Von Torsten Schwanke
(Mai-August 2004)
„Diese elterliche Güte Gottes läßt sich auch durch das Bild der Mutterschaft zum Ausdruck bringen, das mehr die Immanenz Gottes, die Vertrautheit zwischen Gott und seinem Geschöpf andeutet.“
(Katechismus der katholischen Kirche, 239)
„Die Wahrheit Gottes ist auch seine Weisheit, die die ganze Ordnung der Schöpfung und den Lauf der Welt bestimmt.“
(Katechismus der katholischen Kirche, 216)
1
Beginne ich, ein Lied von mir zu singen,
So sing ich von der Frau in höhern Chören.
Ich muß ein Lied erneut auf Flügels Schwingen:
I wish this kiss would last for ever! hören.
Und meinte ich, es würd mich nicht berühren,
Gleich mußt ich große kühle Tropfen weinen
Und wieder heißer Sehnsucht Wehmut spüren
Und diese große Liebe zu der Einen!
Zutiefst gemartert von der Liebe Leid,
Kam ich, daß ich mich in der Wonne bade,
Einst auf die Insel der Glückseligkeit
Mit Ihr und Ihrem Sohn aus Gottes Gnade
Und war beseligt in der Liebsten Nähe
Drei Tag‘ im Himmel, wie in einer Ehe.
2
Nun ist es Vollmond und die Mondin golden
Perfekt am Himmel geht im lichten Rund.
Da red ich mit Madonna, mit der holden
Mondkönigin, weh seufzen tut der Mund:
Mein Leben sollte hier nicht himmlisch sein,
Weil die, die ich geliebt, mich nicht geliebt!
Wie Klopstock litt um Fanny Minnepein,
Ich auch bin in Empfindsamkeit betrübt.
Nun, Klopstock lernte gut das Alpha-Beta
Der Liebe, bis zu ihm gelangt die große
Begnadigung durch seine Cidli Meta,
Die ihm vorangeschwebt zum Stern der Rose.
Ich aber weiß nicht: Soll mir hier auf Erden
Noch je ein Himmelreich auf Erden werden?
3
Nie war ich Ihr so nah wie im Advent:
Madonna Sie und ich der Zimmermann,
Der Sie als göttlicher Weisheit Bild erkennt
Und warb ums Sakrament der Ehe dann.
Wer ist denn ohne Nabal Abigail
Als eine kluge Frau, die David freite?
Ich bat Maria um das Seelenheil,
Das Glück zu finden nach dem langen Leide.
Gott aber wollte nicht, daß im Genuß
Der Frauenliebe ich glückselig werde.
Ich stürzte in das Meer wie Ikarus,
Des Flügelpferdes Reiter gleich zur Erde,
In scharfe Dornen in dem Jammerland –
Wo mich die Minnerin Maria fand!
4
Die Frau war dennoch mir die Makellose,
Sendbotin mir aus Gottes Paradies!
Ich sah im Himmel eine goldne Rose
Und Selige in ihr wie Seim so süß
Und sah Maria in der Mitte thronen
Als des Weltinnenraumes Kaiserinne
Und Eva neben ihr in grünen Kronen
Und Rahel nahe, die war Jakobs Minne,
Und neben Sankt Maria, Eva, Rachel
Saß Sie, die Muse frommer Wissenschaft,
Verklärt, wie eine Rose ohne Stachel,
Der Inbegriff der Weisheit und der Kraft
Der Liebe, Sie saß in der goldnen Rose –
So sah ich der Geliebten Apotheose!
5
Nicht Aphroditen, Ascheren, Astarten
Und alle Göttinnen des Feminismus
Sind glorreich wie die Frau in ihrem Garten,
Die neue Eva ist im Katholizismus.
O neue Eva, von dem Monde labst
Du nachts mich mit den Früchten der Erkenntnis!
Ich lausche deinem weisen Sohn, dem Papst,
Und seinem marianischen Bekenntnis:
Erhoben ist die Frau! Des Engels Gruß
Grüßt ewig Sie, die Gott mit Gnaden zierte!
Nun, Dichter, rede von dem Genius
Der Frauen, ihrer geistigen Schönheit Würde!
In jeder Frau verehr die Madonnina
Maria – sponsa, mater et virgina!
6
Nun frag ich aber auch, ob Wahrheit ist,
Daß Eva sei nach Adam erst geschaffen,
Die Frau vom Mann ein Glanz, der Mann vom Christ –
Was sagt Ecclesia durch ihre Pfaffen?
Im Katechismus aber Mann und Frau
Sind gleicher Würde Gottes Ebenbild.
Ein jeder in dem anderen erschau
Gott: Vater mächtig gleichwie Mutter mild!
Geht Eva unter duftenden Reseden
Und spiegelt sich im Teich beim goldnen Schilfe –
In Liebe leben Mann und Frau in Eden –
Ist Adams Hilfe sie, wie Gott ist Hilfe!
Wie Gott ist Liebe, so ist Liebe Eva –
So lehrt die Kirche mich vom Stuhle Kefa.
7
Wir rinnen all wie Milch gerinnt zu Butter
Und Butter weiterhin gerinnt zu Käse.
Gewoben in Materie der Mutter
Ist unser Leib, daß drin die Seele wese.
Wie liebevoll die Mutter sorgt fürs Kind,
Früh an der Brust, zuvor im Mutterbauch.
So sorgt für uns der mütterliche Wind,
Gott Ruach, unsre Mutter, Gottes Hauch!
Und wie ein Minner zur Geliebten schaut
Und wünscht sie immerdar in seiner Nähe,
So ist auch Gott in seiner Weisheit Braut,
Im neuen, ewgen Bunde mystischer Ehe –
Denn durch die Frau erkenn ich, ohne Spott,
Wie meine Braut und Mutter ist mein Gott!
II
1
Fünf Jahre schrie ich an der Liebe Kreuz
Und öffnete das Herz in meinen Leiden
Vor der verheißungsvollen Dame Reiz,
Dem Jadeleib in weißen Blütenseiden,
Schrie vor der Blütenseide, Leibesjade,
Als ob ein Eden schon auf Erden blüht,
Doch ward zuteil mir nimmer ihre Gnade
Und nur Frau Schwermut liebte mein Gemüt!
Ich bat Maria um des Vaters Willen,
Ich flüsterte Madonna in das Ohr:
Gib mir die Fraue, die mir ebenbürtig!
Ich war nicht Ihrer wert.- So sang mit stillen
Belehrenden Gesängen Gottes Chor:
Du wähltest falsch, o Liebender, doch würdig.-
2
Ihr Frauen, wo ist eure Frauenehre
Glorreicher aufbewahrt als in dem Dichter?
Ihr wandelt heilig Sphäre über Sphäre
Wie Engel zu dem Ewigen der Lichter!
Ist euer Leib der Leib der Aphrodite
Und eure Seele Medium Sophias –
Noch jede in des Dichters Garten blühte
Als blaue Blume bräutlich dem Messias!
Nun, schwarze Perle oder weiße Perle,
Süßwasserperle, Perle aus dem Meere –
Ihr alle, Frauen, wählt gemeine Kerle,
Gibt keiner von den Kerlen euch die Ehre!
Was haben Reh und Esel denn gemeinsam?
Der euch verherrlicht, der Poet, ist einsam.
3
Nun, dieses Liebesleiden ist nicht neu;
Die unerreichbar in der Pubertät
Als große Herrin lachte, fand mich scheu,
Ich minnte sie und wurde ein Poet,
Um mich zu widmen ganz der goldnen Leier
Der tiefgeschooßten Musen, reichbelaubt
Mit Lorbeer stand ich vor dem weißen Schleier
Der Frau, die fast das Leben mir geraubt,
Abgöttisch vor dem weiblichen Idol –
Mich riefen auf zur Buße fromme Christen,
Da fand ich sie, den Meeresstern am Pol,
Die Liebesgöttin mit den bloßen Brüsten,
Die ging vorüber.- Nun ich einsam bin,
Marie: Wer waren sie? Wo sind sie hin?
