ATHENS DEMOKRATIE


VON TORSTEN SCHWANKE


In alten Zeiten, als Hellas in Blüte des Geistes erstrahlte, 

Ward eine Stadt bekannt durch herrliche Taten und Ordnung:

Athen, das stolz und mit freiem Beschlusse sich selbst einst regierte, 

Demos, das Volk, war der Herrscher, und keiner stand über dem Volke. 

Nicht durch Vertreter, nicht durch Senatoren entschieden, 

Sondern ein jeder, der Bürger, war Teil der Regierung der Stadtwelt. 

Krieg und Frieden, Gesetze und Handel, Feste und Bauten, 

Alles ward frei diskutiert und beschlossen in offener Sitzung.


Doch nicht bloß Willkür regierte den Staat und die stolzen Athener, 

Sondern ein kluger Verstand, der stets nach Ordnung verlangte.

Priester und Richter, Beamte und Sänger, sie alle 

Handelten nicht nur nach Lust, doch stets nach den Vorschriften weise. 

Ein Gleichgewicht ward gewahrt durch Kontrolle und sorgsame Prüfung, 

Denn mancher Irrtum, gefasst in Hitze der Stürmischen Stunde,

Konnte ein Volk ins Verderben führen, das klug doch zu wahren.


Viele Jahrzehnte durchlebte die Stadt ihre glänzenden Zeiten,

Trotz manchem Sturz und Verrat und Kriegen, die furchtbar sie prüften. 

Dennoch bestand sie in Kraft und verharrte im mutigen Streben,

War ein Exempel der Welt und ein Zeichen der Freiheit im Geiste.

Denn ihre Ordnung erwuchs nicht aus Furcht oder Knechtschaft und Zwange, 

Sondern aus Einsicht, dass nur durch Gesetze das Leben gedeihet.


Demokratia, das Wort, war ihnen Symbol und Verkörperung,

Demos, das Volk, das mit Kratos, der Herrschaft, gemeinsam verwaltet. 

Dorf und Gemeinde, Bezirke der Stadt, sie vereinten sich brüderlich, 

Jeder ward Bürger, sobald er das Alter der Reife erreichte, 

Tritt in den Demos hinein und wird Teil der versammelten Menge,

Rechte gewann er und Pflichten zugleich in der Ordnung der Stadtwelt.


Drei waren's, die diese Ordnung beständig und fest in sich trugen:

Rat der Fünfhundert, Versammlung des Demos, das hohe Gericht noch. 

Diese gemeinsam entschieden über die Fragen des Staates,

Ergänzt durch Beamte, die wählbar und wechselnd regierten,

Doch stets dem Volke verpflichtet, nicht Herrscher und nicht Autokraten.


Ekklesia hieß die Versammlung, wo freie Athener erschienen,

Reden und Stimmen, Gesetze und Bürgerpflichten zu klären.

Große Beschlüsse, von Kriegen und Friedensverhandlungen handelnd, 

Doch auch um Schiffe zu prüfen und Bräuche der Feste zu wahren. 

So war die Stadt, die in freiem Entschluss ihre Wege gefunden,

Lehrte der Nachwelt die Kunst, sich selbst zu regieren mit Weisheit.


In Athens Stadt, wo weise Reden erklangen und Bürgerschaft herrschte, 

Stand die Versammlung stets offen, ein Hort der lebendigen Stimme. 

Männer, voll Eifer bedacht, auf Athens Regierung zu blicken, Sprachen dort frei ihre Meinung und übten ihr Stimmrecht aus. 

Wichtige Fragen des Staates, sie wurden hier offen beraten, 

Denn in der Bürgerschaft lag wahrhafte Macht dieser Stadt.


Einst noch regierte der Areopag mit eiserner Strenge, 

Doch Ephialtes erhob sich und zügelte seine Gewalt. 

Volkes Versammlung nun wuchs, und Athens Geschicke gelenkt ward 

Nicht mehr von Adel allein, sondern vom freien Gemeinwesen. 

So ward das Volk zur Quelle der Macht und Herrscher des Staates,

Wie es Aristoteles selbst in Schriften beredt uns bezeugt.


Frei war das Wort in der Stadt, wer mochte, der durfte es führen, 

Mochte er edelgeboren sein oder von schlichter Gestalt. 

Aeschines rief es hinaus: "Der Herold verwehrt keinem Redner,

Sei er ein Handelsmann auch oder aus niedrigem Stand." 

Selbst Demosthenes klagte, dass oft das Volk sich vergaß, 

Obwohl es stets sich versammelte, wenn es gerufen ward.


Bürger mit achtzehn Jahren, sie trugen nun Waffen als Jüngling,

Dienten dem Staate zuerst, eh sie dann Stimme gewannen. 

Doch nicht ein jeder vermochte zu reden mit weiserem Worte,

Denn was verstand wohl ein Schmied von den Belangen der Stadt? 

So rief Sokrates aus: "Wer Schiffe will bauen, der frage 

Schiffbauer, doch für den Staat gilt eine andere Kunst."


Weit in Attikas Fluren, da lebten sie fern von der Stadt, 

Konnten nicht immer erscheinen, wenn schnelle Beratung geboten. 

Boten die Eilboten Nachricht, so eilte die Stadt in den Rat, 

Doch viele Bauern und Hirten erreichten die Stätte zu spät.

Vierzig mal tausend gar mochten in Athens Mauern verweilen,

Doch nur ein Bruchteil von ihnen erschien zu den Tagungen oft.


Sechstausend Männer erfordert' das Recht für gültige Stimmen, 

So war es Brauch seit den Zeiten, da Hellas in Blüte noch stand.

Und ob in Kriegen des Ruhms oder in Zeiten des Friedens, 

War es das Volk, das entschied, was dem Gemeinwohl gereicht.


Rief die Versammlung sich auf, so kamen die bürgerlich Freien,

Jene, die Stimme besaßen, zu Rat und Beratung herbei. 

Jeder war frei, zu verkünden, was sein Gedanke geboten, 

Denn nur die Rede gewährleist' der Freiheit beständiges Recht.


Demosthenes lehrte uns einst aus vergangener Zeiten, 

Freiheit der Rede bestand, trotz Verbot und Gewalt. 

Als einst Salamis fiel und Athens Rat jeglichen Wider- 

Spruch ihm verbot, da erfand sich Solon ein Lied. 

Klang es in Versen, so galt nicht das schreckliche Schweigeverbot mehr, 

Und so gewann er den Staat für die gerechte Gefahr.


Kund tat ein Herold die Frage: "Wer will nun sprechen? So rede!"

Allen stand offen das Wort, doch geziemte sich Ordnung zuvor.

