SCHÖPFUNG UND FLUT


POEM VON TORSTEN SCHWANKE


NACH MOSE UND OVID



ERSTER GESANG


Siehe, am Anfang schuf Gott die Himmel und Erde, die Mutter.

Und die Erde war wüst und leer, ein Tohuwabohu,

Und die Finsternis lag auf der Tiefe, dem Schlund des Abyssus;

Und die heilige Ruach schwebte über dem Wasser.

Gott sprach: Es werde Licht! Und siehe, es wurde die Lichtwelt.

Gott sah, dass gut war das Licht. Da schied er das Licht von dem Dunklen,

Nannte das Licht den Tag und die Finsternis Nacht ohne Sterne.

Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag aller Tage.

Gott sprach: Es werde eine Festung zwischen den Wassern, 

Die da scheide zwischen den Wassern. Da machte der Herr Gott

Diese Festung und schied das Wasser unter der Festung 

Von dem Wasser über der Festung. Und also geschah es.

Gott nun nannte die Festung Himmel. Aus Abend und Morgen 

Wurde der zweite Tag. Und Gott sprach: Es sammle sich Wasser

Unter dem Himmel, dass man am Ort das Trockene sehe. 

Und es geschah so. Und Gott benannte das Trockene Erde, 

Und die Sammlung der Wasser nannte er salzige Meerflut. 

Gott sah, dass es gut war und sprach: Es lasse die Erde 

Aufgehen Gras und Kraut, das bringe fruchtbare Samen, 

Fruchtbare Bäume, die tragen Früchte zur leckeren Speise, 

Darin ihr Same ist auf Erden. Und also geschah es.

Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kräuter mit Samen, 

Jedes nach seiner Art, und Früchte-tragende Bäume, 

Darin ihr Same ist, ein jeder nach eigener Weise. 

Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen 

Nun der dritte Tag. Und Gott sprach: Es mögen nun Lichter 

An der Festung des Himmels erscheinern, die scheiden die Tage

Und die Nächte. Sie seien Zeichen für Zeiten und Jahre,

Seien Lichter an der Festung des Himmels und mögen

Scheinen auf die schwärzliche Erde. Und also geschah es.

Gott nun machte zwei große Lichter: die Sonne des Tages 

und den Mond der Nacht und aöö die nächtlichen Sterne.

Gott nun setzte sie an die herrliche Festung des Himmels, 

Dass sie schienen auf die Erde und Tage und Nächte

Herrlich regierten und schieden Licht und Finsternis. Siehe,

Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen 

Nun der vierte Tag. Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser 

Von lebendigen Tieren, und es sollen fliegen die Vögel

Über der Erde, unter der Festung des heiligen Himmels.

Gott schuf große Seeungeheuer und allerlei Tiere, 

Die da lebten und webten, davon wimmelt das Wasser, 

Jedes nach seiner Art, und alle gefiederten Vögel, 

Jeden nach seiner Art. Und Gott sah, wie gut es geworden.

Gott nun segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch

Und erfüllt das Wasser im Meer, die Vögel der Lüfte

Sollen sich mehren auf Erden. Da ward aus Abend und Morgen

Nun der fünfte Tag. Und Gott sprach: Die Erde erzeuge

Lebende Tiere: Vieh und Würmer und Tiere des Feldes, 

Jedes nach seiner Art. Und also geschah es. Und Gott schuf

Tiere des Feldes und Vieh und Würmer der Erde. 

Gott sah, dass es gut war. Und Gott sprach: Lasst uns nun Menschen 

Schaffen, ein Bild, das uns gleich sei, die da beherrschen die Fische 

Und die Vögel und das Vieh und alle die Würmer.

Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, zum Ebenbild Gottes

Schuf er das Menschenwesen; und schuf sie als Männlein und Fräulein.

Gott nun segnete sie und sprach: Seid fruchtbar und mehrt euch 

Und erfüllt die Erde und macht sie untertan und beherrscht die

Fische im Meer und Vögel unter dem Himmel und alle 

Tiere, die auf Erden kriechen. Und Gott sprach zum Menschen:

Seht, ich hab euch gegeben samentragende Pflanzen 

Auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, 

Die da Samen bringen, zu eurer leckeren Speise.

Aber allen Tieren auf Erden und Vögeln der Lüfte

Und den Würmern habe ich Kraut gegeben zur Nahrung.

Und es geschah so. Und Gott sah alles, was er geschaffen, 

Siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen 

So der sechste Tag. So wurden vollendet der Himmel 

Und die Erde mit ihrem ganzen wimmelnden Heeren.

So vollendete Gott am siebenten Tag seine Werke, 

Die er machte, und ruhte aus am siebenten Tage 

Schön von allen seinen Werken, die er geschaffen.

Gott nun segnete seinen heiligen siebenten Sabbat,

Weil er an ihm ruhte von allen schöpfrischen Werken.


Dies ist die Geschichte von Himmel und Erde, da beide

Wurden geschaffen. Es war zu der Zeit, da Jehova die Erde

Und den Himmel machte. Und alle die Sträucher des Feldes 

Waren noch nicht auf Erden, und all die Kräuter des Feldes 

Waren noch nicht gewachsen. Denn es hatte der Herrgott Jehova

Noch nicht regnen lassen auf Erden, und da war kein Menschlein,

Der das Land bebaute; ein Strom stieg auf aus der Erde 

Und durchtränkte alles Land. Da machte Jehova

Einen Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Atem

Geistigen Lebens in seine Nase. So wurde der Mensch ein 

Geistig-lebendiges Wesen. Und Gott nun pflanzte den Garten 

Eden gegen Osten hin und setzte den Mensch ein, 

Den er geschaffen. Und Gott ließ aufwachsen dort aus der Erde

Allerlei Bäume, verlockend anzusehen und lecker, 

Und den Baum des Lebens mitten im Garten von Eden

Und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen desselben.

Und es geht aus von Eden ein Strom, den Garten zu wässern, 

Und er teilt sich von da in Hauptarme, vier. Und der erste 

Ist der Pison, der fließt ums ganze Hawila, dort man 

Findet Gold; und das Gold des Landes ist edel und kostbar.

Auch dort findet man Bedolachharz, den Edelstein Schoham.

Aber der zweite Strom heißt Gihon, der fließt um das Land von Kusch, das ist Äthiopien. Und der dritte der Ströme 

Ist der Tigris, der östlich fließt von Assyrien. Und der 

Vierte Strom ist der Euphrat im Halbmond von Mesopotamien. 