4
Wer war die Dame denn, von der ich träumte,
Die tiefgeschooßte Muse meiner Leier,
Die mondenweiß die Nacht der Seele säumte
Als makellose Maid im reinen Schleier,
Wer war die Jungfrau denn in ihrem Scheiden
Als Stimme der Jungfraue der Jungfrauen,
Heilbringend schritt sie in die Ewigkeiten,
Um stellvertretend Gottheit anzuschauen,
Wer war die schöne Liebe, süße Minne,
Die der Poet in Liebesträumen schaut,
Des Weltalls und des Herzens Königinne,
Im innern Rosengarten reine Braut,
Wer waren sie, die allgeliebten Frauen?
Ich wollt in ihnen Sankt Maria schauen!
5
Euch, Frauen, spielte ich mit meiner Leier
Triumph und Gloria von eurem Glanz,
Wollt keine Schöne je in ihrem Schleier
Zum Liebeslied sich drehn im Hochzeitstanz,
So weinte ich und seufzte auf der Flöte
Mein Klagelied vor Herzen ähnlich Steinen,
War keine traurig in der Abendröte,
Tat keine meine Minnenot beweinen.
Die gottverlassene Germania
Liebt musenlose Dichtung nur, konfuse,
Und auch Germanias Ecclesia
Verehrt Maria nicht, des Dichters Muse!
Ich will der Friedenskönigin vertrauen –
Einst lieben meine Lieder deutsche Frauen.
6
Gott wollte mit dem Charisma mich salben,
Als ein Geweihter sing ich Transzendenz.
So kommen vor dem Frühling schon die Schwalben
Und schrein als Liebesboten aus den Lenz!
Himmlischer Vater! Ich, der Schwalbe gleich,
Sing selig wie die Muse Salomos
Der Kommenden, der Weisheit Friedensreich,
Da ist der Gottheit Minnegnade groß!
Und will auch heut Frau Welt mich noch nicht hören
Und bin ich unbekannt mit meinen Werken,
Einst singen sie mein Lied in frommen Chören
Maria von des Friedens Musenbergen,
Wenn sich an meinem Lobpreis Deutschland läutert,
Am ewigen, der in der Zeit gescheitert.
7
Ich murmle Minne, Marmel über Marmel,
Ich sing im Schleier meine Gottheit schön.
Maria aber sprach vom Berge Karmel:
Die Mystik werden Wenige verstehn.-
Tiefinnerliches gieß ich in den Vers
Und ruf zur Rosa Mystica den Reim.
Erkennen wird den Lobpreis, wem das Herz
Bewahrt die Gottheit innerlich geheim.
Mein Lied Frau Weisheit soll zum Lobpreis taugen
Und will Madonna Minnedüfte fächeln.
Frau Weisheit schaut mit der Madonna Augen
Zu mir und mit der Vielgeliebten Lächeln:
„Wir danken dir für deinen Lobgesang!“
Mein Lorbeerkranz ist Sankt Marien Dank.-
III
1
Muß einer in die Schmiede als ein Schmied,
Muß er als Maurer ziehen eine Mauer,
Muß er, bevor die Morgenröte früht,
Der Kühe Euter melken als ein Bauer,
Muß er Drehscheiben drehen als ein Töpfer,
Als Kunsthandwerker drechseln Götzenbilder –
Wann soll er denken dann an Gott den Schöpfer?
Die Weisheit Gottes aber, mild und milder,
Bedarf der frommen meditativen Muße
Und freigestellter Zeiten fürs Gebet.
Der Weise folgt der Weisheit auf dem Fuße,
Wenn er zu Schriften alter Weisen geht
Und seinen Sinn auf Heilge Schriften richtet
Und schließlich selber Weisheitslieder dichtet.
2
Jedoch ich bin so oft so dumm und doof,
Ich weiß auch nichts von Cicero und Cato,
Ist unbegreiflich mir der Philosoph,
Der die Idee der Schönheit lobte, Plato.
Ist mir nur wenig Intelligenz verliehn,
Dem Geist als Denker wurden wenig Gnaden,
So übersteigt den Geist Sankt Augustin,
Der Geist des engelgleichen Aquinaten.
Weiß nichts von hypostatischer Union,
Von Wesen und Natur und von Substanz.
Nur schöne Musen kennt der Musensohn
Und Frauenschönheit sieht er gern im Tanz!
Ein Wunder ists, daß er, der Tor der Toren,
Frau Weisheit sich zur Dame auserkoren!
3
Hab ich verkündet meine Schwachheit schon
Auf dem Gebiet der Arbeit, schaff nicht viel,
Und spottet mein das Denken auch mit Hohn,
Weh mir! ich bin zu schwach zum Kinderspiel!
Drei Jahre zählt der Knabe, den ich meine,
Ein Kämpfer er, ein Heros und ein Ritter,
Starkmächtig wie ein Drache ist der Kleine
Und starkgewaltig wie die Löwenmütter!
Wie tief muß ich mich meiner Schwachheit schämen,
Statt Spiel zu spielen, bin der Ruh geweiht,
Untröstlich! Was mir will die Seele lähmen,
Das ist der böse Geist der Traurigkeit!
Muß immer seufzen mein unselig Ach
Und weh mir! weh mir! darum bin ich schwach!
4
Und doch! Wie selig ist das Kinderspiel!
Wie ist das Kind im Spiel so selbstvergessen,
Wie ist erlöst das kindliche Gefühl
In Gottes Schöpfung und beim Süßes-Essen!
So hingegeben, wie ein Dichter nimmer
Im selbstvergessnen Minnedienst der Musen,
Hingebungsvoll in seligem Gewimmer
Die Kleinsten aller Kleinen ruhn am Busen!
Wir alle von den Kindern lernen müssen
Hingabe und gelassenes Vertrauen.
Ihr Lieben und ihr hingegebnes Küssen
Läßt uns ein Bild der Liebe Gottes schauen.
Das sah das Mädchen von Lisieux so lind,
Wie Gottes Weisheit spielte als ein Kind!
5
Wenn Gott gebaut hat eine Himmelsleiter,
Ich bin zu schwach, um sie hinaufzusteigen,
Hinan, hinan, zur Höhe immer weiter,
Bis in die Gottheit! – Gottheit muß sich neigen!
Ich kann mich nicht erheben in Verdiensten,
In guten Werken oder Tugendtaten
Und Heiligung in reinen Minnediensten.
All meine Schwächen Gnade nur erbaten!
Mit aller meiner Schwachheit will ich zeugen
Und will bekennen mit den Kleinen allen:
Zu uns muß sich die Gnade Gottes neigen
Sehr tief, wir fallen immer nur und fallen,
All unser Fallen nach der Gnade rief
Des Herrn, der uns empfängt, denn Gott ist tief!
6
Die Religion der Gnade ist gemäß
Der Schwachheit. Gnade ist der Wahrheit Satz.
Ich bin nur ein gebrechliches Gefäß,
Doch ich bewahre einen edlen Schatz!
Ich bin nur irden, nur ein dunkler Kelch,
Gott aber gießt die Liebe in mich ein!
Welch eine Gnade, welche Wahrheit, welch
Erkenntnis gießt in mich der Weisheit Wein!
Schatzkammer aller Gnaden, meine Wonne,
Gebärerin von Wahrheit und von Gnade,
Du Schoß der Morgenröte, Schoß der Sonne,
Der Weisheit Thron, des Wortes Bundeslade –
Ich bin in diesem irdischen Gefängnis
Ein Schoß für eine göttliche Empfängnis!
7
Verheißung hat die Gottheit für die Kleinen
Uns allen durch Jesaja prophezeit:
Wie eine Mutter tröstet Gott das Weinen!
Jungfräulich wird Jerusalem, die Maid,
Euch alle, Judenchristen, Heidenchristen,
Die Tröstung schenken, denn ihr dürft nun saugen
Am Quell des Trostes, ihren Mutterbrüsten!
Jerusalem wird euch zur Tröstung taugen!