Männer, die reifer an Jahren, begannen zuerst ihre Worte, 

Erst, wenn sie geendet, durften die jüngeren sprechen danach.


Regeln bestanden: So durfte kein Thema erneut sich erheben, 

Das vor Gericht schon entschieden, gebunden ans Recht. 

Aber das Volk, es vermochte, lautstark Stimmen zu heben, 

Schrien den Redner hinfort, wenn er nicht ihren Willen erfüllt'.


Wer seine Schulden nicht tilgte, der durfte die Rednerbank meiden, 

Wer einst der Eltern vergaß oder die Waffe verlor, 

War ausgeschlossen von Stimmrecht, von hoher Versammlung verwiesen, 

Wer einen Andern verdächtigt', der klagte ihn an.


Geld ward gezahlt, um dem Armen den Dienst an der Freiheit zu wahren, 

Denn ohne Lohn und Entgelt bliebe die Stimme verstummt.

Aristoteles erblickte hierin ein wahres Gesetz: 

Wohlstand vermehrt die Beteiligung, mehr als der Eid.


Tief auf der Pnyx, dem geweihten und luftigen Orte, 

Fand die Versammlung sich ein, dem Gesetz zu vertraun. 

Wolken, die drohten, bedeuteten Zeiten der Unruh, 

Denn wer ein Omen verstand, hielt sich zurück mit dem Worte.


Im vierten Jahrhundert versammelte sich Jahr für Jahr vierzig 

Male die Bürgerschaft, ordnungsgemäß und geplant. 

Vier Versammlungen fielen in jede Prytanie-Zeit, 

Jeweils ein Zehntel des Jahres, bestimmt durch politisches Maß.


Eine der vier war stets die Souveräne Versammlung, 

In der man Richter befragte, die Nahrungslage erörterte, 

Streit um Besitz und um Erbe vor aller Menge verkündete 

Und über Feinde der Stadt zu beraten pflegte mit Ernst.


Drei weitere Treffen waren gewöhnliche Bürgerforen, 

In denen jeder Athener sein Wort an die Menge richtete. 

Wer sich betrogen empfand, wer über Unrecht klagte, 

Sprach vor dem Volke frei, um Einsicht und Recht zu erlangen.


Fünfhundert Ratsherren präsidierten die Sitzungen weise, 

Die aus den Stämmen des Landes gelost, der Gerechtigkeit dienten. 

Prytaneis hießen sie, führten die Stadt durch das Jahr, 

Jeweils in zehn gleichen Teilen, und ordneten alles mit Macht.


Nicht an den Tagen der Richter sprach das Volk in den Hallen,

Auch nicht zu Zeiten der Feste, die heilig dem Götterkreis waren.

Doch wenn die Kriegsfurcht wuchs und Philipp in Amphipolis drohte, 

Tagte die Menge oft mehr als nur viermal im Monat.


Einige Male im Jahr, so lehrt uns der Weise Aristoteles, 

Stimmte das Volk auch über Gesetze, Ächtung und Dienst ab.

Ehen und Ämter, Anklage und öffentliche Pflichten lagen 

In Händen der freien Athener, versammelt im Rat.


So blieb die Ordnung gewahrt und Athen in Gesetzen gegründet,

Bis fremde Mächte es brachen und Zeiten sich wandelten schnell.

Doch was die Alten ersannen in Weisheit und freier Versammlung,

Strahlt uns noch heute als Lehre von bürgerlich festem Gesetz.


Einst in Athen, als die Bürgerschaft über ihr Schicksal entschied noch, 

War es den Prytanen auferlegt, eine Versammlung zu leiten. 

So war’s im fünften Jahrhundert, doch später, zur Zeit des Aristos,

Ward ein Beschluss gefasst, die Macht auf neun Proedren zu heben, 

Jene, die aus dem Rate gewählt, nicht Prytanen gewesen. 

Diese verwalteten klug den Verlauf der lebhaften Sitzung,

Ordneten Abstimmungen an und beendeten Reden.


Doch auch das Volk erhob mit Macht und Getöse die Stimme,

Wehrte sich wütend und laut, wenn Herren die Ordnung verletzten, 

So wie es einst geschah, als Prytanen den Willen missachtend 

Nicht eine Abstimmung dulden – das Volk sie tobend bezwang nun.


Oftmals ward Gold als Versuchung gereicht, um Wahlen zu lenken, 

Aischines sprach von der Schuld, die manch einer sich auflud. 

Neben den Proedren wählte man auch einen Schreiber, 

Dessen Beruf es war, durch laute Stimme zu künden. 

Einst, so wird uns erzählt, war Aischines einer der Schreiber, 

Doch ob er in solcher Versammlung verkündend gelesen, 

Bleibt uns verborgen im Dunst der vergangnen Geschichte.


Feierlich war der Beginn, ein Opfer ward dargebracht nun, 

Trugen es priesterlich durch die geweihten Gebäude, 

Herolde sprachen Gebete und riefen Flüche den Bösen, 

Die durch Lügen und Trug die Bürgerschaft täuschen wollten.

Dann erst begann das Wort: "Wer will hier reden?" – so fragend

Standen die Männer bereit, ihre Meinung zu künden dem Volke.


Handzeichen gaben das Votum, die Mehrheit entschied das Geschehen, 

Doch in besonderen Fällen, wenn sechstausend sich fanden, 

Galt das geheime Los, mit Kieseln die Stimmen gewogen.

Tageslicht schränkte die Länge der Sitzungen oft noch gewaltig, 

Xenophon mahnt uns daran, dass zu späterer Stunde 

Niemand die Hände mehr sah, so ward ein Beschluss aufgeschoben.


Hat man entschieden, so ward es sogleich auf Tafeln verzeichnet, 

Niedergeschrieben als Siegel des Rechts und der gültigen Ordnung. 

So war die Bürgerschaft stets in Versammlungen herrschend, 

Doch war der Rat von fünfhundert stets die gewählte Regierung,

Fünfzig aus jedem Stamm, für ein Jahr nur im Dienste.


Ihnen gebührte die Macht, die Themen zuerst zu beraten, 

Dann durch das Volk sie zu lenken, zu offner Entscheidung zu geben. 

Aristoteles zählt diesen Dienst zu den Ämtern des Loses, 

Doch war es nicht Politik, die den Mann zu solchem begeisterte,

Sondern das Wohl der Stadt, die Bürger geeint zu regieren.


Wer diesen Rat betreten wollt’, der wurde geprüft noch, 

Tüchtig zu dienen dem Staat, so musste ein jeder sich zeigen.

Lysias mahnt, dass Kontrolle vor Tyrannei uns bewahre, 

Doch war die Ordnung der Prüfung mehr als nur Strafe, 

Diente sie stets dem Gesetz und der Sicherheit Athens.


