GESCHICHTE DER AFRIKANISCHEN PHILOSOPHIE


VON TORSTEN SCHWANKE



Dieses Lied erzählt von der Zeit, da Afrikas Denker

Fanden den Pfad zum System, vom zwanzigsten Jahrhunderte an.

Sokrates sprach es im Theaitetos: Staunen, das sei es,

Worin die Weisheit beginnt – Aristoteles folgte dem Wort.

Doch nun lehret die Forschung, es gäbe verschiedene Arten,

Staunen sei mehr als nur eins – welches entfachte dies Licht?

Zwei sind bekannt aus dem Abendland: Thaumazein, das Erstaunen,

Miraculum, das fragt – Neugier, die Wurzeln erschließt.

Beide bestanden gewiss auch dort in den Ländern des Südens,

Längst vor systemischem Grund, seit den uralten Tagen der Ahnen.

Aber es trat eine neue Gestalt in das philosophische Denken,

Onụma heißt sie genannt – Frust, der den Zorn einst gebar.


Afrikaner kehrten zurück aus den Stätten des Westens,

Heim aus den Hallen der Lehr’, doch geschlagen vom Hass.

Rassisch verhöhnt, als Sklavenspross tief erniedrigt,

Galten als Wesen zweitrangs, nicht von Vernunft noch Kultur.

Kehrten zurück in die Heimat und fanden dieselben Verhältnisse,

Kolonialismus und Zwang, Willkür der Herren und Pein.

Frust, der genährt durch Verachtung, ließ sie den Aufstand entfachen,

Suchend nach Wahrheit und Sinn, sprach zu den Seelen der Zorn.


Sklaverei und Kolonialgewalt, das Lied der Erniedrigten,

Schufen ein Bild von dem Land, schwarz wie das tiefste Vergessen.

Doch aus der Schmach wuchs Denken empor, Empörung gebar es,

Geistige Auflehnung sprang, heiß wie das Feuer, hervor.

Erst als Nationenbegriff, dann als tiefere Forschung,

Philosophie ward geformt, Frust war die Mutter des Lichts.

Denn die Verleumdung der Weisen des Westens, Kant und Hegel,

Levy-Bruhl und die andern, schufen ein Bild voller Spott.

Afrikas Volk sei roh, verstandlos, ohne Vernunftgeist,

Taugte nicht je zur Kultur, sei nur von Instinkt bestimmt.

Diesen Betrug zu entthronen, zu stürzen das Lügengebäude,

Machten die Denker sich auf, mit Feder und Wort und Verstand.

So begann eine Zeit, da die Philosophie ward gegründet,

Afrikas eigenes Denken, wider den Spott der Gewalt.


Danquah war einer der ersten, gefolgt von Hebga,

James, auch Akesson, Césaire, Senghor und Nkrumah,

Nyerere, Abraham, Mbiti, die alle berufen,

Gleichwohl mit Jahn und Tempels, Worte zu schreiben voll Glut.


Afrikas Philosophie, als eine systemische Studie,

hat nur eine geringe, doch dichte Geschichte geformt,

denn in Jahrzehnten geschah, was besser in Jahrhunderten reifte.

Später vollbrachte man manches, was früher geschehen sein sollte,

frühes Vermächtnis vermischte sich so mit den mittleren Zeiten.

Nach der Kolonialzeit erkannten die Denker des Landes,

Afrika sei unvorbereitet der Welt eingesogen ins Netzwerk.

Einst war Afrikas Wesen europäisch geprägt in den Zeiten

kolonialer Gewalt, sein Denken, sein Maß und sein Urbild

wurden geformt vom Schatten der Herrschaft, der riesig dahinter

ragte, sodass er sich fügte in fremde Kulturen und Werte,

ohne verbunden zu sein mit der Tiefe des eigenen Wesens.


Eilig verflogen die Lügen, die einst ihm die Fremden versprachen,

als der koloniale Gigant mit seinem Schatten verschwand.

Nun, in der globalen Ordnung, ward ihm zur Schande die Täuschung,

weiterhin westlich zu sein, wie vormals der Fremde ihn prägte.

Hatte er doch Kolonialismus verstoßen, den Herrscher verjagt,

wurde ihm klargemacht, dass er nicht mehr unter dem Schutz stand,

den das europäische Siegel gewährte in früherer Zeit.

Plötzlich erkannten die Weisen, die tiefer die Dinge durchschauten,

Täuschung umfing sie, ein Trugbild von eigenem Sein in der Fremde.

Eilig erklang eine Frage, die jeden Afrikaner bewegte:

Wer bist du?“ – Doch aus Europas verzerrtem Blick klang die Antwort:

Wilder, Primitiver, fast weniger noch als der Mensch.“

Drängend und eilig begann nun das große Erwachen des Denkens,

suchte die Seele des Landes nach Eigenheit, Wurzeln und Kraft,

um sich zu lösen vom Fremden, Geschichte und Wege zu finden,

die es aus eigener Quelle auf neue Fundamente stellt.

So begann mit Cesaire, mit Nkrumah, mit Damas die Suche,

Negritude ward geboren, die Stimme des schwarzen Bewusstseins.


Danquah erforschte mit Geist, Akesson ergründete tief

Recht und Politik des Landes in reiflicher Prüfung.

George James schrieb Geschichte des Denkens und schuf eine Brücke,

Meinrad Hebga vernahm die Logik der Völker Afrikas.

Tempels, der Europäer, ein Missionar aus dem Westen,

suchte dem Lande zu helfen mit Bantu-Philosophie,

wollte beweisen, dass Afrikas Geist ein System für sich trage.

Doch es war James, der weiter und kühnere Thesen verkündete,

sprach von geraubtem Erbe, von Weisheit, entwendet dem Süden.

Stolze Europäer beschämend, behauptete James:

Griechische Lehren entstammen Ägypten, sind gar nicht europäisch!“

Doch was er sagte, erklang im Gehör des Westens vergebens,

denn es bewies nicht das Eine: Wer wirklich dies Wissen erschuf.

Afrika bleibt in der Fassung von James nur südlich der Wüste,

hoch-melaninreiche Menschen aus dunklerer Herkunft gemeint.


Viele Denker des Landes betraten die philosophischen Pfade:

Cesaire, Mbiti, Oruka, mit ihnen Nyerere,

Senghor, Azikiwe, Awolowo und Kegame,

Nwala, Edeh, Onyewuenyi und Olela,

öffneten Tore des Geistes mit kraftvollen Worten und Werken.

Einige suchten die Wurzeln des Denkens in Afrikas Erde,

andere strebten nach Wegen der Politik und der Macht.

Doch all dies Streben, es fällt in die frühere Epoche,

die mit den ersten Gedanken den Grund für das Kommende legte.


Dann kam das große Gefecht der Gedanken, die Zeit der Debatten.

Jene, die früher Gedanken gefasst, verteidigten heftig,

doch eine kritische Stimme erhob sich mit schneidendem Zweifel.

Momoh, Horton und Maurier, Keita, Bodunrin, Wiredu,

Gyekye, Wright, Omoregbe und Okolo,

Hountondji, Hunnings, Oruka und Sophie Oluwole,

all diese Denker verflochten die Worte in glühender Prüfung.


Die mittlere Zeit wich langsam der späteren Epoche,

deren Bestreben es war, ein afrikanisches Wissen

neu zu erbauen, das rein von Ethnophilosophie bliebe.

Zwei Lager stritten sich heftig: Die einen, die Alten,

die sich Rekonstruktivisten nun nannten und forderten, alles

müsse gereinigt von fremden Spuren und frei von

afrikanischen Prägungen sein, um als echt zu erscheinen.

Jene dagegen, die eklektisch verfuhren, verbanden

weise das Neue mit Altem, um Wahrheit zu finden.

Doch bald stieß jene Rekonstruktion an Mauern und Wände,

denn was sie schufen, erschien als bloß westliche Lehre,

ohne die Zeichen, die eine Philosophie aus Afrika brauchte.

Nur weil ein Denker aus Afrika stammte, genügte

dies nicht, um sein System als afrikanisch zu werten –

fiel es doch jeglicher Prüfung zum Opfer, die kam.

So ward der Einfluss der kritischen Schule geschmälert,

bis sie zuletzt vom eklektischen Lager verschlungen.


Jene, die weise verbanden, die Alten mit Neuem,

ebneten Wege, um eine Epoche zu künden,

welche das philosophische Gespräch in den Mittelpunkt stellte.

Nicht bloße Mischung, vielmehr ein systemischer Aufbau

führte das Denken der neusten Epoche nach vorn.


Rückblickend teilen Historiker Zeiten der Lehre

in zwei große Bereiche: Die Vorsystemzeit und die späte,

wo das systemische Denken erblühte. Die erste

fasst die Kultur und das Denken der alten Weisen zusammen,

deren Gedanken verborgen im mündlichen Wort überlebten.

