DIE NARRENBURGER


VON TORSTEN SCHWANKE


MATTHÄUS 5,22

Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du gottloser Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.


GOETHE

Darüber muss man sich aber zerreißen,

Dass man Narren nicht darf Narren heißen.



ERSTER GESANG


Vor vielen hundert Jahr schon alt,

Da sprach man weis‘ mit ernstem Halt:

So wie die Eltern stets gewesen,

So wird’s auch bei den Kindern lesen.


Sind sie von Tugend hell durchglüht,

Das Kind in gleichem Lichte blüht.

Ein guter Baum trägt Frucht so fein,

Ein gutes Kalb folgt treu dem Bein.


Hat je ein Adler, hoch und frei,

Gezüchtet Tauben furchtsam, scheu?

Drum merk dir wohl und halt es fest:

Was ungewaschen bleibt, wird Nest.


So sprach man’s auch von jenem Land,

Das hinter Kalekut benannt,

In Misnoxotamien weit,

Wo Narrensinn sich gern gedeiht.


Die Leute dort, aus altem Stand,

Treu folgten ihrer Väter Hand.

Nicht wankten sie, nicht wich ihr Sinn,

Bis sie gezwungen, dass sie hin,


Von harter Not gedrängt und schwer,

Den alten Pfad verließen sehr.

Denn Not kennt kein Gesetz, ihr Lauf,

Er fordert, dass man hilft darauf.


Drum höret nun, was euch belehrt,

Wie man in Tugend sich bewährt.

Die Alten sagten's oft und laut,

Dass Weisheit stets aus Nöten baut.


Man spricht, dass Narrenburgs Geschlecht

Aus Griechen stammte, hoch und echt.

Und ihre Weisheit war bekannt,

Weit über Stadt und fernes Land.


Welch Meister dort ihr Ahnherr war,

Das bleibt bis heut' noch unklar gar.

Doch sicher kam ein Weiser her

Und pflanzte Klugheit immer mehr.


So ward bewahrheit’t, wie man spricht,

Dass Apfel fern vom Stamm nicht bricht.

Sie blieben klug, von Weisheit reich,

Und lebten treu und standhaft gleich.


So bauten sie sich feste Höhn,

Verließen nimmer das Gebiet,

Blieben beisammen, schlicht und fein,

Und hielten sich von fremdem rein.



ZWEITER GESANG


Der erste Narrenburger, klug und weise,

Erzog die Kinder auf rechte Weise.

Nicht ließ er sie wie Vieh umher,

Sondern war streng und sorgte sehr.


Er selbst nahm ihre Erziehung in Hand,

Denn Mütter verwahrlosen, wohlbekannt.

Er lehrte sie Gutes, wies sie an,

Auf dass man sie stets loben kann.


So lernten sie mit Fleiß und Kraft,

Denn Lehre mit Natur es schafft,

Dass alles wohl zusammengeht

Und Weisheit sich im Geiste sät.


Mit Tugend und Weisheit reich geschmückt,

Mit Wissen und Klugheit hoch beglückt,

War keiner in der weiten Welt,

Der ihnen gleich sich zugesellt.


Die Weisheit war zu jener Zeit

In Menschen selten weit und breit.

Doch war ihr Ruhm bald wohlbekannt,

In Städten nah, in fernem Land.


Von Fürsten, Königen, großem Rat,

Kam man zu ihnen früh und spat,

Zu hören ihren weisen Sinn,

Weil alle klugen Worte drin.


Nie war ihr Rat ein falscher Schein,

Nie trug er Schaden oder Pein.

Wer ihren klugen Worten folgt,

Der wurde reich, geehrt, umsorgt.


So wuchs ihr Ansehen immer mehr,

Ihr Ruhm durchzog das weite Meer.

Mit Gold und Edelstein belohnt,

Mit Ehr' und Gut war ihr Stand gekrönt.


Denn Weisheit galt zu jener Zeit

Noch mehr als Gut und Herrlichkeit.

Doch heut' sind Narren obenan,

Und Weisen stößt man in den Bann.


So schätzten sie das Gut nicht hoch,

Denn Weisheit war ihr höchstes Joch.

Der Weise lebt, von Gott geführt,

In Ehren, frei und unberührt.


Es kam, dass Fürsten sie begehrten

Und sie an ihren Hof verwehrten,

Um täglich Weisheit zu gewinnen

Und kluge Reden zu ersinnen.


Denn gute Lehr' und weise Sitte

Gedeiht in kluger Menschen Mitte.

Wer unter Weisen weilen tut,

Der wird gewisslich fromm und gut.


Doch blieben bald nicht viele mehr,

Der Stadt ward nach und nach so leer.

Die Männer waren fortgezogen,

Der Frauen Hand das Werk erwogen.


Sie führten Hof und Haus allein,

Wollten gleich den Männern sein.

Doch was sie taten, war nicht viel,

Denn Frauenhand reicht nicht ans Ziel.


So ward die Stadt ganz arm und klein,

Die Männer fern, der Hof gemein.

Denn Arbeit, die dem Mann gehört,

Von Frauenhand oft nichts beschert.



Doch suchten sie, für alle Leut’

Zu richten, was der Ordnung dräut.


Nicht Geiz war’s, nicht das liebe Geld,

Sie meinten nur das Wohl der Welt.

Doch endete ihr Eifer bald

Mit eigenem Schaden, hart und kalt.


Wer stets den Streit zu schlichten sucht,

Der selber bald im Zwist verflucht.

Und treuer Dienst bringt bösen Lohn:

Undank, sonst nichts, bleibt die Person.



DRITTER GESANG


Ein Wunder ist’s, man sieht es leicht,

Dass Mann und Weib sich stets erreicht.

Denn ohne Weiber, ach oh Graus,

Bleibt trostlos doch des Mannes Haus.


Wo keine Meisterschaft regiert,

Da ist’s mit Ordnung schlecht geführt.

Wo keine Furcht, da fehlt das Ziel,

Ein jeder tut, was er nur will.


Und folgt nicht eins dem andern gut,

Vergeht gar schnell des Werkes Mut.

Drum muss ein jeder Hand in Hand

Mit Andern gehn, sonst bleibt’s verbannt.


Schaut hin nach Nürnberg, dieser Stadt,

Die Ordnung klug erfunden hat!

Dort teilt man Werk und Mühe klug,

Und jeder hat des Andern Fug.


Wo aber keine Frauen sind,

Da leidet bald auch Weib und Kind.

Fehlt Ordnung erst im kleinen Heim,

Zerbricht das Große ganz gemein.


Denn schlägt der Hagel in die Herd’,

Dann ist’s vorbei mit Tisch und Wert.

Von Kinderzucht und andern Dingen

Will ich nicht viel zur Sprache bringen.


Doch dies, das merke dir wohl ein:

Wo Mann allein, da steht’s nicht fein.

Wo Weib allein, da fehlt das Haupt,

Das sich zur Führung wohl getraut.


Drum muss ein jedes, Mann wie Frau,

Das andre haben – das ist schlau.

Und ob sie sich auch oft entzwein,

So darf’s doch nicht von Dauer sein.


Denn jagt der Mann das Weib hinaus,

Führt sie ihn oft ins Kriegeshaus.

So geht es her auf dieser Welt,

Wie lang man’s auch bedenken hält.



VIERTER GESANG


Wir Weiber all in Narrenburg,

Wir grüßen euch mit treuem Spruch,

Ihr Männer all, ob jung, ob alt,

Die ihr uns liebt mit Herz und Halt.


Wir schreiben euch aus gutem Grund,

Denn mancherlei geht nicht gesund:

Ihr seid berufen, hoch geehrt,

Zu Herrenhöfen hingekehrt.


Euch lockt der Weisheit hoher Glanz,

Die Fürsten rufen euch zum Tanz,

Sie halten euch nun lange fest,

Und uns bleibt Sorgen nur und Rest.