Neun waren’s, die Archonten, sie mussten geprüft sein zuvor schon,

Gleich wie die Heerführer zehn, gleich wie die Priester und Boten,

Gleich wie der Advokat, der Herold, der Dienste verrichtet.

Jeder Athener jedoch, so lehrt uns Aischines deutlich,

Konnte zu jeder der Stunden verlangen, dass einer sich stelle,

Dass er geprüft und gewogen, ob er auch würdig zu sprechen.

Jugend indes, die begehrte, der Bürgerschaft Glieder zu werden,

Ward von dem Demos gefragt, bevor sie die Liste betrat schon.


Sechs der Archonten, die niedern, die Thesmotheten, vollzogen

Prüfung am neuen Rat, doch war’s der scheidende selber,

Der dann entschied, ob würdig der fünfhundert Männer die Stelle.


Öffentlich Leben zugleich wie auch das private betrachtend,

Fragte die Prüfung nach allem, was einen Bürger erkennbar.

Viel lässt sich lernen daraus, was galt in den Werten des Staates,

Seht nur die Fragen euch an, die jeden man stellte beim Testen.

Wer ist dein Vater?“, so fragte man einen der neuen Geweihten,

Welchem Demet entstammt er, wer ist der Vater des Vaters,

Wer deine Mutter, ihr Ahne, und welchem Demet gehörte

Dieser, und hast du Altäre von Zeus und von Apollon?

Zeige die Gräber der Ahnen und weise die Ehre, die du gabst!

Hast du den Eltern gedient, hast du die Steuer entrichtet,

Bist du ein Krieger gewesen, erfüllt mit Pflicht deinen Dienst wohl?“

Solches bezeugen uns Schriften des großen Aristoteles,

Auch Xenophon lehrt uns dies: Die Ahnen zu ehren, sei heilig.


Hatte geantwortet jener, so kamen die Kläger hervor nun,

Dann erst entschied durch ein Zeichen die Hand der versammelten Richter.

Einst war es einzig der Rat, der die letzte Entscheidung auch fällte,

Doch in der Zeit Aristoteles’ galt ein anderer Brauch schon:

Einer, den man nicht annahm, der konnte zur Jury noch gehen,

Dort ward das Urteil gefällt, in letzter Instanz erst entschieden.

Lysias zeugt von dem Brauch und mahnt uns zugleich zu bedenken,

Dass eine solche Berufung den Kreislauf des Staates verzögern,

Ja, dass das Jahr wohl beginne, und dennoch die Richter noch fehlten.


Die neuen Räte begannen ihr Amt mit feierlichem Schwure,

Leistend das heilige Wort, das die Quellen bezeugen in Bruchstück.

Xenophon meldet uns, dass sie gelobten zu raten

"Nach den Gesetzen" allein, die den Staat in Ordnung erhalten.

Lysias fügt es hinzu: "Zum Besten der Stadt" sei ihr Streben,

Stets dem Wohle des Volkes ergeben in jeglichem Rate.


Auch Demosthenes spricht von dem Eid, den die Räte gesprochen:

"Wohlfahrt des Volkes zu wahren, nach bestem Wissen zu raten."

Fernerhin lautete dies: "Nicht fessle ich irgendeinen,

Der drei Bürgen benennt von gleichem Steuervermerke,

Außer der Schuld bewiesen dem Staate zum schädlichen Schaden:

Jener, der Tücke plant, um die Stadt und die Freiheit zu stürzen,

Jener, der Steuern eintreibt und schuldig dem Amte verbleibet."

Andokides sprach von dem Eid des Volkes und Rates,

Der da gelobte, kein Urteil zu fällen, ohn' rechtes Gerichte:

Keinen verbannen, gefangen zu nehmen, zum Tode zu führen.


Lysias sagt uns erneut: "Ein Ratsherr schwört es zu melden,

Wenn einer durch Los auserkoren, doch unwürdig erscheinet."

Weiterhin mahnt er es an: "Nicht kröne ein Mann einen anderen,

Wenn nicht geprüft sein Wirken, sein Amt ihm gewürdiget scheinet."


Fünfhundert Männer zählte der Rat in jedem der Jahre,

Doch um das Werk zu erleichtern, ward Ordnung geschaffen im Rate.

Jedes Jahr ward geteilt in zehn, und Prytanien hießen

Jene Abschnitte der Zeit, in denen der Rat sich verwandelte:

Jeweils fünfzig der Räte regierten in wechselnden Gruppen,

Jedem der Stämme zum Teil ward zuteil die waltende Ordnung.


Zufall entschied, in welcher der Zeiten ein Stamm seine Pflicht tat,

Los ward gezogen am Ende, nicht wissend, wer folgte dem andren.

Eine Inschrift berichtet: "Die Prytanen, die folgen, sind unkund,"

Denn erst am Ende des Monats ward klar, wer das Amt nun bekleide.


So ward das Amt vor der List der Verräter und Tücke bewahret:

Niemand vermochte mit List zu beraten, um Vorteile sicher,

Keiner der Räte zuvor sich zu wissen im waltenden Amte.


Jene, die waltend regierten, sie speisten gemeinsam im Tholos,

Planten die Sitzungen vor und verlasen die Tagesbefehle.

Einer allein, auserlost, war der Vorsitz der Prytanen,

Hielt nur für einen Tag die Siegel, die Schlüssel der Schätze,

Musste beständig verweilen im Hause, die Macht zu bewahren.


Immer war drittelnd der Rat in Wachen zur Stelle, den Tholos

Hielt er besetzt, um Athens hohes Wohl zu wahren in Krisen.

Dorthin begaben sich Herolde, Boten von fremden Gefilden,

Brachte Gesandte die Kunde des Landes den Männern des Rates.


Schon war dämmernd die Nacht, als eilend ein Bote gekommen,

Dringend berichtend, dass Elateia gänzlich gefallen.

Aufsprang hastig der Rat, die Becher und Speisen verlassend,

Räumte den Marktplatz leer, entfaltete drängend die Schranken.

Eilend rief man die Heerführer herbei und befahl es

Laut durch die Stadt: Die Trompeter sollten zur Sammlung ertönen.


Schon mit dem frühen Licht versammelten sich die Geräte,

Präsidenten beriefen den Rat in die Halle des Rates,

Volk strömte zahlreich herbei zur erhöhten Versammlung.

Ehe jedoch noch die Räte begannen zu ordnen die Themen,

Füllte das Volk schon die Höh' und harrte gespannt auf die Kunde.

Als nun eintrat der Rat, da standen die Führer der Bürger,

Meldeten laut, was vernommen, und riefen den Boten.


So war Athens Geschick in Stunden der größten Gefahren

Meist in der Hand der gewählten, der Präsidenten geordnet.