Gott nahm nun den Menschen und setzte ihn in den Garten 

Eden, dass er ihn bebaute und sorgsam bewahrte.

Gott gebot dem Menschen und sprach: Du darfst nun zwar essen

Von den Bäumen allen im Garten, aber vom Baume 

Der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; 

Denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben des Todes.

Gott sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei auf Erden;

Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm gemäß ist.

Gott der Herr machte aus der Erde alle die Tiere 

Auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel 

Und er brachte sie zu dem Menschen, dass er es sähe, 

Wie er sie nennt; denn wie der Mensch die Tiere mit Namen

Nennen würde, so sollten sie heißen. Der Mensch gab den Tieren,

Allem Vieh auf der Erde und Vogel unter dem Himmel

Seinen Namen; aber für den Mann ward gefunden

Keine Hilfe, die ihm entsprach und die ihm gemäß war.

Da ließ Gott eine Trance kommen über den Menschen, 

Und er schlief ein. Und Gott nahm eine der Rippen des Mannes

Und verschloss die Stelle mit Fleisch. Und Gott aus der Rippe

Baute ein Weib, die er nahm von dem Menschen, und brachte sie zu ihm.

Da sprach der Mann: Sie ist nun Bein von meinem Gebeine,

Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie nennen die Männin,

Weil sie vom Mann genommen ist. Und darum ein Mann wird

Seinen Vater und seine Mutter verlassen, dem Weibe

Anzuhängen, und sie werden sein Ein Fleisch in der Liebe.

Beide waren nackt, der Mann und die Frau in der Unschuld.


Listiger war die Schlange als alle Geschöpfe des Feldes,

Die der Herrgott schuf; sie sprach zu der Frau mit den Worten:

Hat er gesagt, dass ihr nicht von allen Bäumen im Garten

Essen dürfet, die Frucht, die köstlich im Schatten euch reifet?“


Sprach die Frau darauf zu der listigen Schlange die Antwort:

Von den Bäumen des Gartens essen wir gerne die Früchte;

Doch der eine inmitten des Gartens, von ihm ist geboten:

Nicht davon zu essen, auf dass wir nicht ewiglich sterben.“


Da erwiderte ihr die Schlange, verführerisch listig:

Keineswegs werdet ihr sterben, wenn ihr die Früchte genießet;

Sondern Gott weiß wohl: am Tage, da ihr davon esset,

Werden die Augen euch aufgetan – ihr seid wie die Götter,

Wissend, was da gut und böse, verborgen den Menschen.“


Und die Frau sah nun, dass köstlich zu essen sei dieser

Baum, und die Frucht verlocke die Augen, sie weise zu machen.

Darum nahm sie die Frucht, sie aß, und gab auch dem Manne,

Der bei ihr stand, und er aß – und ihre Augen erhellten.


Da erkannten sie beide, dass nackt sie gewesen, und flochten

Blätter vom Feigenbaum, sich Schürzen zum Kleide zu machen.


Und sie hörten die Stimme des Herrn, wie er wandelnd im Garten

Kam, da der Tag sich neigte, die Kühle den Abend durchwehte.

Und sie versteckten sich beide, der Mensch samt seiner Gefährtin,

Vor dem Angesicht Gottes im Laub und den Schatten des Gartens.


Da rief Gott der Herr: „O Adam, wo bist du?“ – Er antwort’:

Deine Stimme vernahm ich im Garten, und fürchtend verbarg ich

Mich, denn ich bin nackt und fürchtete, vor dir zu stehen.“


Sprach der Herr: „Wer hat dir gesagt, dass du bloß bist und nackend?

Hast du gegessen von jenem Baum, den ich dir verboten?“

Adam sprach: „Die Frau, die du mir gegeben, sie gab mir

Frucht von dem Baume, ich gehorchte ihr und habe gegessen.“


Da sprach Gott zur Frau nun, die stand da nackend im Garten:

Warum tatest du dieses?“ – Die Frau gab Antwort und sagte:

Mich betrog die Schlange, so dass ich aß von der Feige.“


Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange: „Verflucht seist du Schlange

Mehr als jegliches Vieh und mehr als die Tiere des Feldes!

Krumm auf dem Bauche sollst du kriechen dein Leben in Staube,

Speise sei dir der Staub, all deine Tage des Lebens.

Feindschaft will ich setzen zwischen dir und der Frau, und

Zwischen deinem Samen und ihrem Samen den Kampf auch:

Jener wird dir zertreten den Kopf, und du wirst ihn stechen

Tief in die Ferse, im Streit, der währt durch die Zeiten der Erde.“


Und zur Frau sprach er: „Mühsal wird dich treffen im Kinde,

Schwer wirst du tragen die Schmerzen des Leibes im Kindergebären.

Und dein Verlangen sei hin zu dem Mann, der herrschen soll über

Dich und dein Leben, wie Schatten die lichte Sonne begleiten.“


Und zum Manne sprach er: „Weil du gehorcht hast der Stimme

Deiner Frau, gegessen von dem verbotenen Baume,

Sei der Acker verflucht um deinetwillen! In Mühen

Wirst du von ihm dich nähren all die Zeit deines Lebens.

Dornen und Disteln soll er dir tragen, und Kraut auf dem Felde

Soll dir die Speise sein. Im Schweiße des Angesichts Brot iss,

Bis du wieder zurückkehrst zur Erde, von der du genommen.

Denn du bist Staub, und wieder zum Staube wirst du zurückkehrn.“


Adam gab seiner Frau den Namen Eva; denn Mutter

Aller Lebenden wurde die Frau, die geboren im Anfang.


Gott, der Herr, er machte dem Menschen Gewänder aus Fellen,

Ihm und der Frau, und bekleidete beide mit Röcken.


Und der Herr sprach: „Siehe, der Mensch ist wie einer von uns nun,

Kennend das Gute und Böse; dass er nicht ausstreckt die Hände

Nach dem Baume des Lebens und esse und ewiglich lebe!“


Darum wies ihn Gott, der Herr, hinaus aus dem Garten,

Dass er den Acker bebaue, von dem er genommen im Staube.

Und er vertrieb den Menschen und stellte Cherubim Wächter,

Flammendes Schwert, das blitzend den Weg zu dem Baume bewahre,

Baum des Lebens, verborgen im Osten des Gartens von Eden.