Manche von ihnen, die lehrten, in Ägypten und auch in

Äthiopiens Reich, sind kaum dokumentiert worden.

Erst mit der Rückkehr der ersten Philosophen des Westens,

die in den Zwanzigern kamen, begann eine neue Periode:


Frühzeit von zwanzig bis sechzig, darauf die mittlere Phase,

die bis zur achtziger Zeit uns führte, gefolgt

von der späteren Zeit bis hin zu den neuen Gedanken,

welche seit neunziger Jahren das Feld dominierten.


Doch soll dies nicht bedeuten, dass Denker des Alten

schwiegen und nie über tiefste Probleme nachsannen.

Vieles verloren in Schriften, vernichtet und nicht mehr vorhanden,

bleibt uns verborgen, sodass wir nicht prüfen die Tiefe.

Doch als System erst spät erhoben, erstrahlte

Afrikas Denken in neuem Gewand der Moderne.

Ob nun Augustinus, der einst in Numidien lebte,

oder Amo, der aus Ghana zur westlichen Lehre gelangte,

ihre Gedanken, durch fremde Systeme geprägt, sind

schwerlich als wahre afrikanische Schule zu werten.

Doch dies bleibt stets eine hitzige Frage des Streites:

Gehören jene nun beiden zugleich, oder keinem?

Denn was bedeutet es wirklich, ein Denker Afrikas zu sein?

Nicht nur Geburt kann dies Maß sein, auch Denken entscheidet!


Doch um zu lösen den Streit, schlug man neue Wege

durch das Gespräch, das die klügsten Geister begannen.

Nicht zu verwerfen die alten Gedanken, noch blind sie

einfach als rein afrikanische Lehren zu preisen,

sondern im Lichte der Vorsystemzeit zu erforschen,

wie sich Gedanken durch Zeiten und Räume ergaben.

Jene, die einst durch Orale Kultur ihre Weisheit

weitergegeben, verbleiben verborgen im Dunkeln,

doch ihr Vermächtnis zu heben, bleibt Ziel der Epoche.


Weil es gewichtige Zweifel bei weisen Denkern Afrikas

Gibt, ob man dieses Kapitel wohl in der Chronik verzeichne,

Bleibt die ägyptische Frage ein Streitfall alter Epoche:

Ob denn die Schöpfer der großen Kultur am Strome des Nils wohl

Schwarze gewesen, vom Süden her aus Sahara gezogen.

Denn ob die Denker, die einst die gestohlene Weisheit beklagten,

Zeigten, dass Griechen von Ägyptern viel übernahmen,

Blieb doch die Wurzel der Lehre in dunklen Schatten verborgen:

Wer waren jene, die jene Gedanken geschaffen und prägten?

War es das Volk mit der schwärzesten Haut, das südlich der Wüste

Lebte und blühte? Es blieb ein Behaupten, doch keine Gewissheit.

Sicher, die Zeiten der Schmach und die Bürde kolonialer

Macht ließ solch kühne Ideen entstehen, um Stärke zu zeigen.

Aber der Lauf der Geschichte enthüllt nach Jahrzehnten der Prüfung,

Dass es vergeblich erscheint, an der alten Behauptung zu kleben.

Doch wenn ein Denker dies dennoch behalten will als Vermächtnis,

Soll es behutsam ins vage Gebiet der Frühzeit versetzt sein.


Hier in dem Werke nun soll von Afrikas Weisheit gesprochen,

Von ihrer Ordnung, den Schulen, Bewegungen, Zeiten und Fragen.

Streit mag bestehen in jeder Epoche, doch einen verbindet

Immer die Last ihrer Zeit, das Problem, das jene bestimmt hat.

Denn es ist Regel, dass jede Epoche sich selbst definiere

Durch ihr Problem und den Fokus, der Denker zusammenschließt.

Daher mag einer den Weg der Geschichte durch Menschen verfolgen,

Einer durch Zeiten – doch treffen am Ende sie beide zusammen.

Dies zeigt, dass Denkende immer gemeinsam ein Zielfeld umkreisen,

Lösungen suchend für das, was die Zeit ihnen auferlegt hat.

Also wird dieses Kapitel sich stützen auf feste Kriterien,

Epochen, Schulen und Strömungen, stets mit Blick auf Personen.


Drei ganze Dekaden und mehr schon währte das Ringen,

Ob man von Afrikas Weisheit als echter Philosophie spreche.

Schließlich ward anerkannt, dass sie sei – doch was macht sie zur solchen?

Hier nun entzweien sich Schulen, geteilt in zwei große Parteien.

Traditionellen gilt alles als weise, was tief in den Bräuchen

Alter Gemeinschaften liegt, im Gedankengut alter Geschichten.

Jene jedoch, die den Geist der Analyse und Prüfung verehren,

Sagen, Philosophie müsse stets von einzelnen stammen,

Deren Reflexion kritisch und frei, vom System ungebunden.


Tiefer ergründet ward dies in der langen und hitzigen Debatte,

Zwei klare Wege entstanden, sich scharf voneinander zu scheiden:

Erstens ein Rasse-Kriterium – Weisheit sei afrikanisch,

Wenn sie von Menschen des Erdteils verfasst und gelehrt worden sei.

Solches vertraten Hountondji, Oruka zu Teilen und Bodunrin,

Doch es erschien vielen eng und zudem exklusiv und beschränkt.

Andererseits gibt es das Traditions-Kriterium, das Weisheit

Nicht an die Herkunft der Denker, doch an das Umfeld gebunden.

Afrikanisch sei Denken, wenn es inspiriert sei von Kulturen,

Nicht ob der Denker nun schwarz sei oder aus Afrika stamme.

Hierher gehören Oruka erneut, auch Hebga, Momoh,

Etuk, Omoregbe, Chimakonam und Bodunrin später.

Doch auch dies wurde bestritten, da unkritische Züge verbleiben,

Wo man zu eifrig vergangene Denkformen lobpreisen wollte.


Neu ist die Frage der Sprache – in welcher solle man denken?

Macht es die Weisheit afrikanisch, wenn sie in den Sprachen

Afrikas wurzelt, anstatt in den fremden der Kolonialzeit?

Jene, die Sprache zum Prüfstein erheben, berufen sich häufig

Auf Ngugi, Kezilahabi, Bello, Ogunmodede.

Zeitgenossen wie Tangwa, Uduagwu und Maduka fragen,

Ob denn Philosophie im Fremden noch ihre Kraft wohl bewahre.

Und gar Rettova als Fremde beteiligt sich an der Debatte.

Aber das letzte Wort bleibt noch offen – was macht Philosophie aus?

Afrikanische Weisheit ist Denken, ist kritisches Forschen,

Doch ihr genauer Bereich bleibt in Fragen und stets umstritten.


Die Methode des Gemeinschaftsgeists spricht von der Einheit,

Von der Verbundenheit, Harmonie und Gemeinsamkeit.

So wie Ubuntu es lehrt, dass der Mensch durch Menschen besteht,

Und wie Mbiti betonte: "Ich bin, weil wir sind" – so es geschieht.

Forscher, die diese Methode oft wählen und sie gestalten,

Arbeiten an Personsein, Gemeinschaft in vielen Entfaltungen.

Menkiti, Ramose, Gyekye, Metz und Matolino,

Eze und Akiode, Oelofsen und Praeg ebenso.


Die Methode der Ergänzung, von Asouzu klug erdacht,

Sieht in jedem Element ein Glied, das die Ordnung bewacht.

Nichts ist je nutzlos, vielmehr ist die Welt ein Geflecht,

Wo sich eins an das andere fügt, keines ist für sich echt.

Jede Variable verknüpft sich mit anderen Gliedern,

Ein "fehlendes Bindeglied", das sich nicht darf verlieren.

Edet, Agada und Chimakonam, sie gehen den Pfad,

Den die Ergänzungsmethode als Brücke erbaut hat.


Die Methode des Gesprächs – ein Wandel des Denkens,

Wo Gegensätze sich regen, statt einfach zu lenken.

Relationalität wird hier tief begriffen,

Denn alle Variablen sind eng verstricken.

Kontext bestimmt, wie Gedanken sich formen,

Ergänzung verbindet, lässt Gegensätze nicht verdorren.

In Gesprächen von Schulen und Strömungen breit,

Steht Nwa-nsa dem Nwa-nju zur intellektuellen Streit.

Chimakonam war es, der diesen Weg eröffnete,

Viele Denker folgten, die Diskurse verknüpften.


Die ethnophilosophische Schule begann als die erste,

Wo Denken und Kultur als Einheit man bewertete.

Doch Kritiker rügten, sie sei zu eng gefasst,

Placid Tempels und Kagame gehörten zu dieser Last.