Jeder von ihnen, nur kurz, doch voller gewichtiger Pflichten,

Hielt für den Tag und die Nacht das heilige Amt in den Händen.

Keiner jedoch zweimal, so ward es vom Rat streng beschlossen,

Und so trug fast jeder der Bürger einst diese Bürde.


Wichtiger noch als Gesetze zu fassen, war ihre Aufgabe,

Tagesordnung zu schaffen und Bürgerversammlungen leiten.

Jeder Athener durfte mit Worten dort Vorschläge machen,

Jedoch begrenzt durch das Ratensystem der Kontrolle.

Erst wenn der Rat in geordnetem Kreise das Urteil gesprochen,

Durfte das Volk in der Menge sein freies Votum verkünden.


So entschied sich in Athen durch Ratschluss und Weisheit

das Schicksal,

Jeder jedoch, der berufen, trug mit an der Last des Gemeinwohls.


Einst, in Athen, als Streit um die Gelder entbrannte, da trat er,

Apollodoros, hervor und sprach vor dem mächtigen Rate.

Krieg herrschte weit in Euböa und um das stolze Olynthos,

doch in der Stadt ward Reichtum gehäuft für Spiele und Feste.

Darum erhob er die Stimme, den Bürgern die Wahl zu gewähren:

Soll unser Gold für Waffen sein oder glänzende Schauspiele nähren?“


Schon war beschlossen im Rat, dass Mittel zum Heere nun fließen,

doch er begehrte das Volk, selbst über das Schicksal zu richten.

Also beschloss der Rat ein vorläufiges, mächtiges Urteil,

das er zur großen Versammlung der Bürger sodann überbrachte.

Einstimmig stimmten sie zu: Die Gelder dem Heer zuzusprechen,

recht so geordnet vollzog sich des Staates edle Beratung.


So ward bewiesen erneut die Kraft der attischen Ordnung,

wo durch Beratung der Bürger die Weisheit beständig erstrahlte.

Wohlan, vernehmet sodann, wie einst die Händler von Citium

flehten, einen Tempel zu weih’n der Aphrodite in Athen.

Vor den Rat sie traten und brachten ihr heiliges Anliegen,

dass sie ein Heim ihr errichten, wie Isis die Ägypter besaßen.

Darauf entschied das Volk, in gütigem, ordnendem Willen:

Sei euch gewährt das Land, für Göttin der Liebe geweihet.“


So ward durch Rat und Beschluss die Ordnung der Stadt stets gewahrt,

während das Volk in Freiheit bestimmte, was gut ihm erscheine.


Auf einer Inschrift allein erschaun wir Gesetzgebung völlig.

Als die Prytanie begann, da trat Antidotos vor,

Mitglied des Rates, und stellte den Antrag, den Citialeut’ half.

Einer der Proedroi, Führer der Sitzung, stellte zur Abstimmung.

Rat gab sein Ja, doch reichte den Fall zur Versammlung hinüber,

Ohne ein Urteil zu fällen, ob gut oder schlecht für die Bürger.

Zweite Prytanie kam, und Lykurg stellte Antrag sodann.

Dieser begünstigte stark die Citialer, woraufhin

Phanostratos ihn dem Volk zur Abstimmung stellte im Plenum.

Jener war Ratsmitglied, doch zugleich ein Proedros der Sitzung.

Volk gab sein Ja, und es durften die Citialeut’ ihren Tempel

Bauen, so wie man Ägyptern den Bau eines Isis-Heiligtums einst zugestanden.


Nomoi, Gesetze, und Psephismata, die man als Dekret kennt,

Gaben den Bürgern Gesetz und führten den Staat durch die Zeiten.

Dekret ward abgestimmt durch Versammlung, den Rat oder beide.

Nomoi jedoch kamen durch einen Prozess nur zustande,

Komplizierter war er, doch höher in Kraft als Dekrete.

Wer ein Dekret vorschlug, das ein Gesetz widerstrebte,

Musste sich stellen vor Richter, bestraft als Unrechtstifter.

Jedes Jahr, wenn die Bürger zusammen zur Volksversammlung

Kamen, da wurde erneut die Sammlung der Normen besprochen.

Jeder Athener durfte beantragen, Neues zu schaffen,

Doch nur mit einem Gesetz ein altes Gesetze ersetzen.

Hatten die Bürger beschlossen, Gesetze erneut zu durchgehn,

Wählte man Nomotheten, die diese Normen erwägen.

Dort ward verhandelt, wie vor Gericht, von Klägern und Richtern,

Jene verteidigten Altes, die andern forderten Neues.

War die Entscheidung gefallen, dann wurden die neuen Gesetze

Feierlich aufgestellt, gemeißelt in Stein und verkündet.

Jährlich sodann überprüfte man alles, um Widerspruch auszuräumen.


Einst noch im fünften Jahrhundert, da gab es für beide Begriffe

Wenig Unterschied, doch wandelte dies in den Jahren der Folge.

Nomos war "Gesetz", Psephisma "Erlass durch das Volk".

Xenophon zeugt uns davon, wie beide Begriffe verschwammen.

Euryptolemos sprach vor Versammlung im Jahr vierhundertsechs,

Psephismata nennt er Gesetze, doch später erkannte

Man eine Trennung, so wie es Aischines deutlich bezeugt.

Aristoteles stellte die zwei in die Waagschale kritisch:

Wo ein Dekret Gesetze verdrängt, da wankt die Demokratie.

Doch in Athen war es Regel, dass kein Dekret je ein Nomos

Brechen durfte, wie Demosthenes felsenfest lehrte.

Gerichte prüften Dekrete und hoben sie auf, wo Gesetze

Dagegenstanden, denn nur sie galten als fest und beständig.

Immer begann ein Gesetz mit der Formel: „Die Gesetzgeber haben beschlossen“,

Während Dekrete stets mit „Das Volk“ oder „Der Rat und das Volk“ sich begannen.


Die Athener besaßen kein festes Gesetzesgebilde, 

Keinen geordneten Bau, der den Staat als Ganzes bestimmte. 

Doch in den Schriften des Rechtes, so finden wir klare Bestimmungen, 

Klauseln, die strenge das Ändern der Satzung gewisslich erschwerten. 

Demosthenes lehrt uns die Strafe für törichte Richter, 

Sowie auch für Bürger, die gegen bestehendes Recht sich vergehen: 

Wer das Gesetz widerstrebt und es unbedacht aufzuheben 

Sucht, der verliere Besitz und Familie, so war es geschrieben.


Andokides schildert uns Regeln der athenischen Richter, 

Die nur dem niedergeschriebenen Recht sich stets verpflichten.

Niemals ein Dekret, ob des Rates Beschluss oder Stimme 

Dürfe ein gültiges, heiliges Gesetz jemals brechen. 