Als sich die Menschen vermehrten auf Erden, da wurden den Vätern

Töchter geboren, von Schönheit erglänzend im jugendlichen Glanz.


Siehe, da schauten die Söhne des Himmels die Töchter der Erde,

sahen, wie lieblich sie waren, und nahmen zu Weibern, die ihnen gefielen.


Da sprach der Herr: „Mein Geist soll nicht ewig im Menschen sich regen,

denn er ist Fleisch; nur hundertundzwanzig Jahre sei Leben.“


Riesen waren zu jenen Zeiten und auch noch später auf Erden;

denn wenn die Himmlischen Menschen umarmten und Kinder gezeugt,

wurden daraus die Helden der Urzeit, die Männer des Ruhmes.


Aber der Herr nun sah die Verderbnis der Menschen auf Erden,

sah, dass nur Böses ersann das Herz in Gedanken beständig.


Da gereute den Herrn, dass er Menschen erschaffen auf Erden,

tiefer Kummer erfüllte das Herz des ewigen Schöpfers.


Und er sprach: „Ich will all mein Geschaffenes tilgen von Erde:

Menschen, und Vieh, und die Vögel, und alles, das kriecht auf der Fläche.

Denn es gereut mich, dass ich die Geschöpfe gebildet und leben ließ.“


Aber Noah fand Gnade bei Gott, dem Herrn über Welten.


Noah war fromm, voll Recht und ohne Tadel zu Zeiten,

wandelte stets mit dem Höchsten, dem Schöpfer des Himmels und Erden.


Drei Söhne gebar ihm die Frau: den Sem, und den Ham, und den Jafet.


Doch die Erde verdarb vor Gott, voll Frevel und Unrecht.


Gott nun sah die Erde verdorben, und alles lebendige Fleisch war

abgewichen vom Wege, verdorben im Herzen der Bosheit.


Sprach da Gott zu Noah: „Das Ende des Fleisches ist nahe,

denn die Erde ist voller Gewalt. Ich will sie verderben.


Baue dir einen Kasten aus Holz von den Tannen des Waldes,

Kammern bereite darin, und bestreiche mit Pech ihn von innen und außen.


Dies soll sein Maß: dreihundert Ellen in Länge;

fünfzig Ellen in Breite, in Höhe dreißig gemessen.


Oben ein Fenster sollst du bereiten, von einer Elle;

seitwärts setze die Tür. Dreigeschossig sei deine Arche.


Denn ich will senden die Flut der Wasser zum Untergang alles

Fleisches, in dem der Odem des Lebens ist, unter den Himmeln.

Alles auf Erden, was lebt, soll sterben, vergehen im Wasser.


Mit dir aber will ich den Bund errichten für immer:

Du sollst gehen in die Arche, mit deiner Frau und den Söhnen,

auch mit den Frauen der Söhne, bewahrt in den Wogen der Wasser.


Von allem Lebendigen bringe in deine Arche,

Männchen und Weibchen, von jedem nach seiner Art, dass sie leben.


Vögel und Vieh nach der Art, und alles Gewürm auf der Erde:

je ein Paar soll mit dir hineingehen, dass sie bewahret.


Nimm dir Nahrung von allem, das essbar ist unter den Menschen,

sammle für dich und für sie, dass es Speise sei in der Arche.“


Alles tat nun Noah, wie Gott es geboten im Worte.


Sprach da der Herr zu Noah: „Geh ein in die Arche, du selber,

samt deinem ganzen Haus; denn gerecht fand ich dich in den Zeiten.


Nimm von den reinen Tieren je sieben, Männchen und Weibchen,

von den unreinen nur eines, ein Paar, dass Leben bewahret.


Ebenso bringe die Vögel des Himmels, je sieben, in Arche,

Männchen und Weibchen, dass ihre Geschlechter bestehen auf Erden.


Denn nur noch sieben Tage, so sende ich Regen vom Himmel,

vierzig Tage und Nächte, und tilge das Leben vom Erdbod’n,

alles, das ich gemacht.“


Noah vollbrachte das alles, wie Gott ihm geboten.


Noah war sechshundert Jahre alt, da die Sintflut

kam auf die Erde, und Wasser ergoss sich über die Länder.


Noah ging hinein in die Arche, samt seinen Söhnen,

samt seiner Frau und den Frauen der Söhne, vor Wassern der Fluten.


Von den reinen Tieren und auch von den unreinen,

von den Vögeln, von allem, was kriecht auf der Erde in Fülle,


kamen sie alle zu Noah, die Paare, Männchen und Weibchen,

so wie Gott es geboten.


Und nach den sieben verfloss’nen Tagen ergossen

sich die Wasser der Sintflut auf Erde, verderblich im Zorne.


In Noahs sechshundertstem Jahr, am siebzehnten des Monats,

brachen die Quellen der großen Tiefe hervor, und die Fenster

öffneten sich des Himmels.


Regen ergoss sich vom Himmel vierzig Tage und Nächte.


An eben diesem Tage ging Noah hinein in die Arche,

Sem und Ham und Jafet, die Söhne, die Frauen der Söhne,

und mit ihm seine Frau.


Dazu alles wilde Getier nach seiner Art und das Vieh auch,

alles Gewürm, das da kriecht, und Vögel des Himmels in Fülle.


Alles, darin der Atem des Lebens, es kam zu der Arche,

jedes zu Noah, in Paaren von allem lebendigen Fleische.


Männchen und Weibchen gingen hinein, wie Gott es geboten.

Und der Herr verschloss hinter ihm selber die Pforten der Arche.


Vierzig Tage nun wuchs die Sintflut auf Erde;

Wasser erhoben die Arche und trugen sie hoch über Länder.


Flut nahm überhand, die Wasser mehrten sich mächtig;

Arche fuhr auf den Fluten.


Wasser bedeckten die Erde, ja höher, sie wuchsen,

bis die höchsten Berge, die unter dem Himmel sich streckten,

sanken ins Meer.


Fünfzehn Ellen darüber erhob sich das Wasser,

Berge bedeckend.


Alles Fleisch nun starb, das sich auf Erden bewegte,

Vögel und Vieh und wildes Getier, alles, das wimmelt,

auch die Menschen.


Alles, das Odem des Lebens auf trockenem Boden besaß,

starb und versank.


Alles vertilgte der Herr, was lebte auf Erden:

Menschen und Vieh und das Kriechende, Vögel des Himmels.

