LUTHER


VON TORSTEN SCHWANKE


ERSTER GESANG


Von Gottes Wort und Heil'ger Schrift,

Die in der Bibel niedergeschrieb’n ist.

Luther sprach: Sie gleicht dem Garten weit,

Voll reicher Bäume, schön und breit.

Daraus kann man viel Früchte brechen,

Die trösten, lehren, warnen, sprechen.

An jedem Baum, so sag’ ich frei,

Schlug ich und schüttelt’ manch Apfel herbei.


Dass Gottes Wort die Bibel sei,

Beweise ich euch frank und frei:

Was je gescheh’n in dieser Welt,

Steht dort geschrieben, klar erhellt.

Wie Gott erschuf in Schöpfungstagen,

So steht’s bis heut’, so wird’s getragen.

Ob Alexander, Cäsar, Macht,

Ob Babels Reich mit wilder Pracht

Die Schrift zerstör’n, vertilgen wollten,

Sie sind vergangen, blieb das Gold’ne.

Denn wer bewahrt es? Wer erhält?

Nicht Menschenhand in dieser Welt.

Gott selbst, der Meister, hält es fest,

Und dass es bleibt, ist großes Test.

Der Teufel hasst’s, doch bleibt’s besteh’n,

Denn Gottes Kraft lässt es nicht geh’n.


Von Übersetzern in alter Zeit

Sei euch gesagt in Klarheit heut’:

Zweihundert Jahr vor Christi Geburt

Ward Moses' Schrift mit heil’gem Wort

Von Siebzig Weisen übertragen,

In Griechenland, nach Ägyptens Sagen.

Dann Aquila, der Jude klug,

In Hadrians Reich die Schrift auch trug.

Und nach ihm Theodosius kam,

Symmachus folgte, mit lautem Nam’.

Dann Hieronymus, ein Mann von Geist,

Die Schrift ins Latein uns überreicht.

Er tat viel, doch wäre gut,

Hätt’ er Gelehrte mehr dazu.

Denn wenn zwei oder drei sich einen,

Mag Gottes Geist sich mehr vereinen.


Die Bibel unterscheidet sich sehr

Von Büchern, die geschrieben mehr.

Kein Heidenwerk von Glauben spricht,

Von Hoffnung, Liebe – kennen sie nicht.

Die Psalmen und Hiob allein

Zeigen, wie Glaube soll immer sein.

Kein Menschengeist hat je gedacht,

Was Bibel lehrt in höchster Pracht.


Wer Bibel liest, der suche Christ,

Denn in ihr Bildnis klar zu seh’n ist.

Petrus lehrt: „Wachse in der Erkenntnis!"

Christus selbst: „Suchet, denn dort ist mein Zeugnis."

Nicht nach Vernunft soll man sie messen,

Sondern durch Beten tief ermessen.

Erst wenn Versuchung dich bedrängt,

Ein Bibelwort dir Trost geschenkt.


Ein festes Herz auf Bibel steht,

Wer sich darauf verlässt, besteht.

Die Widersacher stolpern blind,

Weil sie mit Eigensinn gesinnt.

Wer aus der Bibel schöpft sein Licht,

Den Irrtum fürchtet er dann nicht.


Die Bibel bleibt der Weisheit Hort,

Kein Menschenwort erreicht ihr Wort.

Denn wenn sie fällt, was bleibt zurück?

Kein Wissen, Wahrheit, noch ein Glück.

Theologen, die sich selber leiten,

Sich in der Schrift oft selbst bestreiten.

Doch wer in Christus glaubt allein,

Der wird gerecht und geht nicht ein.


Drum lasst uns eifrig Gottes Wort

Lesen, lernen, tragen fort.

Es bleibt bestehen alle Zeit,

Trotzt Feind und Hölle, Angst und Leid.

Denn wer da glaubt, der wird besteh’n,

Und Gottes Gnade wird ihn seh’n.


Da sprach der Luther unverwandt:

„Die Theologen, wohlbekannt,

Die spekulieren, wie’s beliebt,

Dem Teufel selbst gehören sie.


Sie folgen ihrem eignen Sinn,

Und was sie greifen können hin

Mit Augen, Ohren, Hand und Mund,

Das halten sie für wahr und kund.


So lehrt’ es auch Origenes,

Doch David denkt sich anders des.

Er spricht: ‚O Herr, erbarm dich mein,

Denn ich bin Sünder arm und klein.‘


Die hohen Lehrer dieser Zeit,

Die Gott nicht lassen Herrlichkeit,

Die meinen, dass nicht nur er gut

Und dass er kaum gerecht sein tut.


Die Weisen dieser Erdenzeit,

Die Großen voller Hochgeleit,

Verstehen nicht, was Gott geschrieb’n,

Die Einfalt ist’s, der er’s verlieh’n.


So spricht’s der Heiland auch gar fein:

‚Ich danke dir, mein Vater mein,

Dass du den Klugen hast’s verhehlt

0Und nur den Kindern es erzählt.‘


Drum spricht Sankt Gregor ohne Scheu,

Dass Gottes Wort wie Wasser sei,

Darin ein großer Elefant

Kann schwimmen frei und ungebannt.


Doch auch ein Schaf, so schlicht und klein,

Kann dort mit festen Füßen sein.


Wir haben Gottes Wort so klar,

Doch achten’s wenig, sonderbar!

Wir meinen, dass es ewig sei,

Und beten nicht, sind sorgenfrei.


Wie Wandrer, die auf rechter Bahn

Nicht fragen, wo’s nun weiter gahn,

Doch wenn sie irren durch den Wald,

Dann achten sie darauf schon bald.


Es wird nicht lange mehr besteh’n,

Dann wird man seh’n, dann wird man fleh’n,

Dass Prediger so rar geworden,

Wie Perlen, selten hier auf Erden.


Dann werden sie aus tiefster Not

Die treuen Lehrer graben droht,

Die jetzt sie schmähen, höhnen sehr,

Dann fehlt ein rechter Hirtenheer.


Hätt’ ich geahnt, wie’s kommen würd’,

Dass man das Wort mit Hass beschürt,

Ich hätte stillgeschwiegen sacht

Und nie des Papstes Zorn entfacht.


Ich dachte, Menschen irren bloß

Aus Unverstand und tatenlos,

Nicht aber, dass mit bösem Trutz

Sie selber schlingen ihren Schutz.


Doch Gott hat mich geführt hinein

Wie ein geblend’ter Mährenlein,

Er zog mich an den Haaren fort

Zum Predigtamt mit starkem Wort.


Moses klagt’, Jeremia schrie:

‚Betrogen, Herr, betrogst du sie!‘


Im Jahr fünfzehnhundert dreißig dann,

Da sah ein hoher Kirchenmann,

Der Mentzer Bischof, unverwandt

Die Bibel selbst in seiner Hand.


Vier Stunden lang vertieft er war,

Las hier und da und immerdar,

Bis plötzlich trat ein Rat herein

Und staunte ob des Buches Schein.


‚Was tut Ihr, Herr, mit diesem Wort?‘

Der Bischof seufzt und spricht sofort:

‚Ich weiß nicht, was dies Buch wohl sei,

Doch ist’s gewiss nicht unser Ei.


Denn alles, was hier stehet drin,

Spricht wider uns mit starkem Sinn.‘


Ein Mönch von Erfurt, wohlbekannt,

Mit Namen Ussinger genannt,

Sah mich die Bibel lesen sehr

Und sprach zu mir, es schmerzt ihn sehr:


‚Bruder Martin, sag, was tust du?

Die Bibel macht nur Unruh’ schuh.

Lass lieber uns die Väter seh’n,

Sie haben’s schon herausversteh’n.


Das Wort bringt nur viel Zwietracht her,

Drum liest du’s nicht, das rat ich sehr!‘


Doch Luther sprach: ‚So soll es sein,

Die Welt verachtet Gottes Reih’n.

Sie will nicht hören, will nicht sehn

Und wird am Ende untergeh’n.‘


Bullinger sprach mit festem Klang,

Er hob den Finger, dachte lang,

Und sprach: ‚Die Schwärmer treibt es wild,

Sie achten Gottes Wort nicht mild.


Doch wer das Wort gar hoch verehrt,

Der hat sich auch nicht recht gelehrt.

Es ist nicht bloß das Buch allein,

Der Geist muss auch darinnen sein!‘


Doch Luther sprach: ‚Bullinger, halt!

Du irrst dich selbst mit eig’ner G’stalt.

Du trennst das Wort vom Geiste fein,

Als könnt’ das eine ohne sein.


Das Wort ist nicht ein bloßes Bild,

Das leblos in die Augen quillt.

Es ist ein Hammer, scharf und stark,

Es trifft das Herz mit tiefer Mark.


Ein Mensch mag pred’gen laut und klar,

Doch Gott ist’s, der im Wort stets war.

Drum höre auf mit falschem Spiel,

Das Wort bleibt ewig stark und viel.‘


Da sprach der Luther: „Jene Schar,

Die klug sich dünkt, doch sonderbar,

Die Gott mit ihrem Geist vermisst,

Die glaubt, was ihr Verstand erlässt,

Die folgt nur, was sie selber denkt,

Und nicht, was Gott im Wort ihr schenkt –

Die ist des Teufels eigne Brut,

Verloren ist ihr Seel und Mut.