Doch seht, was hier geschehen muss:

Der Acker liegt im wilden Fluss,

Das Vieh verkommt, das Feld verdirbt,

Das Haus, es bröckelt, wird verirrt.


Die Kinder wachsen ohne Rat,

Das Volk gerät in böse Tat,

Und ohne euer kluges Haupt

Hat uns die Ordnung bald geraubt.


Drum mahnen wir mit Herz und Sinn,

Kehrt heim zu uns mit raschem Schritt,

Ihr seid uns Treue einstens schuldig,

Vergesst es nicht, seid nicht so duldsam!


Denn Glück ist rund und dreht sich bald,

Wer heut noch liebt, ist morgen kalt.

Wie Rosenblätter, Würfelspiel,

Verändert sich, wer’s glauben will.


Ihr denkt, die Herren halten Wort?

Sie werfen alte Hunde fort!

Sie hängen sie an nächste Bäume,

Vergesst ihr all die alten Träume?


Viel besser wär’s in Frieden hier,

Im Heim bei Weib, bei Kind und Tier,

Die eignen Felder zu bestellen,

Und nicht in fremden Dienst zu schnellen.


Drum denkt, ihr Männer, weise nach,

Was euch wohl frommt bei Tag und Nacht,

Und folgt dem Ruf aus treuem Munde,

Kehrt heim in unsern Hausverbunde!


Wir hoffen sehr, ihr nehmt’s zu Herzen,

Beendet all des Lebens Schmerzen,

Und eilet heim mit festem Schritt,

Denn hier ruft euch des Lebens Mitte!


Gegeben hier zu Narrenburg,

Versiegelt auch mit festem Schwur,

Kein Weib soll solches Siegel tragen,

Drum eilet euch, hört auf zu zagen!



FÜNFTER GESANG


Sobald das Schreiben sie gelesen,

da sah’n sie ein, was war gewesen.

Die Weiber hatten recht erkannt,

drum kehrten heim sie unverwandt.


Sie baten gleich um Urlaub gern,

doch ungern gab’n ihn ihre Herrn.

Denn weise Männer stets zu nah’n,

das ließ man ungern von sich fahr’n.


Doch mußten sie, sobald man rief,

sein dienstbereit und nicht tiefschlief.

So zogen sie mit reicher Gab’

nach Haus, wo man sie lange ab’.


Doch war’s daheim ein wildes Nest,

voll Unordnung und arger Pest.

Sie sah’n sich um mit großem Graus:

Wie sieht’s nur aus in unserm Haus?“


So vieles lag in tiefem Weh’n,

sie konnt’s zuvor nicht mal ersehn!

Doch Rom, das in viel’ Jahren stand,

zerstört wird’s doch in kurzer Hand.


Die Weiber freuten sich gar sehr,

doch war der Gruß oft rauh und schwer.

Die einen küssten süß den Mann,

die andern fuhren schroff ihn an:


Ihr wärt wohl besser, ohne Scherz,

geblieben dort im Viehestall!

So kommt ihr heim, zu unserm Schmerz,

daß alles brach in Not und Fall!“


Doch hielt man dennoch frohes Fest,

wo jeder sich bewirten lässt.

Die Weiber aber mahnten bald:

Nun bessert, was so schlecht verwalt’t!


Die Felder liegen öd und karg,

das Vieh ist krank, das Volk ist stark

versäumt – so nehmt es in die Hand,

denn alles steht hier wohl am Rand!“


Die Männer sah’n die Weisheit ein,

sie mussten willig ihnen sein.

Sie riefen Rat nun schleunigst ein,

dass sie nicht mehr ins Ausland zieh’n.


Doch war es spät, der Tag verflog,

drum ward ein neuer Tag erwog’.

Und als sie tranken, aßen fein,

da fielen süße Worte ein.


Und einer nach dem andern schied

und legte sich zur sanften Fried’.

Wer müde war, zog heim in Ruh,

verschwand im Bett und deckte zu.



SECHSTER GESANG


Am nächsten Tag, da war's soweit,

Die Herren trafen sich erneut

Unter der Linde, wohlbekannt,

Wo mancher Rat sein Ende fand.


Im Sommer pflegten sie allhier

Zu tagen stets mit ernstem Gier,

Im Winter aber war's der Brauch:

Im Wirtshaus hielt man Ratstisch auch.


Der Bürgermeister nahm den Sitz,

Die Richter schwiegen, voller Witz,

Dann fingen sie mit Schnelle an,

Was sie versäumt seit Wochen lang.


Denn weise waren sie und klug,

Bedachten nicht den Rat so gut

Wie heut' so mancher Richter tut,

Der ewig denkt, bis er was tut.


Als dann die Urteilsbank erhob,

Da kam die große Frage lob:

Wie sollt' man künftig weiter tun,

Nicht immer von daheim entschwund'?


Sie rechneten den Schaden auf,

Was bracht' ihr Weg wohl alles auf?

Der Nutzen, so sie auswärts sah'n,

Wog bei dem Schaden nimmer an.


Drum kam die Frag': Was nun zu tun?

Wie sollt' man vor dem Übel ruh'n?

Ein jeder sprach mit klugem Sinn,

Wie man wohl künftig besser ging.


Ein Teil wollt' all die Herren flieh'n

Und mit den Fremden nimmer zieh'n.

Ein andrer sprach, man müsst' sie meiden

Mit schlechter Antwort und mit Leiden.


Doch nichts ward beschlossen hier,

Es fand sich keine rechte Zier.

Bis endlich sprach ein kluger Greis,

Und gab den klügsten Rat mit Fleiß:


"Wir werden stets von Haus getrieben,

Weil sie nach unserm Rat nur blieben.

Doch wäre Weisheit nicht mehr da,

Dann ließen sie uns sicher ja!


Drum, Freunde, höret meinen Rat,

Tut Dinge, die ein Narr nur tat!

Seid wunderlich, seid voller Scherz,

So bleibt ihr sicher hier im Herz.


Ein jeder treibe tollen Schalk,

Kein kluger Rat, nur lauter Qualk!

So bleibet sicher allzuhaus,

Kein Fremder führt euch mehr hinaus."


Der Rat, der klang so sonderbar,

Doch war er klug, ganz offenbar.

Man sann und prüfte, ob's wohl sei,

Und war sich endlich all' entzwei.


"Ein Narr zu sein ist große Kunst,

Doch braucht's Verstand zu solcher Gunst!

Wer es nicht kann, bleibt Narr dabei,

Drum überlegt, seid klug und frei!"


So wurde dann der Rat beschlossen,

Der Torheit gleichsam zugeschlossen.

Ein jeder solle sich besinnen,

Wie Narrheit künftig gut beginnen.


Es dacht' wohl mancher still für sich,

Nun werd’ ich Narr, das paßt mir nicht!

So lang war ich doch witzig, heiter,

Und nun auf einmal geht’s nicht weiter?“

Doch selbst die Narren, groß und klein,

Sie wollen nicht genarrt mehr sein!

Sie dulden’s nicht, wenn ihresgleichen

Sie höhnen ob der eignen Schwächen.


Doch denkt daran: Es galt dem Wohl,

Dem Nutzen, hoch, bedeutsam, hohl!

Drum sollt’ ein jeder, jung und alt,

Das Leben geben, wenn’s auch knallt!

So gaben sie sich willig drein

Und ließen ihre Weisheit sein.

Fürs große Wohl, das alle lenkte,

Man ihre Schritte um sich lenkte.


Nun, also sei’s! Die Weisheit schweigt,

Die Narrheit fröhlich nun sich zeigt!

So kommet her, ihr lieben Leut’,

Die ihr begehrt nach Zeitvertreib!

Zum Schilden Spiel geb’ ich euch Raum,

Ein jeder finde seinen Zaum!