Nur blieb Noah bewahret, samt allem, das mit ihm in Arche.


Hundertfünfzig Tage wuchsen die Wasser gewaltig.


Gott gedachte des Noah und all der Tiere im Kasten,

allem Getier und den Vögeln, die mit ihm waren im Schiffe.

Und er ließ wehen den Wind auf Erden, die Wasser versiegten.


Quellen der Tiefe verschlossen sich wieder, die Fenster des Himmels

schlossen sich zu, und der Regen vom Himmel hörte nun auf.


Immer mehr versiegten die Wasser von Erde, und langsam

flohen die Fluten zurück; nach hundertundfünfzig Tagen

minderten sich die Wasser.


Am siebzehnten Tage des Monats, im siebten Monat,

setzte die Arche sich nieder am Ararat, hoch auf den Bergen.


Und die Wasser versiegten beständig bis zum zehnten Monat;

da erschienen die Spitzen der Berge am ersten des Monats.


Nach vierzig Tagen öffnete Noah das Fenster der Arche,

das er gemacht, und sandte den Raben hinaus in die Weiten;

immer flog er hin und zurück, bis Wasser versieget.


Dann sandte Noah die Taube hinaus, um zu prüfen,

ob schon Wasser entsank von der Fläche des fruchtbaren Bodens.


Doch sie fand nicht die Stätte zu ruhn für die Sohle des Fußes;

also kehrte sie heim in die Arche zu ihm, denn die Wasser

deckten noch alles Land. Da streckte Noah die Hände,

nahm sie hinein und barg sie bei sich in der Arche.


Sieben Tage vergingen, da sandte er wieder die Taube.


Abend ward, da kehrte sie heim, und siehe, im Schnabel

trug sie ein frisches Blatt vom Ölbaum. Noah da wusste:

Wasser entwich von der Erde.


Nochmals harrte er sieben der Tage und sandte die Taube;

nicht mehr kehrte sie heim zu ihm in die Arche des Lebens.


Nun, im sechshundertundersten Jahr, am ersten des Monats,

waren die Wasser verschwunden von Erde. Noah entfernte

Deckung der Arche, und siehe, der Boden der Erde war trocken.


Und am siebenundzwanzigsten Tag des zweiten Monates

war das Erdreich gedörrt.


Sprach da Gott zu Noah und rief ihn heraus aus der Arche:


Zieh hinaus mit der Frau, mit den Söhnen und ihren Gefährtinnen,

führe hinaus jedes Tier, das bei dir bewahret im Kasten,

Vögel und Vieh und das Kriechende, alles, das wimmelt,

dass sie sich regen auf Erden und fruchtbar seien und mehrten.“


Da ging Noah hinaus mit den Söhnen, mit seiner Gefährtin,

mit den Frauen der Söhne.


Auch all die Tiere verließen die Arche, die Vögel, das Vieh,

alles, was kriecht auf Erden, ein jedes nach seiner Gattung.


Noah baute dem Herrn ein Altar, und er nahm von den Tieren

Reinen, und von den reinen Vögeln und opferte Brandopfer

auf den Altar des Herrn.


Da roch der Herr den lieblichen Duft, und er sprach in dem Herzen:

Nimmermehr will ich fluchen der Erde um Menschen willen.

Denn das Sinnen des Herzens ist böse von Jugend auf immer.

Doch will ich nicht mehr verderben, was lebt, wie ich tat in den Tagen.


Solange die Erde noch steht, soll Saatzeit sein und Ernte,

Frost und Hitze, der Sommer und Winter, Tag und die Nächte,

nimmermehr sollen sie enden, solange die Erde noch währet.“




ZWEITER GESANG


Singen will ich von Leibern, verwandelt in neue Gestalten.

Götter, die ihr gestaltet den Wandel der Dinge, erweckt mich,

Führt mir den Faden des Wortes, ununterbrochen gesponnen,

Von der beginnenden Welt bis hin zur Gegenwart meines.


Ehe noch Erde bestand, noch Meer, noch der Himmel, der alles

Deckt, war überall gleich der Zustand der ungeformten Natur:

Chaos hieß es, ein roher, verworrener, träger Gewimmel,

Nichts als lastende Masse von schlecht verbundener Mischung,

Widerstrebende Samen von Dingen, in Dunkel verknäuelt.

Noch nicht strahlte der Titan sein Licht auf die weite Gestaltung,

Noch nicht Phoebe erneuerte der Hörner leuchtende Sichel,

Noch nicht schwebte die Erde, beschwert vom Gewicht, in der Lüfte,

Noch nicht streckte die Flut, Amphitrites wässrige Tochter,

Weit ihre Arme hinaus um die äußerste Küste der Erde.

Land und Meer und Luft bestanden, doch alles im Schwanken:

Ungewisses das Land, unbetretbar die Flut, und die Lüfte

Schienen des Lichtes beraubt. Kein Ding bewahrte Gestalt noch:

Alles hemmte das andre; in einem Leibe zugleich stritt

Kälte mit Hitze, das Nasse mit Trocknem, Weiches mit Hartem,

Schweres mit Leichtem vereint in wüstem, unordentlichem Ringen.


Doch ein Gott griff ein und die größere Ordnung der Natur

Trennte die Erde vom Himmel und Meer vom Land auseinander,

Schied die durchsichtige Luft vom dichten, dunstigen Himmel.

Als er die Elemente ordnete, befreit von der dumpfen Masse,

Fixierte er sie in Frieden, getrennt und in harmonischem Gleichgewicht.

Das schwerelose Feuer, das den Himmel umspannt,

Huschte nach oben und fand seine Heimat in höchsten Höhen.

Die Luft nahm den Raum in Leichtigkeit, frei ausgedehnt.

Die Erde, schwerer als beide, zog die größten Elemente nieder

Und ward durch ihr Eigengewicht fest und stabil zusammengehalten.

Das umgebende Wasser nahm zuletzt den verbleibenden Raum

Und umschloss die feste Welt in schimmernder Hülle.


Ein Gott nun befahl, die Masse zu teilen in einzelne Teile,

Sammelte zuerst die Erde zu einem kugelrunden Gebilde,

So dass sie von allen Seiten gleichmäßig geformt und gefestigt.

