillt deinen Säugling, Jungfrau, mit Balsamen,

Hüllt selig ihn, o Dame aller Damen,

Dein langes Haar, das schwarze!



4


Du Himmel meiner Seele! Durft ich saugen

An deiner Brust den Trost,

Allmütterlich der Schimmer deiner Augen

Mich liebevoll liebkost!


Ob schwarze Perlen, Onyx, schwarze Jade –

Wie Mutter Nacht dein Blick,

Barmherzig, liebevoll und reich an Gnade,

Gießt in die Seele Glück!


Verzeih der Leier müßigleichtes Klimpern.

Verehren will ich deine langen Wimpern

Und deiner Tränen Tau –


Des Mitleids Tränen, des Erbarmens Schauen,

Du Schönste aller Schönen, Frau der Frauen,

Du meine Liebe Frau!



5


Laß huldigen mich deiner weißen Hand,

Die ruht auf meinem Haupt,

Gibt Christi Frieden über den Verstand

Der Seele, die geglaubt.


Ach, quälen die Gedanken im Gehirn

Und sind des Friedens bar,

Streicht, Mutter, deine Hand von meiner Stirn

Mir das verwirrte Haar.


Du tatest deine weißen Hände legen

Mir auf das Haupt, zu spenden Gottes Segen

In Gnadenüberflüssen!


Drum ich mein Lied zu deinem Lobe wende

Und will in Huldigungen deine Hände,

Liebfraue, minnig küssen!



6


Mit Scherben schnitt mich scharf die schlimme Feindin,

Die Ursach meiner Qual –

Die Himmelskönigin ist meine Freundin

Und ich ihr Brautgemahl!


Ist meine Braut die Himmelskönigin

Und tut mich nicht verachten

Wie sonst die Frauen! Jahwe’s Ritterin

In allen Seelenschlachten


Ist Führerin der Heeresscharen Engel

Und Himmlische der kämpfenden Gemeinde,

Die zu mir niederstieg!


Drum, Herz, laß das erbärmliche Gequängel!

Die Freundin überwindet deine Feinde

Mit Ihrer Liebe Sieg!



7


Du mystische, du makellose Rose,

Kein Gift in dir, kein Wermut,

Ganz Süße, Selige und Sündenlose,

Erbarmst dich meiner Schwermut!


Ich war ein Wurm, kein Mensch – in armer Demut

Ersehnte ich dich Große,

Gebenedeite Stillerin der Wehmut –

Du stilltest das Getose


Der Leidenschaften aufgewühlten Flut,

Des Lebens und der Liebe Leidenswut!

Nun ruh ich kummerlos


In deiner Minne wonnevollen Macht,

Wie Jesus, in der mystischen, der Nacht,

Maria, dir im Schooß.




TAGELIEDER


1


Die Nacht ist schön, o Fraue,

Ist mystisch und geheim,

Da ich im Tränentaue

Sing deiner Minne Reim.


Der Mondin goldner Seim

Träuft auf die blaue Blume,

Singt jeder Lebenskeim

Zu deinem Frauenruhme.


Wir ruhn im Heiligtume

Als wie in einem Kutter.

Du tiefe Ackerkrume,

Du unbesamte Mutter!


Mög uns der Wächter nicht

Erwecken und das Licht!



2


In deinem Frauenherzen

Und Garten blüht kein Wermut.

Ich minne dich in Schmerzen

Und dichterischer Schwermut.


Die Sterne lächelnd scherzen

Und bleibt doch alles Nacht,

Geweihter Osterkerzen

Gefunkel flammend lacht.


Ich schmelze und ich schmacht

Vor deiner Minne, Fraue.

Ich sinke selig sacht

Von Nacht zu Morgengraue


In lieber Träume Born.

Blas, Wächter, nicht das Horn!



3


Der Schmerzen Schwert, das scharfe,

Steckt schneidend mir im Herzen!