Allheilige Jerusalem, du Braut
Des Lammes, binde dir ein Tragtuch um,
Zu tragen allezeit den kleinen Christen,
Der dir, o Mutter seines Heils, vertraut,
Will immer ruhen im Mysterium
Der Minne, Jungfrau, zwischen deinen Brüsten!
IV
1
Im Traum verwirrt erscheinen Bild um Bild.
Wo ist die Seele, schläft der Leib im Bett?
Ich aber träumte von Maria mild
Und dichtete im Traum ihr ein Sonett
Von ihrem Schoß und von der tiefen Ruh
Der Seele, von Marien Schoß umgeben.
Das weißt du, meine Schwermut, wohl, daß du
Willst immer in des Schoßes Heimat streben.
Erwacht, o Seele, schreckte dich ein Schatten
Und flößte in die Seele dir die Angst!
Weh, böser Satan, mit dem Bild von Ratten
Du meine Seele in die Schrecknis zwangst!
So Heil und Unheil kämpfen um die Seele.
Die Unbefleckte dir zum Schutze wähle!
2
Die Urangst, stärker als das Urvertrauen,
Nach Gottes Liebe wie ein Rehbock röhrt!
O Seele, Götzen wurden dir die Frauen,
Zu Frauen die Beziehung ist gestört
Seit deiner Kindheit Mangel an der Nähe
Der Mutter. Immer in des Kummers Nacht,
Des Liebeskummers, bist du für die Ehe
Unfähig durch das Schicksal dein gemacht.
Du weißt, sind welche von Natur verschnitten
Und andere von Menschen so verwundet,
An deiner Seelenwunde oft gelitten
Hast du, dir ward kein Liebesleid gestundet,
Die Dritten aber sind verschnitten, gleich
Eunuchen, für der Liebe Himmelreich!
3
O Jesus, menschgewordne Weisheit! Das
Erkenne ich: Du bist hineingeschritten
Als Liebender in diese Welt aus Haß
Und hast durch ihren Haß den Tod gelitten!
Doch hat man dir das Leben nicht genommen,
Freiwillig hast du selber es gelassen!
So ward Erlösungsgnade für die Frommen,
Was dir Frau Welt getan mit ihrem Hassen!
So will ich lernen, Herr, von deiner Lehre,
Daß mir die Liebesleiden meiner Jugend
Zur Gnadengaben werden, so als wäre
Vom Geist gemacht die Not zu einer Tugend:
Wenn ich umarm die Schwermut, die mir schadet,
Werd ich mit Weisheitswonnen still begnadet.
4
Ob dir zu mächtig auch erscheint der Kummer
Und du vergeblich in des Bettes Kammer
Nach einem Tröster rufst, zum Trost den Schlummer,
Du wachen musst in untragbarem Jammer,
Mit Schrecken Schwerter durch die Seele schneiden,
Da Herzeleide scheint allein dir Ehe-
Frau deiner Seele, deine Seelenleiden
Frau Weisheit flehen: Hilf aus meinem Wehe –
Lehrmeisterin will dir Frau Weisheit sein
Durch deinen Meister, Mann, durch deinen Schmerz,
Durch die herzinnige Mätresse Pein!
Denn öffnet dir der Schmerzen Schwert das Herz,
Gießt dir Frau Weisheit durch den Wein der Wehmut
Der Weisheit Gnade ein in deine Demut.
5
Ich weiß, ich bin ein kleines Kind geblieben,
Ein kleines Kind des Gottes meiner Väter,
Gott möge mich wie eine Mutter lieben!
Nun, welche Weisheit sagte mir Sankt Peter,
Er, der mein väterlicher Schutzpatron,
Der mich im Leiden Weisheit lehrte mündlich:
Kind Gottes, neugeborn in Gottes Sohn,
Begierlich sei nach Milch der Weisheit kindlich!
Der Geist schlug mir an Pfingsten auf ein Lied,
Das sang im griechischen Gesang ein Christe,
Die Verse selig meine Seele sieht:
O Jesus, reiche deiner Weisheit Brüste
Mir, der aus Milch geronnen ist zur Butter,
Mir bist du, Christ-Sophia, meine Mutter!
6
Nicht viele große Weise dieser Welt,
Die Äther, Sonne, Meer zu Göttern machen,
Sind von der Weisheit Gottes auserwählt,
Gott wählte mehr der Kleinen und der Schwachen,
Was von den Weisen dieser Welt verachtet,
Wer nicht in Mythen oder Philosophie
Nach der Natur als einer Göttin trachtet,
Die töricht sind vor Gottes Weisheit, die,
Die Toren machte Gottes Torheit weise,
Was nur die Kraft der Torheit Gottes schafft,
Die weiser ist als Weisheit dieser Welt.
In Gottes Weisheit alle Sphärenkreise
Beschlossen sind, in Christus, Gottes Kraft
Und Weisheit, die das All in Armen hält.
7
So, bist du im Mysterium der Nacht,
Wird zum Gebet dein seufzendes Gestöhne,
Tritt an dein Kreuz, o Christ, die Mutter sacht
Und tröstet dich mit ihrer Frauenschöne.
Der Heimgesuchte und der Seelenkranke
Ins Brautgemach der heilen Seele schaue
Und lausche Sankt Maria: „Ich, Liebfraue,
Bin Schwanke Unsre Liebe Frau von Schwanke!“-
Anbetung in der stillen Liebe Leisheit
Der Schönen Liebe sei, die sich vertraut
Dem mystischen Poeten durch Frau Weisheit!
In Ihr wird dir die Gottheit gar zur Braut,
Erwähle Sie zur geistlichen, zur Ehe,
Sie wohnt dir bei allinnerlichster Nähe.-
V
1
Gott, wenn ich in dem einsamen Gebet
Betrachte, meditiere, ohne Werke,
Dann ist mir, deines Geistes Odem weht
Hoch oben auf erhabnem Myrrhenberge.
Nicht immer bleibt Asyl der Seele das
Gebet. Hernieder trägt des Geistes Flügel
Und führt mich mit des Herzens Caritas
Zur Menschenliebe auf den Weihrauchhügel.
Da sei mir jedes Leben eine Messe,
Die Seele Hostia, der Leib Monstranz!
Sei jede Frau Madonna und Mätresse
Und jedes Kindes Spiel der Weisheit Tanz,
Daß ich in kleinen Kindern, lieben Frauen
Verborgen darf des Lebens Gottheit schauen!
2
Natur, lobpreise Gottes Schöpfertum,
Das allzeit wirkend meine Seele gläubt,
Wenn in dem offnen Schoß der roten Blum
Den Stempel eine Biene süß bestäubt,
Kaulquappen in dem Wasser sich ernähren,
Um Frosch zu werden durch die Metamorphose,
Wenn herrlich wie die Engel in den Sphären
Die Schmetterlinge schweben um die Rose,
Wenn in dem Abendfrieden Gott den Dank
Leis tönt im majestätischen Versinken
Die Sonne, wenn der Vögel Lobgesang
Singt Angelus des Abendsternes Blinken,
All-Äther uns umgibt, süßhauchend sacht,
Und alles ruht im Schoß der Mutter Nacht.
3
Denk, meine Seele, an den kleinen Knaben,
Ob du das Jesuskind im Spiele siehst,
Wenn junge Kälber auf der Weide traben
Und du vor stolzen Hahnes Angriff fliehst,
Dir selige Vergessenheit im Spiel
Und selige Gelassenheit im Tanz
Das Kind dir zeigt, die Wonne als das Ziel
Schon schimmert auf des Angesichtes Glanz,
Wenn Tauben ruckend in den Kronen raunen
Und die Natur eröffnet ihren Sinn
Als Schönheit – Kleid der Gottheit – Kindes Staunen
Ist wahrlich wohl der Weisheit Anbeginn,
Weiß er im Birkenschleier zu entdecken
Verborgne Schnecke, König aller Schnecken.
4
Mir ist, ich bin in der Mysterienhalle
Als wie ein Myste einst in Ephesos,
Wir Mystinnen und Mysten ruhen alle
In dem Mysterium von Gottes Schoß!