Der David aber tut es nicht,

Er fleht zu Gott in Zuversicht:

‚Erbarm dich, Herr, ich bin ein Sünder!‘

So spricht er, kniet und bricht darnieder.

Doch jene Klugen, die stets zweifeln,

Sie wollen Gott den Ruhm entreißen!

Kaum lassen sie ihn Gott allein,

Geschweige denn gerecht und rein.


Die Weisen dieser Welt, o Not,

Die Großen, sie verkennen Gott!

Doch was den Hochmut kühn beblendet,

Das hat er Kleinen zugewendet.

So spricht es Christus, Gottes Sohn:

‚Ich preise dich, du Herrscherthron,

Dass du dies hast den Klugen verborgen,

Den Armen aber, die in Sorgen,

Hast du’s geoffenbart so schlicht,

Dass heller strahlt dein Angesicht.‘


Da sprach Gregorius mit Bedacht:

‚Gleich einem Wasser voller Pracht,

Darin der Elefant kann schwimmen,

Doch auch das Lamm kann Grund gewinnen,

So ist die Schrift, so tief, so weit,

Dass sie dem Kleinsten Rettung beut.‘“


Es war einmal ein Löwe, hehr und groß, 

Der lud die Tiere ein, famos! 

Ein Festmahl hielt er, prächtig, fein, 

Da lud er auch die Schweine ein.


Die Tiere aßen, wohlbekannt, 

Was man an Leckereien fand. 

Doch Schweine fragten unverwandt: 

"Gibt’s Biertrebern hier zur Hand?"


So ist’s mit manchen Menschen heut: 

Wir Pred’ger lehren, treu und weit, 

Von Gnade, Heil und Sündenerlass, 

Doch sie begehren nur Geld und Maß.


Luther sprach: „Was soll’s? Ich weiß, 

Wenn ich pred’ge mit viel Fleiß, 

So redet Gott aus meinem Mund, 

Sein Wort ist stets lebendig, kund.


Kein Mensch nur spricht, wenn er es tut, 

Gott selber wirket dann mit Mut. 

So höret denn, wer Ohren hat, 

Gott spricht durch Menschen unverzagt.


Bullinger fiel vor Luther hin, 

Sein Herz erkannte tief den Sinn: 

"Gesegnet sei die heil’ge Stund, 

Da ich erfuhr dies Wort so kund!


Ich lasse ab von Irrtum schwer, 

Gott hat berührt mein Herz so sehr!" 

Dann sprang er auf, umarmte ihn, 

Und beide weinten, froh gesinnt.


Luther sprach: „Ein schwacher Geist, 

Der glaubt, wenn’s ihm die Seele weist, 

Der fände Trost, so stark und gut, 

Wenn er an Gottes Worte tut.


Doch nicht bei allen wirkt es gleich, 

Das bleibt in Gottes Herrschaft reich. 

Der Wind, er weht, wohin er will, 

Das Forschen bleibt der Menschen Spiel.


Ich wollt‘, ich hielt das Wort so sehr, 

Dass ich’s nie ließe, nimmermehr. 

Doch Paulus klagt, dass es nicht geht, 

Weil stets das Fleisch entgegensteht.


Ein Pred’ger sei, das will ich meinen, 

Ein Mann, der schlicht spricht zu den Seinen. 

Kein kluges Wort, kein Kunstgetön, 

Viel besser sei ein Herz, das schön.


Wer gerne hört und schlicht vertraut, 

Dem sei geholfen, wenn er baut 

Sein Leben auf das Wort allein, 

Denn Gott trägt Schwache insgemein.


Gott misst mit eines Maßes Hand, 

Er fordert, was du selbst erkannt. 

„Tu andern, was du möchtest selbst, 

Dann wirst du reich durch Gottes Held.“


Wer Gottes Wort liebt, der hat Glück, 

Gott kehrt in dessen Herz zurück. 

Kein Schloss, kein Thron ist ihm so wert, 

Als dass ein Herz sein Wort verehrt.


Ein Christ erträgt für Gott das Leid, 

Ein Heuchler aber scheut den Streit. 

Matthias de Vai, ein Pred’ger kühn, 

Ließ sich für Wahrheit auf Fässer blüh’n.


Der Papist wich zurück mit Graus, 

Er floh vom Platz, ein armes Haus. 

Der Richter sprach: „Nun seh ich klar, 

Die wahre Lehre liegt wohl da!“


Drum Gottes Wort bleibt fest besteh’n, 

Kein Mensch kann’s ändern oder dreh’n. 

Denn göttlich bleibt, was Gott verheißen, 

Kein weltlich Urteil kann’s zerreißen.


Luther sprach: „Zu Worms einst war, 

Die Herrn bedrängten mich sogar, 

Dass ich mein Wort dem Kaiser gäb, 

Doch solch ein Spiel ich niemals leb.


Denn Gottes Wort bleibt ewiglich, 

Sein Rat, sein Recht – sie wanken nicht. 

Es ward bestimmt vor aller Zeit, 

Kein Mensch sei klüger weit und breit.


Und sollte mich das Fleisch zerreißen, 

Ich wollt’ mich doch von Gott nicht reißen! 

Der Teufel mag mich plagen schwer, 

Doch Gottes Wort bleibt ewig mehr!“


Dass in alten Zeiten das Forschen gefahrvoll war


In alten Zeiten, sprach Luther einst,

War Forschen oft eine große Angst.

Die Wissenschaft ward wenig geehrt,

Die Künste galten auch nichts mehr wert.

Klugen Köpfen gab man Pein,

Sie mussten in der Sophistik sein.


Der Heide Aristoteles galt so viel,

Daß wer ihn schalt, geriet ins Exil.

Besonders zu Köln, so hieß es dort,

War Widerspruch schlimm, man jagte ihn fort.

Doch keiner verstand, was er je schrieb,

Die Sophisten trübten, was klar doch blieb.


Ein Mönch erzählte zur Passion,

Von einer seltsamen Reflexion:

"Mein Kopf kann kriechen wohl hindurch,

Doch nicht die Größe, welch ein Fluch!"

Er trennte Torheit von dem Sinn,

Doch Grammatik wies ihn leicht darin.


Mit solchem Unfug quält' man den Geist,

Doch Wissen gewann man dabei meist nicht.

Sie quälten sich mit nutzlosem Streit,

Ob das Runde ins Eckige passt zugleich.

Doch Gott sei Dank, wir leben nun frei,

Die Künste blühn, die Jugend sei treu!


Dass die Juden bessere Lehrer und Schreiber hatten


Wenn ich die Psalmen les', so staun'

ich über Davids hellen Bau.

Ein König, ein Krieger, ein Prediger gar,

Doch schrieb er Verse wunderbar.

Die Schrift des Neuen Testaments,

Von Juden kam sie, man erkennt's.


Die Apostel waren Juden all,

Ihr Wort regiert der Kirche Schall.

Wir Heiden haben kein solch Buch,

Das uns den rechten Weg tut kund.

So sprach auch Paulus, fein und klar,

Von Sarah, Hagar, und was da war.


Doch ist's ein Frevel sondergleichen,

Daß Papst und Kirche falsch sich zeigen.

Er setzt sich über Gottes Wort,

Ein Mensch, der doch vergänglich dort!


Von Luthers Klage über die Büchermenge


Die Bücher wuchern ohne Maß,

Das schmerzt mich sehr, macht mir Verdruss.

Ein jeder will sein Werk nun schrei'n,

Die Weisheit bleibt dabei allein.


Zur Ehre schreibt der eine viel,

Der andre sucht nur bares Ziel.

Doch was geschieht? Die Bibel sinkt,

In Kommentaren sie ertrinkt.


Ich wünscht', mein Werk läg tief vergraben,

Neun Ellen tief im Erdengraben.

Denn weil ich schrieb, schreibt nun ein Heer,

Das nützt uns nichts, betrübt mich sehr.


Dass Gottes Wort durch Leiden erkannt wird


Ich lernte Theologie nicht schnell,

Das kam durch Leid und Bösens Quell.

Der Teufel trieb mich in das Buch,

Wo ich die rechte Wahrheit such'.


Wie Paulus trug ich meine Last,

Der Feind mich stets geschlagen hast.

Der Papst, Gelehrte, alle Welt,

Sie war'n es, die mich dazu stellt.


Nicht leeres Sinnen bringt Verstand,

Kein Mönch im Kloster ist bewandert.

Die Bibel ist gewiss und rein,

Gott geb' uns Licht, es zu versteh'n allein.


Von der Rat des Bischofs von Salzburg


Im Reichstag sprach ein Bischof klug:

"Vier Wege habt ihr, wählet gut.

Der erste ist, ihr gebt uns nach,

Das tut ihr nicht, das ist euch schwach.


Der zweite, dass wir weichen euch,

Doch tun wir das? Wohl niemals gleich.