Nach Stand, nach Ehre, brav und fein,

Kein einz’ger soll verachtet sein.


Hier gilt kein Welsch, kein fremder Tand,

Hier spricht man, wie’s der Brauch verlangt!

Doch wer sich nicht zu fügen weiß,

Der wird zum Narrenburger, heiß!



SIEBENTER GESANG


Kaum war das Rathaus voll gemacht,

von Narren, wie man’s sich gedacht,

da traf man sich von früh bis spät,

zu Plänen, wie das Land besteht.


Mit Eifer schritt man eifrig fort,

zu reden stets an jedem Ort,

wie man das Wohl der Stadt bewahrt,

wenn Not das Volk mit Sorge paart.


Da kam der Rat, bedacht und fein,

man sollt wohl auf den Proviant sein,

damit in Zeiten arger Pein

man nicht bei Wucherern muss schrein.


Denn klug ist, wer vorsorglich denkt,

nicht nur dem Heute Gunst einschenkt,

sondern auch schaut auf jene Zeit,

die Hunger bringt und großes Leid.


Besonders aber quälte sehr

der Mangel an dem Salz so sehr.

Denn wegen Krieg und Fehdelust

ward’s rar und schwer, gab große Frust.


Da saß der Rat beisammen lang

und sprach mit hohem Tatendrang:

Wenn Zucker wächst in fernen Landen,

so muss auch Salz hier wohl erstanden!


Denn Salz hat Körner, wie bekannt,

was jedem klugen Mann benannt.

Und wo ein Körnlein sich ersieht,

da wächst doch was – das zweifelt nicht!


So wachsen Kälber aus dem Käs’,

und Hühner, wenn man Eier sä’s.

Drum sei beschlossen, unser Feld

zu pflügen und mit Salz bestellt!“


Gesagt, getan – mit großem Hoffen

ward bald das große Werk getroffen.

Man säte Salz mit fester Hand,

damit’s gedeih’ auf gutem Land.


Zum Schutz, dass’s wohl bewacht mag sein,

stellt’ man gar Wächter um’s Feld ein,

mit Vogelrohren voller Macht,

dass ja kein Dieb sich hergewagt.


Bald grünte es, wie schön und fein,

die Narren sahn’s im Sonnenschein.

Sie sprachen froh: „Nun ist’s gelungen,

das Salz wächst prächtig, ungezwungen!“


Und jeden Tag zur Morgenstund’

sie horchten, ob’s auch knistert und

ob man das Wachsen hören kann –

das zeugt von großem Witz sodann!


Doch bald dacht’ man: „Nun sorge wer,

dass Vieh nicht naht – das schadet sehr!“

Drum stellten sie noch einen an,

der bannen sollt mit festem Plan.


Ein jeder Gaul, ein jedes Schaf,

das dort sich nahte, ward im Lauf

vertrieben oder fortgescheucht –

doch ob das half? Bald ward’s gebeugt...



ACHTER GESANG


Es wuchs ein Kraut, das hielten dumm

Die Narrenburger all für klug und stumm.

Es spross wie Unkraut, rank und breit,

Und scherte sich nicht um die Zeit.


Ein Bauer kam, mit Werk befasst,

Und dachte nach mit klugem Ast:

Der Schatz, den ich in Händen halt,

Soll dienen unserm Volk schon bald!


Ich trag ihn auf den Salzacker,

Dann wird’s für alle nur noch sacker!

Ein jeder wird mir danken sehr,

Denn solch ein Gut, das schwindet schwer.“


Gesagt, getan, er eilte fort,

Er hatte Angst an jenem Ort,

Das Gut zu verlieren – welch ein Graus –

Bevor er es legte an rechten Strauß.


Doch als er dort sein Werk vollbracht,

Hat er ein Kraut sich angebracht.

Das brannte heiß auf seinem Leib,

Dass er sich wand wie reifes Weib.


Er schrie: „Es ist ein Leckerwerk!

Es brennt und sticht – welch Zauberstärk!

Ein solches Salz muss gut geraten,

Es zwickt im Fleisch, es schärft den Magen!“


Doch dann besann er sich erneut,

Und lief ins Dorf, was niemand scheut.

Doch „Dorf“ hieß es ja nimmermehr,

Sagt’ einer’s laut, flog er ins Wehr.


Im Flecken nun, mit vollem Mute,

Rief er die Narren voller Gnade:

Kommt alle her! Ich hab’ erkannt,

Das Salz ist scharf! Das ist bekannt!“


Der Bürgermeister eilte fort,

Die Räte kamen mit ins Wort,

Dann folgten alle, groß und klein,

Wollten selbst davon überzeugt sein.


Sie griffen nach dem Kraut behände,

Doch ach! Es brannt’ an allen Enden!

Der eine schrie, der andre sprang,

Der dritte weinte lang und bang.


Doch machten sie sich’s nicht bewusst,

Dass Handschuh hier von Nöten gewusst.

Im Sommer, heiß und voller Glut,

Trug man so was nicht – welch Übermut!


Nun dachten sie an einen Plan:

Mäht’s ab wie Heu, geht scharf heran!“

Doch andre riefen: „Nein, oh nein!

Der Samen fällt, so lass es sein!“


Dann schieß es ab mit Armbrustkraft!“

Doch wer kann’s tun? Wer hat die Haft?“

Es war kein Schütze dort zugegen,

Drum blieb’s dabei – es lag verwegen.


So stand das Salz, doch keiner nahm’s,

Denn niemand wusste, wie man’s brams.

Und all ihr Salz war aufgebraucht,

Sie hatten’s neu – doch nicht gebraucht.


Doch was am meisten ihnen fehlte,

Das war des Geistes kluge Kehle.

Denn Weisheit war in diesem Ort

Verschwunden schon vor Zeiten fort.


Und hätte einer nur bedacht,

Den Schnee zu dörren über Nacht,

So hätt’ es wohl was nutzen können,

Doch davon wollen wir nicht können.


Denn wer die Kunst zum Spotte treibt,

Dem bleibt am Ende nichts, was bleibt.

Die Zeitungen, so wird’s berichtet,

Haben solch Tun wohl arg belichtet.


Was red ich doch so lang und viel?

Kein Narrburgs Mann verstand das Spiel,

Warum ihr Salz so scharf wohl sei –

Sie dachten,'s Feld war nicht recht frei,


War’s wohl zu viel? War’s wohl zu klein?

Das nächste Mal soll's besser sein!

Ich aber wusste allzu gut,

Was brannte hier mit heißer Glut:


Es war die Nessl’, die sie schnitt,

Und die manch’ roten Finger litt.

Doch sprach ich nicht, ließ sie gewähren,

Soll’n selber ihre Torheit ehren!


Denn ach, so geht’s auch dir und mir,

Wir wollen’s selber nicht kapier’n,

Wenn man uns unsere Fehler nennt

Und uns den Spiegel vor sich hält.


Ein Esel nennt nicht gern, oh Schreck,

Den andern langen Ohrenfleck!



NEUNTER GESANG


Die Weisheit von Narrenburg, wohl weit bekannt,

Verbreitet ward sie durchs ganze Land.

Doch lauter und schneller zog durch die Welt

Die Kunde, dass Torheit dort Einzug hält.

Denn Weisheit wird langsam erst anerkannt,

Die Narrheit hingegen geht Hand in Hand.


So kam es, dass auch in ferner Zeit

Manch einer von Narrenburgs Torheit schreit.

Der Kaiser von Utopien einst vernahm,

Wie töricht das Volk sich dort benahm.

Doch war er verwundert, denn vormals schon

Hatt’ er von ihrer Klugheit Gewinn davon.

Drum wollte er wissen, was Wahrheit sei,

Ob Klatsch es nur war oder Hexerei.