Mir ist, ich bin mit Märytrern und Zeugen
Der Urgemeinde in der Katakomb‘,
Wir beten all im mystischen, im Schweigen,
In Una Sancta: in our mother’s womb!
Geist, Seele der Ecclesia, im Glanz
Des Wortes läßt Frau Weisheit schön erscheinen
In einer Theaphanie – im Hochzeitstanz
Wir sehen sie Jehowah sich vereinen
In makelloser, unbefleckter Reinheit,
Den Geist der Liebe hauchend, Geist der Einheit!
5
Die Ewige Weisheit in der Schönheit Reiz
Unsterblich war und selig leidenslos,
Sie wählte sich zum Bräutigam das Kreuz
Im Fleisch und Blut in einer Jungfrau Schoß.
Wie sehr begehrte sie, wie sehr das Leid,
Begehrte nach dem Opfermahl am Abend,
Sah leiden ihre Mutter, sah die Maid,
Am Bräutigam, am Kreuz allein sich labend,
Daß sie am Kreuz erhöht wird und gefürstet,
Daß sie mit Wermut tränk den Wein, den herben,
Begierlich schrie sie auf dem Kreuz: Mich dürstet,
Für euch zu leiden, Menschen, ja, zu sterben!
Der Schmerz noch in der Glorie steht geschrieben
In ihrem Herzen, daß wir heiß sie lieben!
6
Will einer je die mystische Vertiefung
Des Herzens, daß der Himmel schon ihm offen
Im reinen Glauben steht, so kommt die Prüfung
Zur Läutrung in der Trübsal Feuerofen!
Bevor der nackte Glaube sich verflüchtigt,
Begehrt der Feind, wie Weizen ihn zu sieben,
Dann mächtig ist des Vaters Hand, die züchtigt
Den Kleinen, um ihn tiefer noch zu lieben!
Aus Huld allein Frau Weisheit mit dem Reiz
Der Gottesliebe kommt zu dem Verlornen
Und spricht: Geliebter, bette dich aufs Kreuz!
Ich freie dich allein im Bett aus Dornen! –
Erkorener, du mußt das Kreuz erwählen,
Willst du der Ewigen Weisheit dich vermählen!
7
Lobpreisung Jahwe, Schöner Liebe Hort,
All-Seiendem, dem göttlichen Ich-Bin,
Und seiner ausgesprochnen Liebe Wort,
Sophia, Mutter, Herrin, Künstlerin!
Die schwebt in Ewigkeit als Geist geflügelt
Und tanzt vor Jahwe schöpferischen Tanz!
In ihrer königlichen Schönheit spiegelt
Der Schöpfer aller Lichter seinen Glanz!
Auch spielt vor ihm sie wie ein frohes Kind
In Seligkeiten schöpferischen Spiels!
Weht zwischen Jahwe und Sophia Wind
Wie Feuerhauch der Liebe, voll Gefühls
Der göttlichen Liebe, göttlicher Lust geweiht!
Denn Liebesspiel ist die Drei-Einigkeit!
VI
1
Wenn Rebhuhn – Rebhuhn! und wenn Fasten – Fasten!
Sprach unbeschuht die seherische Maid,
Den Liebespfeil im Herzen. Alles schreit
In mir: Gib Wachteln, Gottheit! Meine Lasten
Sind meine Leiden an der Leiblichkeit,
Die ungestillt im Dürsten und Verlangen!
Doch führt der Weg mich in die Einsamkeit
Der Wüste, an der Gottheit bloß zu hangen,
Die redet in der Einsamkeit der Wüste:
Geliebter! Nun nennst du mich nicht Astarte,
Da dir Frau Chokmah reicht die fruchtbarn Brüste!
Ich, Jakob, auf Rebekkas Gottheit warte
Mit brennendem Verlangen in der Seele:
Daß sich Frau Chokmah Jakob anvermähle!
2
Wir wandern durch die Einsamkeit der Wüste,
Um spirituelle, geistige Erfahrung
Zu sammeln. Aber alle unsre Lüste
Verlangen Paradieses-Offenbarung
Vom Land, wo riesengroße Trauben reifen
Und Milch und Honigseim in Strömen fließen!
Wir sehn das Land und könnens doch nicht greifen,
Wir stehn vor Fee-Morgana-Paradiesen!
Drei Tage waren wir in der Oase
Von Elim, wo die Dattelpalmen stehen
Und Quellen rauschen in der Vollmondphase,
Wo wir die Hörner blasen – weitergehen
Muß unser Volk zu einem fernen andern
Verheißungslande, durch die Wüste wandern!
3
Ich denke an die Zeit der Konversion
Zurück und das katholische Gefühl,
Da lebte ich im Paradiese schon
Und Sakrament war mir der Liebe Spiel
Und Staunen war der Anfang der Erkenntnis,
Bewundern aller Schönheit war mein Wissen,
Lebendigkeit der Liebe mein Bekenntnis,
Da Dichter mehr als Tiefgelehrte wissen,
Da wie auf Feuerrossen ritt Elia
Und David tanzte vor der Bundeslade
Und groß die sophianische Maria
Erschien in Schönheit ihrer Minnegnade
Und ich gehangen bin an ihrem Mund –
Der Menschheit und der Welt Verklärung Grund!
4
Wenn ich die Heiligen der Kirche lese,
Die anerkannten Theologengrößen,
Frag ich mich nach dem Wesen der Askese,
Die Seele von dem Weltlichen zu lösen.
Das Ideal scheint die Vergeistigung
Durch Geistkraft, geistig ist der Gottheit Sphairos,
Vollkommenheit des Himmelreichs. Doch jung
Voll Leidenschaft besteh ich auf den Eros!
Denn lehrt der Glaube nicht, das Höchste Gut,
Idee der Schönheit, ist ein Mensch geworden,
Sich zu vereinigen in Fleisch und Blut?
Ich will nicht meine Sinnlichkeit ermorden
In falscher Geistigkeit der falschen Gnosis –
Der Gottheit Eros wirke die Theosis!
5
Die Religion erwachte in der Seele
Und speiste sich mit vorzeitlicher Mythe,
Da ich aus des Olympus Göttern wähle
Zur Führerin der Seele Aphrodite,
Bis mir erschienen der Prophet Messias,
Ich wandte mich in neuen Glaubens Kraft
Zu Mirjam, Magdalena und Marias
Jungfräulichkeit und Gottesmutterschaft,
Da mich im Glauben auferzog Maria,
Der ganz ich mich ergeben als ihr Sklave,
Zum Kult der Sapientia-Sophia,
Die Offenbarung ist der Gottheit Jahwe –
Denn eben mehr als Theologen wissen
Die Minnesänger, die Madonna küssen!
6
Glaubst du der Bibel? Siehe, Salomo
Besaß ein Herz so weit wie Sand am Meere
Und hörte auf die Gottesweisheit so,
Daß ihn Sophia lehrte ihre Lehre.
Von Frauenmystik trunken sang das Lied
Der Liebe er für die geliebte Braut,
Die Tochter Pharaos, Braut Sulamith,
In deren Augen er Sophia schaut.
Doch Wein und Weiber oft den Weisen narrten
Und lockten ihn mit seinen Fleischeslüsten
Zum orgiastischen Kulte der Astarten,
Der großen Mutter mit den fruchtbarn Brüsten.
Frau Torheit doch Frau Weisheit nicht verdarb,
Und Salomon im Geiste Jahwe’s starb.
7
Sophia, wenn dich Mystiker geschaut,
Wie Böhme, Solowjew und Salomo,
Als Gottheit, Herrin, Jungfrau, Freundin, Braut,
Soll ich dann zweifeln, so als sei’s nicht so?
Wenn mich die sophianische Maria
(Aus Gnade Göttin) so den Weg geführt,
Daß meiner Sehnsucht Seufzer wird Sophia
(Die Göttin aus Natur) – Sophia, wird
Dein Kult, den nicht die Theologen lehren,
Den die Vision der Seele offenbart,
Der Gottheit Ebenbild in mir gebären,
Daß Jahwe Mutter wird mir mild und zart,
Daß eingeführt mit ganzem Seelentriebe
Ich werd durch dich, Sophia, in – die Liebe?