Der dritte ist, durch harte Hand

Das eine zwing' das and're Land.

Doch würd' das Streit und Unheil brin'

Drum bleibt der vierte, wollt ihn seh'n:


Wer Stärker ist, der drücke aus

Den Schwachen aus des Landes Haus!"


Da lacht' ich laut und sprach ihm frei:

"Das ist ein Rat, so fromm wie Blei!

Ihr denkt, Gewalt bringt guten Frieden,

So lehrt uns doch die Schrift entschieden!"


Dann zeigte ich ihm einen Brief,

Den man mir aus Rom hertrieb.

Die Kardinäle sannen nach,

Wie man St. Paulus' Wort zerbrach.


Da sprach des Papstes Hofnarr fein:

"Der Papst kann Heilige ernennen rein,

So nehm' er Paulus aus der Zahl,

Dann stört uns nicht sein Widerhall!"


"Seht, das ist eures Rates Wert,"

Sprach ich, "nichts Frommes, nur Verkehrt!"


So sieht man klar, wie Torheit spricht,

Doch Gottes Wort vergeht doch nicht!




ZWEITER GESANG


Dass Menschenwitz und Klugheit klein

Gott Werk nicht fassen, nicht verstehn,

Das zeigt sich klar an jedem Ding,

Das Gott erschuf und hält im Ring.


Sieh an das kleinste Wesen nur,

Gott wirkt in ihm mit großer Spur!

Was Mensch, ob klug, ob stark, ob hehr,

Erschafft aus einer Frucht ein Meer?


Wer setzt aus Feigen einen Baum,

Lässt wachsen ihn mit Blättersaum?

Wer nimmt den Kirschkern in die Hand

Und schafft daraus das Fruchtgewand?


Kein Mensch kann je begreifen dies,

Wie Gott erhält, wie er’s verhieß.

Wie alles wächst aus seiner Kraft,

Wie Weisheit all das Leben schafft.


Drei Einigkeit, sie glänzt so klar

In Kunst und Schöpfung immerdar.

Des Vaters Macht, des Sohnes Rat,

Des Geistes Güte, die nie bat.


Doch kann der Mensch nicht fassen gar,

Wie sehend wird des Augs Gebar.

Wie Zunge spricht, wie Wort entsteht,

Wenn nur der Mund sich aufwärts dreht.


Wie sollen wir begreifen dann

Gott Rat, den keines denken kann?

Was Luther sprach, das bleibet wahr:

Kein Mensch begreift, was einstens war.


Wo war denn Gott, fragt mancher klug,

Bevor er Himmel, Erd’ auftrug?

Sankt Augustin gab Antwort klar:

Er war in sich, so wie er war.


Und Luther sprach mit spitzem Wort:

Er schuf die Höll’ am gleichen Ort

Für Geister, die vermessen sind,

Sich messen wollen, Narr’ geschwind!


Gott finden wir nur, wo er spricht,

Im Wort, im Glauben, doch sonst nicht.

Im alten Bund war er gebannt

Zum Heiligtum mit starker Hand.


Doch Heiligtum war dunkel stets,

Denn Gottes Reich erkennt man nicht,

Wenn nicht das Wort die Seele rührt,

Der Glaube tief ins Herz uns führt.


Gott könnte reich sein früh und spät,

Hielt er zurück sein Sonnenweht,

Versperrte Luft und Wasser rein,

Dann gäb’ der Mensch sein Gut und Sein.


Doch gibt er reichlich alles aus,

Und wir, wir spotten seinem Haus.

Sein Segen macht uns überdrüssig,

Die Gaben göttlich, uns zu flüssig.


Gott gibt uns Korn und Wasser rein,

Er gibt uns Frucht, er gibt uns Wein,

Doch Lohn erhält er, ach, nichts mehr

Als Hohn und Spott und Schmach vielmehr.


Sein Sohn wird an das Holz gehängt,

Sein Knecht wird aus der Welt gedrängt.

Die Menschen fluchen seinem Wort,

Trotz all den Gaben treibt man’s fort.


Doch wenn Gott schwach scheint in der Welt,

Dann zeigt sich erst, wie stark er hält.

Sein Amt vertraut er Menschen an,

Die arm, die schwach, doch treu ihm dran.


Wie soll Gott handeln, fragt sich’s schwer?

Gibt er uns Gut, so prahlen wir sehr.

Gibt er uns Not, so klagen wir sehr.

Nichts ist uns recht, sei’s leicht oder schwer.


Drum wär’s wohl besser, bald vorbei,

Dass man uns deckt mit Erd’ entzwei.

Doch Gott hat uns die Welt gemacht,

Für unser Wohl sie aufgebracht.


Die Meere sind uns voller Fisch,

Die Felder voller Frucht und Tisch.

Doch nutzen’s meist die falschen Leut’,

Die frommen dulden nur das Leid.


Der Reiche hat die Macht in Hand,

Der Tyrann das Volk, das ganze Land.

Der Wuchrer hortet Geld zuhauf,

Der Arme lebt in Kummer drauf.


Doch ewig bleibt es nicht dabei,

Es kommt der Tag, da wird’s uns frei.

Dann wird der Reiche arm und klein,

Der Fromme wird im Himmel sein.


Einst sah Luther am Abend dort

Die Rinder zieh’n im grünen Hort.

Er sprach: Seht her, das sind die Lehrer,

Milch- und Butter-, Woll-Vermehrer!

Sie predigen Tag für Tag aufs Neu,

Dass Gott der Herr uns liebt getreu.

Auf ihn soll sich der Mensch verlassen,

Er wird ihn nähren, wird ihn fassen.


Kein Mensch kann fassen oder denken,

Was Gott muss an Versorgung schenken.

Vögel, Spatzen, klein und sacht,

Erhält er stets mit großer Macht.

Ich glaube gar, sein jährlich Gut

Für Spatzen mehr als Königstut.

Was soll man von den andern sagen,

Die mehr als nur ein Federkleid tragen?


Gott ist ein Meister voller Gaben,

Er kann’s so gut, wie’s keiner tat.

Dem Hirsch macht er ein feines Kleid,

Das hält, bis sich die Zeit verweilt.

Wie ein Schuster, klug und fein,

Gibt er ihm Schuhe, fest und rein.

Sie halten länger als sein Leben,

So hat Gott’s klug und weis’ gegeben.


Die Welt gibt er den Frevlern hin,

Die ihn verlachen ohne Sinn.

Was gibt er aber jenen fromm,

Die gläubig zu ihm allzeit komm?

Wer glaubt, ist Gottes Kindelein,

Er wird in Ewigkeit bei ihm sein.


"Lobet den Herrn, was Odem hat!"

So steht’s geschrieben, früh und spat.

Drum soll in jeder Sprache rein

Der Lobgesang des Herrn stets sein.

Doch Papst und Kaiser, stolz und hehr,

Verbieten’s Volk die deutsche Lehr.


Gott will, dass wir uns freuen hier,

Mit Trank und Speis’ in guter Zier.

Nicht soll der Mensch in Klagen geh’n,

Als wär’s zu wenig, was gescheh’n.

Nur dass er dankt für Gottes Gaben

Und weiß, was wir an ihm haben.


Den Reichen gibt er Gut und Geld,

Doch ihnen fehlt das wahre Held.

Denn wer Gott nicht zum Freunde hat,

Ist arm, so reich er schienen mag.

Doch wer in Gott sein Glück ersehnt,

Der wird mit Christ als Erbe geweiht.


Die Großen dieser weiten Erden

Sind gleich den Karten, die sich kehren.

Hat einer Trümpfe in der Hand,

So hält man ihn in hohem Stand.

Doch kommt die Zeit, da ist’s vorbei,

Und Gott wirft ihn hinweg aufs Neu.


Demütig sein vor Gottes Thron,

Das ist des Frommen rechter Lohn.

Denn wer sich beugt vor Gott dem Herrn,

Dem ist die Gnad’ des Höchsten fern.

Wenn Gott nur streng und zornig wär,

Wo fänd’ ich Trost? Wer hülfe mehr?


Wo gute Zucht regiert das Land,

Da ist auch Gottes starke Hand.

Doch wo die Zucht verloren geht,

Da herrscht Verderbnis und Gebet.


Der zweite Psalm, so sprach Luther,

Schlägt auf die Großen mit harter Flut.

Er zeigt, dass ihre Macht vergeht,

Weil Gott auf seinem Throne steht.

Die Könige, so stolz und reich,

Vergehen wie der Staub zugleich.


So hat er’s stets mit Macht getan

Und wird’s auch weiter tun fortan.

Darum, ihr Großen, fürchtet euch,

Denn Gottes Hand bleibt stark und gleich!


Durch unsre Halsstarr und harte Natur,

Muss Gott sein streng und gütig nur.


Luther sprach: "Ein Pfaff gar fein,

Hat mich getadelt scharf und klein,

Dass ich so hitzig hab geschrieben,

Und Volk so heftig angetrieben."

Doch sprach ich: "Gott muss erst senden

Ein Wetter mit Blitz und Donners Enden,

Dann lässt er sanft den Regen nieder,

So dass es nässet alle Glieder.