So schickt’ er Boten in jenes Land,

Die kündeten an mit fester Hand,

Dass seine Ankunft bald geschieht

Und niemand sich davor entzieht.

Doch fordert’ er, um sie zu testen,

Dass sie in Reimen ihn begrüßten festlich.

Und ferner noch, welch’ seltsam Ding:

Halb reitend, halb gehend – sein Empfang geling’.


Die Narrenburger, in Angst und Not,

Sie zitterten sehr vor diesem Gebot.

Sie waren zwar Bauern, doch ahnten sie bald,

Der Kaiser sei weise und sehr gewalt’.

Sollt’ er entdecken der Narren Rat?

Dann hätt’ es ein schlimmes Ende parat.


So suchten sie weislich in alter Schrift,

Ob’s dort für den Ernstfall Hilfe gibt.

Sie richteten alles zum Festmahl fein,

Bereiteten Küche und Ställe ein.

Denn kommt erst der Kaiser in ihren Ort,

So müsse er speisen von edelster Sort’.


Doch fehlte es ihnen an Oberhaupt,

Ein Bürgermeister ward nicht erklaubt.

Der alte war viel zu töricht erwählt,

Zu närrisch für das, was sein Amt befählt.

Drum rieten sie lang und dachten gut nach,

Wie man wohl wählte, wer taugt für die Sach’.

Denn keiner wollt’ weniger gelten als wer,

Und jeder begehrte das Amt noch mehr.


So standen sie ratlos in dieser Stund’,

Bis einer sprach mit weisem Mund:

Lasst uns das Schicksal selber fragen,

Dann kann sich niemand darüber beklagen.“

So suchten sie Wege, gerecht und fein,

Den Würdigsten zu küren darein.


Hier folgt nun ein Reim gar fein,

Gesprochen mit Bedacht und Pein:

Mein Haus, das steht am Stadtplatz grad’,

Und meine Frau kocht stets Salat.“


So taten sie all ihre Reime kund,

Mit stolzer Brust und lautem Mund.

Der Sauhirt aber trat hervor,

Mit breiter Brust und stolzem Ohr.


Er sprach den Reim, den er gelernt,

Den seine Frau ihm wohl entfernt

Von schwerem Grübeln und Bedacht –

So ward er Bürgermeister sacht.


Das Volk, es lachte, klatschte laut,

Der Reim war schön, das ward geschaut.

So zeigt dies Märlein klug und fein:

Ein kluger Mann kann's selten sein.


Ich bin ein Bauer, schlicht und fein,

Lehn' meinen Spieß an die Wand herein.


Oho!“ rief einer, der Fünfte gar,

Besser kannst du’s nicht? Wie sonderbar!

Dann bleibst du draußen, das ist klar!

Ich werde Bürgermeister – na?“


Mein Name ist Meister Hildebrand,

Ich lehn’ den Spieß an Mau’r und Wand.“


Ei ja“, sprach der Siebente laut,

Das klingt nach Amt und Bürgermeisterhaut!

Doch was, wenn ich’s noch besser kann

Und dich dabei erstechen dann?


Ich heiße Hänslein Stolz,

Mein Wagen voll Scheiter rollt trotz.“


Wie wäre der?“, sprach nun der Achte,

Der wäre doch ein Bürgermeister-Prahler!

Doch wenn’s noch wer kann, dann ich’s,

Hört gut zu, denn jetzt kommt nichts!


Man sagt, ich hätt’ ’nen schweren Kopf

Und sei ein rechter Schelmenstoff.“


So schnell werd’ ich’s nicht, das ist klar“,

Rief darauf der Zehnte gar.

Doch hört nur her, was ich wohl kann:


Mit Namen heiß ich Hänslein Beck,

Mein Haus steht dort an jenem Fleck.“


Dann müsstest du es gerade sein“,

Rief einer da, der Elfte mein’.

Doch hinter uns stehn die Bauern mit Spießen!

Wie wär’s, wenn wir sie alle verhießen?


Was soll ich viel reimen und sagen,

Eh’ ich den vollen Hals kann tragen?“


So hat mir’s keiner vorgemacht!“,

Sprach einer drauf mit stolzer Macht.

Merkt auf, was ich euch jetzt noch sage:


Wer nicht gut kann reimen und denken,

Den soll man an den Galgen lenken!“


Weg mit dem Kram!“, rief laut der Vierzehnte,

Ich wette, dass ich’s werde, ihr Ehrten!

Drum frage ich euch in die Rund’:


Ihr Herrn, ich möcht’ gern Schultheiß sein,

Drum kam ich her mit festem Bein.“


Doch viele Verse blieben verschwunden,

Von Würmern gefressen zu allen Stunden.


Der Schweinehirt stand bleich und bang,

Denn ihm ward seine Angst zu lang.

So oft ein andrer einen Vers begann,

Zuckte sein Herz, sein Mut zerrann.

War’s doch sein Wunsch, es selbst zu tun,

Ein Bürgermeister in stolzen Schuh’n!


Doch als nun endlich er dran war,

Trat er vor und sprach ganz klar:


Ihr lieben Herrn, ich tret’ herbei,

Meine Hausfrau heißt Katharei.

Sie ist so schön wie meine Kosel,

Und trinkt gern guten, kühlen Most.“


Das klingt ja anders, was ein Spaß!“,

Und damit das Weiteres lass ich das.



ZEHNTER GESANG


Die ganze Nacht lag wach im Bett

die Frau, die sich Bürgermeisterin nennt.

Sie grübelte schwer und sann hin und her,

wie trüge sie ihren Pelz wohl sehr,

dass man sie ehrt im Dorfe fein,

wie's sich gehört für eine Amtsgattin sein.


Die Weiber – das ist nunmal so ihr Sinn –

die denken ans Kleiden bei Tag und bei Wind.

Sie malen und schmücken, sie schnüren sich ein,

sie wollen gepriesen und herrlich sein.

Beharnischt, behütet, bereift und geziert,

damit sich der Mann nicht an ihnen geniert.


So wälzte die Frau sich von Seite zu Seit’,

und stieß mit dem Ellenbogen ganz gescheit

den Bürgermeister, den Herrn Gemahl,

der selbst mit Gedanken nicht recht wohl befahl.

Er fuhr erschrocken aus Träumen heraus

und rief: „Ei, Frau, wer liegt denn bei uns?“


Sie schwieg und tat, als schlafe sie tief,

doch eine halbe Stunde verlief,

da fragte er wieder, so höflich er konnt’:

Frau Bürgermeisterin, bei wem liegt Ihr prompt?“

Sie hörte den Titel und dachte daran,

nun hat der Mann sich genug getan.


Doch ließ ihm die Antwort so gar keine Ruh’,

und er fragte erneut: „Sag doch, liebe Frau du,

gnädige Frau Bürgermeisterin fein,

bei wem mag wohl Euer Wohledlen sein?“

Da ward sie verdrießlich, das war nicht genehm,

denn sie dachte nur an ihr Pelz-Proproblem.


So rief sie verdrießlich, doch scharf mit Sinn:

Wo wohl? Bei einem Narren bin!“

Der Bürgermeister sprach ernst und barsch:

Ei Frau, sei doch nicht so harsch!

Nicht bei einem Narren liegst du, oh nein,

denn ich bin der Herr von Narrenburg rein.“


Da merkte die Frau, dass er zornig war,

und tat als wache sie just erst gar.

Sie gähnte, sie streckte, als träumte sie wild,

und rief dann erschrocken: „Was war das für ein Bild?“


Endlich kam dann der Morgen herbei,

die Frau Bürgermeisterin fühlte sich frei.

Viel früher als sonst sprang sie heraus,

putzte und mutzte sich herrlich heraus.

Denn Sonntag war’s und das war ihr Plan,

dass man ihren Pelz nur bewundern kann.