Die nationale Schule, ideologisch geprägt,

Bekämpfte Kolonialismus, hat Tradition bewegt.

Nkrumah, Nyerere und Senghor, sie führten das Wort,

Für Afrikas Zukunft als freier Ort.


Die Schule der Weisen betonte den tiefen Gedanken,

Die in alten Kulturen schon fest verankern.

Oruka der Kenianer erforschte die Alten,

Doch Kritiker fragten, ob Weisen so sprachen.

Gruaile verglich er, hielt ihn für minder,

Doch die Methode bleibt – mit Vorbehalten dahinter.


Weithin bekannt ist die Schule, die Hermeneutik sich nennet.

Sie betrachtet als Kern der Philosophie das Werk der Deutung:

Afrikas Weisheit in Liedern, in Mär und Legenden verborgen,

und die Texte, die neu sich erheben im philosophischen Diskurs.

Okere Theophilus lehrt es, Okolo wie auch Serequeberhan,

Kazeem Fayemi Ademola gesellt sich zur Gruppe dazu.

Aber verworren erscheint ihr Pfad, da sie doch Ethnophilosophie

strikt verwerfen, obwohl das Material, das sie lesen und deuten,

braucht die Methoden genau dieser alten, verschrienen Gedanken.

Okere, Okolo, sie zogen die Weisheit der Ahnen zu Rate,

selbst wenn sie abseits zu stehn behaupteten von ihrem Bestand.

Diese Schule vertritt das Bauen des Mittleren Zeitalters,

Afro-Konstruktion genannt in den Schriften der Weisen.


Jene Schule hingegen, die sich der Literatur verpflichtet,

will die Kultur der Völker in dichterischer Weise verkünden.

Achebe, P’Bitek, Thiong’o und Soyinka, große Gelehrte,

stehen für diesen Gedanken, mit Wort und Geschichte sie lehren.

Doch von Kritikern gescholten als nur eine neue Verkleidung

alter Ideen, die ethnophilosophischen Denkens entstammen,

trägt ihr Werk die Bewegung des mittleren Baus der Ideen,

Afro-Konstruktion zugleich wie das vorhergenannte System.


Groß ist die Zwietracht um jene, die als die Modernen benannt sind,

oder als Universalisten, die Logik der Weisen befolgend.

Sie behaupten, es sei nicht Philosophie, was andere treiben,

fordern die reine Kritik, das Denken des Einzelnen fordert

klaren Verstand und Methoden, wie sie die Wissenschaft leitet.

Wiredu Kwasi steht fest, Hountondji, Bodunrin, Maurier,

auch Richard Wright, die als Streiter des Denkens sich heben.

Was sie zerstörten, ersetzten sie nicht durch ein besseres Wissen.

Afro-Dekonstruktion genannt ist ihr Streben, verbunden

mit dem Versuch einer späteren kritischen Rekonstruktion.


Doch Momoh, der Weise, verlachte ihr Tun als leer und vergebens,

als logischen Neopositivismus der Väter beschrieben.

Denn sie sagen: In Afrika gab es bisher keine echte

Philosophie, die würdig sei, ernstlich bedacht zu erscheinen.

Doch wenn sie die Logik der Weisen Europas kopieren,

bedenken sie nicht, dass Kritik eine spätere Gabe der Zeit war,

nach Jahrtausenden erst in Europa zur Reife gelangte.

Sollten sie meinen, zuvor sei Europa nicht weise gewesen?


Eine Bewegung, geboren aus Zwist zwischen alt und den Neuen,

will sich versöhnen und beide Gedanken verbinden in Einssein:

Philosophie sei kritisch und doch aus dem Eigenen schöpfend,

Methode und System im Geiste der Ahnen verwurzelt.

Relational denken sie, Kontext bestimmt ihre Lehren,

Gegensätze verbinden, im Komplement sind sie verwoben.

Ihre Struktur basiert auf vier starken ideellen Pfeilern:

Grundlegend gilt das Verhältnis, das Denken im Beziehungsgeflechte,

Grenzen der Logik erfassen sie scharf als binäre Gegensätze,

fragen nach Ursachen, suchen den Kern der geteilten Begriffe:

Ob Differenz denn bedeute, dass eines dem andern nicht gleich sei,

und ob das Gegensatzpaar in sich denn versöhnbar nicht sei?

Iroegbu, Asouzu, Janz und Chimakonam,

Ozumba, Uduigwomen und viele weitere Denker,

bauen am Werk der Gespräche, gestalten die neue Bewegung,

die sich die Kunst der Versöhnung auf ihre Fahnen geschrieben.


Vier sind die Strömungen, die man erkennt in der Weisheit Afrikas:

Erst das Graben der Tiefe, dann Bauen und auch das Zerlegen,

später das Neugestalten durch kluge Gespräche der Weisen.


Jene, die suchten, zu bauen, das Denken der Ahnen zu ordnen,

kamen und schufen das Bild der Kultur in kohärenter Ordnung.

Manche von ihnen ersannen Identitäten der Völker,

andere dachten politisch, entwarfen neue Systeme.

Sieht man auf jene, die dieses Bestreben zur Blüte getrieben,

zählt man sie zu den Schulen, die Ethno und Nation verbinden.

Früh war die Zeit, da sie wirkten, die Vordenker Afrikas,

Zeigten die Eigenheit auf, die tief in den Völkern verborgen.

Danquah, Akesson, Tempels, Nyerere und Mbiti,

Kagame, Senghor und Nkrumah, Cesaire und die andern,

schufen das Bild des Denkens, das nun in der Welt fortbestehet.


Die Afro-Dekonstruktivisten, oft als Moderne bekannt,

Universalisten genannt, die strebend das Bauwerk zerstörten,

Das von den Grabern erschaffen aus minderwertigem Stoff ward.

Eigenes Denken verneinen sie, eine Kultur als getrenntes

Wesen zu wahren, missfiel; sie suchten die Einheit der Völker.

Doch sie errichteten nichts. Sie wollten ein Denken gestalten,

Das, von den Rassen befreit, die Grenzen der Welten durchdringe.

Hountondji war ihr Gefährte, Wiredu folgte daneben,

Bodunrin zählte dazu, Towa, Boulaga ebenso,

Wright mit Maurier auch, in Maßen noch Appiah später.


Gegen sie standen die Afro-Konstruktivisten, die Treuen,

Traditionisten genannt, die fördernd das Bauwerk erhoben,

Welches die Graber gelegt und als wahres Gedankengebäude

Afrikas selbst proklamiert. Sie suchten, mit strengerer Formung,

Neues zu fördern und Altes zu wahren mit geistiger Kraft.

Menkiti schloss sich ihnen an, Onyewuenyi daneben,

Olela ebenso hier, Keita, Momoh und auch Jahn,

Oluwole sodann, Gyekye in Teilen verbunden.

Zwillingsbewegungen waren sie, oft als Ethnophilosophen,

Hermeneutiker auch, mit dichterischer Schule verbunden.

Mittlere Zeiten sahn sie gedeihen, um dann zu vergehen.

Groß war die Debatte, die während der Periode entflammte.


Kritischer Aufbau erschien, aus der Mitte sich hebend,

Skeptischer Sinn suchte neu, den Bau einer wahren Philosophie.

Reine Kritik ward gefordert, mit Klarheit und Einzeldurchdringung,

Weltlich und dennoch vereint im Streben nach tieferem Denken.

Doch was die Alten zerstörten, war doch nicht durchdacht genug.

Wiredu trug es hervor, Oladipo zählte daneben,

Mudimbe, Masolo, Oruka, auch Appiah später,

Hallen und Sodipo trugen Gedanken von Wert.

Doch sie begegneten jenen, die Afro-Eklektik benannten:

Von der Konstruktion entstiegen, doch nicht auf den Sturz sich besonnen,

Fanden sie mittleren Weg: Die Tradition bleibt als Quelle,

Doch mit der Schärfe des Denkens vereint zum neuen Gefüge.

Gyekye war hier mit dabei, Uduigwomen mit Sogolo,

Menkiti trug es, Appiah auch, und Jay van Hook ebenso.

Wichtige Wege eröffneten sie, zur Versöhnung bewegend,

Um einen Ausgang zu finden, der hin zum Gespräch sich entwickelt.


Also erschienen die Weisen, die Dialoge bevorzugten,

Kritische Prüfung verbanden mit Geist der Erneuerung stetig.

Philosophieren, so sagten sie, heißt in Gesprächen zu ringen,

Nicht nur die Analyse zu pflegen, doch Neues zu schaffen.

Arumaristik erschien, ein Wandel von These zu These,

Um so Begriffe zu prägen, die tiefere Einsicht gewähren.

Iroegbu war unter ihnen, Asouzu mit Ijomah,

Ozumba, Chimakonam, Mangena und Vest,

Ogbonnaya sodann, Enyimba, Attoe und Haidarian,

Viele mehr reihte sich ein, zu den Gesprächenden zählend.