Nur was von allen bezeugt und geschrieben im Staate beschlossen,

Gelte als ewig und bindend für jeden im Volke der Freien.


Plutarch berichtet von Solon, dem Weisen und klugen Gesetzmann, 

Der seine Regeln auf Tafeln aus Holz und auf Steine geschrieben,

Öffentlich stehend, für alle des Volkes Augen erkennbar, 

Dass nicht allein eine kleine Elite das Wissen bewahre. 

Jedem Athener war kundig, wie Recht und Gesetz zu befolgen,

Denn was in Schrift sich befand, war dem Blick eines jeden zugänglich.


Doch war das Ändern der Regeln kein einfacher Schritt für die Bürger: 

Niemand vermochte Gesetze im Zorn oder Eile zu fassen. 

Fein war der Prozess durchdacht, um Bedacht stets walten zu lassen, 

Dass nicht der Augenblick herrsche, sondern die Weisheit des Alters. 

Demosthenes mahnt in erhabenen Worten die Richter: 

"Nicht nach Belieben erlasse ein Mann eine neue Bestimmung!

Erst muss die Schrift niedergelegt und dem Volke gezeigt sein, 

Sichtbar für jedermann stehend vor Statuen herrlicher Ahnen."


So ward im Staate der Freien kein Urteil je leichtfertig fällbar, 

Und keine Willkür verdunkelte Athens gerechte Gesetze. 

Denn nur die Stimmen der Weisen, der Nomotheten erkoren,

Hielten die Ordnung des Rechtes und prüften mit scharfem Verstande. 

Diese ernannten das Recht, sie erwogen die älteren Schriften,

Immer mit Schwur und mit Treue zum Wohl und Bestand ihres Staates.


Jährlich im Monat des Hekatombaion trat die Versammlung 

Zusammen, die Werke der alten Gesetze erneut zu beschauen, 

Ob sie noch taugten dem Volke, das Athens Mauern bewohnte,

Oder ob neue Bestimmungen die alten ergänzen müssten. 

So ward in kluger Bedächtigkeit stets das Gesetz neu geschaffen,

Doch nie im Eifer der Stunde, nur nach gereiftem Erwägen.


Also bewahrte Athen sein Gesetz durch die Zeiten der Menschen,

Immer bedacht auf die Rechte der Freien, die klug es verwalten.


Während der ersten Präsidentschaft, am elften der Tage, 

Trat die Versammlung zusammen, gerufen vom Herold des Rechtes. 

Dieser erhob seine Stimme und sprach die heiligen Worte, 

Betend für Segen und Schutz durch die Götter des hohen Olympos. 

Dann erst folgte die Wahl: Es standen die alten Gesetze 

Neuer Beratung bereit, und gehoben die Hände entschieden.


Erst kam der Rat, die Gesetze, die Ordnung den Weisen geboten, 

Jene, die wählten das Volk, zu leiten die Werke des Staates. 

Dann kamen allgemeine Satzungen, bindend für alle, 

Weiter die Regeln, die galten für neun der erhabenen Archonten,

Letztlich Gesetze für andere Ämter und hohe Behörden.


Sämtliche Stimmen gezählt nach bereits bestehenden Normen,

Ordnung gebot das Gesetz, nicht Willkür, nicht tückische List.

Jene, die zustimmen wollten, sie hoben die Hände zum Himmel,

Gegenstimmen erhoben sich nach dem ersten Bescheide. 

So ward entschieden, ob weiter die Satzung in Kraft noch verbleibe 

Oder verworfen sie werde und neue Gesetze entstünden.


Wenn ein Gesetz nicht gefiel, so musste der nächste Beschluss nun 

Festlegen, welche der Prytanen die Prüfung des Rechtes 

Leiten und führen solle mit Sorgfalt und göttlicher Ehre. 

Bald nach den heiligen Festen, wenn alle Gebete gesprochen,

Wurde die Frage erhoben, wie lang die Nomotheten, 

Jene, die schworen den Eid vor den Richtern, beraten nun sollten.


Ehe jedoch die Versammlung ein neues Gesetz erst erwäge, 

Stand es den Bürgern von Athen zu, Vorschläge zu machen. 

Jeder, der wünschte, ein neues Gesetz zu verfassen, er musste

Dieses zur Schau nun stellen bei Statuen heiligen Helden, 

Weiße Tafeln verfasst, zur Lesung des Volkes bereitet, 

Bis die Versammlung des Volkes die Zeit der Beratung beschließe.


Wer eine Regel verwarf, der musste mit neuer sie tauschen, 

Denn nicht Gesetzlosigkeit sollte die Stadt regieren. 

Fünf der Erwählten, sie standen bereit zur Verteidigung Altem,

Wahrten bestehende Rechte, wenn Neuerung Schatten nun warf.

So wie ein Richter im Saale entscheidet nach Treu und Gesetzen,

Also verfuhr auch das Volk mit der Ordnung des Staates.


War es beschlossen, dass neue Gesetze erlassen nun sollten, 

Folgte darauf eine Pause, damit das Volk könne bedenken,

Welches der Wege der beste, wie lange die Weisen beraten, 

Welch eine Zahlung gebühre für jene, die Richtlinien schaffen.

Also geschah es in Athen, in jener geordneten Weise, 

Stets durchdacht und geführt von den Stimmen des freien Volke.


Nomotheten, ihr Hüter der Ordnung, berufen durch Losung,

Schworen den heiligen Eid der Heliasten mit Ernst. 

Morgens erwählt am gesetzlich bestimmten, dem heiligen 

Tage, versammelt zum Wohle des staunenden Volkes.


Groß war der Rat der Gesetzgeber oft, so berichtet Demosthenes kühn, 

Als Timokrates einst Hundert und tausend erkor für das hohe Gremium, 

Welches Ordnung dem Staat durch die Kräfte des Rates verlieh.


Proedren führten die Sitzung mit strenger, geordneter Hand, 

Wahrend die Sprecher erhoben die Stimmen im Zwist. 

Jene verteidigten laut die Gesetze der Väter, 

Andere rühmten die Notwendigkeit neuer Norm.


Sobald der Streit in geordneten Reden verklungen, 

Hoben zum Zeichen die Stimmen die Hände empor. 

So ward entschieden mit klarer, gerechter Bewegung, 

Was dem Gesetze Bestand oder Wandel verleiht.


Nahe der Statuen, dort, wo die Ahnen in Erz noch verharren,

Standen die Tafeln der neuen, gerechten Gebote. 

Laut ward es vorgelesen im Rat und in freier Versammlung,

Sodass ein jeder erkenne, was Recht und was Pflicht ist.