Dann wies er den Meeren, sich auszubreiten, in Wellen zu steigen,

Sich zu ergießen um Küsten des feststehenden Landes herum,

Fügte Quellen, stehende Teiche und Seen hinzu,

Hielt in Kanälen die weit auseinander fließenden Ströme,

Von denen manche verschluckt von der Erde versanken,

Andere das Meer erreichten, sich ausbreitend in offene Fluten,

Wo sie an Küsten, nicht an Flussufern, sich zerstreuten.

Er befahl, die Ebenen auszustrecken, die Täler zu senken,

Bedeckte mit Blättern die Fluren, erhob steinerne Berge.

Wie der Himmel geteilt in zwei Zonen im Norden,

Zwei im Süden und eine heiße dazwischen,

So ordnete der Gott die eingeschlossene Erde sorgfältig,

Teilend sie in Regionen, markierend mit gleicher Zahl.

Die Äquatorialzone zu heiß für das Leben,

Die Pole bedeckt von endlosem Schnee,

Dazwischen zwei gemäßigte Bereiche,

Die Wärme und Kälte in milder Mischung tragen.


Die Luft überragt sie, schwerer als Feuer im Glanze,

So sehr ist das Wasser der Erde an Gewicht unterlegen.

Dort sprach er, dass Wolken und Dämpfe entstehen sollten,

Und Donner, um die Gestirne und Menschen zu erschüttern,

Und Winde, die Blitze erzeugen in Sturm und in Drängen.


Der Schöpfer der Welt ließ nicht zu, dass sie willkürlich

Die Lüfte bewohnten und Chaos in allem entfachten;

Denn kaum würden sie hindern, die Erde zu spalten und toben,

Jeder nach eigenem Drang, den eigenen Kurs zu beschreiten,

Wie Zwist unter Brüdern, die sich in Streit und Groll messen.


Eurus, der Ostwind, zog sich zurück in die Reiche

Von Aurora und weiter nach Nabatea, zu Persien,

Zu Höhen, die glänzen im Licht des jungen Morgenrots;

Der Abend und Küsten, die kühlen im Glanz untergehender Sonne,

Liegen in der Nähe von Zephyrus, dem westlichen Wind.


Boreas, der kalte Nordwind, ergriff die Skythien

Und die sieben Sterne des Pfluges im frostigen Norden;

Der Südwind jedoch, streng, tränkte das Land unaufhörlich

Mit Wolken und Regen, die schwer vom Himmel herniederfielen.

Darüber breitete er den durchsichtigen, leichten Himmel,

Frei von der Kruste der Erde, den schweren Lasten enthoben.


Kaum hatte der Schöpfer die Grenzen der Welt festgelegt,

Da begannen die Konstellationen, lange verborgen

Im Nebel der Nacht, am ganzen Himmel zu lodern,

Und damit kein Gebiet leer blieb von Lebewesen,

Besetzten Sterne und Göttergestalten die Lüfte,

Das Meer schenkte den leuchtenden Fischen ein Heim,

Die Erde nahm wilde Tiere in ihre Gefilde,

Und die lichte Luft erhielt Wolken zu tragen und weben.


Noch gab es kein Tier, das zu höherem Denken vermochte,

Und über alles andere herrschen mit kluger Gestalt;

Dann ward die Menschheit geboren durch göttliches Wirken,

Entweder vom Schöpfer, Quelle der besseren Welt,

Oder von der Erde, die frisch gezeichnet vom Himmel,

Noch Fragmente enthielt, die Verbindung zu Göttern bewahrten.


So nahm Prometheus, mischte sie mit fließendem Regen,

Und formte ein Ebenbild der alles regierenden Götter,

Während andere Tiere gesenkt den Blick zum Erdboden,

Gab er dem Menschen den Aufblick zu Sternen und Himmel,

Befahl, dass sie schauten empor zu leuchtenden Höhen,

Und ihr Antlitz erhoben den Blick zu funkelnden Sternen.


So wandelte die Erde, einst noch roh und ungeschliffen,

Und nahm unbekannte Formen des Menschen nun an,

Gestaltete sich neu durch den Atem des göttlichen Lebens,

Und ward das Heim der Geschöpfe, die Weisheit erhielten.


Dies war das Goldene Zeitalter, frei von Gesetzen und Zwang,

Spontan nährte es das Gute und Wahre der Menschen.

Es gab keine Furcht, keine Strafe, kein drohendes Wort,

Kein in Bronze gefasstes Urteil, das Schrecken verbreitete,

Keine Menschenmenge von Bittstellern, die ängstlich den Richter betrachtete;

Sie lebten in Sicherheit, brauchten keinen Schutz und keine Mauern.


Keine Kiefer der Berge war je gefallen ins Tal,

Um durch fließende Wellen ferne Länder zu erreichen;

Der Mensch kannte nur die Ufer, die ihm das eigene Land schenkte.

Keine tiefen Gräben um Städte, keine Kriegstrompeten,

Keine gewundenen Hörner, keine Schwerter und Helme,

Ohne Armeen führten die Menschen ihr Leben in Frieden und Ruhe.


Auch die Erde selbst, frei und unberührt von Pflug und Hacke,

Gebar alles aus sich selbst, spendete Nahrung von selbst,

Sie genügten den Früchten, die ohne Anbau wuchsen,

Sammelten Beeren der Berge, Früchte der Erdbeerbäume,

Waldkirschen, Brombeeren, die an dornigen Sträuchern hingen,

Eicheln, die von Jupiter fallender Eiche zu Boden sanken.


Der Frühling währte ewig, und sanfte Brisen berührten

Mit warmer Luft die Blumen, die ohne Samen gediehen.

Die unbebaute Erde schenkte ihre Gaben ohne Mühe,

Und ohne Erneuerung wurden Felder mit schweren Ähren weiß.

Manchmal flossen Milchströme, manchmal Nektar der Götter,

Und goldener Honig tropfte von grüner Steineiche herab.


Als Saturn versank in den düstren Tartarus,

Und Jupiter herrschte über das weite Erdenrund,

Kam das Volk ins silberne Zeitalter der Menschen,

Das dem goldenen unterliegt, der Bronzen jedoch überlegen.

Jupiter kürzte den ersten Frühlingsmonat rasch,

Und setzte das Jahr in vier wechselnde Jahreszeiten:

Winter, Sommer, Herbst und den kurzen Frühlingsmonat.

Da glühte die trockene Luft zuerst weiß vom Brand der Sonne,

Und Eis hing gefroren vom eisigen Nordwind herab.