Verwirrt in Gedanken, verstrickt im Tun,

vergaß sie gar, nach der Predigt zu ruh’n.

Und als sie endlich den Pelz wohl trug,

hatte sie hundert Mal gefragt, mit Fug,

ob hinten und vorne auch alles fein,

wie’s einer Bürgermeisterin mag gemein.


Dann schritt sie stolz zur Kirche voran,

und als sie eintrat, erhob jedermann

sich plötzlich von seinem hölzernen Stuhl,

sie glaubte: „Das ist wegen mir, so cool!“

Doch war die Predigt zu Ende gar,

sie merkte es nicht, das war sonderbar.


Und sittsam rief sie mit hohem Klang:

Setzt euch, ihr Leut’, oh wartet lang!

Ich weiß es noch, wie arm ich war,

zerrissen und zerlumpt sogar.

Doch heut bin ich Frau von hohem Stand,

drum setzt euch, Nachbarn, allerhand.“


Der Bürgermeister kam nun rein,

mit wohlgetrimmtem Bart so fein.

Doch sah er, wie im Kirchenschiff

ein Hund lief umher, ganz ungeschliff’.

Da rief er: „Hier wird Ordnung sein,

bei Hund wie Volk, das schwör’ ich mein!

Ich will’s beweisen mit Amt und Macht,

wer anders spricht, wird ausgelacht!“


Der Pfaff, er sprach nur kurz und knapp,

doch war die Predigt dennoch zapp.


"Das erste weiß ich, ihr jedoch nicht,

drum sag ich’s euch nun ins Gesicht.


Das zweite aber, das ist klar,

das wißt ihr wohl – ich nicht, fürwahr!


Das dritte bleibt uns beiden fremd,

so ist es nun mal abgewendt.


Das vierte aber – ach, oh Graus! –

das kennen wir nur allzu raus.


Ich trag 'ne Hose, schlecht und schad,

doch deckt mein Rock sie bis zum Pfad.


Drum saht ihr’s nicht, doch jetzt ist’s kund,

weil ich’s euch sag aus eignem Mund.


Doch ob ihr mir 'ne neue schenkt,

das ist, was mich zum Grübeln lenkt.


Und was für’n Evangelium heut,

das weiß ich nicht – o große Freud!


Ihr wißt es noch viel weniger,

drum werd' ich auch nicht seliger.


Doch wo die Schenke ist im Ort,

das wissen wir – oh, welch ein Wort!


Drum nehmt die Krüge in die Hand,

zieht mit mir los, ganz unverwandt!


Dort wollen wir beim vollen Becher,

beraten, wie’s empfangt der Zecher:


Den Kaiser selbst, mit Pracht und Ehr,

und was zu tun, fällt gar nicht schwer!"



ELFTER GESANG


Als der Kaiser reiste weit,

War ein Feld dort nah bereit.

Dort ein Schäfer, arm und schlicht,

Lehnte an dem Stabe nicht.


Schwarzes Brot von rauher Kleie,

Hielt er in der Hand aufs Neue.

"Hast ein rauhes Brot zum Kauen,"

Sprach der Kaiser voll Erschaun.


"Ja," sprach da der fromme Mann,

"Besser nähm ich's, wenn ich kann."

"Wie kannst du solches Brot denn essen,

Und dein Leben nicht vergessen?"


"Mit dem Käse tauch ich's ein,"

Sprach der Schäfer froh hinein.

Lachend ritt der Kaiser fort,

Lernend dort am Wegrand Ort.


Nun hört an, ihr klugen Herrn,

Wie die Narren klüger lern'.

Wenn der Kaiser Worte spricht,

Antwort muss sein, reimend schlicht.


Halb geritten, halb gegangen,

Soll'n sie ihm entgegenlangen.

Altes Recht soll er gewähren,

Noch viel mehr als seine Herren.


So beim Weine ward beschlossen,

Rat gezogen, nicht verdrossen.

Zwei Aufgaben klar geteilt,

Dass der Sinn nicht gar enteilt.


Erstens: Wie zu reimen sei?

Zweitens: Wie der Zug gedeih?

Bürgermeister soll's beginnen,

Will den Kaiser so gewinnen.


"Nun seid uns willkommen hier!"

Spricht er, sicher vor der Zier.

Kaiser dann nur sagen mag:

"Und, du mir auch!" am Tag.


Dann erwidert unser Held:

"Der Witzigste hat einen Bauch!"

Reim und Sinn sind fein geraten,

Keiner konnte besser taten.


Doch der zweite Punkt war schwer:

Wie empfängt man Kaiser hehr?

Mancher sprach: Geteilte Massen,

Ein Teil reitend, die andern fassen.


Andere sprachen wohlbedacht:

"Einen Fuß in's Steig' gebracht,

Doch den anderen auf dem Grund,

So wird halb geritten kund."


Dann die letzte Meinung kam,

Die den klügsten Sinn ersann.

Holzpferd sei das rechte Tier,

Denn es bringt uns recht zu ihr.


"Steckenpferde!" klang der Ruf,

Schnell besorgte man sie schuf.

Jeder hatte bald ein Tier,

Bunt bemalt und stolz wie wir.


Kaiser kam am Tage an,

Narren ritten froh voran.

Doch der Bürgermeister dort,

Hatte Buttermilch zuvor.


Eng die Hosen, schlimm das Ding,

Hinter Dung er eilig ging.

Band sein Pferd am Zaune an,

Und verrichtete sodann.


Doch der Kaiser kam zu früh,

Und die Narren, alle Müh,

Suchten nach dem klugen Mann,

Bis er oben steh'n begann.


Hosen haltend, halb hinan,

Sprang er auf den Haufen dann.

Hut ins Maul und Hand gereicht,

Sprach er stolz und nicht gebeugt:


"Seid willkommen, Junker fein,

Auf des Volkes Grund und Stein!"


Der Kaiser sah die Federn an

Und wusste, was für Vögel dran.

Er dachte sich: „Das laute Schreien,

Das mag wohl kluges Wort entleihen.“

Drum gab dem Bürgermeister gleich

Die Hand und sprach: „Sei mir nicht weich!

Ich danke dir, mein lieber Mann,

Dass ich hier Einlass finden kann.“


Der Bürgermeister wohl bedacht,

Hat sich das Reimen ausgedacht.

Doch sprach er's nicht so gleich heraus,

Er fürchtete sich vor dem Graus.

Doch sprang sogleich ein andrer ein,

Der meinte, dass es müsse sein.

Er sprach in hast’ger Wortgewalt:

Der Bürgermeister ist ein Halt...

Ein rechter Narr, ich sag’s euch laut!“

Da war das Urteil schnell erbaut.


Denn rieten sie im Rat zuvor,

Dass einer sprach das rechte Wort.

Der Witzigst unter uns“, so klang’s,

Sei ein Gauch!“ – doch da geriet’s ins Wank’s.

Denn Gauch und Narr, so war’s gedacht,

Sind gleich, wenn man es recht betrachtet.

Drum dachte der, der unberufen,

Er müsse Ehre wohl versuchen.

Und so geschah’s, dass Narr und Gauch

Zum Bürgermeister wurden auch.


Der Kaiser, freundlich aufgenommen,

Ward in das Dorf nun mitgenommen.

Der Bürgermeister stieg geschwind

Vom Holzgaul ab, dass es erklimmt.

Er kletterte auf hohen Mist

Und grüßte, wie’s ihm schicklich ist.

Der Kaiser sprach: „Was machst du hier

Auf diesem Haufen, sag es mir?“

Ach, fester Junker, edler Mann,

Die Erde trägt mich nicht, o Scham!“


Sogleich dann führten sie den Herrn

Ins Rathaus ein, von nah und fern.

Dort sprachen sie von ihrer Müh’

Beim Bau des Hauses wohl wie nie.