Ein Weidenzweig, ein Haselreis,

Das schneid ich leicht und schnell im Fleiß;

Doch eine Eiche, hart und fest,

Die braucht der Axt gewalt'gen Test."


Was Gott ist, bleibt verborgen fein,

Und doch ist er in allem Sein.

Plato, ein Heide, sprach es aus,

Und folgte ihm gar mancher Klaus.

Doch Luther sprach: "Gott bleibt verborgen,

Kein Aug kann fassen seine Sorgen.

Was sichtbar ist, das ist nicht er,

Doch spricht er durch sein Wort so sehr."

Wo nicht sein Wort und Werke stehn,

Da soll kein Mensch nach Gott mehr sehn.


Kinder sind der Segen rein,

Gottes Wunder, groß und fein.

Drum sprach Luther einst beim Mahl:

"Warum lobsingst du nicht einmal

Deine Kinder, Gottes Gaben,

Die mehr als Kirsch' an Bäumen haben?"

Denn Gott macht sie aus nichts allein,

Gibt ihnen Glieder, schlank und fein.

Und doch sind Menschen blind und dumm,

Und raffen Reichtum eilig um.


Die Welt will Gott nicht haben gern,

Den Teufel nicht, den hält sie fern.

Doch will sie Gott aus Fenstern jagen,

Und Reichtum, Stolz zur Krone tragen.

Die Mönche taten einst so keusch,

Berührten Geld nicht, arm und weich.

Doch nicht der Mammon selbst ist Sünd,

Nein, nur der Lust, die ihn gewinnt.


Luther sprach: "Beim Tisch man sieht,

Dass Mensch wie wilde Tiere frisst.

Die Wölfe reißen Schaf und Lamm,

Der Mensch, der frisst es auch zusamm'.

Der Fuchs, der holt sich Gans und Hahn,

Der Mensch bringt's auch in seinen Kahn."


Die Bauern schätzen nicht ihr Gut,

Obwohl es Gott gar Gutes tut.

Ein Baum, ein Busch gibt Luther mehr,

Als Felder, reich und weit umher.

Noah, Adam, Abraham,

Die sahen Gottes Gaben an.


Der Welt muss man Tyrannen geben,

Denn ohne Zucht bleibt nichts im Leben.

Ferdinand, der Herr so karg,

Passt gut zur Welt, die leidet stark.

So sprach Gott selbst zu Israel:

"Ihr wollt nen König? Wohl, sehr schnell!

Doch wird er eure Söhne holen,

Zu Wagen, Streit und all den Polen.

Eure Töchter können kochen,

Euch bleibt nichts als leer Gebrochen."


Die Weisheit der Welt bleibt Narrentum,

Sie suchet Gold und Ehrentum.

Der Christ jedoch bleibt voller Mut,

Denn er weiß, das Kreuz tut gut.

Die Welt, sie tanzt in Freuden gern,

Der Christ, er sieht das Ende fern.


So suchte die Welt Unsterblichkeit,

Mit Prunk und Bauwerken so weit.

Mit Burgen, Kirchen, Prunk und Ehr,

Mit Siegen und mit Taten schwer.

Doch wahre Ehr und Ewigkeit,

Die sucht kaum einer weit und breit.

Ach, wir sind arm und blind dazu,

Vergessen Gott in unsrer Ruh!"


Was ist zu bedenken bei Ämterpflicht,

Wem Ehre gebühret, wer waltet mit Licht?


Sprach Luther: Wär all meine Müh und Plag

Nicht Liebe zu dem, der für mich einst lag,

Nicht Liebe zu Christus, dem Herren allein,

Kein Geld der Welt gäbe mir Lohn noch Schein,

Dass ich nur ein Büchlein zu schreiben bereit

Und übersetz‘ die Schrift in Wahrheit.

Ich such' nicht Lohn von dieser Welt,

Die arm und nicht zur Zahlung hält.

Den Wert von einem Pfennig nicht

Nahm ich von meines Fürsten Pflicht,

Seit ich hier bin, all die Zeit,

War ich ihm um kein Geld bereit.


Die Welt ist nichts als kehr‘nder Brauch,

Ein falsches Bild, ein Hexentauch.

Gottes Wort wird kaum geachtet,

Zucht und Ehrfurcht sind verachtet.

Hurerei, Hochmut, Mord und Dieb,

Alles wächst, wird reif und trieb.

Und der Teufel sitzt nicht still,

Mit Papst, mit Türken, wie er will.

Jeder sieht die Freiheit gern

Und reißt das Fleisch vom heil‘gen Stern,

Als wär‘ nun alles frei gegeben

Und sie dürften tun, was wir nur leben.

Drum ist des Papstes Herrschaft gut,

Denn mit Gesetzen, hart und Wut,

Hält er sie im engen Band

Mit strenger Hand und Unverstand.


Die Welt wird schlimmer durch Gottes Wort,

Sie hören wohl, doch halten nicht dort.

„Nach diesem Leben“, sagen sie kühn,

„Mag Gott das ewige für sich erblüh’n.

Hier nur wollen wir Ehre und Gut,

Das ist’s allein, was das Leben tut.“


Als ich in Rom war, starb ein Kardinal,

Reich an Gold, an Schätzen zumal.

Sein letzter Wille lag in der Truh‘,

Wo er gehortet Gold zur Ruh‘.

Nach seinem Tod ward aufgetan,

Ein Pergament man darin fand.

Drauf stand geschrieben, kurz und knapp:

„Solang ich konnte, nahm ich ab;

Drum nehmt, so viel ihr nehmen könnt,

Und macht daraus, was euch behänd.“


O, sprach Luther, wie starb wohl der Mann?

Gewiss, kein Heil ihm werden kann!


Die Welt ist voll von Heuchelei,

Von falscher List und Schwätzerei.

Colax, Sykophant und Schalk,

Lügen, Spott und Truggebralk.

Der Colax ist ein Schmeichelwicht,

Er lacht dir ins und aus dem Gesicht.

Sykophant, der schlimmer noch sei,

Ein falscher Züngler, gar nicht treu.

Cacoëthes, voll Verderben,

Will nur Unheil, Blut und Sterben.


Von Fuggers Gold, so hoch gestapelt,

Hat selbst der Kaiser sich verzappelt.

Hundert Tonnen Gold sie hatten,

Mehr als Kaiser, Könige schatten.

Die Fugger liehen mit kluger List,

Wem’s nötig war und wer Herr ist.

Doch einer sprach, als Steuer kam:

„Ich weiß nicht, was ich habe, Mann.

Mein Gut liegt fern in aller Welt,

So zahle ich nur, was mir gefällt.“


Drum sagt‘ ich stets, so hört mich an:

Wer auf das Geld vertraut, der kann

Nicht reifen noch gedeihen wohl,

Das Herz bleibt leer, die Seele hohl.

Die Fürsten häufen sich das Gut,

Doch Armut folgt auf stolzen Mut.

Die Kirche ward beraubt und leer,

Das fromme Leben gilt nichts mehr.


So sprach ich wider Papstes Macht,

Die Lügen wuchsen über Nacht.

Doch mein Buch hat sie erschreckt,

Denn Wahrheit hat ihr Herz entdeckt.

Nicht wider Papst war's Wort gemeint,

Doch gegen Lug, das ihn vereint.


Drum merket auf und höret fein:

Wer reißt sich an, was heil’ge Pflicht,

Dem wird das Gut doch nicht gedeih‘n,

Denn Gottes Fluch bleibt ewig nicht.


Der Reichtum ist gar nichts auf Erden,

das Kleinste, was uns kann gegeben werden.

Luther sprach: Was gilt das Gut,

wenn man es mit Gottes Wort vergleicht? Nicht viel, mein Blut!

Was ist’s gegen Schönheit, Gesundheit, Gestalt?

Was gegen den Geist mit Verstand und Gewalt?

Und doch jagt der Mensch dem Mammon nach,

schuftet und plagt sich Tag und Nacht.

Doch Reichtum hat weder Stoff noch Sinn,

noch einen rechten Zweck darin.

Drum gibt Gott oft den größten Tand

solchen, die leer sind an Geist und Verstand.


Sankt Johannes hat es gesagt:

Wer Güter hat, doch nichts mehr wagt,

wenn sein armer Bruder schreiet,

der zeigt, dass Gottes Lieb nicht gedeihet.

Und Christus spricht: Wer bittend fleht,

dem gib, der in der Not besteht.

Doch sprach Luther: Man sieht es wohl,

dass Faulenzen ist vieler Ziel und Soll.

Die größten Bettler sind meist die faul,

sie treiben nur Scherz und unnützen Gaul.

Die Studierenden hier sind in großer Not,

doch größer noch ist ihre Arbeitstod.

Kaum will einer für Lohn was tun,

doch betteln sie alle zu Nacht und zu Noon.

Regierung gibt’s hier keine gute,

sie duldet des Müßigganges Rute.

Drum geb ich nicht an solche Scharen,

die immer mehr und mehr verlangen.

Doch wer in rechter Armut steht,

dem gebe ich gern, soweit es geht.