VII
1
O Gottheit, unbestreitbar ist dein Sein,
Da du dich offenbartest als: Ich bin!
Sophia, Weisheit, ist das Wesen dein,
Sophia ist dein eingeborner Sinn.
Weil wir seit Urzeit alle in der Schuld
Und Seufzen ist der Schrei der Kreatur,
O Charis, du erlöst durch deine Huld
Und Anteilhab‘ an göttlicher Natur!
Befleckt sind alle unsre Seelentriebe,
Du aber machst uns neu und frisch und jung
Durch deinen Geist, Agape! deine Liebe,
Den Geist der Liebe und der Heiligung!
Sophia, Charis und Agape ist
Dreifaltig Gottheit mir: Ich bin ein Christ.
2
Sophia! Throngenossin Jahwe’s loben
Die Weisen dich! Du bist der Morgenglanz
Der Ewigkeit, in Ewigkeit erhoben,
Die du im Anbeginn getanzt den Tanz
Vor Jahwe, wie ein unbefleckter Spiegel
Hast schöpferische Liebe du gespiegelt!
Wie Morgenröte überm ersten Hügel
Du schwebtest tänzerisch als Geist geflügelt
Im Aufgang aller Schöpfung, deine Wonne
Wars, deinen Menschenkindern nah zu sein!
Dein Antlitz, gleich der morgentlichen Sonne,
Die Welt anlächelte mit Gnadenschein,
Mit Liebe alle Schöpfung zu erwarmen,
Sophia, die du ruhst in Jahwe’s Armen!
3
Du, Vater aller Lichter, aller Sphären,
Geheimnisvoll und unergründlich groß,
Ehrfurchtgebietend, Herr! Willst du gebären,
Mir scheint: Sophia ist dein Mutterschoß!
Aus dir, durch sie, im Hauch, ist alles Werden,
Durch Weisheit alles Seiende geschaffen,
En arche, alle Himmel, alle Erden!
Wirst du sie aber alle wieder raffen
Am Ende dieser Welt in deinen Schoß –
Sophia wird Gestalt des Kosmos sein,
Die Erste und die Letzte, grenzenlos
Die Welt in ihr vermählt dem Einig Ein –
Weil die Person der Weisheit Mittlerin
Für alle Schöpfung ist zu Gott „Ich bin“!
4
Frau Weisheit hat sich einen Thron gebaut,
Aus sieben Säulen sich ein goldnes Haus.
Geist selber schuf die unbefleckte Braut,
Die Braut dem weisheitsvollen Geistgebraus.
Die Schechinah wohnt in dem Tabernakel,
Gott wandelt in dem Garten, der versiegelt,
Frau Weisheit in der Jungfrau ohne Makel
Den Minnern ihre Gottesschönheit spiegelt.
Der Jungfrau Ja-Wort schenkte uns Erlösung,
So Mit-Erlöserin nennt sie die Weisheit!
In Einer fand die Menschlichkeit Genesung
Als Gottes Braut in frommer Liebe Leisheit!
In Hyperdulie zur lieblichen Maria
Erfahren wir Kraftwirkung der Sophia!
5
Mein Adonai, mein sanfter, guter Hirte,
Der Gottesweisheit Preis, daß ich dich traf,
Als ich an gnostischen Sophien irrte,
Da holtest du mich heim, dein schwarzes Schaf.
Am Anfang war die Weisheit, die war Gott,
Die Weisheit unter Menschen hat gewohnt,
Gott in der Allvernunft erlitt den Spott,
Ward nicht vor der Barbaren Haß geschont,
Starb zur Versöhnung durch das Blut am Kreuz!
Und wurde auferweckt von Gottes Macht
Und ist in triumphaler Schönheit Reiz
Zur Weisheit von der Gottheit uns gemacht!
Denn die sind Freunde Hagia Sophias,
Die beten vor dem Antlitz des Messias!
6
Sophia, deine göttliche Natur
Teilst du den Kindern mit, du Ich-bin-da,
Den Kindern, die auf deiner Liebe Spur
Zum Mahl sich sammeln in Ecclesia,
Die Jungfrau, Mutter, Braut ist, Gottes Leib,
Der Christus im Geheimnis beigewohnt,
Im Sonnenkleid der Offenbarung Weib,
Im Sternenkranz, die Füße auf dem Mond,
In der uns Ruach in der Taufe Bade
Geboren neu zu Gotteskindern, schönen,
Die salbt mit Geist uns, speist uns mit der Gnade,
Uns alle mit dem Vater zu versöhnen,
Der Mutter, die den kleinen Kindern nah,
Sophia, Kindern der Ecclesia.
7
Des Geistes Weisheit will ich lang schon preisen,
Gedacht es erst im Freudenüberschwunge
Von Hallelujapsalmen, Lobpreisweisen
Und in dem Jubelschall der Feuerzunge –
Des Geistes Weisheit aber wollte sacht
Inmitten einer Welt gottloser Heiden
Mich führen in der Seele tiefe Nacht
Zur Imitatio, zu Christi Leiden. –
Wohlan denn, ist es Nacht, so sei es Nacht!
Solls sein, so trinke ich den Kelch, der bitter!
Ich weiß, daß mich der Geist der Weisheit macht
Zur leisen Saite in des Geistes Zither –
So daß mein Lobpreis Gottes Weisheit preist
In deiner Una Sancta, Heilig Geist!
VII
1
Ich war des Schoßes Eigentum, der Schoß
Umgab mich wie die große Mutter Nacht,
Die Schöpferin des Herzens, bis ich los
In meiner Mutter Wehen mich gemacht
Und trennte in den Wehen mich mit Schmerzen
Und löste mich nicht ganz vom Mutterschoß,
So daß die Schwermut wohnt in meinem Herzen,
Weil außerhalb vom Schoß ich heimatlos
Und muß in Heimweh und in Sehnsucht schmerzlich
Mir Heimat suchen in verschlossnen Schößen
Und bleib verbannt, darum verlang ich herzlich
Von meiner Gottheit Schoß, mich zu erlösen
Und mich (wie alle Welt in der Vollendung)
Zu holen heim in Gott durch Jesu Sendung.
2
Die elterliche Güte Gottes gab
Mir einen Schutzraum für des Dichters Muße,
Mit meiner Harfe an des Hirten Stab
Ich sing dem schönen Mutterschaf zum Gruße.
Ich lebe wie die Kinder ganz im Spiel
Und bin zur Arbeit noch nicht aufgewacht,
Wie Kinder ganz im seligen Gefühl
Der Freiheit spiele ich vor Gottes Macht,
Bereitet für das ehrfurchtsvolle Staunen,
Das ist der wahren Weisheit Anbeginn,
Wo in Natur ein liebevolles Raunen
Von Gottes Liebe ist, der Schöpferin,
Dem Schoß der Schöpfung, Vater aller Lichter,
Der auserwählt die Kinder und die Dichter.
3
Sagt auch der Lehrstuhl: Gott als Mutter schenke
Vertrauten Umgang mit der Immanenz
Der Gottheit – ich den Sinn doch immer lenke
Auf der lebendigen Gottheit Transzendenz.
Großmutter nämlich ist mir heimgegangen
Und Mutter Erde mir seitdem Exil.
All meine Wünsche an dem Himmel hangen
Und leben Himmel schon im Kinderspiel
Und schauen Himmel in der Jungfrau Mond,
Und ohne Himmelshoffnung ist mir nichts
Erträglich auf der Erde. Gottheit wohnt
In Unzugänglichkeit des ersten Lichts
Bei Seligen und Engeln im Gewimmel:
Allmächtige Mutter Jahwe mein im Himmel!