Da bauten die Menschen zuerst sich schützende Häuser,

Zuvor lebten sie in Höhlen und wildem Gestrüpp verborgen,

Oder unter Rinde befestigten Zweigen der Wälder.

Da wurden die Maiskörner vergraben in tiefen Furchen,

Und Ochsen stöhnten unter dem schweren Joch der Bauern.


Drittens kamen die Menschen der harten Bronzezeit,

Mit Naturen entschlossen, den wilden Krieg zu wagen,

Doch noch nicht böse, ihr Herz war der Arglist entzogen.

Die eiserne Zeit folgte als letzte aller Arten,

Sogleich brach die Bosheit hervor in niederer Natur.

Wahrheit, Scham und Ehre verließen das menschliche Herz,

Stattdessen traten Betrug, List und schändliche Tücke,

Gewalt und gierige Triebe, verderblich für alle.

Sie setzten die Segel gegen den ungestümen Wind,

Obwohl kaum ein Mensch die Kunst des Steuerns verstand.

Die Kiele der Schiffe, einst Bäume der Wälder,

Die zwischen hohen Bergen gestanden, sprangen nun

Durch unerforschte Wogen der stürmischen Meere.

Das Land, das allen einst gemeinsam war, wie Sonne und Licht,

Wurde abgegrenzt bis an die äußersten Grenzen der Felder,

Von prüfenden Messern der klugen Vermessungsingenieure.

Sie forderten nicht nur Ernte und Nahrung vom Boden,

Sondern drangen tief in das Innere der Erde hinein,

Und brachten Reichtum hervor, der einst verborgen lag,

Einen Schatz, der Menschen zu Verbrechen verleitete.

Jetzt erschien das schädliche Eisen auf der Welt,

Und Gold war noch schädlicher als rohes Eisen.

Es kam ein Krieg, in dem beide eingesetzt wurden,

Und blutbefleckte Hände führten die Waffen zusammen.

Sie lebten von Raub, Freund war nicht sicher beim Freund,

Verwandter nicht bei Verwandtem, Freundlichkeit selten.

Ehemänner sehnten sich nach Tod ihrer Gattinnen,

Frauen nach Tod ihrer Männer, mörderische Stiefmütter

Streuten tödlichen Akonit, und Söhne fragten

Vorzeitig nach dem Lebensjahr ihres Vaters.

Die Frömmigkeit starb, die Jungfrau Astraea

Verließ als letzte aller Unsterblichen die blutige Erde.


Man sagt, dass die Riesen das himmlische Reich angreifen,

Und Berge zu stapeln versuchten bis an die fernen Sterne,

Um Himmel zu erreichen, doch sicherer blieb nicht die Erde.

Da schleuderte der mächtige Vater der Götter den Blitz,

Zerbrach den Olymp und stieß Pelion vom Ossa hinab.

Die schrecklichen Körper der Söhne, begraben unter Massen,

Durchtränkten Mutter Erde mit rot fließendem Blut,

Und man sagt, dass sie neu Leben aus ihnen geschaffen,

Damit wenigstens Spuren ihrer Kinder bestehen blieben,

Und dass sie verwandelt wurden in die Gestalt der Menschen.

Doch diese Nachkommen, die Götter verachtend und frech,

Waren wild, gewalttätig und stets zum Kampf bereit,

So dass man erkennen konnte, dass sie aus Blut geboren.


Als Saturns Sohn, der Vater der mächtigen Götter,

Dies von seiner höchsten Zitadelle aus erblickte,

Stöhnte er tief und gedachte des abscheulichen Festes

Am Tisch Lycaons, das so kurz zuvor unbekannt war.

Sein Herz füllte ein Zorn, der Jupiter angemessen,

Und er rief alle Götter zum schnellen Rat zusammen,

Eine Einladung, die keinerlei Verzögerung erfuhr.


Ein hoher Pfad zeigt sich, wenn der Himmel klar erstrahlt,

Genannt Milchstraße, berühmt durch Licht und Glanz der Sterne.

So gelangen die Götter zu Palästen des mächtigen Donnerers.

Rechts und links stehen die Häuser der höheren Götter,

Deren Türen geöffnet sind, gefüllt mit Pracht und Glanz.

Die niederen Götter leben weit entfernt in eigenen Hallen.

Hier haben die Mächtigen und Erhabenen ihr Heim gefunden.

Dies ist der Ort, und wenn ich mutig sein dürfte,

Ohne Furcht würde ich ihn den Palast des hohen Himmels nennen.


Als die Götter in Marmorratskammern sich setzten,

Schüttelte hoch über ihnen der König sein Haupt,

Lehnte sich an das Zepter aus glänzendem Elfenbein,

Schüttelte dreimal die Mähne, dann ein viertes Mal,

Und störte damit die Erde, das Meer und die Sterne.

Dann öffnete er seine Lippen in heißer Empörung:

Nie war ich beunruhigter je als in diesem Augenblick,

Als die schlangenfüßigen Riesen bereit standen,

Hundert Arme zu werfen um den gefang’nen Himmel.


Obwohl sie als Feinde so mächtig erschienen,

Kamen sie doch in einem Körper, aus einer Quelle.

Jetzt muss ich die Menschheit vernichten, wo Nereus

Klingt auf der Erde und auf allen Weltmeeren.

Ich schwöre es bei Höllenbächen, die unter der Erde

Fließen durch stygische Haine so tief und verborgen.

Alle Mittel sollen zuerst ausprobiert werden,

Doch das unheilbare Fleisch muss entfernt mit dem Messer,

Damit das Gesunde nicht infiziert, verdirbt.


Meine sind die Halbgötter, die wilden Geister,

Nymphen, Faune und Satyre, die sylvanischen Götter,

Die Hügel bewachen, die noch keinen Platz im Himmel

Bekommen, doch leben dürfen in Ländern, die wir gaben.

Vielleicht denkt ihr, ihr Götter, sie seien sicher,

Selbst wenn Lycaon, berüchtigt für seine Brutalität,

Mir Streiche spielt, mir, der den Blitz hält und herrscht über euch.


Alle Götter murmelten laut und verlangten Bestrafung

Des Mannes, der solche Taten vollbrachte.

Als die boshafte Schar der Verschwörer brannte,

Um Rom in Caesars Blut zu tauchen, da erschrak

Die Menschheit plötzlich vor einer solchen Katastrophe,

Und die Welt selbst erbebte in großem Entsetzen.

Die Treue eurer Untertanen, Augustus, ist dir

Nicht weniger wert als ihre dem Jupiter.