Doch nicht nur jährlich allein war gegeben die Stunde, 

Neue Gesetze zu formen im wohlbedachten System. 

Jeder der Bürger, vom Reichtum befreit oder schwerer, 

Durfte den Antrag erheben zu Änderung drein.


Archonten hielten in weiser, erhabener Prüfung 

Wachsam das Auge auf Widerspruch, Leere im Wort. 

Fanden sie Missklang im Recht oder doppelte Pflichten, 

Riefen sie kund die Nomotheten erneut.


Keiner jedoch durfte ein altes Gesetz nur zerstören, 

Ohne ein Neues zugleich in das Leben zu rufen. 

Prüfend entschied dann die weise Versammlung im Tempel, 

Ob sich das Neue bewähre, der Bürgerschaft fromm.


Erst wenn der Rat, die beratende Stimme der Ordnung, 

Huldvoll das Thema auf Tagesgeschäfte gesetzt, 

Konnt' es erwogen in voller Versammlung erscheinen, 

Dort zu bestehen im prüfenden Worte der Weisheit.


Doch was, wenn ein Dekret, das vom Volke beschlossen, 

Widerspruch barg zu den Regeln der Ältestenzeit? 

Graphe Paranomon war das gerechte Verfahren: 

Wer Unrecht stiftete, ward vor Gericht gerichtet.


So sicherte stets die gerechte Polis ihr Walten, 

Hielt sich in Ehren das heil’ge Gesetz ihrer Stadt. 

Weise erwog und befand sie das Rechte im Wandel, 

Doch stets gebunden an sittliche Pflichten und Tugend.


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Du:

in didaktisches epos in deutschen hexametern: Oh Timokrates, der Gesetzesbruch sei dir klar, 

Der Vorschlag, den du machtest, war nicht recht und zwar 

Gegen das, was sich an altem Gesetz bewährt, 

Ein neues, unrechtmäßiges wurde hier verwehrt.


Das Gesetz, das du vorbrachtest, war illegal, 

Widersprach den alten Normen, dem ständigen Mal 

Der Gesetze, die Griechenland geeint und geehrt, 

Hast du mit deinem Plan den Bürger-Staat verwehrt.


Nicht veröffentlicht war es, das Gesetz, das du brachtest, 

Und ohne Prüfung, wie es das Gesetz verlangt, so dachtest 

Du, es dem Rat und der Versammlung zu präsentieren, 

Doch das Gesetz war nicht für alle zu vernehmen.


Der rechtliche Ablauf, du hast ihn missachtet, 

Der Nomotheten Rat sollte prüfen, was du versprochen, 

Doch in der Sitzung des Rates, das Gesetz kam gleich, 

Kein Abstand, keine Frist, das war der Teufelsspeichel.


In der Rede gegen Leptines siehst du es erneut, 

Die Rechte, die Gesetzgebung stets verleugnet, 

Ein Gesetz, das nicht abwog, was früher galt, 

Konnte nicht bestehen, wurde schnell entmalt.


Denn Demosthenes, der kluge Denker dort, 

Er sprach im Rat von rechtlichem Mord, 

Und Aristoteles sprach von der Gefahr, 

Dass Dekrete oft wie Gesetze im Recht nicht klar.


So wird das Volk des Staates geführt, Nicht von der Hand eines Einzelnen verführt, Gesetze sind heilig, sie wahren das Recht, Doch für den Rat, da zählt nur der Prozess mit Macht und Geschlecht.


Der Areopag und das Gesetz


Am Areopag, dem Hügel, wo der Rat tagt, Da spricht der Rechtsstaat, wenn das Urteil versagt. Die alte Institution, der Areopag so weise, Lebte vor der Demokratie und brachte ein Geleise.


Die Macht des Rates, so fest wie der Berg, War im Gericht stets das höchste Gelehr‘. „Gerecht“, so hieß es, „sind die Urteile hier“, Selbst von den Verurteilten, die wussten, kein Lügen ziert.


Doch der Streit zwischen den Kräften, er bleibt, Die Demokratie wuchs, der Areopag entschweigt. Ein Modell für die Gerechtigkeit, dass es leuchtet so fein, Doch es bleibt, was die Zeiten ändern, nicht immer das Sein.


Oh Timokrates, erkenne den Bruch des Gesetzes,

Unrecht war dein Entwurf, er missachtet das Recht!

Alte Normen bewähren sich stets in der Prüfung,

Neues Gesetz ohne Ordnung wird rasch widerlegt.


Uralte Ordnung gebot uns die Wege des Rechtsstands,

Griechenlands Bürgerschaft hielt sich beständig daran.

Doch dein Vorschlag, er brach mit den ehrenhaften Sitten,

Führte das Volk in Gefahr und entstellte das Land.


Nicht veröffentlicht war es, das Wort deines Handelns,

Nicht geprüft durch den Rat, wie es das Regelwerk schreibt.

Ohne die Frist und die Würdigung heiliger Ordnung

Stellt sich kein Recht auf die Füße, zerfällt ohne Halt.


Hör auf Demosthenes, kluger Berater der Zeiten,

Aristoteles mahnt: Nicht Dekrete sind Recht!

Nur das Gesetz, das sich streng nach den Regeln entfaltet,

Wird dem Gemeinwohl gerecht, bleibt in Wahrheit bestehn.


Hoch auf dem Hügel des Rates, dem heiligen Orte,

Tagte die Weisheit der Alten im Lichte des Rechts.

Unbestechlich war stets ihr Gericht und ihr Urteil,

Selbst die Verurteilten sahn seine Würde und Macht.


Doch die Demokratie nahm sich des Rechtes der Väter,

Schwächte den Rat, seine Stimme verhallte im Wind.

Alte Gesetze bestehen in wandelnden Zeiten,

Doch die Entscheidung bleibt stets eine Frage des Seins.


Hoch auf ragte der Hügel des Ares, geweiht den Gerechten, 

Dort, wo einst die Ältesten saßen, die Wächter der Stadt.

Archonten waren sie alle gewesen, geprüft und bewähret, 

Ehe das Amt sie erhielten, ward ihnen der Dienst auferlegt. 

Denn es forschten die Richter genau, ob würdig ihr Wandel, 

Ob sie gerecht und weise regierten das Volk von Athen.


Wer das höchste Amt der Polis bekleidete, musste 

Rechenschaft geben am Ende der Zeit, die ihm galt. 

Nicht ein jeder bestand die Prüfung, die streng ihn befragte, 

Denn nur der Ehrenhaft' durfte den Rat dann betreten. 

Ward ein Fehler entdeckt, ein Frevel im Amte verübet, 

Hieß es: „Geh, denn du bist nicht würdig, das Recht zu bewahren!“


Jene jedoch, die bestanden, sie traten als Wächter zusammen,

Lebenslang in den Rat des Areopag' aufgenommen. 