Vergesst nicht, was die Schrift euch lehrt:

Hat einer zwei Mäntel, geb er den Wert.


Bevor ich das Neue Testament gab,

war’s jeder, der danach verlanget hab’.

Doch als es da war, o was geschah?

In wenigen Wochen war’s schon nur „na ja“.

Dann riefen sie: „Gib uns Moses’ Wort!“

Ich tat’s, doch bald war es wieder fort.

Dann wollten sie Psalmen, ich brachte sie dar,

doch schnell auch dieser Wunsch vergangen war.

Jetzt rufen sie nach dem Weisheitsbuch,

und ich bin dran, gebe mir Müh’ genug.

Doch wenn’s vollbracht, wird’s ebenso gehn,

sie werden nach Neuem umhersehn.

So folgt daraus, was jeder erkennt:

Durch Unbeständigkeit kommt Irrtum ins Land.




DRITTER GESANG


Im Jahr fünfzehnhundertfünfunddreißig,

am achtzehnten August ganz fleißig,

kamen Briefe aus Frankfurt an,

die große Kriegsgefahr begann.

Der Kaiser rüstet gegen die Frommen,

doch Christus wird den Sieg bekommen.

Er kämpft nicht nur mit armem Bettel,

er misst sich mit der Fürsten Kettel.

Wie in der Schrift geschrieben steht,

wo man von Königs Rat erfährt:

„Die Mächte stehn zum Kampf bereit,

verschwören sich in Feindschaft heut.“

Doch Luther sprach: „Lasst sie nur tun,

vergebens sind der Feinde Müh’n.

Die Propheten einstens stritten

mit Kön’gen, die sich hoch geschritten,

mit Babels Herrschern, Assyriens Scharen,

die doch nun längst vergangen waren.

Doch Christus bleibt, der Herr und Held,

ein König, der auf ewig hält.“


„Sie sagen, Christus trieb mit Macht

die Händler aus dem Tempelpracht,

so dürfen wir mit gleicher Hand

die Bischofsmacht stoßen ins Band.

Doch Christus tat viel mehr als dies,

er schritt auf Wellen, war gewiss,

er fastete vierzig Nächte lang,

er rief den Lazarus aus Zwang.

Das sind die Werke, die nur sein,

die wir nicht tun, so soll es sein.

Denn Christus sprach: Liebt eure Feind’!

Die Sanftmut ist, was er uns meint.

Wir sollen folgen, wo er spricht:

Seid barmherzig, liebet schlicht.

Nehmt mein Joch und folget mir,

tragt euer Kreuz mit Mut und Zier.“


„Doch die im Glauben schwach und klein,

die sind doch auch des Herren sein.

Drum sprach er selbst zu Petrus klar:

‚Stärk deine Brüder immerdar.‘

Auch Paulus mahnte groß und laut:

‚Den Schwachen nehmt mit festem Baut.

Tröstet, haltet ihren Stand,

denn sie sind auch in Gottes Hand.‘

Sollt’ Christus nur die Starken nehmen?

Wo wären dann der Jünger Schemen?

Die oft im Zweifel fielen schwer,

nach Ostern zweifelten noch mehr.

Doch Christus nahm sie dennoch an,

er stärkte, lehrte jedermann.“


„Ein Schluck aus klarer Wasserflut,

das stillt den Durst und tut doch gut.

Ein Bissen Brot, wenn Hunger nagt,

vertreibt die Not, die einen plagt.

Doch Christus, unser Heil und Hort,

der beste Arzt an jedem Ort,

den wollen viele gar nicht haben,

wiewohl er heilt von Tod und Narben.

Wär irgendwo ein Arzt zu finden,

der Tod und Seuchen kann verhindern,

so liefen alle hin mit Eil,

und zahlten Gold und Gut und Heil.

Doch Christus ruft, doch keiner geht,

die blinde Welt sein Angebot verschmäht.

Der alte Simeon verstand,

das Heil war ihm bereits bekannt.

So schlief er selig ein und froh,

weil er den Heiland fand und so

das Leben ewig ihm gegeben,

durch Christus, unser Licht und Leben.“


„In Rom ein altes Haus man fand,

Pantheon war’s wohl einst genannt.

Der Kaiser Phocas gab’s sodann

dem Papst, der seinen Plan ersann.

Er weihte’s um zu frommem Brauch,

doch ohne Christus, welch ein Hauch!

Die Heiligen nur zählte er auf,

nicht Christus, der sie rief hinauf.

Ich sah dies Haus, es war gar weit,

mit dicken Pfeilern stark verleiht.

Ein Loch allein ließ Licht hinein,

zu düster war des Tempels Schein.

Auf Wänden standen heidnisch‘ Götter,

vereint in Lug, in Trug und Spötter.

Christus hatte sie verbannt,

doch Papst und Rom brachten sie samt.

Wie lange dies wohl wird besteh’n,

ob Christus wird zurück hier geh’n?“


„Die Welt erkennt uns Christen nicht,

weil unser Leben Christus spricht.

Versteckt mit ihm sind wir in Gott,

die Welt nur sieht uns in der Not.

Johannes rief: ‚Seht an, wie schön,

dass Gott uns nennt sein Kind so rein.‘

So trennt sich Welt von uns mit Hast,

wir kümmern uns um ihre Last.

Doch haben wir den Heiland mein,

dann ist die Welt uns nur noch klein.

Reichtum, Ehre, Pracht vergeht,

nur Christus ewig mit uns steht.

Und selbst, wenn er verborgen scheint,

sind wir mit seinem Wort vereint.

‚Ich bleibe bei euch allezeit,‘

so spricht er voller Lieb‘ und Freud‘.“


„Von Christus hab ich nichts geseh’n,

noch nicht gehört mit Ohren schön.

Doch was die Schrift mir hat gebracht,

das hat mir Kraft und Mut gemacht.

Denn in den schlimmsten Zeiten gar,

wenn ich ganz schwach und hilflos war,

da hat sein Name mich gestärkt,

mein Herz mit Trost und Kraft gewärmt.

Besonders einst in Augsburg Stadt,

als ich allein zu stehen hatt‘,

da fühlte ich: Sein Name hält,

wenn alles ringsherum zerfällt.“


Ach, sprach Luther, was ist unser Sinn?

Eh wir was lernen, sinken wir hin.

Der Teufel hat’s mit uns nicht schwer,

wir sind schon tot, eh wir noch mehr.


Mit dreißig ist man noch voll Torheit,

ob fleischlich, ob geistlich – stets fehlbereit.

Doch staunenswert ist’s immerhin,

was wir vermögen mit schwachem Sinn.


Doch Gott gibt Weisheit und auch Glück,

gab’s Alexander – und was ein Stück!

Doch nannte Jeremia ihn „Knab“,

der Tyrus zu Fall gebracht hab.


Doch blieb auch er ein Thor zuletzt,

trank sich zu Tod, mit Stolz verletzt.

Solomon jung zum König erhoben,

bat Gott um Weisheit – Gott war’s wohlwollen.


Heut will man Gold und volle Truh’,

„Ach“, spricht man, „hätt ich Geld dazu!“


Der Herr lässt Sünder sicher sein,

bis sie gefangen, kläglich gemein.

Mit Lust und Freud in sicherem Stand,

fallen sie tief aus stolzer Hand.


Der Papst, so sprach Martin Luther,

ward mit Ablass überrascht gar heiter.

Die Venezianer, gleichfalls sie,

nahm Maximilian in die Knie.


Was hoch im Himmel fällt, ist böse,

was auf Erden strauchelt, ist Menschenböse.


Zu schaden kann’s wohl niemandem sein,

sein Sünd’ zu bekennen, ob groß, ob klein.

Hast du gefehlt – gesteh es frei,

verleugn es nicht, sei ehrlich dabei.


Und auch wenn’s nicht dein Werk gewesen,

so bist du dennoch ein Mensch voll Wesen.

Hat einer gestohlen, ein andrer gemordet,

ist’s nicht dasselbe, doch gleich verdorben.


So sprach einst einer: „Sieh meine Wölfe!

Sind sie nicht gleich, ob junge, ob zwölf?“

Luther sprach: „Ich bin’s gewesen,

ein Götzenpriester viele Wesen.


Besser ein Mörder wär ich gar,

als Messen singend Jahr um Jahr.

Doch was geschehn, das bleibt bestehn,

wer einst gestohlen, soll’s nicht mehr tun.“


Ich, sprach Luther, hab oft gedacht,

ich leb von nun an voller Bedacht.

Wollt tun, was recht, und meiden, was schlecht,

doch siehe, es fehlte mir stets die Kraft recht.


Wie Petrus sprach: „Ich folg dir gar!“

Doch leugnet er ihn dann dreimal gar.

Drum will ich nicht heucheln, sag’s ehrlich ein,

von mir aus kann’s nicht besser sein.


Ich warte auf Gottes gnädige Stund’,

wenn er mir hilft aus tiefstem Grund.




VIERTER GESANG


Vor Sophisterei sei stets gewarnt,

Die Welt von Trug und Schein umgarnt.