Epochen der Philosophie, in Afrika selbst diskutiert,

Wurden verschieden geformt von den Denkern vergangener Zeiten.

Westliche Formen zu folgen, erschien als ein Fehl in der Sicht,

Denn wo die Moderne begann, war Afrika anders geordnet.

Kein Mittelalter durchlief es, kein Renaissance-Strom ergriff es,

Daher bedarf es Modellen, die sich der Wahrheit annähern.

So sprach Asouzu davon: Das Kopieren der Fremden muss enden!

Besser erschien ein Modell, das die Wirklichkeit näher beschreibt:

Unsystematisch begann das Denken, ein freieres Wandern,

Bis eine Ordnung entstand, die dann in vier Zeiten sich teilte:

Früh war die Kindheit des Denkens, die Mitte brachte Konflikte,

Spätere Zeiten versöhnten, das Jetzt ist Gespräch und Bewegung.


Dies ist die Zeit von dem ersten Homo bis hin zum Neunzehnhundertsten,

Afrikas Denker, von Asouzu benannt als die "Anonymen",

jene, der Namen verloren im Strom der Geschichte versanken.

Ägypter mag es betreffen, die alten, und auch die Äthiopen,

solche, die einst in Europa gelebt und gewirkt und gedacht einst.

Streit gibt es auch um Augustinus, Anton Amo, die Frage,

ob die Philosophie dieser Männer dem Lande Ägypten entspringe.


Seit den Zwanzigerjahren, nun ordnet sich alles in Formen,

Denken in Schrift und in Lehre, geprägt von Afrikas Leiden,

Schärfung des Geists und der Feder, um Not und Elend zu wenden.

Diese Epoche zerfällt wiederum in vier verschiedene Zeiten:

Frühe, mittlere, späte und die der Moderne.


Jene war Zeiten der Suche nach Wurzeln, nach eigenem Wesen,

drängend zu retten, was einst im Strome der Zeiten verloren.

Ethnophilosophie entstand hier, auch nationale Gedanken.

Hegel, der schrieb: "Sie besitzen nichts Höheres, bilden Geschichte

nicht mit, noch tragen sie bei zur Kultur der zivilisierten."

Levy-Bruhl war nicht minder verächtlich in seinen Behauptung’,

sprach von den Völkern des Südens als „präl logisch denkend“ und roh gar.

Solche Gedanken durchdrangen den Geist kolonialer Bestrebung,

Englands System wie der Franzosen politischer Wille:

Denen zu rauben, was eigen, und Fremdes darüber zu breiten.


Frankreich wollte, dass Afrikaner sich selber vergessen,

ihre Kultur und ihr Denken ersetzen mit französischer Weise.

Nur wer bereit war, sein Eigenes ganz zu verleugnen,

sollte Franzose sein – jedoch stets ein zweiter, ein kleiner.


Auch die Briten, sie lehrten den Völkern des Südens ihr Eigen,

ihre Kultur und ihr Wort – doch nicht, um sie gleich zu erheben.

So war die Täuschung perfekt: Der König sei auch ihr König,

ihr sei das Reich – doch im Wandel der Zeit kam die Wahrheit ans Licht bald.

Kolonialismus verging, und mit ihm das falsche Bewusstsein,

plötzlich war alles zerstört, die Vergangenheit raubte das Alte,

Neues jedoch war verwehrt; sie blieben entwurzelt und leer nun.


So begann eine Suche, getrieben vom Ringen der Fragen:

Was ist Afrika? Wo ist das Selbst, das man uns entrissen?“

Dreifach der Schlag, der das Volk in die Tiefe der Ohnmacht versetzte:

Rassismus, Knechtschaft und Kolonialgewalt wüteten grausam.

Doch war es Letzteres, das am tiefsten die Seele verletzte,

denn es verhieß eine Freiheit, die sich als Trugbild erwies nur.


James, der schrieb von dem Raub, dem Erbe, das Ägypten genommen,

sprach von den Griechen als Dieben der Weisheit des schwarzen Kontinents,

sagte: „Sie nahmen das Denken, die Kunst, Religion und die Lehre,

raubten das Wissen der Völker, verneinten die Quelle des Ursprungs.“

So sei es Zeit, dass das wahre Gesicht nun ans Licht werde gehoben,

Afrikas Stimme erhebt sich und fordert ihr Erbe zurück nun.


Kräftige Lehren, gestützt auf Beweise, durchdachte Gedanken,

kündeten eilends den Wandel der geistigen Weltkultur an.

Doch es bestand ein Problem, das James nicht lösen vermochte:

Niemals bewies er, dass hochmelaninreiche Völker des Nordens,

die man Ägypter benannt, die Schöpfer von Kunst und von Wissen,

Religion und Philosophie der Antike gewesen.

Hoffend behauptet er dies, doch schlussfolgert unstet und schwankend:


Dies wird bedeuten: Die Meinung der Welt und ihr ganzes Verhalten

ändert sich gänzlich für Völker und Rassen, die willig erkennen,

dass nicht die Griechen die Urheber griechischer Weisheit gewesen,

sondern die Völker des Nordens Afrikas waren die Schöpfer.

Einstige Missachtung schlägt in Achtung und Würde hinüber,

und man behandelt von nun an die Schwarzen mit würdigem Maße.“


Doch ist es fraglich, wie Ruhm der Ägypter den Schwarzafrikanern

Ehre verleihe und wie dies zur Rettung des Erdteils gereichte.

Gleiches Problem fand sich auch in Olela’s tiefgründigem Werke,

welches den Ursprung der Weisheit der Griechen in Afrika suchte.


Doch in Onyewuenyi’s Werk „Afrikanischer Beginn der

griechischen Philosophie“ erscheint ein Versuch, dies zu füllen.

Zunächst verwandelt er Griechenlands Lehren in ägyptische Weisheit,

danach versucht er, Ägyptens Bewohner als Schwarze zu deuten.

Doch zwei Lücken vermochte er dennoch nicht gänzlich zu schließen:

Erstens besteht dieses Land als Nation seit uralten Zeiten,

und in den Schriften der Ahnen bezeichnen sie sich nicht als Schwarze.

Zweitens: War einst Ägypten mit Schwarzmelanin überhäuft,

warum besteht es dann heute aus Menschen mit hellem Pigmente?

Ohne Beweise versagt dieser These der Halt und die Stärke,

sodass Ägyptens Vermächtnis nur noch als Brücke verbleibet,

die zum systemischen Denken der afrikanischen Weisheit

führte, bis künftig Beweise die Wahrheit der Dinge enthüllen.


Frühe Gelehrte erdachten weitaus verlässlichere Wege,

um die Identität Afrikas geistig zu funden.

Danquah zum Beispiel verfasste die Schriften vom Akan-Gott,

Hebga entfaltete Logik im Denken der Völker des Erdteils,

Akesson schrieb über Seelenkonzepte der Akan-Völker,

Tempels bewies, dass Vernunft in der schwarzen Kultur war beheimatet.

Denn indem Tempels das Denken der Bantu zu Lehren erhob,

kämpfte er gegen die westliche Meinung von minderem Wesen.

Ja, er bewies, dass sich Geist und Religion nicht nur Afrikas

Völkern gehört, denn die Menschheit ist stets zu dem Höheren strebend.

Wahrlich, er zeigt in den Worten, die gleich zu Beginn sich erheben,

dass ein Europäer, der atheistisch sein Dasein gestaltet,

rasch in der Not sich zur Kirche begibt, um Errettung zu suchen.

Gleichwohl kehrt der Bantu-Christ, wenn Leiden und Tod ihm begegnen,

wieder zurück zu den Ahnen, den Wegen, die heilig ihm scheinen.


Seine Erklärung der Seinsauffassung der Bantu jedoch

zeigt nicht dieselbe Struktur, wie es westliche Denker bezeugen.

Tempels bekräftigt, dass diese nicht minder vernünftig erscheine,

sondern auf Gründen beruht, die dem Bantu als schlüssig erscheinen.

Keinesfalls ist ihre Lehre bar jeder Vernunft“, so behauptet er,

mag sie auch anders als jene der Westler im Denken sich zeigen.“


Doch in den Zeilen des Tempels verbarg sich die stillere These,

die er verbarg und zugleich mit der Hand wider Willen entblößte.

Afrika ward nicht beschrieben als Land von Verstand und von Ordnung,

sondern als Opfer des Geistes der Fremden, die kamen zu lehren.

Kritik daran kam von Hountondji, scharf auch von Asouzu,

der in den Spuren des Tempels ein großes Vergehen erkannte:

Tempelscher Schaden“ benannte er das, was die Denker verwirrte.

Denn was als Rettung erschien, war doch nur verzerrtes Verstehen.