Doch auch sie wurden befragt, von Richtern gemessen und geprüft, 

Dass kein Makel die Stadt je beflecke, kein Frevel das Recht untergrabe.


Sorgsam bewahrte der Rat die Gesetze der Ahnen, 

Streng war ihr Urteil, doch unumstößlich gerecht. 

Keiner, der dort verurteilt, erhob eine Klage dagegen, 

Denn sie richteten rein, dem Göttergebot untertan. 

Wer in Schuld war befunden, der musste sein Urteil empfangen,

Doch nie war dem Kläger die Strafe in Hände gelegt. 

Denn nur der Staat und das heilige Recht durften gebieten, 

Wer den Frevel begangen, wie er das Urteil erlitt.


Mörder, die schuldig erkannt, wurden dem Henker gegeben, 

Doch war niemals der Urteilsspruch Willkür geweiht. 

Wer vor den Rat gerufen, der schwor auf sein Wort und sein Leben, 

Opfer vollzog er, um Zeus und den Göttern zu fliehen. 

Schwur er falsch, so verfluchte der Eid nicht ihn nur, sondern alle,

Seinen gesamten Stamm traf der Fluch des Göttergerichts.


So war es Sitte und Brauch in der alten Polis Athen, 

Wo der Areopag thronte, den Göttern und Menschen geweiht.


In grauer Vorzeit, als Athens Stadt in Gesetzen erblühte, 

Ward ein Gericht einst bestellt, das der Weisheit und Wahrheit sich widmete. 

Areopag war sein Name, geachtet von Bürgern und Göttern, 

Denn in der heiligen Runde entschied man gerecht und besonnen.


Hoch auf dem felsigen Hügel, der Ares geweiht war in Ehrfurcht,

Tagte das hohe Gericht in erhabener, feierlicher Stille. 

Nicht wie die anderen Höfe, die redegewandten Betrügern

Oftmals Gehör noch verliehen und schillernden Worten verfielen.

Nein, die Areopagiten, bewährte und weise Archonten, 

Fällten ihr Urteil allein nach Wahrheit, Erkenntnis und Einsicht.


Aeschines sprach: „Ich sah schon viele, die glühend beredt sind, 

Dennoch verurteilt hier wurden, trotz Zeugen, die sie beschworen.

Andere wiedrum gewannen, obgleich sie nur zögernd gesprochen,

Denn nicht der Rede Geschick, sondern Wahrheit allein wird hier zählen.“


Hoch stand der Areopag, von Athenern geehrt und geachtet, 

Denn nur die besten der Stadt, in den Ämtern bewährt und erfahren, 

Dienten auf Lebenszeit hier, um der Gerechtigkeit Stimme 

Klar und unbestechlich zu leihen im Namen der Stadt und der Götter.


Viele Verbrechen, die schwersten, verhandelte jenes Tribunal:

Mord, auch die Tücke des Giftes, Brandstiftung, heimliche Wunden, 

Doch nicht allein war das Blut, das vergossen, der einzige Maßstab. 

Wer einen Frevler ermutigt, wer Komplize bei Taten gewesen,

Musste vor jenem Gericht sich stellen und Antwort erbringen.

Selbst wenn ein Bürger von Rang, ein Priester, ein Edler der Stadt war, 

War er schuldig befunden, so traf ihn das unbiegsame Urteil.


Niemals jedoch ward erlaubt, dass Redner die Wahrheit verdrehten. 

Schnell war der Spruch gesprochen, wenn einer mit falschem Berichte 

Täuschen das hohe Gericht und die Gerechtigkeit trüben 

Wollte mit Worten, die nicht aus dem heiligen Geist der Gesetze

Kamen, doch trugen den Schein von Recht und tugendhaftem Bedenken.


So ward der Areopag für Athen eine leuchtende Säule, 

Hüter des Rechtes und Schild gegen listige Lügen der Rede. 

Ewig sei ihm gedacht, der Weisheit erhabenes Zeichen, 

Dem kein Wort und kein Schall, nur Wahrheit und Einsicht genügen!


Auf einer Anhöh' von Athen, wo heilige Stille noch waltet,

Tagt der Areopag, ein Rat von ehrwürdigen Männern.

Demosthenes spricht: So ward es von Ahnen beschlossen,

Daß einem jeden, der Unrecht erlitten, vergönnt sei,

Vor den höchsten Gerichtshof der Stadt zu treten mit Klage.

Nicht nur erlaubt war dies, nein, es war ihm gar auferlegt worden.

Schuldig, so richtete man; doch auch der Kläger, versagend,

Mußte Buße entrichten, so spricht uns Aischines Kunde:

Selbst Demosthenes war's, der einst der Strafe verfiel,

Weil er die Tat, die den eignen Vetter betraf, nicht verfolgte.


Sieh, wie die Richter noch selbst an die Stätten des Leides sich fügten,

Eilten zum Bett des Verwundeten hin, ihn sterbend zu sehen,

Denn, wenn das Leben ihm schwand, so ward es zum Falle des Mordes,

Der vor Gericht dann verhandelt und streng gerichtet sodann ward.

Große Furcht war es stets, vor den Rat als Bösewicht treten

Müssen, denn streng war das Urteil, gleich einer Vergiftung.

Hoffte der Kläger, den Feind ins Elend zu jagen,

Schreckte die Strafe den Schuld'gen, zu fliehen der Stadt und dem Lande,

Eh' er sich stellte dem Urteil des hohen Areopags.


Aristoteles berichtet von alter Regel und Ordnung:

Wer sich der Klage nicht stellt, der muß sein Gut dann verlieren,

Poletai hätten es feil, mit Zustimmung der Archonten.

Auch Sakrileg war ein Frevel, der streng ward geahndet,

Wie es Apollodorus schrieb von einer Priesterin, die nicht

Athenerin war und doch diente dem heiligen Dienste.

Demosthenes sagt, der Areopag hätte geurteilt

Schlimm über jenen, der es gewagt, zu betrügen,

Doch ward Gnade geübt, als die Wahrheit zur Kunde gelangte.


Selbst die Bäume des Landes, Oliven, heilig und fruchtbar,

Unterstanden dem Schutz des ehrwürdigen Rates zu Athen.

Lysias spricht: Wer solch einen Baum ausgräbt oder fället,

Dem drohte der Tod, so geboten die alten Gesetze.

Doch zur Zeit, da Aristoteles schrieb seine Worte,

War es nicht mehr der Tod, doch Exil und Verlust aller Habe.

So war der Areopag stets eine Stätte des Rechtes,

Höchstes Gericht in Athen, das Recht und Ordnung bewahrte.