4
Unsterbliche Bewohnerin im Leib,
Von hoher Abkunft, Seele du im Fleisch,
Wie Ruth vor Boas, dem Erlöser Weib,
Geheime, unbefleckte Jungfrau keusch,
O Seele, alle deine Wunden, ach,
Verletzen nicht dein eignes Ideal,
Da du im Innersten, im Brautgemach,
Bist heilige Gemahlin dem Gemahl,
Herrn Jesus. In dem irdischen Getümmel
Du Unbehauste, allen Menschen fremd,
Ist innen aufgetan dir Gottes Himmel,
Da ruhst du, Seele, bloß im Linnenhemd
Vereint mit Jesus in der Kommunion
Durch deine hochzeitliche Kontemplation.
5
Sophia, wenn die Seele melancholisch
Fremd in der Kirche zeitlichem Gehäuse,
Erscheinest du und redest du katholisch
Durch Grignion von Montfort und Heinrich Seuse,
Erweiterst meinen Geist zur Ökumene,
Wo oft sich noch die Christentümer boxen,
Belehrst durch Böhmes Luthertum und jene
Sophiologen aus den Orthodoxen,
Erweiterst meinen Geist durch deine Schau
Zum interreligiösen Dialog,
Muslimische Mystik, Kabbala und Tao,
Wie jede Göttin sich auf dich bezog.
Das wahre Wesen Gottes, du nur weißt es,
Sophia, in der Weite deines Geistes.
6
Der Gottheit Mutter Jachweh Lob und Preis,
Die aller Schöpfung Bronn und Mutterschoß,
Ist ewige Idee, vollkommner Kreis,
Im unzugänglichen Lichte makellos,
Die offenbarte durch Frau Chochmah traut
Die ewige Liebe ihrer Gottheit, die
Erscheinet in Frau Chochmah gar als Braut
Und Meisterin der Menschensympathie,
So Jachweh haucht und Chochmah haucht den Hauch
Und Feueratem aus der göttlichen Minne,
Und das ist Ruach, die ist Gottheit auch,
Die wohnt der Gottheit Ebenbildern inne.
In diesem Sinne bin auch ich geweiht
Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit!
7
In Stille wohnen wir im kleinen Kreis
Heimsuchung unsrer Bundes-Gottheit bei.
Liturgin ist Sophia, welche leis
Setzt ihre Energie den Betern frei.
Die ich zur Majestät und Hoheit wähle,
Die Gottheit wohnt in unzugänglichem Licht
Und ist die Ich-bin-da, die in der Seele
Einsprechend durch den Geist der Weisheit spricht.
Der hochzeitliche Christus ist Sophia,
Die reicht die Hostie in der Kommunion,
Da sie im Inneren empfängt Maria,
Die Herzenskönigin im Herzensthron,
Daß ich im Herzen durch Sophiens Gabe
An Ihrer Gottheit hier schon Anteil habe.
IX
1
Wer ist sie, die heraufsteigt wie der Morgen
Und duftet wie des Apothekers Narden,
Geheimnisvolle Jungfrau, tief verborgen,
Die neue Eva in dem Gottesgarten,
Die steigt wie Weihrauch aus der Wüstendürre
Und schaut hernieder golden wie Aurora,
Ihr Kleid ist Aloe und Zimt und Myrrhe,
Die ist in Nazareths Gefilde Flora,
Die lehnt sich sanft an den Geliebten an
Und ist Gefährtin sein, des Friedefürsten,
Nach ihrer Liebe sehe ich den Mann
Am grünen Holz des Lebensbaumes dürsten,
Wer ist sie, lieblich wie die Morgenröte?
Ich wecke sie mit meiner Hirtenflöte.
2
Die Schönheit der Natur ist Aphrodite,
Die tauchte aus dem Meer der Elemente,
Wie an dem Weltenbaume eine Blüte,
Von heiliger Natur die Gnadenspende,
Die allen Menschen Seligkeit verhieß
Durch ihres Leibes lilienweiße Huld.
Von oben aber aus dem Paradies,
Als schon verdorben war der Venuskult,
Herniederstieg Maria Aphroditisse
Und ließ auf dem Olymp im Gotteshaus
Den heiligen Gürtel für der Beter Küsse
Und zog dann in die ganze Welt hinaus
Als Mutter Schöner Liebe ins Getümmel,
Der Liebe Fürstin aus dem dritten Himmel!
3
Ist jedem göttliche Vision zu eigen.
So, als ich noch nicht kannte Nazarenus,
Ich liebte nach poetischem Bezeugen
Die schöne Liebe einst der großen Venus,
Und als ich lebte sommers in dem Wahn,
Daß ich Chinese neugeboren bin,
Sang ich mit Psalmen meine Gottheit an
Und nannte sie barmherzige Kwan-Yin.
So war vom Anfang meines Glaubens an
Mein Beten wie ein einsam Liebeslied,
Zuerst nicht für den herben Schmerzensmann,
Zuerst der Immaculata Sulamith –
Daß ich bezeuge eigens, seelisch-leiblich,
In mir das Ewig-Göttliche ist weiblich.
4
Es kam in mich der christliche Impuls,
Kam Christus ein in meine arme Seele.
Selbst wenn ich blute am verletzten Puls,
Ich Jesus mir zu meinem Heiland wähle!
Wenn mich ermordet der Geliebten Reiz,
Ich lieg, das Antlitz auf der Erde, dann
Und binde mich freiwillig an das Kreuz,
Mich zu vereinigen dem Schmerzensmann!
So wenn die tiefe Schwermut melancholisch
Bittflehend schrie um Schönheit, Güte, Wahres,
Kam Christus zu mir, machte mich katholisch,
Der Gott im Sakramente des Altares,
Gewährte mir Verehrung der Maria
Und kam zu mir als Hagia Sophia.
5
Ich aber leide an dem Gottesstaat
In der katholischen, der Kirche, die
Steht mit der Tradition im Patriarchat
Und preist den Vater in der Liturgie,
Gott Vater, Christus Herr, die Kirche Braut,
Die Seele Braut, der Herr ihr Brautgemahl –
Mir scheint, wenn so auf Gott die Kirche schaut,
Ist die Kultur in ihr doch patriarchal.
Die Väter aber und die Herzensweisen,
Die Menschenfischer in Sankt Petri Kutter,
Den jungen Weisheitssucher unterweisen
In Sankt Maria und in Gott der Mutter.
So leb ich einsam in dem Gottesstaat,
Als im katholischen, im Matriarchat.
6
Die Ewige Weisheit, meine Mutter, liebt
Ihr Kind, ihr Werk, die milde Meisterin,
Die mir das Leben und die Seele gibt
Und mir die Poesie, die Künstlerin;
Die litt, um mich vom Tode zu erlösen,
Sehr schrecklich die leibseelische Passion –
Zu Tod verwundet von dem Biß des Bösen,
Stieß sie den Tod von seinem Höllenthron;
Frau Weisheit ging in ihrer Resurrection
Heim in der Gottheit liebe Himmelswelt
Und blieb doch bei mir in der Kommunion,
Die Gottheit in der Seele mir erhält.
Gemäß dem eignen Schicksal ich, der Freie,
Der göttlichen Frau Weisheit ganz mich weihe.
7
Die Urerfahrung ist der Mutterschoß,
Da sich die Seele mit dem Leib vereinigt.
Gott Mutter schuf mich aus dem Nichts – doch los-
Gelöst von meiner Heimat, sehr gepeinigt,
Erfordert meine seelische Struktur
Die Gnade weiblicher Erlöserin!
Sophia, ganz von göttlicher Natur,
Des Himmels und der Erde Königin,
Begegnet mir in der Begeisterung
Und ordnet mich, ist mir der Sinn chaotisch,
Und zieht mich durch den Geist der Einigung
In ihre Gottheit-Seele ein, erotisch,
Und geistig führt Sophia makellos
Mich heim in meiner Gottheit Mutterschoß.
X
1
O Vater, Vater, Ewigvater! Christ
Nennt Vater dich, mein Jesus nennt dich Vater,
Mein Vater, der da war und der da ist,
Der Friedenskönig und der Wunderrater!
Wie soll ich deine Vaterschaft begreifen?
Wo jeder Vater, jeder Mann ein Sklave
Vergänglichen Äons ist, alle greifen
Zum Götzen Mammon, suchen nimmer Jahwe!