Doch heb ich nachts die Harfe

Und sing der Schwermut Schmerzen!


Es schaun die Sternenkerzen

Von ferne durch das Dunkel.

Ich seh in deinem Herzen

Den ewigen Karfunkel


Mit rosigem Gefunkel

Beseelen dich, du Söte!

Der stillen Nacht Gemunkel

Schweigt vor der Morgenröte.


Du willst dich huldreich neigen

Zu meinem mystischen Schweigen...



4


Wie licht sind deine Glieder,

Wie fruchtbar deine Brust!

Ich sing dir Liebeslieder

In wehmutvoller Lust.


Ist alles Hauch und Dust,

Bis auf das zarte Zeugen

Der Liebe, unbewußt

Bewirkt im tiefen Schweigen


Vor deiner Gnaden Neigen

Mit süßem Musenmund,

In süßer Minne Reigen

Auf süßem Herzengrund.


So wollen wir uns küssen,

Ob wir auch scheiden müssen!



5


Ich fürchte Vogelsang

Im glühen Morgenrot!

Zu scheiden bin ich bang,

Denn Scheiden ist der Tod!


Im süßen Abendrot

Sang Ave leis die Glocke.

Die Nacht mir Minne bot,

Als ob mich Jesus locke!


In deiner schwarzen Locke

Lag lässig ich gebettet,

Du weiß wie Schnees Flocke,

Hast mich ans Haar gekettet.


Nun aber, weh der Nöte,

Zum Scheiden ruft die Röte!



6


Wie selig ist die Nacht

Mit ihrer süßen Stille,

Da weiß die Jungfrau lacht

In mütterlicher Fülle!


Die Liebe ist dein Wille,

Der Liebe glühes Feuer!

Du hüllst dich in die Hülle

Und transparenten Schleier.


Das ist ein Abenteuer

Der frommen Ritterminne.

Ein Schüchterner und Scheuer

Werd ich der Schönheit inne.


Bald aber, hör, ich klag,

Bald kommt der öde Tag!



7


An Rosenkranzes Kette

Und fromm bei Brot und Wein

Ich lag in meinem Bette

In seligem Verein!


Wie keuscher Mondenschein

Umgab mich mild die Maid,

Da ich vor Wonne wein

Und vor Glückseligkeit!


Im seidenweißen Kleid

Klar leuchtet deine Brust!

Dem Schoße bin geweiht

In voller Minne Lust!


Nun spotte, du Verächter,

Nun scheide uns, du Wächter!





TOTUS TUUS


1


Was ist der Mensch? Materie und Geist!

Ist Fleisch und Blut, ist Seele, Herz und Hauch!

Ein Bild des Logos, Bild Sophiens heißt

Isch Adam, Ischa Eva; aber auch


Der Mutter Erde Kinder, Fleisch und Blut.

Darum die Weisheit, die die Wege weist,

Der Menschlichkeit gemäß mit Gnadengut

In irdischer Gestalt den Menschen speist.


Der Taube und der Mutter Erde Brut

Bedürfen der barmherzigen Gebärde

Des Geistes, also daß der Liebe Flut

Vermittelt kommt den Kindern dieser Erde;


Dies Mittel nennt man Sakrament, jawohl,

Realgeschöpfen ein Realsymbol.



2


Wer weiß es, Gottheit, wie du Menschen labst,

Wenn sie glückselig sind im Paradies?

Das sagt allein ein Heiliger, ein Papst,

Der uns die Wege deiner Weisheit wies.


Isch Adam war das neue Leben süß,

Als er in Armen Ischa Eva fand.

In ehelicher Einigung ergieß

Die Gnade Gottes, Geist, auf alles Land.


Die Ehe Edens in dem Gnadenstand

Ursakrament der Schöpfung Gottes heißt.

Da Adam ging mit Eva Hand in Hand,

In ihrer Mitte wandelte Gott Geist


Durchs Paradies auf schöner Liebe Spur,

Ich bin, im Sakramente der Natur.