Kagame griff diese These erneut auf, sie zu vertiefen,

und in der „Bantu-Rwanda-Philosophie“ bekräftigte er sie.

Doch mit Kritik ward sie bald als Ethnophilosophie gedeutet,

welche mit abwertend klingendem Worte herabgesetzt wurde.

Asouzu aber, der später sich diesem Problem zugewendet,

schuf in „Ibuanyidanda“ das neue ergänzende Denken.

Nicht die Vernunft selbst war strittig, nicht dass Philosophie in Afrika

blühe, doch fehle der klar durchdachte logische Grundsatz.

Asouzu tadelt den Fehler, den Tempels gemacht in den Schriften,

und auch Kagame, der diesen erneut wiederholte, gerügt wird.

So ward erneut ein Beweis für die Stärke des Denkens gefordert,

fernab von westlicher Sicht und der Logik des Aristoteles.


John Mbiti, ein Denker der Zeit, von Bedeutung für viele,

Forschte mit Eifer und Kraft, um die Wahrheit zu heben ans Licht hin.

Sein Werk „African Religions and Philosophy“ lehrt uns,

Wie schon vor Ankunft Europas die Völker Afrikas dachten,

Eigen geprägt von Kultur und von philosophischem Streben.

Zeitlich verstand er das Denken als Kreislauf, nicht lineares,

Blickte zurück auf das Sein und grub nach den Tiefen des Ursprungs.

Obwohl sein Augenmerk lag auf den Stämmen der Kikuyu,

Fand er Gemeinsamkeit auf in den Lehren der Völker.

Religion war für ihn und die Seinen nicht bloß ein Gedanke,

Sondern das Fundament, auf dem sich das Dasein erbaut hat.

Philosophie“, so spricht er, „sei eine, im Singular stehend,

Weil sie das Denken der Menschen umgreift in umfassender Weise.“


Mbiti verband die Philosophie mit der Religion stets,

Glaubte, dass Afrikas Mensch nicht ohne den Glauben bestünde.

William Abraham stimmte ihm zu in „The Mind of Africa“,

Auch wie Tempels zuvor in der „Bantu Philosophy“ lehrte.

Philosophie in Afrika sei gleich der lebendigen Kraft dort,

Wovon Religion die äußere Hülle des Wesens.

Seine Gedanken erstreckten sich hin auf die großen

Fragen des Daseins: Gott, das Jenseits, die Weltsicht, das Denken.

Wollte die wahre, verloren gegangene Art des Afrikaners

Heben aus Tiefen des Glaubens empor zu leuchtender Klarheit.

Doch nicht als Einzelner war er gedacht, sondern stets in der Einheit,

Darum verkündete er: „Ich bin, weil wir es gemeinsam sind!“

Afrika müsse den Weg in die Wurzeln der Ahnen beschreiten,

Dort sich im Glauben erneut und im Volk die Identität finden.


Doch war auch Mbiti, so wie Kagame, befangen

Allzu stark von den Lehren Tempels’ und westlichen Denkens,

Schrieb er dem Gott der Afrikaner die Züge der Christen,

Nahm unbesehen die Theorie von der Lebenskraft auf sich.


William Abraham dachte nicht anders als Mbiti und Tempels,

Sah die Kultur als den Quell, aus dem die Erkenntnis entspringet.

Dort lag verborgen die wahre Gestalt Afrikas, tief in

Altem Bestand, wo Religion und Kultur sich vereinten.


And’re beschritten den Weg der Befreiung auf Pfaden des Handels,

Auf denen Politik und Wirtschaft das Dasein erneuern.

Kwame Nkrumah, Senghor, Julius Nyerere mit ihnen,

Strebten nach einem System, das Afrikas Wesen entspräche.

Nicht kann Afrikaner sein, wer nur wie ein Europäer

Lebt, darum riefen sie laut: „Wir finden zurück unser Eigen!“

Fragen erhoben sich tief: „Welch’ Ordnung geziemt uns als Völkern,

Welches System wird gestalten die wahre Identität uns?“

Nkrumah erkor sich den Weg des afrikanischen Sozialismus,

Wurzeln geschlagen in alten, gemeinschaftlichen Ordnungen.

Wirtschaft, Politik, Philosophie – sie sollten zusammen

Leben in Einklang, getragen vom Geiste der Ahnen.

Werke entstanden von ihm: „Neokolonialismus“, „Freiheit“,

Afrika muss sich vereinen“ und „Consciencism“ folgten.


Senghor beschritt eine Bahn, die ähnlich wie Nkrumahs

Führte zur Wahrheit zurück: die Negritude war sein Leuchten.

Afrika stand ihm als Hort des Gefühls und des Herzens,

Gegen den Westen, der rein durch Vernunft und Kälte regiert sei.

Nicht sollte Frankreich die Menschen zu neuen Franzosen umformen,

Stattdessen galt es, Kultur und Sprache Afrikas hegen.

So schuf er Worte und Werke, die Afrikas Kraft bezeugten,

Wollte in Bruderlichkeit sein Volk und die Welt umgestalten.

Gleich war in vielem sein Denken mit Nkrumah und Tempels,

Gleich mit Mbiti, Abraham – stets war das Ziel nur das eine:

Afrikas wahre Gestalt aus dem Dunkel der Zeiten zu heben,

Sie zu bewahren im Strom der Geschichte, im Wandel der Erde.


Julius Nyerere, der Weise von Tansania, trat

früh in den Vordergrund philosophischen Denkens Afrikas.

Uhuru und Ujamaa, so hießen die Werke des Denkers,

Freiheit und Sozialismus, so auch der Inhalt der Bücher.

Afrikas wahres Gesicht, so suchte der Weise zu finden,

wirtschaftlich wie politisch, in eigenem, ehrlichem Streben.

Freiheit, Uhuru genannt, sei mehr als äußere Unabhängigkeit,

sei eine innere Kraft, die aus dem Volke erwachse.

Kultureller Imperialismus, so lehrt er, müsse bezwungen,

nicht durch Gewalt, sondern durch neue, aus Wurzeln gewachsene Ordnung.

So sei es das Ziel, aus Blüten der eigenen Kultur

Werte zu weben: Gemeinschaft, Geschwisterlichkeit, Miteinander.

Ujamaa nennt er das – das „Familiensein“ –, eine Haltung,

welche das „Wir“ statt des „Ich“ in den Vordergrund rückt.

Barry Hallen beschreibt’s: In vormoderner Kultur Afrikas,

Tansanias insbesondere, lebten noch Werte der Alten,

trotz Kolonialgewalt tief innen bewahrt und erhalten,

fähig, erneut das Gerüst einer neuen Ordnung zu bilden.

Für Nyerere war klar: Die Identität Afrikas gründe

nicht im Einzelnen, nein, in der Gemeinschaft der Völker.

Viele Philosophen jener Ära sind unbesungen:

Césaire, Azikiwe, Awolowo, Cabral –

auch Jahn und Griaule, obwohl aus fremdem Gefilde.


In der mittleren Zeit, die folgte dem ersten Erwachen,

trat eine doppelte Strömung hervor im Geiste des Denkens:

Afro-Konstruktion genannt, und ihr Gegenspiel: Dekonstruktion,

beide vereint in der hitzigen „Great Debate“ genannten Bewegung.

Zwei rivalisierende Schulen begannen nun, sich zu messen,

Tradition gegen Vernunft, das Alte im Streit mit dem Neuen.

Denn die Traditionalisten, sie suchten die Wurzeln zu finden,

bauend auf Bräuchen und Formen der alten Kultur Afrikas.

Doch die Universalisten, sie sprachen: „Das ist nicht Denken,

sondern nur Mythos, ein Sammeln von Stammesgeschichten!“

Was in der frühen Periode noch als Philosophie galt,

wurde nun angezweifelt – war es denn echte Vernunftkunst?


So entstand jene Frage, die alles Denken durchdrang:

Kann es Philosophie in der afrikanischen Weise

geben – geboren aus Geist, Religion und Kultur?“

Ist es gerechtfertigt, zu sprechen von „Philosophie Afrikas“,

wenn doch die Vielfalt der Völker so viele Wege bezeugt?

Oder sei es vermessen, das Denken der Ahnen zu einen?

Solche Gedanken entfachten die Flamme des Streits,

und aus dem Streit kam ein neues Erwachen der Fragen.


Zwei Lager entstanden: Die einen, die Altes bewahrten,

nannten sie „Ethnophilosophen“, Verteidiger alter Identität.

Die andern verspotteten dies und erklärten es schroff:

Dies ist kein Denken, dies ist nur Stammesgedanke,

wild und primitiv, von Vernunft und Logik entfernt.“

Doch jene erwiderten kühn: „Was ihr verachtet als simpel,

gründet in Weisheit, gewachsen aus Erde und Blut.“


Der Klarheit halber beginnt die Betrachtung des Streites

nicht mit dem Anfang, vielmehr mit der Mitte des Kampfes:

Im Jahr achtundsiebzig, in Ghanas Hauptstadt Accra,

sprach Odera Oruka, der Weise aus Kenia, zum Volke.