So sprach Herr Luther klug und weise:

Die Meinung führt hier ihre Kreise.

Es herrscht Tyrann und Heuchelei,

Und Wahrheit geht daran vorbei.


Die Wahrheit, rein und himmelklar,

Muss dienen stets der Lügen Schar.

Sie wird gebeugt, gezwängt, gedrückt,

Von Schein und Trug ganz unterdrückt.

Drum sei vor falschem Spiel auf Hut,

Das doppelzüngig Schaden tut.


Mit schönen Worten voller List,

Die Wahrheit oft verborgen ist.

Es schleicht der Trug durch jede Kunst,

In Religion sucht er sich Gunst.

Er trägt gar einen frommen Schein

Und nistet in den Schriften ein.


Nichts schädlicher als falscher Schein,

Denn wer erkennt den Trug allein?

Wir glauben Lügen nur zu gern

Und halten Wahrheit uns oft fern.

Der Trug wächst an wie eine Last,

Je mehr er rollt, je mehr er fasst.


Drum mag ich nicht, wer alles wendet

Und Klugheit nur zum Schaden spendet.

Wer jedes Wort verdrehen kann,

Doch nie zu fassen bringt den Bann.

Ich liebe, wer mit klarem Geist

Nach Wahrheit schlicht zu leben weiß.


Soll man nur Gnade predigen?

So fragt Philipp gar bedächtig denn.

Doch Luther sprach: Verkündet sie,

Denn unser Herr gebot es nie.

Die Gnade oft verkündet wird,

Doch sterbend bleibt sie ungehört.


Dem Sünder aber reicht sie nicht,

Wenn er sich selbst in Freiheit wiegt.

Denn wer sich von dem Wort befreit,

Der treibt sich selbst in Heilloskeit.

Das Evangelium bringt Trost,

Doch nur, wenn man es recht erfasst.


Denn wie die Sommerhitze brennt,

Doch Luft die Wunden lindert kennt,

So ist das Evangelium fein,

Der Seele Trost, des Herzens Schein.

Doch bleibt der Mensch nicht untätig stehn,

Muss durch die Werke weitergehn.


Vom Teufel, Welt und Fleisch gequält,

Doch drängt der Glaube durch das Feld.

Nicht weichen sollst du, nicht vergehn,

Den rechten Weg musst du ersehn.

Denn wer im Glauben recht besteht,

Der auch die höchsten Stürme dreht.


Die Feinde, die das Gesetz verwerfen,

Die will Herr Luther gar nicht ehren.

Denn nützlich ist das heil’ge Wort,

Es zeigt den Menschen ihre Not.

Wie Kalk, der trocken ruhig ruht,

Bis Wasser ihn zur Glut enttut.


So macht das Wort die Sünden kund,

Es zeigt, wie Gott sie strafen kunnt.

Doch wer die Gnade richtig kennt,

Der auch das Recht und Ordnung nennt.

Denn beides hält den Menschen fest

Und weist ihm seine Lebenslast.


Die Kinder stehn gar wohl vor Gott,

Sie kennen nicht der Zweifel Not.

Sie glauben schlicht und ohne List,

Was Gottes Wort verheißen ist.

Drum sprach Herr Christ: Seid wie die Kleinen,

Die ohne Sorge, ohne Weinen.


Sie fürchten nicht des Todes Hand,

Noch Krieg, noch Pest im ganzen Land.

Ein Apfel gilt mehr als ein Thron,

Die Kinder glauben schlicht davon.

Drum lasst uns ihre Wege gehn,

Nach ihrer Wahrheit treu bestehn.


Ein Weib in Not und großer Pein,

Wollt nur vom Brunnen Wasser spein.

Sie betete zu Gott dabei,

Er möge gnädig ihrer sei.

Da traf sie einen Mann gar bald,

Der sprach: Geh heim mit festem Halt.


Da fand sie, wie er ihr verheißen,

Drei Scheffel Mehl zu ihrem Speisen.

So ist der Glaube stark und fest,

Der sich auf Gottes Gnade setzt.

Er weiß, Gott gibt zur rechten Zeit,

Wenn Not und Mangel sich ausbreit.


Der Glaube ist das höchste Gut,

Denn er gibt Herzen rechten Mut.

Er tröstet, leitet, hält uns fest,

Wenn uns die Welt sonst irre lässt.

Drum sprach Herr Luther klug und fein:

Nur Glaube macht uns recht und rein.


Wer glaubt, der spricht mit festem Wort,

Doch treibt es ihn zu Leid hinfort.

Doch wer da leidet, wird getröstet,

Denn Glauben führt durch Sturm und böset.

So sei getreu in deiner Pein,

Dann wird dir Trost im Himmel sein.


Selbst Feinde müssen Zeugnis geben,

Dass nur durch Glauben wir erlaben.

Ein Fürst, der starb, sah dies genau,

Als man ihm riet zur Sakramenttaug.

Doch als er sterbend beten sollt,

Ward nur auf Christi Gnad gewollt.


So zeigt uns dies ein deutlich Bild,

Wie Gnade unser Herz erfüllt.

Nicht Werke helfen, nicht Verdienst,

Nur Glaube uns den Frieden bringt.

Drum bleib im Glauben stark und wahr,

Denn nur dadurch wirst du bewahrt.


Nun, als der Sohn in seinem Sinn

Empfand gar Trost und Frieden drin,

Durch Worte, die der Vater sprach,

Da fragte er ihn unverzagt:

"Warum, mein Vater, predigst du

Dies nicht dem ganzen Volk im Nu?"

Der Vater sprach: "Mein liebes Kind,

Die Wahrheit sagt man nur geschwind

Den Sterbenden in letzter Stund‘,

Nicht denen, die noch frisch und bunt."


Da sprach Herr Luther: "Seht nur an,

Wie unser Feind sich sträuben kann!

Der Bischof selbst von Mainz gesteht,

Daß unsre Lehre richtig steht.

Doch weil sie nicht vom Papst getan,

So nehmen sie sie nimmer an.

Ihr eig’nes Herz schlägt sie zu Grund,

Drum fürcht ich sie nicht eine Stund‘."


Herr Luther sprach: "Die Lieb' soll sein

Wie zwischen Braut und Bräutigam rein.

Die Fehler deckt man, trägt sie still

Und schaut nur auf des andern Will'.

Gesetz und Ordnung sind nicht schlecht,

Doch Lieb' soll sein des Reiches Recht.

Nicht Zwang noch Druck soll Liebe sein,

Vielmehr aus freiem Herzen rein.

Der Größte soll in Demut stehn

Und seinen Dienst in Liebe sehn."


"Dies Wort macht arm und macht euch reich,

Es ist fürwahr ganz wunderbar gleich.

Ich darf wohl nicht mich selber rühmen,

Doch weiß ich wohl, was ich verschenke,

Wovon mein Haus erhalten steht

Und Gottes Segen nie vergeht.


In Österreich, ein Kloster stand,

Gar wohlhabend war es bekannt.

Doch als sie aufhörten zu geben,

Da schwand von ihnen Glück und Leben.

Ein Armer klopft' an ihre Tür,

Doch keine Gabe ward ihm hier.

Er fragt: "Warum seid ihr so karg?"

Der Pförtner sprach mit finstrem Blick:

"Wir sind nun arm, uns fehlt das Glück."

Der Arme sprach: "Ihr hattet zwei:

Den Bruder 'Gib' – der ging entzwei,

Den Bruder 'So wird euch gegeben',

Den habt ihr selbst vertrieben aus dem Leben."


"Die größte Waffe, die du hast,

Heißt 'Patientia', fass sie fast.

Denn wer Geduld im Herzen trägt,

Den Feind gar oft zu Boden schlägt.

Vertraue drauf: Kein Leid geschieht,

Das nicht durch Gottes Willen zieht.


Ein Freund sprach einst: 'Ich leb in Ruh',

Doch Feinde hab ich dennoch zu.

Ich tröstet‘ ihn: "Hab' nur Geduld,

Gib keinem Grund für Neid und Schuld.

Der Teufel haßt, weil er nicht hat,

Was Gott uns gab in reicher Tat."


"Kein Mensch kann glauben, welche Macht

Im frommen Beten liegt und wacht.

Oft bat ich Gott in tiefster Not,

Und mehr erhielt ich als mein Lot.


Im Papsttum betet man verkehrt,

Die Worte klingen kalt und leer.

Doch wahres Beten steigt hinauf,

Zu Gott, in höchsten Himmelshauf‘.

Gebet ist eine starke Wehr,

Ein Bollwerk wider Sünd‘ und Heer.

Wenn alles wankt, wenn Feinde toben,

So soll der Christ zum Herren loben."


So sprach Herr Luther, treu und klar,

Sein Wort war fest, sein Geist war wahr.

So lehren wir mit Herz und Hand,

Daß Gottes Wort stets Recht behält im Land.


Der Luther sprach: "Mein täglich' Tun,

Das Beten muss ich stets dazu'n.

Wenn ich zur Ruhe mich begebe,

So bet' ich, dass ich Frieden lebe.