Nachdem er ihr Murmeln durch Stimme und Gestik geprüft,

Schwiegen sie alle. Als der Lärm sich gelegt,

Beruhigt von königlicher Autorität, sprach Jupiter:

Habt keine Angst, er wurde in der Tat bestraft,

Doch ich will euch sein Verbrechen erklären,

Und die Strafe, die ihm auferlegt ward.“

Die Nachricht von diesen bösen Zeiten erreichte meine Ohren,

Und in Hoffnung, dass sie falsch sei, verließ ich Olympus,

In menschlicher Gestalt die Erde zu bereisen.


Zu lang wäre es, zu sagen, welche Bosheit ich fand,

Denn die Gerüchte waren milder als die Wahrheit.

Ich durchquerte Maenala, voll wilder Tiere,

Cyllene, die Pinienwälder von Lycaeus,

Und als die letzten Schatten der Nacht verschwanden,

Trat ich ein in das unwirtliche Haus des Königs,

Gab Zeichen, dass ein Gott gekommen sei,

Und das Volk begann, mich zu verehren.


Zuerst verspottete Lycaon ihre Frömmigkeit,

Dann rief er aus: „Ich werde durch einfache Probe

Zeigen, ob er ein Gott oder Sterblicher sei.

Die Wahrheit wird nicht im Zweifel bestehen.“

Er plante, mich nachts, im Tiefschlaf, zu töten,

Doch ich erwachte, um seine Bosheit zu erkennen.

Er nahm eine Geisel, geschickt von den Molossern,

Öffnete ihre Kehle mit einem Messer,

Kocht’ die Glieder in Wasser, teils im Feuer.


Kaum waren diese auf den Tisch gelegt,

Brach ich das Dach über den Hausgöttern mit Flammen,

Die rächend loderten, Götter eines solchen Meisters würdig.

Er selbst floh in Schrecken, erreichte die Felder,

Vor dem Mund schäumend, gierig nach dem Töten,

Verwandelt in Wolf, doch blieb manches menschlich:

Grau waren die Haare, gewalttätig das Gesicht,

Die Augen glitzerten, das wilde Bild blieb.


Ein Haus fiel, doch andere verdienten dasselbe.

Überall, wo die Erde sich weit erstreckt,

Herrscht nun rächende Wut. Man könnte meinen,

Männer seien eingeschworen auf Verbrechen.

Lasst alle die Strafe zahlen, die sie verdienen,

Schnell sei dies getan, denn das ist mein Wille.“


Als er gesprochen, regten manche Götter Jupiters Zorn,

Riefen zu seinen Worten laut ihre Zustimmung im Chor,

Andere still stimmten zu, betrübt über Menschenleid,

Fragten, wie künftige Welt ohne Menschen wohl sei.

Wer ihre Altäre mit Weihrauch und Opfer ehren wird?

Wollte er überlassen der Erde die wilden Kreaturen?

Der König der Götter beruhigte ihre Angst dann,

Versprach ein anderes Volk, wunderbare Schöpfung.


Bald war er bereit, seine Blitze auf alle Welt zu werfen,

Doch fürchtete, dass heiliger Himmel im Feuer entbrenne,

Bis an die äußerste Pole sich Flammen verzehren,

Und erinnerte, dass Zeit kommen wird, Meer, Land und Himmel

Entzündet, und unruhige Masse der Welt von Feuer bedrängt.

So legte er nieder die Waffen, die Zyklopen schmiedeten,

Und beschloss eine Strafe, die Regen vom Himmel sende,

Und die Menschheit in Wellen versenke, vernichte.


Sogleich schloss er die Nordwinde in Höhlen von Aeolus,

Die Stürme zerstreuen die sich sammelnden Wolken,

Und ließ los den Südwind, der tropfend die Flügel trägt,

Dunkel verhüllt, mit schrecklichem Blick, voller Regenbart,

Aus grauem Haar fließt Wasser, die Stirn hüllt Nebel ein,

Federn und Falten der Gewänder tropfen nur Tau.

Als er Wolken in seiner ausgestreckten Hand zerdrückt,

Stoßen sie zusammen, dichter Dampf strömt vom Himmel herab.

Iris, Junos Botin, die Regenbogenfarben trägt,

Sammelt Wasser, leitet es zu den Wolken zurück.

Getreidefelder sind nieder, betrüben die Bauern,

Ernten zerstört, Gebete vergeblich, Arbeit des Jahres verloren.


Jupiters Zorn begnügt sich nicht mit eigenem Luftwasser,

Sein Bruder, der Seegott, hilft ihm mit Meereswellen.

Er ruft die Flüsse zum Rat, und sie treten zum Herrscher,

Er spricht: Jetzt ist nicht Zeit für langes Reden,

Übt eure Kraft aus, wir brauchen das dringend,

Reißt Tore auf, leert Dämme, verliert Zügel der Bäche!

Flüsse gehorchen, öffnen Mündungen der Quellen,

Rasen ungezügelt zum Meer, keine Schranken halten sie.


Neptun selbst schlägt mit Dreizack, Boden erbebt,

Öffnet Kanäle, dass Wasser sich ergieße,

Flüsse überfluten Ebenen, Obstgärten, Häuser und Menschen,

Heilige Tempel werden von Flut und Sturm hinweggefegt.

Gebäude, die standhielten, vom höchsten Wogen ertränkt,

Dächer unter Wasser, Türme begraben in Fluten.

Nun sind Land und Meer nicht mehr getrennt, alles ist Meer,

Das Meer ohne Ufer, die Welt versunken im Wasser.


Ein Mann flieht auf Hügel, ein anderer im Ruderboot,

Zieht Ruder über Felder, die kürzlich gepflügt waren,

Ein Mann segelt über Maisfelder oder Dach

Seines ertrunkenen Hauses, ein anderer fischt

Aus obersten Zweigen einer Ulme, die Fluten tragen.

Manchmal bettet sich zufällig Anker auf Wiese,

Boote treiben auf Gipfeln von Weinbergen,

Wo einst Ziegen fraßen, spielen nun Robben.

Nereiden staunen, sehen Wälder und Städte versinken.