Er legte dar, dass die Denker zu Gruppen sich sammeln:

Vier waren es anfangs – Ethnophilosophie,

Weisheit der Alten, national-ideologische Schule,

und professionelle Denker mit scharfem Instrumente der Logik.

Später, im Jahre Neunzehnhundertneunzig,

fügte er zwei weitere Schulen zur Ordnung der Stimmen:

Hermeneutik, das Deuten, und Kunst, die in Worten die Tiefe

afrikanischen Denkens entfaltet in dichterischem Werk.


Ethnophilosophen, das waren die Hüter des Anfangs:

Momoh und Omoregbe, Keita, Oladipo,

Hunnings, Gyekye, Makinde und Edeh,

Nwala und Anyanwu, Ruch, die Wächter der Seele.

Zur Schule der Weisen gehörten auch Momoh,

Nze und Omoregbe, Okolo und Mason.

Die National-Ideologen – wie Nyerere voran –

Nkrumah, Cabral, Azikiwe und Awolowo.

Die Profis, mit analytischem Blick und vernunftklarem Denken,

waren Hountondji, Maurier, Wright, Bodunrin, Wiredu,

früher auch Ruch, Horton, und später Okolo.

Die Hermeneuten – sie deuteten Zeichen und Sprache –

waren Okere, Okolo, Serequeberhan, Sogolo,

auch Sodipo teils, Hallen zu nennen darunter.

Die Dichter und Denker in einem – in Lied und in Prosa –

waren Achebe, B’Bitek, Ngugi wa Thiong’o,

Soyinka, Amadi, auch Ogbalu zählte man hinzu.


Also im Jahre neunzehnhundert neunundachtzig legte

Momoh, der Weise, in seinem Werk „Substanz der Philosophie Afrikas“

fünf Philosophenschulen mit klarem Verstande dar:

Logisch-positiv die erste, benannt nach dem Denken Europas,

zweitens die Schule der Kolonialen und Missionare,

drittens Ägyptens Geist, der als Ursprung Afrikas galt,

viertens die Schule ideologischer Welterklärung,

fünftens die reine, die „puristische“ Sichtweise Afrikas.

Wiedergebracht ward sein Werk im Buche von Unah sodann,

in dessen „Metaphysik, Phänomen und Philosophie“ klar

jedes Gedankensystem mit kritischem Blick ward beleuchtet.


Vergleicht man Momohs System mit jenem Orukas, so zeigen

sich Parallelen: Die Schule des „Puristen“ umfasst

Ethnophilosophie, dichterisch-künstlerisch Denken

und der Weisen Gedankenkraft, wie Oruka sie nannte.

Logisch-positiv erscheint sodann gleich Orukas Schule

jenes Berufsphilosophen, der deutet, erklärt und versteht.

Ideologie, auch Mission, entsprechen der national

denkenden Richtung bei Oruka. Übrig jedoch bleibt

die ägyptische Schule, die Afrika sieht im Beginn dort,

wo die Pharaonen mit Weisheit das Denken gestalteten.


Bodunrin fasste in seinem Werk die Gedanken zusammen,

Philosophie in Afrika“, wie es im Buche erscheint.

Er teilte alle Systeme in zwei große Richtungen auf:

Traditionell sei die eine, die and're sei modernistisch.

Wiredu stimmte sodann mit ähnlicher Teilung dem bei,

auch er schrieb vom Alten, das mit dem Neuen sich ringt.

Uduigwomen ergänzte dies Bild mit „Universalisten“,

die allgemeine Normen befolgen, und „Partikularen“,

die aus dem eigenen Geiste und Volksgeist Wahrheit erschließen.

Eine dritte, „eklektische“ Schule, entstand aus dem Streit.

Diese erkennt, was aus Afrika stammt, als Philosophie an,

sofern es kritisch, logisch und prüfend gestaltet ist.


So verstand nun der Leser die Streite der mittleren Zeit,

welche geführt wurden, als Wright und Maurier schrieben,

Wright mit der Schrift „Zur Frage nach Afrikas Denken“

und Maurier: „Gibt es dies Denken in Afrika?“ – „Nein!“,

sprach er, „Noch nicht!“. So die Antwort, die viele empörte.

Keita, der Weise, trat auf mit klaren und starken Beweisen:

Afrika“, schrieb er, „hat einen literarischen Strom

denkender Tiefe seit alter Zeit, der verdient wird zu prüfen.“

J. I. Omoregbe kämpfte sodann gegen die Gegner,

griff vor allem Wiredu an, der das Denken verwarf,

das in Gemeinschaft entstand, nicht im Geist des Individuums.

Doch, so betonte er klar: Nicht muss das Denken Afrikas

dem des Westens entsprechen, um philosophisch zu sein.


Nicht ist’s nötig, dass einer, der denkend sich übt, sich bequeme

Aristoteles’ Kunst oder Russells Logik zu folgen.

Nicht ist’s Pflicht, zu verfahren wie Denker des Westens vor Zeiten;

Denken in Ordnung, Vernunft — sie entspringen dem Wesen des Menschen.

Kraft des logischen Sinns ist dasselbe wie Kraft der Vernunft;

Daher ist’s irrig zu sagen, ein Mensch sei der Logik nicht fähig,

Wär er nicht eingeweiht in das westliche Denken und Regeln.


Viele, im Westen geschult, mit der Lehre der Logik erzogen,

Sagen: „Wo westlich gedacht wird allein, da ist Philosophie nur.

Außerhalb solcher Methode sei Denken bloß Mythos und Märchen,**

Nicht sei’s technisch, nicht streng, nicht wissenschaftlich geordnetes Forschen.”**

Doch Omoregbe entgegnet: Dies sei ein Irrtum des Denkens,

Denn auch dort, wo kein Logos nach westlichen Formen sich äußert,

Wo die Begriffe sich nicht in Systemen der Schule entfalten,

Denkt doch der Mensch — und vernünftig! — im Ernst und mit prüfender Haltung.


Ruch und Bodunrin, Okolo, Horton — sie alle erhielten

Schärfste Kritik, denn sie suchten im Alten nur Zeichen von Schwäche.

Horton besonders, in „Science and Thought“, spricht vom Mangel an Logik,

Wolle beweisen: das Denken Afrikas sei nicht vernünftig.

Doch ihm entgegneten Denker — mit Hunnings begann die Erwiderung,

Auch Omoregbe selbst schrieb dagegen mit Klarheit und Schärfe.

Hebga bereitete früher den Boden mit „Logik in Afrika“,

Etuk, Momoh und Okeke bewiesen: da ist eine Logik,

Eigen, nicht minder geordnet, nicht schwächer in kritischem Prüfen.


Wiredu meldet sich dann mit gewichtigen Worten und warnt uns:

Vieles, was stammt aus der alten Kultur, ist Aberglaube –

Glauben, der frei ist von Gründen, gestützt nur auf Geister und Zeichen.

Nicht kann das gelten als wahre, gereifte, vernunftvolle Lehre.“

Scharfer noch urteilt er später, in Philosophie und Kultur,

Nannte das meiste, was gilt als „Gedanken der Ahnen“, als „Volkssinn“,

Nicht als die Frucht des Einzelnen, prüfend und logisch geordnet.

Nur wo Vernunft sich entfaltet in klaren Begriffen und Regeln,

Dort ist Philosophie, nicht wo Brauch oder Mythen noch walten.

Nur durch modernes Verfahren, durch Logik, Analyse,

Wird sich die Weisheit erheben und wirklich zur Wissenschaft reifen.


Oladipo stimmt ein: Wer das Denken nicht weiterentwickelt,

Bleibt in der Ohnmacht gefangen, vermag nicht das Dasein zu bessern.

Willst du die Ordnung der Welt verstehen, Natur dir erschließen,

Brauchst du Verfahren — die Logik, die Zahlen, das Denken in Klarheit,

Volkstum allein, das bewahre nur Sitte, nicht Wahrheit, nicht Wissen.

Wer das Unkritische lobt, versäumt, was der Menschheit gebührt ist.“


Oladipo, so spricht er, im Werk von Afrikas Gedanken,

deutet die Lehren der Ahnen als tiefer entstellte Bedeutung.

Moderne Geister, sie pflegen mit fremdem Verstand zu verurteilen,

was als Philosophie lebt in Mythen, Symbolen und Liedern.

Dies zu bestreiten, das wagten die Treuen des alten Gedankens,

Ruch und Anyanwu, sie gruben im Volkslied nach Weisheit und Sinnbild.

