MYSTISCHE THEOLOGIE


von Torsten Schwanke


für Damaris vom Heiligen Kreuz, HBGF


Weihnachten 2024



KAPITEL I


Was ist die göttliche Dunkelheit?


Übernatürliche Trias, Gottheit, die alles umfängt,

Wissen und Güte zugleich, der Christen leuchtende Richtschnur,

Leite den Weg, der empor uns führt zu mystischen Höhen,

Wo dein unbegreiflichstes Licht in Dunkelheit strahlet,

Strahlend und hoch, verhüllt in der tiefsten geheimnisvollen Stille.

Dort, wo die reinen, die wahren, die unveränderlichen Rätsel

Theologie fassen und jedes Licht überstrahlen,

Dunkel in Glanz und herrlicher als aller Schönheit Erscheinung,

Weisheit erhabener Art, die die Sinne und Seelen betöret,

Blendet die Geister und hebt sie hinaus über alles Begreifen,

Hüllt in das Strahlen der Schönheit, die jede Schönheit besieget.


Dies sei mein Gebet! Doch du, o Timotheus, wende

Sorgsam dich ab von den Sinnen, und lass, in geistiger Übung,

Alles zurück, was Verstand und die Sinne ergreifen,

Weltliches Sein und Nichtsein, damit du unwissend hinaufsteigst,

Ihm dich vereinst, der allem Wissen und Sein überlegen.

Denn nur durch völligen Verzicht auf dich und die Dinge

Wirst du getragen empor in die göttlich-dunklen Erscheinung,

Wo über alles Verstehen hinaus Sein Licht dich umstrahlet.


Doch dieses Wissen enthülle nicht jenen, die uneingeweiht sind,

Die am Gedanken der Menschen hängen und meinen,

Nichts sei höher als das, was der Geist zu denken vermag,

Glauben, sie wüssten, was in Dunkelheit sich verbirgt.

Wie soll der Verstand jener Menschen das Göttliche fassen,

Wenn selbst die höchsten Begriffe versagen in ihrer Erklärung?

Viele erschaffen aus niedrigsten Dingen Bilder des Höchsten,

Leugnen zugleich, dass es über die irdischen Muster erhoben,

Statt zu bekennen: Die Ursache allen Seins und der Kräfte

Besitzt alle Formen und übertrifft sie zugleich unermesslich,

Denn sie ist alles und keines zugleich im höchsten Vollkommen.


So sprach Bartholomäus, der Selige, kraftvoll von Weisheit:

Groß sei die göttliche Lehre und doch voll stiller Beschränkung;

Breit sei das Evangelium, kurz und zugleich unermesslich.

Denn was das höchste Wort ist, ist oft nur Schweigen und Stille;

Spricht es doch weder durch Sprache noch Denken menschlicher Ordnung,

Offenbart sich allein in der Wahrheit jenseits von Begriffen,

Jenen, die rein und erhoben das Höchste überschreiten.

Dunkel das Licht, in das sie eingehen, wo die Geheimnisvolle

Ruhet, die EINE, und alles Sein in sich birgt und vergehet.


Nicht ohne Grund ward Moses befohlen, sich erst zu reinigen,

Trennte er sich von den Unreinen und stieg, gereinigt,

Höret Posaunen und sah des Lichtes strahlende Fülle.

Dann, mit den Priestern allein, die Masse weit hinter sich lassend,

Führte der Weg ihn zum Gipfel des göttlichen Aufstiegs empor.

Dennoch, die Gegenwart Gottes sah er nicht mit den Augen;

Nur einen Ort, wo er wohnt, ward ihm gewährt zu erkennen.

Dieses verstehe ich so: Die göttlichsten Dinge des Daseins,

Sichtbar und klar, sind nur Symbole von Höchstem dahinter.

Alles Gehörte und Gesehene führt in die Dunkelheit,

Wo der Verstand verstummt und die Mystiker schweigen in Staunen,

Eingehüllt in das Nichts, das alles und nichts ist zugleich,

Denn sie erkennen nur das, was sich nie ganz offenbart.



KAPITEL II


Die Notwendigkeit, mit ihr vereint zu sein und sie zu loben, ist die Ursache von allem und vor allem.