Das Vaterunser sprech' ich dann,

Und halt' mich an ein Bibelspann.

So schlaf' ich ein mit frohem Mut,

Und weiß: Mein Herr, er macht es gut."


Der Aepin kam von Hamburg her,

Zu Wittenberg, mit Ernst und Ehr.

Als er den Luther nun verließ,

Er sprach: "Gedenk' in deinem Fleiß

An uns, die wir zu Hamburg steh’n,

Und lass dein Beten mit uns geh’n."

Der Luther sprach: "Die Sach’ ist dein?

Nein, Gottes Werk soll’s immer sein!

So lasst uns fest zusammen steh’n,

Und in der Eintracht betend geh’n.

Den Papst, den Türken, will ich hassen,

Und mein Gebet nie unterlassen.

Drum tut es gleich in Hamburg wohl,

Dass ihr auf Gott stets bauen sollt!"


"Mehr als wir bitten, gibt der Herr,

Er schenkt uns Gaben reich und mehr.

Wir bitten nur um Brot allein,

Doch gibt er uns ein ganzes Hain!

Als einst mein Weib am Sterben lag,

Da bat ich Gott, dass er ihr trag'.

Nicht nur das Leben ließ er zu,

Auch gab er uns ein Gut dazu.

Doch klagte sie: 'Warum denn sind

Die Papstleut' eifriger gesinnt?

Sie beten oft und voller Glut,

Doch wir sind kalt in unsrer Hut!'

Ich sprach: 'Der Teufel treibt sie an,

Er spornt sie stets zum Beten dran.

Doch wir sind träge und bequem,

Als wär’s um Beten nicht bequem.'"


Im Jahr fünfzehnhundertzweiunddreißig,

War Deutschland trocken, dürr und heiß.

Die Felder standen welk und braun,

Man sah kein Korn, man sah kein Laub.

Der Luther rief die Christen all’,

Und in der Kirche ward sein Schall:

"O Herr, wir fleh’n, gib uns dein Wort!

Doch hält der Reichtum deinen Hort.

Die Bauern sind von Geld besessen,

Die Us’rer woll’n nur Gold stat' Messen.

So sieht’s aus, Herr, in deiner Welt,

Und darum fällt kein Tropf' vom Feld.

Doch du hast Macht, gib uns dein Licht,

Herr, höre unser Fleh’n und sprich!"

Er hob die Augen himmelwärts,

Sein Herz erfüllt mit Leid und Schmerz:

"Du sprachst, dass du den Frommen gibst,

Doch Herr, du weißt, wie’s um uns liegt.

Warum, o Herr, gibst du uns nicht,

Was Christus sprach in seinem Licht?

So gib, o Herr, aus Gnad und Pein,

Den Segen uns und süßen Rain."

Und wie er sprach, so fiel alsbald

Ein Regen sanft auf Flur und Wald.

Für Wochen fiel er mild herab,

Und tränkte Feld und grünes Blatt.


Im Papsttum, da ist Beten schwer,

Es drückt das Herz, es quält so sehr.

Sie plappern nur, die Zung’ in Hast,

Doch keine Andacht in der Last.

Die Mönch' im Kloster murmeln laut,

Sie wissen nicht, was man vertraut.

Die Psalmen lesen sie und viel,

Doch bleibt das Herz dabei oft kühl.

Ich selbst hab’ so gequälet mich,

Denn Pflicht allein ist nicht das Licht.

Samstags sperrt' ich mich oft ein,

Um all die Pflichtgebet' zu reih’n.

Doch kamen dann so viele Sorgen,

Dass ich auch Samstag ließ verborgen.

Als Amsdorff mich darüber schalt,

Da ließ ich’s sein mit gutem Halt.

Nun frei von dieser schweren Last,

Ist's Evangelium, das passt!


Ein Brief kam aus dem Reichstagsschluss,

Den Melanchthon mir senden muss.

Er schrieb in Worten stark und fest,

Mit Weisheit stets, die mancher lässt.

Ich sah darin: Wir müssen steh’n,

Denn unsre Feinde weiter geh’n.

Der Papst will Krieg, doch fehlt ihm Mut,

Wir dürfen nicht verlier’n den Hut.

Drum sei’s in Gottes Namen so,

Er führe uns aus aller Not.

Ich will nur beten, dass er lenkt,

Und unsern Feinden Gnade schenkt.

Wir haben Recht, wir halten fest,

Wer wagt nicht Haupt und Blut aufs Best?

Denn Gottes Wort ist unser Schutz,

Und Frieden ist des Landes Nutz.

Doch Frieden will der Papst nicht geb’n,

So müssen wir zum Schwerte steh’n.

So lasst uns wachen, lasst uns fleh’n,

Denn Satan will nicht schlafen geh’n.


Der äuß’re Frieden ist so gut,

Ein hohes Gut, gibt Herz und Mut.

Doch wir missbrauchen ihn zu sehr,

Ein jeder lebt sich selber mehr.

Doch ach, in hundertfünfzig Jahr,

Da kommt die Not, so offenbar.

Wie einst in Österreich gescheh’n,

Wird’s Deutschland dann nicht besser geh’n.

Doch danach wird der Herr uns führ’n,

Und wieder Papsttum niederstür’n.

So lasst uns nicht das Beten lassen,

Denn unser Herr kann alles fassen.


In Eintracht wächst der kleinste Hort,

Doch Zwist bringt Trennung mit sich fort.

Ob Schule, Kunst, ob Wissenschaft,

Zusammenhalt gibt Mut und Kraft.

Doch streiten wir und beißen sehr,

So bleibt am End' von uns nichts mehr.

Drum lasst uns beten, lasst uns steh’n,

Lasst uns im Glauben nicht vergeh’n.

Gott sendet Engel, schütz uns fein,

Drum wollen wir auch streiten rein.

Mit einer Hand das Werk gebaut,

Mit ander’n das Schwert in die Haut.

Denn wider uns ist große Macht,

Der Antichrist, er will zur Schlacht.

Doch Gott, er hört, wenn Arme fleh’n,

Ihr Ruf kann nie verloren geh’n!


Als Moses zog mit seinem Heer,

Zum Roten Meer, da zittert' er.

Er schrie nicht laut, doch in der Brust,

Da wogte Angst und tiefe Lust.


„Ach Herr, was soll ich jetzo tun?

Wohin mich wenden, wo ausruhn?

Vor mir das Meer, dahinter Feind,

Zu beiden Seiten Berge eind!

Bin ich’s, der all dies Volk gebracht,

Dass es nun fällt in Not und Nacht?“


Da sprach der Herr: „Was schreist du so?

Als wankten Himmel hoch und roh!

Ist’s nicht genug, dass ich dich führ’?

Vertrau auf mich, ich öffne Tür!“


Der Mensch liest dies und staunt doch kaum,

Der Geist bleibt blind, er hält’s für Traum.

Doch, o wie weit das Meer sich streckt,

Wie Wittenberg von Coburg reckt!

Dreißig Meilen, weit und breit,

Und doch zog Israel durch die Zeit.

Sechshunderttausend, Mann für Mann,

Mit Weib und Kind, die zogen dann.

Gewiss, sie rasteten bei Nacht,

Bis Gottes Macht sie durchgebracht.


Gott hört Gebet, das fest vertraut,

Auch wenn es nicht nach Wunsch erbaut.

Er gibt nicht so, wie wir es meinen,

Doch lässt er uns gewiss nicht weinen.


So auch mit Augustins Mutter,

Sie betet stets mit heißem Flatter.

Sie fleht, ihr Sohn soll gläubig sein,

Doch scheint’s Gebet erst schwach und klein.

Sie ruft Gelehrte, sucht Rat,

Und bietet ihm ein frommes Weib.

Doch nichts geschieht nach ihrem Will’,

Bis Gott es fügt mit eigner Still’.

Und als er’s tut, da tut er’s recht,

Macht Augustin dem Glauben echt.


Jakobus spricht: „Bet’, wenn du kannst,

Gebet des Frommen hilft und glanzt!“

Gott band sich selbst ans Beten fest,

Er hört’s, wenn man nicht nachlässt.


Der König Persiens zog ins Feld,

Um Nasili in Bann zu stell’n.

Der Bischof sah: Wir sind zu klein,

Wie soll das Heer bezwungen sein?


Da trat er auf die Mauern hin,

Hob seine Hände, betete drin.

Und siehe, flugs kam Heuschreck’ Schar,

Und Pferd und Reiter floh in Schar.

Die Stadt war frei, Gott hat’s getan,

Er wandte ab des Feindes Plan.


So könnte Gott auch uns befrein,

Wenn wir nur stets im Beten sein.


Der fromme Christ betet immerdar,

Wenn nicht mit Worten, mit Seufzen zwar.

Sein Herz schlägt wachend, schlägt im Traum,

Im Seufzer ist Gebet ein Baum.


Wie David sprach: „Ich höre’s wohl,

Das Seufzen hebt den Armen hoch!“

So trägt ein Christ stets seine Last,

Auch wenn er sie nicht fühlen fasst.


Das Vaterunser knüpft uns fest,

Ein jeder mit dem andern wächst.