In Athen, der Stadt, die der Weisheit heilig geweiht war,

Tagte der Rat, und das Volk entschied in öffentlichem Urteils.

Hohe Gerichte befragten die Bürger zu Schuld oder zu Rechtstand,

Richter in Amt und Geschworene folgten dem Wort der Gesetze.


Hoch auf dem Areopag saßen die Alten der Stadt wohl,

Hörten die Klagen, doch ohne zu richten, denn dies war nicht Sitte.

Timarchos befahl einst dem Areopag, Häuser zu prüfen,

Ob sie auf Pnyx-Hügeln wohl rechtmäßig errichtet erschienen.

Autolykos stand dann vor der Versammlung und sprach es:

"Männer von Athen, wir klagen nicht an und verteid'gen nicht selber."


Doch von größerer Macht und hohem Ansehen in Athen galt

Heliaia, das Volk entschied in gerechter Gerichtsform.

Denn durch das Los erwählt, erschienen Bürger zum Dienste,

Hörten die Klagen und urteilten rein nach dem Rechtsspruch.

Täglich ein Obolos Lohn ward jenen Geschwor'nen entrichtet,

So dass auch Arme den Dienst für die Stadt in Gerechtigkeit übten.


Wichtig erschien es, Bestechung gänzlich zu meiden,

Drum ward das Los zur Wahl der Geschwor'nen verwandt dann.

Heimlich und eilig verteilt auf Gerichte, damit niemand wüsste,

Welches Tribunal über welche Belange dann wachte.


Uhren aus Wasser, die Zeit für Redner genau bemessend,

Wurden gestellt, damit Gleichheit im Recht stets gewahrt blieb.

Je nach Gewicht des Verfahrens strömte das Wasser gemessen,

Schenkte den Klägern wie auch den Beklagten gerechte Minuten.


So ward Athen durch sein Volk und sein Recht eine leuchtende Stadt nur,

Muster der Ordnung, geformt aus der Weisheit der Männer von einst.


Von fünfhundert und einem bis tausend und fünfhundert zählten

die Richter in Athen, je nach Art der verhandelten Sache.

Keines Urteils bedurft' es einstimmiger Stimmen, vielmehr

wurden, nachdem man geredet, die Stimmen geworfen in Urnen.

Zweierlei Stimmzettel besaß ein jeder der Richter,

einer für den Beklagten, der andre galt dem Kläger.

Bronzene Urnen empfingen die Stimmen, die zählten,

Hölzerne dienten allein dem Verwerfen des zweiten.

Jeder Geschworene nahm nach der Abstimmung Zeichen,

welches ihm galt als Entgelt, drei Obolen an Wert.

Öffneten schließlich die Diener des Gerichts die Gefäße,

zählten sodann vor den Augen der Parteien die Stimmzettel aus.

Siegte der, welcher die Mehrzahl der Stimmen errungen.


Ohne Richter bestand das Gericht, kein Weiser entschied hier,

nur die Geschworenen selbst, die dem Demos entstammten, verhandelten.

Kläger und auch der Beklagte mußten sich stützen

auf das Wissen des Volkes, auf deren Verstand und Gerechtigkeit.

Demosthenes selbst einst sprach zu den Richtern mit Nachdruck:

"Nach den Gesetzen und Dekreten des Volkes zu urteilen,

habt ihr geschworen, ihr Männer von Athen, vergesst es mir nicht!"


Ohne Gesetz oft stand man allein mit dem Wort der Geschwor'nen,

denn wo kein Regelwerk sprach, da galt es, zu deuten,

sei es nach ungeschriebenen Regeln der Ahnen,

sei es nach eigenem Sinn oder gar nach Gefühlen.

"Fehlt euch ein Rechtsspruch, so urteilt nach bestem Gewissen!"

sprach Demosthenes mahnend im Kreise der Männer von Athen.


Doch die Demokratie Athens begann zu ermatten,

Makedonien stieg auf, Philippus schuf neue Gesetze.

Chaironeia sah Athens und Thebens geschlagene Heere,

die sich nun fügen mussten dem Willen des Siegers.

Zwar bestand noch der Rat, doch war er nicht frei zu entscheiden,

Philipp gebot und der Bund von Korinth war sein Werkzeug.


Kam nun Alexander, der Sohn, und nahm sich der Macht an,

bereitete Kriege, die Völker in Asien sanken.

Athen war ruhig, doch stets im Schatten der Heere

Makedoniens, die unter Antipatros standen.

Als Alexander entschied, dass Samos den Seinen zurückkehr,

erhoben sich Stimmen, empört, und riefen zur Freiheit.

Leosthenes führte die Seinen zur Wehr, denn die Stadt wollt'

nicht mehr gehorchen dem fremden Herrscher von Osten.


Die Kunde verbreitete sich schnell: Alexander war tot!

In Europa erscholl das Gerücht, erschütterte Griechenlands Staädte.

Athen, erschrocken und zornig, verfolgte mit hämischer Strenge

Jeden, der einst in der Stadt für Mazedonien geworben.

Demades, der in der Versammlung den König erhoben,

Strafte die Menge mit Groll und belegt' ihn mit mächtiger Buße.

Aristoteles, der einst den Jüngling mit Weisheit erzogen,

Wählte den klügeren Pfad und entfloh aus der brodelnden Stadt.


Norden zog Leosthenes, der kühn die Armee der Athener

Führte zum Kampfe hinauf, zu den Truppen des königlichen Antipater.

Siegreich währte sein Schlag, doch schreckliches Los ward ihm zuteil.

Lamia's Mauern umfing ihn, da stürzte im Sturme sein Leben.

Doch aus dem Norden erschien nun das Heer der Makedonier.

Frühling verstrich und mit ihm die Hoffnung der tapferen Krieger.

Sommer entfaltete Flammen, mit Land und mit See fiel Athen.


Antipater, Herr der Besiegten, veränderte gänzlich die Ordnung.

Athen verlor seine Kraft, unterlag fremder Gebote.

Bürger, die einst sich erhoben, verloren nun gänzlich ihr Recht.

Nur wer besaß und bewahrte den Reichtum von zweitausend Drachmen,

Hielt sich in Ehren gehalten und wurde als frei noch geachtet.

Piräus, einst stolz und erhaben, empfing nun makedonische Krieger.

Waffen erklangen im Hafen, kein freier Beschluss ward gefasst.


Trotzdem blieben Gesetze, wenn auch nicht mehr aus dem Volke geboren.

Wechselnde Zeiten veränderten stetig das Schicksal der Stadt.

Freiheit wuchs und verblühte, nach herrschender Willkür gelenkt.

Doch die Versammlung der Bürger, die Stimmen des Demos verstummten.

Nie mehr würde die Stadt sich aus eigenem Willen regieren.