Der Kaiser lachte, war erfreut,

Und zeigte, dass es ihn erfreut.


Dann trugen sie ihm weiter vor

Von Salz und Handel, Rat und Tor.

Sie baten ihn in Untertan,

Dass keiner es nachmachen kann.

Da sprach der Kaiser wohl gesinnt,

Dass sie ihr Recht behalten sind.

Er ließ sie frei, gab ihnen Macht,

Und hat den Willen wohl bedacht.



ZWÖLFTER GESANG


Die Narrenburger saßen bang,

in Sorgen tief und Angst so lang.

Sie wussten nicht, was sie verehren

dem Kaiser, um ihn zu beehren.


Denn Gold und Silber, das war rar,

und doch besaß er’s offenbar.

Sollt’ man ihm Kraut und Bohnen geben?

Nein, als Gast tat er schon leben.


Letztendlich fassten sie den Schluss,

zu geben ihm den feinsten Gruß:

Ein großer Hase, neu und fein,

voll saurem Senf soll’s Opfer sein.


Den könne er wohl brauchen gut,

der gäb’ dem Essen Würz und Glut.

So wurde Senf fix angerührt,

im neuen Hasen zugeschmiert.


Zwei Buben trugen stolz das Stück

zum Kaiser hin mit Ehr und Glück.

Der Bürgermeister trat hervor

und sprach das Wort mit festem Chor:


Fester Junker Senf, wir ehren

Euch mit dem Kaiser – Ihr sollt’s hören!

Nehmt ihn an mit Dank und Mut,

und haltet ihn für fein und gut!“


Der Kaiser lachte, zog den Hut

und sprach: „Ihr meint es treu und gut!“

Doch rief sogleich der Bürgermeister:

Setzt auf, setzt auf, oh Herr der Geister!“


Der Kaiser sprach: „Dann setz auch du!“

Nun gut, dann setzen beide zu!“

Doch ach, oh weh! Beim Niedersetzen

geschah’s – der Hase brach in Fetzen!


Der Senf, der floss auf Erden hin,

die Buben standen fassungslos drin.

Da schrie der Bürgermeister laut,

sein Zorn die Luft mit Schrecken blaut:


Heiliger Veit soll euch bestrafen,

ihr Diebe, Ketzer, freche Schafen!

Ihr Majestätsverbrecher gar,

ihr Lumpenpack, ganz sonderbar!“


Oh Junker Kaiser, welch ein Graus,

der Senf, er duftet meilenaus!

Versucht ihn doch, es war der beste,

den man gerochen je zum Feste!“


Er griff hinein mit großer Gier

und bot dem Kaiser Senf dafür.

Der Kaiser aber schüttelt’ heftig:

Ich rieche schon, er war trefflich!“


So sei’s“, sprach er, „ich nehm’ den Willen

anstatt des Werks, das soll erfüllen!“

Oh ja, das tut, Junker mein,

Ihr macht uns große Freude sein!“



DREIZEHNTER GESANG


Der Kaiser lud zu Tisch ganz fein,

Bürgermeister und Volk mit ein.

Sie saßen dort in frohem Kreise,

und führten Reden, klug und weise.


Der Bürgermeister sah ganz starr

des Kaisers Sohn, der oben war.

Der Kaiser sprach: „Nun sage mir,

was denkst du, dass du schaust nach hier?“


Der Bürgermeister sprach sodann:

Ist’s Euer Sohn, der dort ersann?“

Ja wohl“, sprach Kaiser mit Bedacht.

Das hab’ ich gleich an ihm erkannt.


Doch sagt, hat er ein Weib gefunden?“

Nein“, sprach der Kaiser unumwunden.

Kennst du vielleicht 'ne Maid für ihn?

So sag es mir und lass uns ziehn!“


Der Bürgermeister lacht und spricht:

Ich kenn wohl eine, tadle nicht.

Doch still muss es geschehen fein,

und nicht verraten darf es sein.


Sie ist von guter, fester Art,

steht morgens im Mist und schuftet hart.

Säh’ er sie dort so feste stehn,

Ihr würdet wohl mein Urteil sehn.“


Wie greifen wir die Sache an?“

So hob der Kaiser weiter an.

Erst trink ich aus, dann sag ich’s Euch,

und dann beginnt der Weg zugleich!“


Der Bürgermeister trinkt geschwind,

und redet weiter, wie ihr’s find’t:

Gebt mir Hosen für mein Bein,

und meiner Frau zwei rote klein,


die leuchten wie die Storchenbein',

dann führ ich ihn zu ihr hinein!“

Der Kaiser sprach: „Das sei gemacht!“

So ward die Heirat ausgedacht.


Doch sagt mir, was kann er denn tun?

Was wird er treiben, was wird ruhn?“

Er lernte nichts“, so sprach der Herr,

doch jung ist er und stark sogar.


Was soll er lernen? Sag es mir!

Der Vater von der Jungfer hier,

welches Gewerbe führt denn der?

Er könnte helfen umso mehr.“


Der Jungfer Vater, wollt ihr's hör’n?“

sprach Bürgermeister ohne stör’n,

Ich sag es Euch ins Ohr allein,

doch erst ein Trunk, das muss jetzt sein!“


Er trinkt – dann flüstert er ganz sacht:

Es ist der Schweinhirt über Nacht.

Ihr selbst gabt ihm das Amt gar fein,

drum wird er wohl bald Bürgermeister sein.


Die Tochter ist gar hurtig, rein,

sie wäre gut für Euren Sohn allein.

Doch soll er lernen, was sie kann,

damit er einst sie gut ernähren kann!“


Der Kaiser sprach: „Ich dank dir sehr,

ich denk darüber weiter her.

Und was ich meine, schreib ich dir,

dann sag ich an, was tun wir hier!“



VIERZEHNTER GESANG


Die Bauern saßen froh beim Mahl,

Mit Kaiser war’s ein guter Strahl.

Als nun das Wort verklungen war,

Da trat der Bürgermeister dar:


O edler Junker, hoher Herr,

Wir danken Euch gar sehr und mehr!

Ihr speistet hier mit uns so fein,

Drum sollt Ihr unser Gast auch sein.

Kommt, trinkt mit uns beim Abendbrot,

Doch nehmt es, wie es ist, in Not.“


Der Kaiser lachte, wohlgesinnt,

Weil kurzweilig die Bauern sind.

Doch“, sprach er, „trinkt mir nicht zu viel!“

Seid ohne Furcht, das ist kein Ziel“,

So sprach der Bürgermeister gleich,

Wir halten Maß, sind höflich, weich.“


Man führte ihn im Dorfe rund,

Zeigt’ ihm den Dunghauf’ auf dem Grund.

Dann ging’s ins neue Rathaus ein,

Wo Speis’ und Trank bereitet sein.


Der Tisch ward voll mit guter Kost,

Mit Karpfen, Brei – was gab’s für Lust!

Der Bürgermeister sprach sodann:

Tunkt tapfer ein, so viel ihr kann!

Wenn nicht genug, kein Mangel sei,

Ein halber Kübel steht noch bei.“


Nach Fischen kam ein Brei daher,

Der duftete gar köstlich sehr.

Die andern aßen noch am Tisch,

Da rief der Bürgermeister frisch:


Ihr Knaben, eilet, esst geschwind,

Damit kein leerer Magen sind!

Doch Junker Kaiser, esset fort,

Ihr braucht nicht warten auf das Wort.


Denn es steht geschrieben,

Sechs oder sieben

Sollen nicht harren

Auf einen Narren,

Sondern essen,

Und des Narren vergessen.“


Zuletzt die Buttermilch dann kam,

Der Kaiser saß am Tische stramm.

Die Bauern aber standen da,

Der Kaisersohn mit Kumpanen gar.


Die Milch ward mit dem Brot bedacht,

Doch war’s nicht gleich – wer hätte’s gedacht!