Des Glaubens Vater, wo ist Abraham,
Wo Petrus, väterlicher Schutzpatron?
Wie Jesu Vaterschaft, wie ist das Lamm,
Wie ist des Vaters eingeborner Sohn?
Gibst, Jahwe, keinen Vater du im Glauben,
Mögst, daß ich Mutter preis dich, mir erlauben.
2
Gott, griechisch und katholisch rühmt und preist
Die Urgemeinde Ewigvater dich
Und Mutter auch, die Gottheit Jahwe heißt
Die Mutter aller Schöpfung ewiglich!
O Gottheit! Du bist Weisheit, bist das Wort,
Bist Logos und Sophia gleichermaßen,
Idee der Schönheit, aller Wahrheit Hort,
Die Engel singen dir auf Lichtes Straßen!
Du bist der Geist, du bist die Liebesflamme,
Die Salbung bist du, Vater aller Armen,
Bist sieben Geister vom gewürgten Lamme,
Der Taube mütterliches Allerbarmen!
Bist männlich und bist weiblich, reiner Geist,
Dreifaltigkeit, die Eine Gottheit heißt!
3
O Jahwe, reines Licht, ganz ohne Trübe,
Du ewige Idee, vollkommner Kreis,
Ich singe dir, allschöpferische Liebe,
In geistgebornen Hymnen Ruhm und Preis!
Dich, den die Kirche Ewigvater nennt,
Dich will ich meine Ewigmutter preisen,
Weil so der Geist in meinem Geiste brennt
Und inspiriert mir so des Hymnus Weisen
Und Preisgebet! Ein ganzes Weltenjahr
Warst Ewigvater du der Welt allein,
Nun sollst du Liebe mir und wunderbar
Alliebend Mutter meines Lebens sein!
Dem Herrn, dem Vater Jahwe bin ich Sklave,
Geliebtes Kind der lieben Mutter Jahwe!
4
O Gottheit, jenseits jeglicher Erscheinung
Wohnst du in Unzugänglichkeit des Lichts,
In Ewigkeit dreifaltiger Vereinung
Bist Ein und Alles du und Ewig-Ichts,
Als reinen Ausfluß deines Lichtes preist
Der Geist die Weisheit, die dein Licht dir spiegelt,
Frau Weisheit, welche mir Sophia heißt,
Schutzengel aller Schöpfung, Geist geflügelt,
Gezeugt, geboren und hervorgebracht
Durch Hauchung ewiglicher Liebesflamme:
Drei Flammen Einer grenzenlosen Nacht!
Aus dieser Wurzel wuchs mit seinem Stamme
Der Lebensbaum mit seiner Lebensfrucht,
Marien Sohn, den meine Seele sucht!
5
O Allerheiligste Dreifaltigkeit,
Jungfräuliche Gottheit, rein wie Gold und Glas,
Dreifaltig Kreisende, ich bin geweiht
Dem Reigentanz der Sancta Trinitas!
Die Liebende, Geliebte und die Liebe –
Dreifaltiges Mysterium des Eros
Der Gottheit! Drei Personen, Eine Liebe!
Durch deine Huld der Kosmos wird zum Sphairos,
Vollkommenheit durch die Vollkommenheit
Der Gott-Natur mit drei ergossnen Leben,
In einiger Natur Dreieinigkeit
Als Einer Gottheit all wir sind und weben
Und wandeln auf der Jungfrau Gottheit Spur,
Der Ewiglichen einigen Natur!
6
Jungfräuliche Sophia, der Personen
In göttlicher Dreifaltigkeit die zweite,
Du wolltest in dem Auserwählten wohnen,
Daß er dich, seine Jungfrau-Gottheit, freite!
Denn nämlich, du erschienest auch hienieden
In sanfter Demut als ein Opferlamm,
Als unser Kyrios, der gibt den Frieden,
Der Seele ein jungfräulicher Bräutigam:
Der Christus! Den die Gottheit uns gemacht
Zur Gott-Sophia in dem Licht-Äon!
Die will mir werden in des Glaubens Nacht
Zur mystischen Braut als göttliche Person,
Zur Braut die Gottheit Christi mir dem Christen,
Dem Myrrhebüschel zwischen Ihren Brüsten!
7
So, Christus, göttliche Sophia mein,
Sei du die Braut und ich der Brautgemahl,
Du lade mich in deine Gottheit ein
Zur Kommunion als einem Hochzeitsmahl.
Am Leben meiner Gottheit teilzuhaben,
Gibt in der dunklen Nacht mir nackter Glaube.
Da spendest du mir deiner Liebe Gaben,
Geliebte, Schwester Braut, o meine Taube!
Sophia, leidest du im Blute Leiden
Und Wehen in der seelischen Passion,
Will ich mich dir vereinen, mit dir leiden
Bis zu dem Sterben in der Depression –
Um aufzuwachen, o Sophia süß,
In deinem Schoß, der Gottheit Paradies!
ANHANG
VOM ROSENKRANZ
(November 2000)
I
Mein Minnesang in Aue, Hain und Flur
Versank in einer Roseninsel Dornen,
Am Dorn mein rotes Blut wie Purpur pur
Noch bittet um die Huld der Schöngebornen.
Wie weh ward mir die Rose der Natur!
Seit ihrem wunderschönen Schleiertanz
Gewunden wurde mir ein Dornenkranz.-
Erschöpft auf unerschöpfter Liebe Spur
Zerbrach ich und lag weinend auf dem Pfade.
Da winkte mir ein Weib, die war voll Gnade,
Die um den Arm mir eine Perlenkette
Aus Paternostern wunderschön geschlungen.
Ich träumt mit ihr und hab im Traum gesungen
Der Liebe Lob in Brautgemaches Bette.
II
Des Mittelmeeres Muscheln an der Mütze
Und alles Leid der Liebe tief gelitten,
So ist der Wandrer durch die Welt geschritten,
Im Traum die zartesten Gazellenkitze.
Notwendiges Verzichten und Entsagen
Und Weh bei Worten wie Gespiel und Spaß,
Vielmehr am grauen Weg ein welkes Gras,
Umwittert von des Windes kalten Klagen.
O Weltschmerz. Weltflucht in des Traumes Grotte,
Wo Mandelaugen schimmern, wo Maria
Die Perle bettet in die Perlmuttmuschel.
O sanfte Seele, kauer dich und kuschel
Dich unter dem Wacholder des Elia
Dem Vater in den Schoß, dem schönen Gotte.
III
Ich bin die Braut des Geistes. Siehe, wie
So sanft und selig zog er in mein Herz.
Da wurde mir mein Leib zur Melodie
Und lobte leis und heilig himmelwärts.
In meine Seele sank ein allerkleinstes
Gesalbtes Samenkorn. Und ich vertrau
Dem Hauch, den ich nicht seh, der rein ein feinstes
Glückselig Siegel in das Herz der Frau
Gedrückt, in ihren blutrot weichen Lack
Der herzlichen Ergebenheit. So süß
Ist mein Gespiel. Balsamischer Geschmack
Ist unter seiner Flammenzunge Glut,
Mit der er süßküsst meiner Seele Blut
Im Sohn: O süßer Liebe Paradies!
IV
Ein süßer Duft der Stille der Kapelle,
In der ein weihevoller Friede webt
Und schwebt wie ein Gebet in Dunkelhelle,
In der das linde Licht des Lebens lebt
Inmitten der Umnachtung und Verstörung
Des bitteren Gemütes. Aber siehe,
Gazellengleich zum Balsamberge fliehe
Und flehe, betend, bittend um Erhörung,
Um eine wunderbar gewährte Ruhe.
Ruhm der Gemeinschaft mit der milden Frau
Und Marterzeugen in dem Paradies,
Dahin uns hebt der Herr, mein Herz, vertrau.
O Wort der Weisheit in getragner Truhe! -
Lobsing wie Gottes Seraphim so süß!
V
Wir wollen immer wieder weiße Kerzen
Der Andacht zünden vor Marien Sohn.
Du, süßes Herz, du gibst für bittre Schmerzen
Aus Gunst und Gnade süßer Liebe Lohn.