Wir beten, dass wir in die Dunkelheit kommen des Ewigen, jenseits Lichtes,

Ohne zu sehen und ohne zu wissen, zu schauen und kennen,

Was über Wissen und Sicht, die der Menschen Augen beschränkt, liegt.

Denn durch das Nicht-Sehen, das Dunkel der Unwissenheit mächtig,

Werden wir kommen zur wahren Erkenntnis und Schauen des Höchsten,

Loben es dann, das über der Wesen Sein uns entzogen,

Über allem, das ist, in der transzendenten Erhabenheit wandelnd.


So wie der Meister, der Marmor bearbeitet, stille,

Fremdes entfernt, das die Schönheit verhüllt, die verborgen im Stein ruht,

Formen enthüllt, die der Blick noch nicht sah, die er leuchten lässt, hellstrahlend:

Alles, was stört, entfernt, bis die Klarheit im Werke hervorscheint.


Abstraktion, die alles befreit von Hülle und Lasten,

Dies ist die negative Art, zu erkennen, was wahret:

Nicht wie bei Attributen des Göttlichen, die gepriesen,

Steigend vom Allgemeinen aufwärts zu den höchsten Gestalten,

Folgend der Leiter des Lichts, von dem ersten Schimmer des Wesens,

Bis zu den letzten Strahlen der Eigenschaft göttlicher Ordnung.


Hier nun sinken wir ab, abstrahieren, was Bindung erzeugt hat,

Lösen Begriffe und Hüllen, die Sehen und Denken umfangen,

Bis wir erkennen die Unwissenheit, die, tief verhüllt, bleibt

Unter dem, was erkannt, und verborgen in allem Begreifen.

Dann erst wagen wir ein, in die Dunkelheit Gottes zu treten,

Die, von allem Licht in den Dingen umhüllt, uns entzündet.




KAPITEL III


Was sind die Behauptungen und die Verneinungen in Bezug auf Gott?


In den Grundzügen der Lehre vom Göttlichen Wesen der Wahrheit,

Lagen dargelegt die Begriffe vom Einssein Gottes und Dreieinheit.

Was als Vaterschaft, was als Geburt, und was als der Geist gilt,

Zeigt sich im Wesen des Einen, das Heilige sichend in Einheit.

Unerschaffene Güte, die Quelle, unteilbar in Strahlen,

Geht hervor und bleibt doch ewig eins in sich selbst, in dem Ursprung.

Unveränderlich strahlt sie, das Licht, das weder zertrennt ist,

Noch in sich wandelt, stets gleich und harmonisch verwoben.


Jesus, überessentiell, tritt ein in den Raum des Geschaffnen,

Wo die Wahrheit des Menschen ihm selber die Brücke bereitet.

Alles Weitere, das von den Orakeln klar ist benannt, wird

Eben an jener Stelle gelehrt und sorgsam beleuchtet.

Von den göttlichen Namen die Macht und das Leben, das Sein selbst,

Güte, Weisheit und Kraft, die Titel des Göttlichen Wesens,

Haben wir dort bedacht, und ferner die Bilder der Sinnenwelt,

Wie sie symbolisch den Glanz der Natur des Göttlichen deuten.


Wie in Bildern und Stoffen sich zeigt, was den Menschen zu groß ist,

Seine Werke, der Ort seiner Ruh, die Kleider des Ewigen Hohen,

Was als Zorn Gottes erscheint, als Trauer, als göttlicher Rauschzustand,

Was als Eid, als Drohung, als Wachen und Schlafen verstanden wird.

Alle Symbole, die heiligen Formen und Zeichen der Wahrheit,

Führen hinab in die Tiefe, wo Einheit in Fülle sich spiegelt.

Je tiefer wir steigen im Sinnlichen, desto mannigfaltiger werden

Alle Begriffe, die uns in den Stufen des Denkens begegnen.


Doch wenn wir aufwärts schauen und empor zu den Höhen des Seins streben,

Wird die Rede begrenzt und verstummt zuletzt vor der Stille.

Wo das Denken verharrt in dem Dunkel, das über dem Licht liegt,

Dort wird das Wort zu nichts und der Geist zu schweigender Klarheit.

So begann der erste Diskurs mit den Höhen des Göttlichen Abstiegs,

Um dann hinabzusteigen und in Fülle sich zu entfalten;

Doch die jetzige Rede erhebt sich von unten zum Höchsten

Und beschränkt die Worte, bis Stille die höchste Erkenntnis wird.