Dem Kaiser Semmeln, weich und fein,

Den Bauern Schwarzbrot, hart und klein.


Doch ach, was war das für ein Graus!

Ein Bengel stahl ein Stück heraus!

Er nahm sich weißes Brot in Gier

Und schob’s in seine Milch dafür.


Der Bürgermeister sah es klar,

Er schlug ihm auf die Hand fürwahr!

Du sollst des Kaisers Brot nicht nehm’n,

Das ziemt sich nicht, das tut nicht schön!“


Der Bengel schluckte voller Schreck,

Doch holte er den Bissen weg,

Er zog ihn aus dem Munde sein

Und warf ihn in die Schüssel rein.


Der Kaiser sah’s und lachte heiter,

Wischt’ seinen Löffel hin und weiter,

Ließ Milch und Brot den Bauern dar,

Die dankten ihm – das war wohl wahr!


Sie löffelten mit großem Fleiß

Und lobten hoch des Kaisers Preis.



FÜNFZEHNTER GESANG


Der Kaiser sah verwundert drein,

Wie konnt’ dies wohl erklärlich sein?


Einst klug und weise weit bekannt,

Jetzt toll und dumm im ganzen Land!


Er wollt’ nun wissen, ernst und wahr,

Ob Narrheit echt sei oder Schar.


Drum gab er eine Frage vor,

Die löst‘ das kluge Narrenchor:


Er sah im Walde jüngst zur Stund’

Einen toten Wolf auf Grund.


Nun sollt’ das kluge Narrenheer

Erklären, was sein Tod bewähr’.


Der Rat versammelt sich sodann,

Und man die Urteilsfindung begann.


Der Erste sprach: „Die Kälte schlimm,

Die drang dem Wolf bis tief ins Grimm!


Er schritt barfuß durch den Schnee,

Da ward’s ihm kalt, ach weh, ach weh!


Das Herz erstarrt, die Glieder starr,

Drum starb er elend, das ist klar!“


Der Zweite meint’: „Zu Fuß zu gehn,

Das war des Wolfes Untergehn!


Er ward gejagt, gar sehr geplagt,

Bis ihm die letzte Luft versagt.“


Der Dritte sagt: „Sein Schmerz war groß,

Drum starb er, ach, sein Leid war bloß!


Nie ward ihm so viel Weh getan,

Als in des Todes letzter Bahn.“


Der Bürgermeister endlich spricht:

Ich sage, was wohl keiner ficht!


Der Wolf hat unser Vieh gefressen,

Hat nichts gekocht, nichts gut gegessen.


Er hatt’ kein Weib, kein gutes Haus,

Drum fraß er roh, es kam ihm aus.


Die alte Kuh, die krank gestorben,

Hat ihm den Magen wohl verdorben.


Dazu noch kaltes Wasser drauf,

Das nahm ihm vollends seinen Lauf.


Die Grimmen plagten ihn sehr schwer,

Drum lebt der arme Kerl nicht mehr!“


Die Menge nickt und ruft erfreut:

Das Urteil stimmt, ja, so ist’s heut’!“


Der Kaiser hört’s und lacht sich schlapp:

Kein Widerspruch! Das bleibt so ab!“



SECHZEHNTER GESANG


Der Kaiser weilt in guter Stund’

bei Schildbürg‘n länger als gesund.

Doch naht heran die rechte Zeit,

dass er sich nun zum Aufbruch beut.


Er sprach: „Ihr Leut’, ich muss nun fort,

zur Reichsacht ruft mich mein Gebot.

Doch wenn euch Kummer drückt, ihr Leut’,

so sagt’s mir frei und ohne Scheu.


Ich will euch zeigen, dass ihr habt

an mir ‘nen Herrn, der Gnade gab!“

Die Schildbürger, mit Narrentat,

empfanden große Freud’ und Rat.


Ihr Bürgermeister trat herfür

und sprach zum Kaiser ohne Schwur:

O Herr, wir haben viel gelitten,

sind oft von fernen Fürsten mitten


aus unserm Haus hinweggeholt,

man hat uns hart und streng bewohlt.

Doch als das Gut dahin verfiel,

und unser Hab und Gut nicht viel,


da mussten wir, um uns zu wahren,

die Narrheit als Geschick bewahren.

Wir fanden, dass uns Torheit nutzt

und unser Gut und Hof beschützt.


Doch fürchten wir, dass man uns schilt,

uns Narr‘n nicht sicher, wie es gilt,

denn heut‘ hält jeder Narr sich klug

und spottet uns als alten Trug.


Drum fleh’n wir, Herr, mit treuem Mut,

dass Ihr dies Tun uns schützen tut.

Gebt uns ein Siegel und ein Recht,

damit uns niemand spottet schlecht.“


Der Kaiser hört die kluge List,

die doch mit Weisheit wohlgereist.

Er lacht und nickt: „So sei’s getan,

ihr bleibt, wie ihr’s euch dachtet an!“


Er lässt ein Siegel auf sie prägen,

und gibt dazu noch Kaiser-Segen.

Dann zieht er fort aus Schildbürgs Stadt,

wo er genug Kurzweil gehabt.


Die Narrenburg schickt ihren Tross,

der ihn begleitet ohne G’ross.

Der Kaiser schenkt zum Abschied Gaben,

die Narren feierten’s mit Laben.


Wie sie’s verzehrt, in Lust und Schmaus,

erzählt euch später dieser Klaus!



SIEBZEHNTER GESANG


Es lebte einst ein Bürgermeister,

Der hielt auf Ordnung, Sitt und Geister.

Sein Sohn, der war schon mannig alt,

Drum ward ihm eine Frau bald kalt.


"Zieh aus, mein Sohn, zur späten Stund',

Sieh, ob ein Mädchen wohl dir gund!

Geh auf die Spinnstub', schau dich um,

Dass du nicht bleibst dein Lebtag dumm!"


Der Sohn, er sprach: "Was soll ich sagen?"

Die Mutter rief: "Lass dich nicht plagen!

Ein Wort gibt stets das andre, sieh,

So kommst du leicht ins rechte Wie!"


Da zog der Sohn zur Stube hin,

Wo Mägdlein sassen, jung und fein,

Und was man ihn auch fragen mocht',

Er sprach nur dies und lachte stolz:

"Ein Wort gibt stets das andre her!"

Die Leute lachten um ihn sehr.


Die Mägde riefen: "Welch ein Thor!

Den will wohl keine Frau zuvor."

Doch eine Tochter, schlicht und fein,

Die sah ihn an und wollt' ihn sein.


Des Nachts da schritten sie zu zwei'n,

Sie sprach: "Du sollst mein Gatte sein,

Doch schweig drei Tage still und fromm,

Dann geht die Hochzeit hurtig um."


Der Junge sprach: "Ich halt mein Wort!"

Doch anderntags zog er schon fort,

Nahm eine, die ihm besser schien,

Und liess die erste stehn um ihn.


Der Vater sprach: "Nun metzt das Vieh!

Die Geis ist alt, das Fleisch ist hie."

Doch als er sie zum Schragen tat,

Da seufzt' er tief und ward ganz matt.


"Die Geis, sie schaut mich so recht an,

Ich bring es nimmermehr daran!"

Die Mutter sprach: "O töte nicht,

Mir ist, als ob sie Mutter spricht!"


So blieb die Geis am Leben doch,

Man suchte andern Braten noch.


Zur Hochzeit zog man durch die Stadt,

Die Mägde vorn, die Männer matt.

Da sprang des Schweinhirts Tochter schnell

Zum Bräutigam und schalt ihn hell:


"Du hast mir Treu und Wort gesagt!

Nun steh dazu, wenn Ehre fragt!"

Er aber sprach: "Du hieltest nicht,

Was du mir zugesagt mit Pflicht!"