Glückselig ist die Brust, die du gesogen,
Glückselig ist der Leib, der dich getragen!
Sei Meeresstern in wilden Meereswogen
Des Schicksals, ein vertrauter Trost den Klagen.
Bewahre mich vor Dornen, Wüstenglut
Und wüster Leidenschaften wilder Wut
Und südlich bittersüßem Sündensturm!
O laß mich heilig eingehn in den Turm
Von Elfenbein, wo blüht der Rose Blut
Und ewig ist zunicht des Wehes Wurm.
VI
O nur noch Seele, nur noch dünne Seele,
Verwehend wie der silberblaue Rauch,
Wie Silberpappeln zart von Zitterhauch,
Als ob sie eine spitze Nadel quäle.
O Waisenkind im weiten Weltenraum.
O Stern der Trauer, nah am Schwarzen Loch.
O Beifuß-Bitternis im Trauer-Traum.
O Ijobs Weh. (O Jesu sanftes Joch.)
Wie schön die Liebe einer Schwester stillt,
Wenn einer stirbt im Schatten schwarzer Erlen,
Da ist ihr Wort in Wehmut stille Wonne.
Es rinnen durch die Hand die weißen Perlen.
O süßer Traum der Pieta Madonne:
Im Herz das Kreuz und Christi Ebenbild.
VII
Schaut, Menschen, ob ihr solche Schmerzen kennt,
Wie sie die Mutter litt mit Gottes Sohn.
Der wehe Wahnsinn in den Venen brennt,
Die Tränen strömen aus den Augen, schon
Stößt hartes Eis des Hasses sie zurück,
Da trifft die heiße Schärfe sie des Schwerts,
Geführt von Toten, daß sie Todesschmerz
Mit wundem Munde spricht, es bricht der Blick.
O Wahn, Qual, Nacht, Weh, Elend, Pein und Angst;
O Liebe! als du an dem Holze hangst,-
Da weinte weh die Mater Dolorosa:
Brecht meinen Leib, durchbohrt mir meine Seite,
Daß ich an meines Sohnes Seite leide!
O Kreuz! O spina sine rosa!...
GOTTMUTTER
(September 2004)
I
O Mutter, schau ich in die dunkle Nacht,
Dann sehn ich mich nach deinem Mutterschoß,
Zu werden aller meiner Lasten los
Des Tags, der mir die Seele schwer gemacht.
Du redest in der Bäume Rauschen sacht
Und machst die Nacht wie deine Gottheit groß,
Die Mondin hebt sich aus des Meeres Schoß,
Die golden lächelt, melancholisch wacht.
O Mutter! Meine Trösterin Maria
Ist all mein Heil, die Hagia Sophia
In meiner Einsamkeit ist meine Braut.
O Mutter, meine Seele sucht in Träumen
Dich anzubeten und in süßen Reimen
Dir nachzustammeln deinen Mutterlaut.
II
Du Mutter hast im Traume mir verheißen
Des Tages Trübsal, Tages Traurigkeit
Und Eingeschlossensein und Einsamkeit,
So wolltest du mir meine Wege weisen.
Und wollt ich mich zum Staub der Toten schmeißen
In der elendigsten Nichtswürdigkeit,
In Stille war noch eine Ruh bereit
Und deine Gnade lächelte in leisen
Windhauchen um den Baum und um die Rose.
Und in der Mandorla erschien, im Schoße
Mariens, Jesus, in der Mandorla
Des Gottesschoßes Unsrer Lieben Frau,
Dem Schoß des Feuers in des Himmels Blau!
Wars deine Liebe nicht, du Ich-bin-da?
III
Nun weit nach Mitternacht will ich erwarten
Die liebe Muttergottes mit dem Licht
Der Sterne spiegelnd in dem Angesicht,
Die Fackeln sind in ihrem Rosengarten.
Du stille Muttergottes, mit den zarten
Und sanften Mutterhänden hälst du dicht
Die Flamme meines Lebens, welche nicht
Verlöschen will, wenn Tod legt seine Karten.
Du süße Muttergottes in der Nacht,
Du bist so muttersanft und süß und sacht,
Wenn du den Mond wie deine Lampe trägst.
Ich will der Muttergottes makellos
Dich, Leben, weihen ihrem Mutterschoß,
Wo du dich kindlich in die Ruhe legst.
IV
Du, Jesus, meine wahre Mutter, groß
Ist deine Gnade und Barmherzigkeit
Aus Gottes Uterus und allbereit
Fließt deiner Liebe Huld aus Gottes Schoß!
Du wuschest mich von meiner Sünde los,
So durft ich mich der Liebe Gottes weihn.
Du nährst den Leib mit Brot, den Geist mit Wein,
Dem Blut, das dir aus deinem Busen floß!
Du, Jesus, bist mir auch das göttlich Kind,
Bist Bräutigam der Seele, die dich minnt,
Vor allem aber geb ich dir mich hin
Als Ewger Weisheit, Hagia Sophia,
Die mehr noch als die Königin Maria
Ist meine wahre Himmelskönigin!
V
O Mutter mein im Freudenparadies!
Heut war ich Mutter, Blut von deinem Blut,
Der Knabe hat auf meinem Bauch geruht,
Da war er wie das Jesuskindlein süß!
Wenn ich den Säugling mit dem Plappern grüß,
Wie Heiden plappern vor dem Höchsten Gut,
Als liebt ich Jesus ist mir da zumut,
Daß ich vor Liebe und vor Lust zerfließ!
Maria von Bethanien am Abend
War Jesus mit dem Nardenöle labend
Und schön in ihrem langen Haar zu schauen!
Die Frommen freuten sich im Geiste ganz,
O Mutter, da dein Heilig Geist den Tanz
Getanzt mit deinen Gleichnissen, den Frauen!
VI
Wir sind versammelt um die dunkelbraune
Madonna, dunkle, aber ohne Makel,
Versammelt in Gebetshaus und Zönakel,
Geduldig tragen wir der Zeiten Laune
Und lauschen dem prophetischen Geraune:
Vertrieben wird der Hund aus dem Pentakel,
Das Friedensreich, so kündet das Orakel,
Die Mater Gloriosa bricht vom Zaune.
Das hast du nachts mir schön gesagt, Prophete,
Als du vom Freudenschoß der Morgenröte
Gesprochen weisend auf der Weisheit Stuhl.
Gott Mutter! Uns die Jungfrau offenbare,
Ihr Frieden komme zu uns tausend Jahre,
Ein Ende nimmt der Krieg von Beelzebul!
VII
Maria, manche sind der Knecht des Herrn
Und manche sind des Himmelsvaters Söhne
Und manche Seelen sind die Braut, die schöne,
Des Bräutigams, der ist der Morgenstern.
Sind manche Sklaven, Herrin, tief und fern,
Sind manche, Mutter, kindlich deine Söhne,
Sind manche Bräutigam in Glück und Pöne
Der reinen Himmelsbraut, die sie verehrn.
Weil ich die Gottheit als des Geistes Braut
Nicht finde mehr, die sonst ich angeschaut,
Drum sehn ich mich nach einer Erdenliebe
Zu einer sterblichen Geliebten, doch
Nur in der göttlichen Geliebten Joch
Aus Sanftmut, Demut ich im Frieden bliebe!
VIII
Nun bin ich selig, Gottheit, weil du mir,
Gott Liebe, mir Geliebte bist geworden!
So lehrte mich in Sankt Marien Orden
Marien Geisteskraft und Minnezier.
So weih ich mich, o göttliche Gottheit, dir,
In meiner Seelennacht du Stern im Norden,
Du Überquellende von Liebesworten,
Du Quelle aller Liebe! Einig wir
Sind in der Nacht, o Gottheit aller Liebe,
Daß du die Muse bist, die ich beschriebe,
Daß du, o Gottheit, meine Braut,
O Mutter-Gott, o Tochter-Gott, o Flamme
Der Liebe, daß ich gleich dem wunden Lamme
Glückselig bin, weil dich die Seele schaut!