Warum, fragt ihr vielleicht, beginnt der affirmative Weg

Mit den höchsten Begriffen, der negative mit dem Entsagen?

Dies, weil bei der Bejahung die Attribute beginnen,

Welche am engsten dem Höchsten verbunden, und andere stützen.

Doch der Verneinungspfad, der das Jenseits der Form anstrebt,

Muss von der Ferne beginnen, das Niedrige zuerst verwerfen.

Denn wahrer ist’s zu sagen: Gott ist Leben und Güte,

Als zu behaupten, er sei gleich einem Stein oder Lüften.

Und das Göttliche frei von Rausch und Zorn zu betrachten,

Ist wohl besser, als ihm die Begriffe von Menschsein zu geben.


Die Übertragung erfordert eine Balance zwischen inhaltlicher Präzision und poetischer Musikalität. Eventuelle Anpassungen nehme ich gern vor!



KAPITEL IV


Dass es die überragende Ursache aller vernünftig wahrgenommenen Dinge ist, ist selbst nichts davon.


Gewaltig sprechen wir aus: die Ursache, die alles erschafft uns,

Transzendent, allumfassend, ist niemals ohne ein Wesen,

Ohne Leben, Vernunft und Gedanken, frei von Intelligenz nicht.

Körper ist sie jedoch nicht, hat weder Gestalt noch die Formung,

Keine Qualität trägt sie, kein Maß, kein Gewicht zu bestimmen.

Nicht an Ort oder Stelle zu fassen, nicht sichtbar für Augen,

Unberührbar ist sie, kein Sinn kann jemals sie greifen.

Weder beherrscht von Unordnung noch von der Unrast der Erde,

Noch von der Leidenschaft niederer Welt bedrängt oder gezeichnet.

Nie wird sie schwach durch Folgen der irdischen Mächte und Gründe,

Braucht kein Licht, das sie führet, erleidet Wandel und Enden nicht.

Nicht kann sie geteilt sein, nie fehlt ihr etwas an Wesen.

Keines von allem, das wir benennen, gehört ihr zum Wesen.



KAPITEL V


Dass es die überragende Ursache aller verständlich wahrgenommenen Dinge ist, ist selbst nichts davon.


Noch höher uns erhebend, verkünden wir wiederum klar,

dass weder Seele noch Geist in dem Wesen verborgen sich zeigt;

noch ist es Einbildungskraft, noch Meinungsverstand, noch ein Wissen,

weder erdenklich im Geist noch fassbar in Worten geformt.

Zahl ist es keine, und Ordnung entbehrt es, weder erscheint es

groß, noch klein, und es kennt weder Gleichheit noch Ungleichheit.

Ähnlichkeit ist ihm fremd und ebenso Unähnlichkeit immer,

steht es doch nimmer, noch ruht es, noch wandelt es irgendein Ort.

Macht ist es nicht, noch besitzt es die Kraft, als Macht zu bestehen,

Licht ist es keines, noch lebt es, noch Leben entspringt ihm allein.

Wesen ist es nicht, noch Ewigkeit hält es, noch misst ihm die Zeit sich,

weder vom Denkbaren selbst wird ein Kontakt spürbar je sein.

Wahrheit bleibt ihm verborgen, und Königtum fehlt ihm als Zeichen,

Weisheit ist es nicht, noch Einheit, noch Güte, noch Gottheit als Ganzes.

Geist ist es keiner, wie wir ihn verstehen, noch Vater noch Ursprung,

nichts, was den Dingen bekannt, die sind, oder nicht mehr bestehen.

Niemand weiß, wie es ist, noch erkennt es die Wesen im Wissen;

denn kein Name erreicht es, kein Denken, kein Forschen, kein Sehen.

Weder ist es das Dunkel noch Licht, noch wahr ist es, noch falsch,

und kein Satz, sei er bejahend gesagt oder verneinend,

fasst es im Wesen, denn was darunter liegt, ist uns begreifbar,

doch die Ursache selbst, allvollkommen und ohne ein Gleiches,

ragt über alles hinaus, sei’s Behauptung oder Verneinung.

Frei von den Grenzen der Welt, über allem, allein und erhaben.