Nach langem Streit ward sie verbannt,

Der Kirchgang ging wie sonst gerannt.

Die Braut, sie hörte nichts davon,

Sie schritt wie eine Geis davon.


Die Mutter lehrt ihr Kind sodann,

Wie es sich brav verhalten kann.

"Sprich züchtig, leise, fein und sacht,

Und iss mit zwei Finger nur bedacht!"


Die Tochter merkt sich jede Lehr,

Setzt sich zum Tisch und ist so sehr

Bedacht, nur leise Mund zu führn,

Die Finger dürfen nichts berührn.


Dann kamen Erbsen fein auf'n Tisch,

Die Braut aß eine nach der Frist,

Mit zwei Finger nahm sie sie auf,

Doch bald ward es ein arger Lauf.


Die Finger wurden klebrig bald,

Doch schlecken war ihr nicht erlaubt.

Drum rief sie laut zur Mutter hin:

"Wer schleckt mir jetzt die Fingerlin?"


Die Mutter rief: "Schweig, du Sack!

Wisch sie am Tischtuch schnell und pack!"

So war der Sitte Genüge getan,

Dass keiner dran was tadeln kann.


Nach Tisch sprach einer wohlgemut:

"Ehrenvolk, es sei euch gut!

Die Braut, ihr Vater, Mutterlein,

Sie lassen alle danken fein."


Zum Schluss zog man die beiden aus,

Nun lebten sie in frohem Haus,

Und ob sie glücklich waren sehr?

Man hörte nie was andres mehr!



ACHTZEHNTER GESANG


Das Kriegsgeheul, es war nicht klein,

drum warf man in den See hinein

die Glocke, die am Turme hing,

weil man schon Angst vor Feinden fing.


Nur kurze Zeit, da kam ein Brief:

Schickt Knechte fort, es sei nicht schief,

sie sollen in die Stadt hinein,

zur Festung dienen, stark und fein.“


Ein Narrenburger zog dort ein,

der mochte wohl ein Dicker sein.

Ein Kuhhirt trieb sein Vieh hinaus,

die Herde wuchs sich munter aus.


Der Knecht, so stolz, mit seinem Gang,

der spreizte sich, man sah’s ihm an.

Da stieß ihn eine Kuh ganz sacht,

doch das hat ihn nur wild gemacht.


Den Dolch zog er mit grimmer Hand

und trat zur Kuh, als wär’s sein Land.

Bist du ein redlich, ehrlich Vieh,

dann stoß mich nochmals, fürcht’ dich nie!“


Doch die verweg’ne Kuh, oh Schreck,

die sprach kein Wort und trat zurück.

Der Knecht zog weiter, ungestört,

doch bald ein neuer Plan ihn rührt’.


Ein Ausfall ward nun angesagt,

wo man die Feinde plagen mag.

Da suchte man nach Huhn und Gans

und raubte sie mit wildem Tanz.


Der Knecht fand kurz zuvor ein Stück

von einem Panzer, welch ein Glück!

Er ließ’s dem Schneider einnäh’n fein,

direkt vorm Herz, so muss das sein!


Doch als er einst in wilde Flucht

vor Bauern ward dazu verflucht,

da sprang er über’n Zaun behend,

doch seine Hose ihn noch hält.


Ein Bauer mit der Hellebarde,

er stieß nach ihm mit voller Garde.

Der Knecht fiel hin, doch, welch ein Glück,

ihm traf der Stoß nicht ins Genick!


Denn wie er seine Hose sah,

ward ihm sein Schutz nun völlig klar:

Der Schneider nähte, ach, wie fein,

den Panzer hinten statt vorn ein!


Da sprach der Knecht: „Dank, guter Mann,

du nähtest es genau sodann,

wo, besser als ich selbst gedacht,

mein Herz wohl liegt mit aller Macht!“



NEUNZEHNTER GESANG


Ein Sprichwort lehrt, so ist’s bekannt,

Bieg’ früh den Baum mit fester Hand!

Ein Narrenburger, wohl genannt,

Nahm dies zu Herzen unverwandt.


Er sprach: Mein Sohn, so jung und frisch,

Der lernt was Guts, so will ich’s nich’!

Drum nahm er ihn sogleich beim Arm

Und führte ihn mit Vaterchar’m


Hin in die Stadt mit festem Tritt,

Zum Schuhkauf nahm er ihn gleich mit.

Achtzehn Groschen gab er aus,

Da war’n die Schuhe fein und raus.


Doch war ihm dies noch nicht genug,

Er sprach: „Mein Sohn braucht Bildung klug!“

Zum Schulmann ging er froh und keck,

Stellt’ seinen Sohn vor ihn direkt.


Sagt an, was kennt er denn bisher?“

Der Schulmann fragte noch so sehr.

Gar nichts!“, sprach da der Vater gleich,

Er kennt kein Wort, nicht arm noch reich!“


Und wie alt ist er, sagt mir frei?“

Dreißig Jahr, das sind’s wohl bei!“

So alt und hat noch nichts gelernt?“

Weiß Gott, was man da noch entbehrt!


Ich bin nun fünfundsechzig Jahr

Und weiß noch nix – so ist es wahr!“

Der Schulmann sprach: „So wird’s nicht leicht,

Die Zeit zum Lernen ist erreicht.“


Da öffnet sich die Schulstub’ weit,

Und grad zur selben Stundenzeit

Schwang er die Rute, schlug geschwind

Ein ärmliches, verstört’s Kind.


Der Vater sprach: „Nun ja, mein Sohn,

Der braucht nicht gar so viel davon.

Wenn er nur wird ein Schwinger fein,

Das reicht schon aus, das soll so sein!“


Der Schulmann sprach: „Ich tu mein Best’,

Doch Lernen braucht auch Zeit, ihr Gäst’!“

Ei, Zeit hab’ ich doch gar nicht viel,

Ich will ihn nehmen mit Gefühl!“


So nimm ihn mit“, sprach da der Mann,

Eh’ ich mit ihm was lehren kann.“

Da nahm der Vater frohgemut

Den Sohn nach Haus – und alles ruht.



ZWANZIGSTER GESANG


Die Narrenburger, voller Graus,

sie sah’n ihr Leid – verbrannt ihr Haus.

Ihr Hab und Gut war ganz dahin,

und Furcht war tief in ihrem Sinn.


Der Murner schalt mit hartem Wort,

er schwur, sie zu vertreiben fort.

Er sinnte Rache, wild und kalt,

so floh’n sie aus dem Heimatwald.


Sie suchten Schutz, doch keinen Rat,

kein einz’ger wusste guten Tat.

So blieb nur eins: sie mussten flieh’n,

um anderswo ihr Glück zu zieh’n.


Mit Weib und Kind zog Mann für Mann,

wohin er eine Bleibe fand.

Sie ließen nieder sich gar weit,

verbreiteten sich mit der Zeit.


Doch, anders als das Judenvolk,

sie fanden Anseh’n, Ehr’ und Sold.

Sie wurden hoch und teuer wert,

von vielen Menschen stets geehrt.


In Ämtern saßen sie sodann,

und führten oft die Dinge an.

So viele Bauern heute gar,

sind närrisch, tun sich sonderbar.


Man sagt, sie stammen allesamt

von jenen ab, die wohlbekannt.

Doch wer sich mit der Narrheit schmückt,

der wird mit ihr auch bald bestückt.


Es bleibt ein Erb, das weitergeht,

wer sich damit befleckt, versteht:

Es ist ein Gift, das Lachen bringt,

und doch den Geist zum Narren zwingt.


Drum merke wohl, mein lieber Mann:

Bleib weise, solang man es kann!

Wer selbst sich macht zum Narren bloß,

verdient den Spott, verdient den Stoß.


Und kommst du erst ins Alter hin,

so wirst du kindisch ganz von Sinn!