Mythische Tiefe bewahrte der Dogon geheimnisvoll Wissen,

wie es Momoh beschrieb und Anyanwu ehrend erklärte.

So ward der Streit um den Sinn der Philosophie stets vertieft nur.


Doch es war Hountondji, der mit nagelndem Wort in die Tiefe

schlug und verlangte, die Form des Westens zu ehren im Denken:

Logik und Methode, das seien die Bahnen der Weisheit –

alles, was lebt als Gedanke, muss dort sich bewähren in Prüfung.

Anyanwu selbst, er gestand: Ja, schwer ist der westliche Anspruch,

doch nicht zur Tilgung, vielmehr zur Ordnung ruft er uns auf.

So sprach er mahnend von Wegen, von kritischer Prüfung der Mittel,

dass die Philosophie Afrikas nicht zerfalle in Stimmen.


Griechischer Maßstab ward gesetzt von Oruka und andern,

Hountondji schrieb von der Weisheit, die fremd ist der Zeit des Modernen.

Doch Keita erhob sich, mit Roy, mit Kinyongo, mit Worten,

die widersprachen dem Maß, das allein nur im Hellenen sich gründet.

Was der Moderne gelang, das entgegneten doppelt die Alten;

lange sie rangen, bis Müdigkeit leise den Eifer verzehrte.

Selbst Kwasi Wiredu, der streitbar das Reden gefordert,

sah, dass das Reden allein die Taten des Denkens nicht schaffe.

Philosophie“, so sprach er, „beginnt erst, wo Denken sich einlöst.“


So kam die Wende, geboren aus längerer Debatte Enttäuschung:

Nicht mehr das „Ob“, sondern „Wie“ galt fortan als die größere Frage.

Igbo’s Spruch ward zum Bild für den Wandel der inneren Haltung:

Musikanten, sie ändern den Rhythmus – und Tänzer die Schritte.“


Also entstand aus dem Nebel der Zweifel ein neuer Beginn nun,

kritisch rekonstruiert ward das Wissen in Formen des Eigenen.

Eklektiker suchten im Mittweg Versöhnung der Pole zu schaffen:

Tradition und Moderne, vereint in der Ordnung des Denkens.

Nicht mehr ethnisch beschränkt, nicht im Westen verloren – so wollten

sie eine eigene Stimme, die zwischen den beiden sich aufstellt.

Kritiker, sie verlangten ein Denken, das gänzlich befreit sei

von der Philosophie, die im Ethno-Gewand sich gefangen.

Eklektiker aber verlangten das Zentrum der Mitte zu finden.


Doch wie beginnt man zu bauen, wenn brüchig das Alte geblieben?

Fragen erhoben sich laut in den Werken von Denkern des Aufbruchs:

Mudimbe, Towa, van Hook, Boulaga und Sogolo riefen:

Afrika muss seine Fundamente neu sich erdenken!“

Nicht zu entfliehen dem Westen, noch gänzlich ihm zu verfallen –

darin bestand die Aufgabe, schwer wie das Erbe der Ahnen.


Was man auch schreibt, so erklärten sie klagend in ihren Papieren,

sei entweder westlich geformt oder doch aus dem westlichen Ursprung.

Ist es dies – was dann macht es zum Werk eines afrikanischen Denkens?

So standen sie still, mit Gedanken verwickelt in eigene Schranken,

kämpfend mit Schatten, die ragten aus Logik der fremden Systeme.


Fast schon ahnt es der Geist: Die Berufung auf westliche Lehren

heißt noch lange nicht, dass damit das Eigene stirbt.

Afrikas Weisheit bleibt, trotz des Echos vergangener Meister,

gilt als gültig, auch wenn Plato und Hegel erkling’n.

Doch wie soll man’s beweis’n? Wo beginnt die gerechte Erklärung?

Hier liegt schwach und verwundbar der Rekonstruktiven Schmerz.

Denn sie forschten und riefen, doch bauten sie selten das Neue,

blieben im Ratschlag stehn, taten den Aufbau nicht.

So verging ihre Kraft, und der Zweig, kaum gewachsen, verdorrte,

nur noch das eklektische Werk überlebt’ seine Zeit.


Schon in späten Jahrzehnten, am Ende des achtz’gen Jahrhunderts,

sprachen Bodunrin laut, Wiredu, Mudimbe sodann,

Outlaw folgte im Werk, Sogolo trat später zum Reigen,

auch Oladipo, Van Hook zählten zum Ruf.

Towa, Crahey davor, einst mit Stimme aus früherer Stunde,

riefen, doch schwieg bald ihr Wort jenseits des eignen Gehörs.

Hountondji stieß das Schiff der Ethnophilosophie nieder,

Wiredu sprach von Begriff – der Entkolonisierung.

Doch allein seine Kraft schritt voran in der großen Debatte,

sprach vom Wort und vom Sinn, trug es in Bücher von Wert.


Jene, die nach ihm kamen, zerlegten, doch bauten nicht weiter,

blieben beim Fragen stehn, gingen den Aufbau nicht.

Bald war’s Afro-Rekonstruktiv nicht mehr als ein Schatten,

wich dem Eklektizismus, der sich leise erhob.

Wenn schon Logik des Westens allein scheint unumgänglich,

misch’ die Methoden geschickt, sagt mancher Gedanke dann.

Ethno, Sagazität, das Ideologische Denken,

Hermeneutik, Literatur – alles zerlegt’ man zuerst.

Zwei nun blieben bestehn: Die Traditionalisten, die Einen,

und als Geg’npart zum Ziel: Universalisten im Geist.


Hier nun tritt das Ekletische auf mit vermittelndem Streben,

schafft aus Altem und Neuem ein lebendig Gesicht.

Afrikanisch im Kern, doch zugleich analytisch geschärfet,

so entsteht eine Form, die in die Zukunft weist.

Uduigwomen, sein Werk im Jahr fünfundneunzig erschienen,

gründet die Schule bewusst, fasst sie im Schriftwort genau.

Zwischen dem Eigenen und dem Universalem vermittelnd,

hebt er das Trennende auf, schafft ein geeintes System.

Denn das Besondere nährt den Begriff mit lebendiger Fülle,

während das Allgemeine ihm die Struktur nun verleiht.


So erkennt man nun klar: In der Einheit von Form und Bedeutung

liegt die Hoffnung auf das, was als Philosophie gilt.

Nicht mehr bloß das Zerlegen, das Fragen in endlosen Schleifen,

sondern das Bilden des Neuen aus dem Gestern heraus.

Nicht die Ablehnung westlicher Denkkunst bringt Frucht für das Eig’ne,

wohl aber sinnvolle Wahl, kluges und prüfendes Maß.

Denn wie könnte das Haus des Gedankens bestehen auf Lehm nur,

wenn nicht der Stein des Systems fest in das Mörtelbett fällt?


Afrikas Weisheit – sie lebt in Spruch, Erzählung und Handlung,

nicht in System allein, sondern im Leben verwahrt.

Doch auch Systeme sind nötig, wenn man den Westen begegnet,

denn das Gespräch erfordert Struktur in dem Wort.

Uduigwomen nun spricht: Die Begegnung der beiden ist fruchtbar,

wenn sie nicht beugt noch bricht, sondern das Eig’ne bewahrt.

Westliches Denken als Form, das die Inhalte trägt aus dem Eigen,

wie ein Gefäß, das den Quell schützt und zugleich ihn erhöht.

So entsteht eine Sicht, die dem Fremden nicht weicht, doch sich wandelt,

hin zu dem Eigenen neu – tief in der Seele gegründet.


Nicht als Mischung aus Schwäche, aus Flucht vor dem harten Prinzipien,

sondern als Kraft aus dem Grund, die sich dem Wandel verleiht.

Solche Synthese verlangt das Erfassen beider Bereiche,

nicht als Verlust, sondern als doppeltes Licht.

Wer nun denkt, dass die Weise des Westens den Sinn ganz bestimme,

verkennt die Wurzel der Welt, die in der Vielfalt sich zeigt.

Denn wie viele Gestirne da leuchten am nächtlichen Himmel,

so auch Gedanken im Geist – keiner allein reicht für sich.


Dies war der Anfang nur – noch bedarf es des Mutes zum Weit’rgeh’n,

dass nicht nur Denker besteh’n, sondern auch Werke entsteh’n.

Nicht genug ist das Fragen, das stete Verharren im Zweifel,

Taten verlangt dieser Pfad, schöpferisch denkender Geist.

So sei dies nun ein Ruf an die kommenden Stimmen Afrikas,

baue das Eigene auf – nicht im Trotz, sondern klug.

Füge zusammen das Wahre, das lebt im Gedächtnis der Ahnen,

mit dem, was heut sich bewährt, kritisch geprüft und durchdacht.