Delfine in Bäumen, stören Äste der Eichen,

Wölfe schwimmen zwischen Schafen, Wellen tragen Tiger,

Löwen, Wildschweine verlieren Nutzen, Hirsche Beine,

Alle zusammen hinweggefegt, Vogel fällt erschöpft,

Meer hat Hügel begraben, Wellen schlagen gegen Gipfel,

Wasser spült die meisten Lebewesen fort,

Die wenigen Überlebenden, ohne Nahrung,

Werden durch langsamen Hunger besiegt, von Flut gezeichnet.


Phokis, fruchtbares Land, einst Meer, noch ungeteilt,

Trennt Aonia von Oeta, durch Fluten weit gespalten.

Dort ragt der Parnassus hoch, seine beiden steilen Gipfel

Erheben sich himmelwärts, über Wolken und Sterne.

Als Deukalion und seine Frau auf kleinem Boote landeten,

Wo sonst noch alles versank in den Fluten der Erde,

Verehrten sie korykische Nymphen, Berggötter und Themis,

Die Göttin der Orakel, prophetisch, weise und gerecht.


Kein Mann war tugendhafter, keine Frau ehrfürchtiger vor den Göttern,

Als jene beiden Überlebenden der Sintflut und Stürme.

Jupiter sah die Erde, bedeckt vom klaren Wasser,

Und sah, dass von tausend Männern nur einer geblieben,

Nur eine Frau von all den Frauen, unschuldig, gottesfürchtig.

Da zerstreute er Nebel und Wolken mit Nordwinds Kraft

Und offenbarte Himmel der Erde und Erde dem Himmel,

Kein wütendes Meer mehr, kein König der Ozeane, zürnend.


Er legte den Dreizack beiseite und stillte die Wogen,

Rief Triton, den Halbdunklen, aus Tiefen zu den Schultern,

Die mit Muscheln dicht bedeckt, um in die Muschel zu blasen,

Und allen Flüssen und Strömen das Zeichen zu geben, zurückzukehren.

Er hob die hohle Hülle, die sich spiralförmig drehte,

Mit seinem Atem die Mitte des Ozeans erfüllend,

Und ließ klingen östliche, westliche Ufer,

Als sein Mund die Muschel berührte, den tropfenden Bart.


Die Wasser der Erde hörten den Befehl und gehorchten,

Die Küstenlinien kehrten zurück, die Flüsse blieben im Bett,

Die Überschwemmung sank, Hügel erhoben sich, die Erde stieg,

Die Bäume zeigten wieder ihre nackten Spitzen,

Der Schleim noch klebend an Blättern, doch die Welt erneuert.


Da sprach Deukalion zu Pyrrha, die Tränen quellend,

Frau, Cousine, einzige überlebende Frau auf der Erde,

Verbunden mit mir durch unsere gemeinsame Herkunft,

Durch Blut, durch Heirat, durch Gefahr und Überleben.

Wir sind das Volk aller Länder, die vom Untergang gesehen,

Die Sonne aufgehend, das Meer nahm den Rest hinweg.

Auch jetzt ist unser Leben nicht sicher, die Wolken drohen,

Wie könntest du allein die Angst ertragen, liebe Frau?

Wer würde deine Tränen trösten, wenn ich nicht bei dir?

Wenn das Meer dich hätte, würde ich dir folgen,

Und das Meer hätte auch mich, wenn Götter es wollten.


Sie flehten Themis an, um Hilfe in leerer Welt,

Die Rasse der Menschen zu erneuern, die Götter zu besänftigen.

Sofort gingen sie zum Quell des Kephisus, noch trüb,

Doch in gewohnten Laufbahnen fließend, Hand in Hand.

Mit wässrigen Opfern besprengt, traten sie zum Tempel,

Dessen Giebel grün von Moos, die Altäre leer und still.

Sie stürzten sich nieder, küssten den kalten Felsen,

Mit zitternden Lippen flehend, dass Themis ihnen helfe.


Wenn die Götter weich werden durch Gebete der Gerechten,

Wenn auf diese Weise ihr Zorn gemildert werden kann,

Dann zeige uns, heilige Themis, wie wir Menschheit retten,

Und bringe Hilfe, mild, in diese ertrunkene Welt.“


Die Göttin ward bewegt und sprach ein Orakelwort:

Verlasst den heil’gen Tempel und mit verhülltem Haupt,

Mit gelockerter Kleidung werft fort die Knochen der Mutter.

Lange standen sie da, von Schrecken und Staunen erfüllt,

Da brach Pyrrha das Schweigen, die Erste im hohen Geiste,

Sie weigert sich, dem göttlichen Willen zu folgen,

Und bittet mit zitternden Lippen um himmlische Gnade,

Aus Furcht, den Geist der Mutter durch ihr Tun zu beleidigen.


Doch nachdenklich erwogen sie des Orakels dunkle Worte,

Und grübten die Zeichen, die göttlich gegeben erschienen,

Sie wendeten Sinn und Gedanken immer wieder daran.

Dann tröstete leise der Sohn des Prometheus die Tochter

Des Epimetheus mit Worten, mild und verständig:

Entweder liegt Irrtum im Wort der Götter verborgen,

Oder da Orakel stets gottesfürchtig und gut sind,

Ist unsere Große Mutter wohl die Erde selbst, denke ich.

Die Knochen, von denen sie sprach, sind nur Steine im Boden,

Und die sollen wir hinter uns werfen, wie es uns gesagt ward.“


Obgleich Pyrrha vom Denken des Mannes gerührt wurde,

War Hoffnung noch unsicher, ungewiss, doch sie wagten den Schritt.

Sie stiegen die Stufen herab, bedeckten Haupt und Gewand,

Und warfen die Steine, wie es der Orakelruf ihnen gebot.

Und siehe, die Steine, die starre und harte Natur hatten,

Verlierten bald ihre Härte, wurden weich und formbar,

Und nachdem sie weich geworden, nahmen sie neue Gestalt,

Und wuchsen und reiften in der Macht der Natur und der Götter,

Bis Ähnlichkeit vage erschien mit menschlichen Gliedern,

Wie Statuen aus Marmor, zuerst grob und unvollkommen.


Der irdische Teil, vom feuchten Erdboden durchtränkt,

Wurde Fleisch; was fest und hart war, ward zu Knochen;

Die Adern blieben Adern; und durch göttliche Macht nahmen

Die von Männern geworfenen Steine die männliche Form an,

Und Frauen entstanden aus den von Frauen geworfenen Steinen.

So zeigt sich die Härte unserer Rasse, die Kraft zur Arbeit,

Als Zeugnis der Quelle, aus der wir stammen, geboren.