Es hält zusammen, treibt hinweg,

Der Todesfurcht finsteren Dreck.




FÜNFTER GESANG


Das Wort von unsrer Seligkeit,

Es treibt hinweg all Angst und Leid,

Es nimmt hinweg der Sorgen Schmerz,

Bringt Trost und Hoffnung in das Herz.

Ohne dies Wort, da hilft dir nichts,

Kein Rat, kein Werk, kein kluges Licht.


So liest man in der Kirchen Lehr’:

Der Kaiser Julian begehr’,

Dass seine Diener Christus fliehn,

Und ließen sie’s nicht, hieß er sie ziehn

Zum Richtplatz hin, mit Schwertes Hieb

Nahm er, was ihnen teuer blieb.

Doch freudig gingen sie zum Tod,

Mit starkem Glauben, ohne Not.


Ein Jüngling stand, von gutem Schlag,

Man bat, dass er zuerst erlag.

Doch Julian rief: "Lasst ihn gehn!

Ich will erst seine Standhaft sehn."

Der Jüngling kniet und beugt sein Haupt,

Der Henker hebt das Schwert – doch schaut!

Er schlägt nicht zu, befiehlt der Mann,

Der Jüngling steht und fleht sodann:

„O süßer Jesus, bin ich nicht wert,

Dass mich dein Leiden hat begehrt?“

Das war ein Wort voll Glaubens Kraft,

Die selbst den Tod bezwungen haft.


Vom Leiden um des Glaubens willen

Wenn Herrscher feindlich sind dem Wort,

Dann sei bereit, verlass den Ort!

Zieh aus, verkaufe Hab und Gut,

Und flieh hinweg mit festem Mut.

Doch nie erhebe Lärm und Streit,

Sei still, wenn man dich schmäht und schreit.


Was Christus will? Dass man ihn nennt,

Bekennet frei, sich nicht verrennt.

„Doch wenn ich sprech’, werd’ ich geschlag’n!“

So wirst du in der Furcht verzag’n?

Christus spricht: „Ruf mich in Not,

Ich helf dir doch in Angst und Tod!

Ich stehe bei dir, hör dein Fleh’n,

Und bring dich hoch in Ehr’ und Höh’n.“


Nichts leichter ist, als Gottes Dienst,

Wenn du nur glaubst und ihn nicht grienst.

Doch wer da glaubt, wird sicher leiden,

Denn Welt und Teufel sind voll Neiden.

Doch Christus hält in Not uns aus,

Er hilft uns durch, führt uns nach Haus.


Ein Christ muss standhaft sein

Ein jeder Christ, ob groß, ob klein,

Soll unerschrocken Zeuge sein.

Besonders die in Amt und Stand,

Die wahren Glauben stets zur Hand.

Denn kommt die Welt mit List und Spott,

So steh’ fest da mit starkem Gott!

Und ob die Welt auch brennen mag,

Ein Christ bleibt treu, verneint nicht zag.

Nicht einmal Luther selbst allein,

Soll Herr des Glaubens Richters sein!

Wenn er verneinte, wär’s nicht recht,

Denn Gottes Wort bleibt ewig echt.




SECHSTER GESANG


Im Jahr fünfzehnhundertachtzehn,

Wurd’ Luther vor Gericht gesehn.

Nach Augsburg rief man ihn herbei,

Der Kurfürst gab Geleit dabei.

Doch hüt’ dich, hieß es, vor dem Feind,

Vor jenen, die aus Rom gemeint.

Drei Tage blieb er ohne Schutz,

Doch dann erhob er seinen Trutz.


Der Kardinal sprach freundlich nicht,

Er forderte den Widerruf schlicht.

Ein Wort, „Revoco“, sollt’ es sein,

Dann wäre Luther aus der Pein.

Doch Luther sprach mit festem Blick:

„Ich stehe hier, geh’ nicht zurück!“


Und als er vor den Kaiser trat,

Man seine Schriften vor sich hat’,

Da sprach man: „Willst du widerrufen?“

Luther sprach: „Ihr könnt euch schufen,

Denn was ich schrieb, bleibt Gottes Wort,

Das kann ich nicht verleugn’ an Ort!“

Man gab ihm Zeit, doch blieb er fest,

Dass Gott allein sich bekennen lässt.


Er zog nach Worms – der Mut war groß,

Trotz allem Feindes Machtgeschloss.

Man warnte ihn, doch er blieb treu,

Und sprach: „Ich geh’, das ist mein Reu’!“

Denn selbst wenn dort so viele Feind’,

Als Dächer auf den Häusern seind,

So wollte er doch geh’n hinein

Und vor dem Kaiser Zeuge sein.


Er stand vor Fürsten, groß und klein,

Sein Glauben mocht’ nicht wanken sein.

„Ich kann nicht anders,“ sprach er kühn,

„Hier stehe ich – Gott helfe mir!“


Da kam ein Doktor stolz zu mir, 

Vom Markgraf’n von Baden gesandt allhier. 

Mit hohen Worten gar wohl bedacht, 

Hat er mich ernstlich angelacht:


„Herr Martin, Ihr seid wohl gebunden gar 

Zu tun, was der Liebe geziemet wahr, 

Zum Frieden sollt Ihr willig steh’n, 

Dass Unruhn nicht im Volk entsteh’n.


Auch sollt Ihr des Kaisers Willen ehren 

Und keine Ärgernis gewähren, 

Drum rat ich Euch, tut jetzt den Schwur 

Und widerruft, folgt unsrer Spur.“


Da sprach ich: „Wohl, aus Lieb und Treu’ 

Gern gäb ich viel und gäb es neu, 

Doch nicht, wo Glaub und Ehr’ 

von Christ Gebrochen und verraten ist.“


Da sah’n sie alle mich verzagt, 

Der Kanzler sprach, fast schon geplagt: 

„Herr Martin, Ihr seid ungehorsam heut, 

Drum ziehet hin mit sichrem Geleit.“


Da schied ich sanft von Worms hinweg, 

Zu aller Christenheit Erschreck. 

Die Papstgetreuen zürnten sehr, 

Hätt’ ich daheim geblieb’n vielmehr.


Doch als ich ging, mit finstrem Sinn, 

Führten sie das Edikt wohl hin: 

Dass man nun jeglichen bestrafe, 

Den man als Ketzer fassen schaffe.


Doch die Tyrannen, stolz und schier, 

Widerriefen’s kurz darauf dann hier.


Der Reichstag war von hohem Preis, 

Da brach das Evangelium leis 

In viele Lande aus der Nacht, 

Wohl gegen Kaiser, Papst gemacht.


Was dort geschah, war Gottes Rat, 

Dass sich der Glaube weiter tat. 

Die Papstgetreuen lobten da 

Das, was sie selbst verhöhnt ein Jahr.


Sie hatten den Kaiser gar betört, 

Dass unsre Lehre nichts wert. 

Doch als er kam und alles sah, 

War unsre Antwort hell und klar.


Wir haben dort ganz offen frei 

Den Glauben laut bekannt dabei. 

Die Feinde sanken tief und schwer, 

Wir widerlegten sie gar sehr.


Der Reichstag war von hohem Wert, 

Weil dort das Wort ward laut gelehrt. 

Die Feinde mussten selber schwören, 

Dass unsre Lehre ist zu hören.


Der Kaiser weise sprach sodann 

Und sah die Wahrheit nüchtern an. 

Er fand uns anders, als gesagt, 

Die Papstgetreuen falsch geklagt.


Man sprach: „Ist’s wider Christi Wort, 

So tilgt es aus an jedem Ort. 

Doch sind’s nur Riten, die Ihr schmäht, 

So prüfet’s klug, bevor Ihr geht.“


Doktor Eck gestand sodann, 

Dass man uns mit Schrift nicht bann’. 

Der Mainzer sprach mit Zorn und Spott: 

„Wie schwach ist unsre Gelehrtenschar dort!“


Doch wusste er in tiefstem Sinn, 

Dass unser Wort die Wahrheit in. 

Er blieb dem Papst doch noch getreu, 

Doch ward ihm längst die Sache neu.


Das Gotteswort, das wankt doch nicht, 

Je mehr bedrängt, umso es bricht 

Mit stärker Macht durch Nacht hindurch 

Und gibt den Menschen Glaubensfurcht.


Der Reichstag war ein helles Licht, 

Das letzte wohl, bevor bricht 

Der Tag des Herrn mit Macht heran, 

Wo jede Seel ihr Ende fand.


Die Papstgetreuen tobten sehr, 

Doch war ihr Widerstand nichts mehr. 

Denn unser Wort ging weit hinaus, 

Gott hielt sein Volk in seinem Haus.


Die Papst’ vergruben ihr Geschreib, 

Denn es war hohl, verdorrt und steif. 

Ich rief: „Lasst sie’s doch zeigen nur, 

Ich würd’ es schlagen auf die Spur!“


Die Wahrheit siegte, laut und klar, 

Gott führte uns durch Streit und Jahr. 

Nun, Brüder, haltet fest daran, 

Bis unser Herr selbst kommt heran.