Denn aus dem Ursprung geboren, doch offen für neue Begegnung,

wird Philosophie zu dem, was sie im Tiefsten stets war:

Suche nach Wahrheit im Wandel, ein Pfeiler der menschlichen Ordnung,

eine Brücke der Zeit, tragend durch Völker und Raum.


Doch, auch Eklektizismus in afrozentrierter Gestalt leidet,

Denn er versäumt, zu bestimmen, was Eingang verdient in das Werkstück

Und was, weil es unphilosophisch, entfallen muss aus dem Kanon.

Willkür darf nicht regieren, noch darf alles als Weisheit bestehen.

Hountondji selbst, der die Tradition oft heftig bekämpfte,

Schmähte Tempels' Werk als Trugbild, nicht echt, nicht afrikanisch –

Nein, es sei nur des Belgiers Gedanken, geschmückt mit Symbolen

Afrikas, nichts als Gewand – kein echtes System der Bantu.

Solches kann auch den Versuch des Eklektikers treffen:

Ist es nicht tief verwurzelt, bleibt's bloß eine Maske von außen.

Doch, wenn selbst Hountondji zugäbe, ein Teil sei noch eigen,

Dann, so wär’s doch ein Beginn – ein Anspruch auf "Philosophie".


Andere folgen dem Weg: Abanuka, Ekwealor, Onunwa,

Ijiomah später, doch alle sie hielten an Synthese.

Abanuka verkünd’t: Die Einheit sei Schlüssel zur Wahrheit,

Einheit der Dinge, der Lehren, sei’s Ethik, Erkenntnis, Ontologie.

Denn sie sind alle verbunden, einander bedingend im Denken.

Momoh schon lehrte es früher – Synthese als wahre Methode.

Auch Onunwa stimmt darin: In Afrikas Weltbild sind Dinge

Wechselseitig verknüpft, ja abhängige Teile des Ganzen.

Ekwealor wie auch Ijiomah sehen die Ordnung

Zwischen dem Geist und dem Leib, dem Sichtbaren wie dem Verborg’nen.

Daher sei’s irrig zu meinen, dass Analyse genügt hier –

Wahrer Ansatz sei Einheit: Methodisch vereinte Verfahren.


Selbst in den neueren Zeiten bleibt Eklektik lebendig:

Ozumba und Chimakonam, die Njikoka-Philosophen,

Ekwuru und Egwutuorah mit Afrizealotischem Denken,

Auch Asouzu, der spricht von der Ibuanyidanda-Lehre –

Alle vertreten Gedanken, die Vielfalt vereinen im Rahmen.

Diese jedoch, in der neuen Ära erschienen,

Unterscheiden sich klar durch den Zeitpunkt und Form des Gesprächs.


Reinster Ausdruck des späten Eklektizismus erscheint uns

In Pantaleon Iroegbus Werk über Uwa, die Welten.

Fünfzehn Begriffe entfaltet er dort, sechs Zonen der Ordnung.

Alles ist uwa, durch uwa, in uwa begreifbar und seiend.

Erdlich und geistig, so teilt er die Räume der Wesen,

Dynamisch und wechselbezüglich – nichts ist im Stillstand.

So soll Philosophie sich entfalten aus dieser Verflechtung –

Aus der Verbindung des Weltalls, dem Konzept der Verwandlung.


Doch dies Denken hat Grenzen: Denn wenn man sich ganz ihm verschreibt,

Fällt es schwer, noch abstrakt und frei sich im Geiste zu regen.

Zweite Leser, so scheint’s, sind gebunden an Inn’res des Systems,

Dürfen nicht frei mehr gestalten, was neu ist und originell.

Kreativität blüht vielleicht, doch Neues wird bald erstickt sein.

So kam’s, dass neue Bewegungen sich formten im Denken.

Oruka in Kenia sprach von dem Ich als dem Ursprung des Denkens,

Nicht nur vom Wir – Individualität ward erhoben.

Auch Bodunrin, Wiredu, Hountondji selbst mahnten:

Nicht mehr nur reden – jetzt handeln, nun wirklich philosophieren!

Mudimbe, im „Africa“-Werk, forderte Umkehr des Bildes,

Das der Kolonialist einst vom Erdteil erschuf ohne Wahrheit.

Er sprach von Gespräch und von Neuerfindung der Welten.


Auch Gordon, Sogolo, und Outlaw forderten Neues:

Kritisch, engagiert, universal und zugleich doch afrikanisch.

Dies ward die Wurzel des neuen, gesprächsreichen Denkens,

Das ab den Neunzigern wuchs, und zur Wende den Wandel entfachte.

Konversatives Denken begann, sich zum Stil zu erheben –

Und mit dem neuen Jahrhundert kam eine Ära des Fragens.

New Era“ wird sie genannt – geprägt durch das Denken im Dialog.


Späte Jahr’ der Neunziger brachten die Wende herbei;

Wandel kam mit der Zeit, als die Jahre das Zweitausend trafen.

Nicht im Schweigen, im Sprechen erhebt sich die neue Bewegung,

Konversational sei nun der Name des wachsenden Stromes.

Ort des Anfangs, der Quelle, wo Denkströmung Wurzel geschlagen,

Calabars Universität – das Hauptquartier ward sie genannt.

Dort in Hallen des Austauschs, Kolloquien, Foren und Tagen

Bildet sich neu die Gestalt einer Philosophie, die uns wandelt.

Revolutionär, so darf man sie nennen mit Fug und mit Recht,

Denn sie wendet das Schicksal des Denkens im afrikanischen Raum.


Während andernorts Zweifel und dunkle Verwirrung noch herrschen,

Schuf die Schule des Neuen ein Denken, das wurzelt im Eigen.

Drei Prinzipien tragen den Bau: Relation, Kontext und Ergänzung –

Denn was getrennt scheint, mag sich im Andern ergänzen und spiegeln.

So entstand ein Verfahren, das Denkwege neu zu verbinden

Und im Gespräch die Gedanken zur Reifung zu bringen vermag.


Calabar's Schule beginnt mit dem Grund, dass Beziehung das Wesen

Der Realität sei – nie sei ein Ding ganz für sich nur zu denken.

Doch in Kontexten sei sie zu sehen, verwoben in Räume

Und in der Zeit, denn nie steht ein Begriff ohne Fläche und Stunde.

Grenzen – so sprechen sie – seien der Übel des Jahrhunderts die Wurzel,

Jene Trennlinien, die wir ziehen, um Gegensätze zu formen:

Weiß und Schwarz, Frau und Mann, Glaube und Zweifel, Arm und Besitzlos –

Solche Dichotomien gebären die Geißel der Spaltung.

Daher fragen sie kühn: Ist der Unterschied mindernd in Wahrheit?

Ist, was entgegengesetzt scheint, auf ewig getrennt und verfeindet?


Antworten suchten sie dann, und Theorien erwuchsen wie Bäume:

Uwa-Ontologie ward’s bei Iroegbu, dem Forscher des Seins;

Ibuanyidanda – das Denken in Ergänzung – bei Asouzu;

Harmonischer Monismus entstand durch den Ijiomah;

Njikoka-Philosophie bringt Ozumba dem Denken zur Seite;

Mandelanisches Denken formt Edet, der Weise des Nordens.

Agada tröstet mit Lehre vom Trost, und Attoe mit Schicksalsidee;

Amara Chimakonam spricht von Personsein als ethischer Richtschnur.

Alle zusammen in Dialog und Gespräch – dies ist das Merkmal.

Philosophie als Gespräch, als sich öffnende Form des Verstehens –

Dies sei der Weg, die Begriffe zu klären, das Denken zu weiten.


Auch im Westen erhebt sich die Stimme der neuen Bewegung:

Vest in Amerika zählt man dazu, wie auch Bruce Janz.

Sie bezeugen, dass Höchstes des Denkens sei: das Gespräch,

Nicht als Streit, sondern als pflegende Form der Gemeinsamkeit.

Asouzu überragt alle, erhebt das Gespräch über Scheitern

Früherer Zeiten, von Senghor und and'ren Versuch' übersteigend,

Gründet ein neues Modell, das in Calabar Wurzeln geschlagen.


Iroegbu, der Weise, beginnt mit Metaphysik und dem Kpim,

Forscht nach dem Sein in der Tiefe der Zonen des Uwa begriffen.

Er konversiert mit den Alten, verwandelt die Weisheit in Neue –

Aus Tradition ersteht eine Denkform, die eigens und anders.

Fanon selbst rief uns auf, in der Wurzel der eigenen Kultur

Weisheit zu suchen, nicht in den Spiegeln des fremden Verstandes.

Lucius Outlaw sagt gleich: Afrika neu zu entwerfen,

Nicht aus dem Westen, doch aus der eigenen Stimme geboren.

So kam’s, dass Wiredu dekonstruierte das Bild aus Europa –

Doch die Neue Ära baut auf durch das Gespräch und das Denken.