3


Ach, nach dem Sündenfall wars nicht mehr so!

Die Menschen waren, wehe, Gottes müd!

Zum Zeichen aber liebte Salomo

In minniglicher Weise Schullammyth!


Jehowah warb um Israel, die Maid,

Hosea freite seine Hure da!

Doch Jesus – sei sein Name benedeit! –

Vermählte sich der Braut Ecclesia!


Er schlief am Holze ein, am grünen Kreuz,

Er schrie nach Liebe mit dem Durst der Lippe,

Da ihn ein Lanzenstoß durchbohrt, der Geiz

Unholder Welt, da Gott schuf aus der Rippe


Dem neuen Adam seine neue Eva:

Urtypus ist Maria, Diener Kefa.



4


Gott Vater eine reine Jungfrau schuf,

Erbsünde Evas war nicht in der Seele;

Von Ewigkeit in schaffendem Beruf,

Schuf Gott, daß er die Maid zur Braut sich wähle.


Gott Sohn sah sie in seinen Leiden an

Und sah die Liebe in dem Mutterherzen,

Da einigte am Kreuz der Schmerzensmann

Sich seiner Jüngerin, der Frau der Schmerzen.


Gott Geist kam auf die Knechte, die geringsten,

Und auf die Mägde, daß er auferbaut

Die Kirche Christi für der Liebe Pfingsten

In Einheit mit Maria, seiner Braut.


Vollkommen ist vermählt Marie, die Maid,

Mit Gott in einiger Dreifaltigkeit.



5


Wir wollen uns dem Unbefleckten Herzen

Mariens, Lieber Frau von Fatima,

In Minne weihen! Wonne unde Schmerzen

In ihrem Herzen sind der Gottheit nah.


Für die, die sich ihr weihen, spricht sie Ja

Zu Gott in Christo, wie beim Fiat einst.

Was auch geschehen wird, geschieht, geschah,

O Seele, ob du jubelst oder weinst,


Wenn du dich nur der Lieben Frau vereinst,

Sie sammelt die Verdienste dir zur Glorie.

Selbst wenn im Tod du gottverlassen scheinst,

Ist Gott dir durch Marie von Medjugorje


Für alle Ewe Bräut’gam, dich zu freien,

Wollst du dich nur Marien Herzen weihen!



6


Läßt, Jünger Jesu, du Maria walten,

So werden dir in Freuden unde Leiden

Teilhaftig mystische Vertraulichkeiten,

Die sonst allein dem Bräut’gam vorbehalten.


Gebunden an das Kreuz, werd ich gehalten,

Maria, durch die Süße deiner Blicke!

Du willst in mir die Tugenden entfalten

Von Glaube, Hoffnung, Liebe. Himmelsbrücke


Bist du und führest heim mich und zurücke

In paradiesische Vertraulichkeiten

Mit dir im Geist! So preis ich mich im Glücke

Der Minnenden, die Sankt Maria freiten,


Nach Josefs Vorbild sie Verlobte sind,

Daß Sankt Maria ihnen schenkt ihr Kind!



7


Anima mea, Jungfrau! Angetraut

Bist durch Vertrauen, Zuversicht und Minne

Du Gott dem Ewigen als Jesu Braut

In dem brautmystischen Verlobungssinne.


Dir wird die Seele deines Meisters inne

Und seine Göttlichkeit in Fleisch und Blut.

Du gibst dich hin zu seligem Gewinne,

Gelassen gibst dich ganz dem Höchsten Gut,


Der Schönen Liebe, Gott! In Liebesglut

Beiwohnt der Herr in innerlichster Nähe

Des Innern dir, daß Gottes Gnadenflut

Dich, in Erwartung ew’ger Gottes-Ehe,


Zur Göttin ganz verkläre, ohne Spott,

Auf daß du ewig Liebe seist in Gott!